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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 5 RVGs 79/16 OLG Hamm

Leitsatz: Auch bei ein einem auf einzelne Verfahrensabschnitte beschränkten Antrag ist stets im Wege der Gesamtschau zu prüfen, ob die dem Verteidiger für seine Tätigkeit im gesamten Verfahren gewährte Regelvergütung insgesamt noch zumutbar ist oder ob ihm wegen besonderer Schwierigkeiten in einem Verfahrensabschnitt mit der dafür vorgesehenen Gebühr ein ungerechtfertigtes Sonderopfer abverlangt wird.

Senat: 5

Gegenstand: Pauschgebühr

Stichworte: Verfahensabschnittsweise Gewährung, Prüfungsmaßstab

Normen: RVG

Beschluss:

OBERLANDESGERICHT HAMM
BESCHLUSS
III- 5 RVGs 79/16 OLG Hamm
Strafsache
gegen pp.
wegen schweren Bandendiebstahls
(hier: Pauschgebühr für den bestellten Verteidiger gern. § 51 RVG).
Auf den Antrag des Rechtsanwalts pp. vom 22. bzw. 29. September 2016 auf Bewilligung einer Pauschgebühr für die Verteidigung des früheren Angeklagten pp. hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 28. Dezember 2016 durch die Richterin am Landgericht (als Einzelrichterin gem. §§ 51 Abs. 2 S. 4, 42 Abs. 3 S. 1 RVG) nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts Hamm beschlossen:

Dem Antragsteller wird anstelle seiner gesetzlichen Gebühren in Höhe von 15.080,00 € eine Pauschgebühr in Höhe von 22.500,00 € (in Worten: zweiundzwanzigtausendfünfhundert Euro) bewilligt.

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt mit Schriftsatz vom 22. bzw. 29. September 2016 unter Berücksichtigung des Umfangs und der Schwierigkeiten des Verfahrens die Bewilligung einer Pauschgebühr in Höhe von zuletzt 27.450,00 €.

Zu dem Antrag hat der Vertreter der Staatskasse unter dem 21. November 2016 ausführlich und unter Berücksichtigung der Senatsrechtsprechung Stellung genommen und dabei den Tätigkeitsumfang des Antragstellers sowie die ihm zustehenden gesetzlichen Gebühren näher dargelegt. Er hat sich der Stellungnahme des Gerichtsvorsitzenden vom 24. Juni 2016 angeschlossen, wonach die Strafsache für den Antragsteller besondere Schwierigkeiten in tatsächlicher Hinsicht geboten habe. Die Tätigkeit des Antragstellers - namentlich im erstinstanzlichen Verfahren - erachtet er aufgrund des besonderen Umfangs der Sache und unter Berücksichtigung der Wertung zur Schwierigkeit mit den gesetzlichen Gebühren als nicht mehr zumutbar vergütet. Vor diesem Hintergrund hat der Vertreter der Staatskasse gegen die Bewilligung einer angemessenen Pauschgebühr keine Bedenken erhoben.

Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom18. Oktober 2016 abschließend Stellung genommen und auf die Notwendigkeit der Lektüre von Fachliteratur hingewiesen sowie auf den Umstand, dass er sich mit der Swanischen Sprache habe auseinandersetzen müssen, um einen Beweisantrag stellen zu können.

II.
Dem Antragsteller war eine angemessene Pauschgebühr zu bewilligen.

Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG ist eine Pauschgebühr dann zu bewilligen, wenn die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache nicht zumutbar sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Im Anschluss an die Einschätzung des Gerichtsvorsitzenden vom 24. Juni 2016 geht auch der Senat davon aus, dass das Verfahren in tatsächlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten für den Antragsteller geboten hat. Allerdings ist von einem besonderen Umfang der Sache - insbesondere was die anwaltliche Prozessstoffbearbeitung und die Hauptverhandlung angeht - auszugehen. Insoweit wird auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Vertreters der Staatskasse hingewiesen, denen sich der Senat vollumfänglich anschließt.

Im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung erachtet der Senat die bewilligte Pauschgebühr in Höhe von 22.500,00 € für angemessen, aber auch ausreichend. Der Senat hat hierbei insbesondere zugunsten des Antragstellers berücksichtigt, dass dieser ein umfangreiches Aktenmaterial (einschließlich der TKÜ-Bände) zu bewältigen hatte.

Soweit der Antragsteller ausgeführt hat, dass § 51 Abs. 1 S. 1 RVG die Gewährung einer Pauschgebühr für einen einzelnen Verfahrensabschnitt erlaube, weist der Senat darauf hin, dass auch bei ein einem auf einzelne Verfahrensabschnitte beschränkten Antrag stets im Wege der Gesamtschau zu prüfen ist, ob die dem Verteidiger für seine Tätigkeit im gesamten Verfahren gewährte Regelvergütung insgesamt noch zumutbar ist oder ob ihm wegen besonderer Schwierigkeiten in einem Verfahrensabschnitt mit der dafür vorgesehenen Gebühr ein ungerechtfertigtes Sonderopfer abverlangt wird (vgl. KG Berlin JurBüro 2016, 133.). Hierbei kann der erhöhte Arbeits- und Zeitaufwand in einem Verfahrensabschnitt durch eine unterdurchschnittliche Inanspruchnahme in anderen Teilen (zumindest teilweise) kompensiert werden (vgl. KG Berlin, a.a.O.; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 11. Mai 2015 — 1 AR 2/15 —, zitiert nach juris; OLG Köln, Beschluss vom 06. März 2015 — 111-1 RVGs 9/15 —, zitiert nach www.burhoff.de; OLG Nürnberg, Rpfleger 2015, 355.). Es ist nicht lediglich eine isolierte Betrachtung der Gebühren für einen Verfahrensabschnitt vorzunehmen. Die Pauschgebühr für eine anwaltliche Tätigkeit in einem Verfahrensabschnitt mit besonderer Schwierigkeit muss in Relation zu der gesamten Tätigkeit im Verfahren und den gesamten Gebühren des Pflichtverteidigers gesehen werden. Die anstelle einzelner Gebühren bestimmte Pauschgebühr und die fiktiv hinzuzuaddierenden — verbleibenden und nicht durch eine Pauschgebühr erhöhten — gesetzlichen Gebühren können daher nicht den Betrag überschreiten, der bei vergleichender Bewertung für eine einheitliche Pauschgebühr anstelle sämtlicher gesetzlicher Gebühren bewilligt werden könnte (vgl. Senatsbeschlüsse vom 05. Juli 2011 - III-5 RVGs 50/11 -, vom 02. August 2011 -III-5 RVGs 12/11.).

Eine den Betrag von 22.500,00 € unterschreitende Pauschgebühr wäre für den Antragsteller nicht zumutbar. Eine noch höhere Pauschgebühr kam allerdings nicht in Betracht. Nach dem Willen des Gesetzgebers kommt der Pauschgebühr lediglich Ausnahmecharakter zu. Es geht keinesfalls um eine Gleichstellung oder sogar Besserstellung des Pflichtverteidigers im Verhältnis zum Wahlverteidiger (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. nur Senatsbeschluss vom 14. Juni 2013 - 5 RVGs 46/13 -). Schon Beträge in Höhe der einfachen Wahlverteidigerhöchstgebühren (hier: 31.300,00 €) sind nur im Ausnahmefall zuzubilligen, sofern nämlich die Arbeitskraft des Verteidigers als Sonderopfer über eine längere Zeit ausschließlich oder fast ausschließlich durch die vorliegenden Strafsache blockiert worden ist (vgl. nur Senats-beschlüsse vom 26. April 2013 - 5 RVGs 19/13 - und vom 14. Mai 2013 - 5 RVGs 34/13). Ein solches Sonderopfer kann im vorliegenden Fall nicht angenommen werden. Dem Antragsteller wird es ungeachtet seiner Inanspruchnahme durch das vorliegende Verfahren möglich gewesen sein, auch andere Mandate zu übernehmen und zu bearbeiten. Gegenteiliges ist jedenfalls nicht vorgebracht.




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