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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 RVs 9/17 OLG Hamm

Leitsatz: Eine Beschränkung der Berufung ist nach § 318 Satz 1 StPO zulässig, soweit sich das Rechtsmittel auf Rechtbeschwerdepunkte bezieht, die nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinen nicht angegriffenen Teilen rechtlich und tatsächlich selbständig beurteilt werden können, ohne eine Prüfung der Entscheidung im Übrigen erforderlich zu machen. Es ist hingegen im Berufungsverfahren nicht möglich, innerhalb der Schuldfrage die Überprüfung lediglich auf die rechtlichen Erwägungen zu beschränken, die tatsächlichen Feststellungen aber als unangefochten zu übernehmen.

Senat: 1

Gegenstand: Revision

Stichworte: Berufungsbeschränkung, Wirksamkeit

Normen: StPO 318

Beschluss:

Strafsache
In pp.
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 21.02.2017 beschlossen:
Berufungsbeschränkung
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen.

Gründe:
Die Revision ist zulässig und hat in der Sache vorläufig Erfolg. Sie führt seine Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht Dortmund.

Die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm hat in ihrer Zuschrift vom 17.01.2017 unter anderem Folgendes ausgeführt:

„I.
Das Amtsgericht Dortmund hat den Angeklagten am 09.05.2016 wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt (Bl. 84ff. d. A.).

Mit Schreiben vom 04.08.2016 hat der Vorsitzende der auf die Berufung des Angeklagten mit der Sache befassten Kammer des Landgerichts Dortmund den Verteidiger um Mitteilung gebeten, welches Ziel mit der Berufung verfolgt werde und ob das Rechtsmittel gegebenenfalls auf die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs beschränkt werde. Insoweit hat er darauf hingewiesen, dass es in erster Instanz ausschließlich um die rechtliche Beurteilung des Inhalts der in Rede stehenden Rede des Angeklagten gegangen sei (Bl. 99 d. A.).

Unter dem 10.08.2016 hat der Verteidiger des Angeklagten gegenüber dem Landgericht erklärt, die Berufung werde mit dem Ziel des Freispruchs verfolgt. Eine Beweisaufnahme sei allerdings nicht notwendig. Der Angeklagte räume ein, die Rede mit dem Inhalt so gehalten zu haben, wie er in der Anklageschrift zitiert worden sei. Streitig sei hingegen die rechtliche Beurteilung der Rede (Bl. 100 d. A.).

In der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Dortmund am 22.09.2016 hat das Landgericht festgestellt, dass die Berufung wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt worden sei (Bl. 109 d. A.), und die Berufung verworfen (Bl. 112 ff. d. A.). In den Urteilsgründen hat es ausgeführt, aufgrund der wirksamen Rechtsmittelbeschränkung seien die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils bindend geworden. Der Angeklagte habe durch die Beschränkung seines Rechtsmittels zu erkennen gegeben, dass er die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht angreifen und sich dem Verfahren stellen wolle.

Mit bei Gericht am 26.09.2016 eingegangenem anwaltlichem Schriftsatz vom selben Tag hat der Angeklagte gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund Revision eingelegt und die Verletzung materiellen Rechts gerügt (Bl. 128 d. A.).

Nach Zustellung des Urteils an den Verteidiger des Angeklagten am 08.11.2016 (Bl. 122 d. A.) hat dieser mit bei Gericht am 23.11.2016 eingegangenem anwaltlichem Schriftsatz vom selben Tage die Aufhebung des Urteils des Landgerichts Dortmund beantragt und das Rechtsmittel näher begründet (Bl. 134 ff. d. A.).

II.
Die in zulässiger Weise eingelegte Revision des Angeklagten hat Erfolg. Die auf die Sachrüge hin gebotene sachlich-rechtliche Nachprüfung des Urteils führt zu seiner Aufhebung.

Die durch das Landgericht getroffenen eigenen Feststellungen sind nicht geeignet, den Schuldspruch zu tragen, weil sie ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten sowie seine Vorstrafen betreffen, allerdings nicht die ihm zur Last gelegte Tat.

Das Berufungsgericht hat grundsätzliche sämtliche Feststellungen zur Sache selbst zu treffen, auf die es den Schuldspruch und den Strafausspruch stützt. Es hat auf der Grundlage des Eröffnungsbeschlusses über alle Tat- und Rechtsfragen nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung neu zu entscheiden. Insoweit bedarf es umfassender eigener Ausführungen, die geeignet sind, den Schuld- und den Strafausspruch zu tragen (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11.09.2012 – III-3 RVs 65/12; OLG Hamm, Beschluss vom 29.01.2013 – III-3 RVs 4/13). Anderes gilt dann, wenn durch eine wirksame Beschränkung der Berufung nach § 318 Satz 1 StPO Rechtskraft hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts erster Instanz eingetreten ist. In diesem Fall ist das Berufungsgericht an dessen Feststellungen gebunden.

Das Landgericht Dortmund hat ausweislich der Gründe der angefochtenen Entscheidung an die dem Schuldspruch des Amtsgerichts Dortmund zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen gebunden gesehen, weil es von einer wirksamen Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ausgegangen ist. Eine wirksame Beschränkung der Berufung ist allerdings nicht gegeben.

Eine Beschränkung der Berufung ist nach § 318 Satz 1 StPO grundsätzlich zulässig. Ihre Wirksamkeit setzt jedoch voraus, dass sich das Rechtsmittel auf Rechtbeschwerdepunkte bezieht, die nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinen nicht angegriffenen Teilen rechtlich und tatsächlich selbständig beurteilt werden können, ohne eine Prüfung der Entscheidung im übrigen erforderlich zu machen (BGH NJW 1963, 1987; OLG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2003, 371). Dies trifft in aller Regel auf das Verhältnis zwischen Schuld- und Straffrage zu. Die Schuldfrage selbst kann aber nur einheitlich beurteilt werden. Es ist daher im Berufungsverfahren nicht möglich, innerhalb der Schuldfrage die Überprüfung lediglich auf die rechtlichen Erwägungen zu beschränken, die tatsächlichen Feststellungen aber als unangefochten zu übernehmen (OLG Hamm NJW 1955, 644; OLG Frankfurt a: M. a. a. O.; Paul in: KK-StPO, 7. Auflage, § 318 Rn. 6).

Hier hat der Verteidiger des Angeklagten auf Nachfrage des Gerichts mit Schriftsatz vom 10.08.2016 (Bl. 100 d. A.) erklärt, die Berufung werde mit dem Ziel des Freispruchs verfolgt, da das Amtsgericht bei seiner Entscheidung Artikel 5 GG nicht hinreichend berücksichtigt habe. Diese in ihrem Wortlaut eindeutige Erklärung kann nicht dahingehend verstanden werden, dass der Angeklagte mit dem Rechtsmittel eine geringere Bestrafung erreichen will. Vielmehr geht es ihm ausschließlich um eine erneute rechtliche Würdigung der ihm zur Last gelegten Tat. Nach den dargestellten Grundsätzen war daher eine Beschränkung der Berufung (auf den Rechtsfolgenausspruch) nicht anzunehmen, weil der Angeklagte die Nachprüfung des Schuldspruchs im Ganzen begehrte.

Da eine wirksame Beschränkung der Berufung nicht gegeben ist, hätte das Landgericht neben eigenen tatsächlichen Feststellungen zu den Rechtsfolgen auch solche zur Sache selbst treffen müssen. Dies ist allerdings nicht geschehen. Jedenfalls ergibt sich Derartiges nicht aus den Urteilsgründen. Aufgrund der eindeutigen Formulierung können die Ausführungen der angefochtenen Entscheidung auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass das Landgericht den seiner Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt aufgrund der Angaben des Angeklagten vor der Berufungskammer als festgestellt angesehen hat.

Die fehlenden eigenen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts hinsichtlich des Schuldspruchs stellen einen Sachmangel dar, aufgrund dessen das angefochtene Urteil aufzuheben ist.“

Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und machte sie zur Grundlage seiner Entscheidung.


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