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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 5 RVs 41/17 OLG Hamm

Leitsatz: Bei wirksamer Beschränkung der Berufung ist eine Änderung des Schuldspruches durch das Berufungsgericht ausgeschlossen.

Senat: 5

Gegenstand: Revision

Stichworte: Horizontale Teilrechtskraft, Schuldspruchänderung

Normen: StPO 318, StPO 327

Beschluss:

Strafsache
In pp.
hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 22.08.2017 beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit der klarstellenden Maßgabe, dass der Angeklagte wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und unerlaubten Entfernens vom Unfallort und in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in vier Fällen sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit unterlassener Hilfeleistung verurteilt ist, im Rechtsfolgenausspruch mit den dazugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Nebenkläger, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hagen zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht -Schöffengericht - Iserlohn hat den Angeklagten durch Urteil vom 13. Mai 2015 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und unerlaubten Entfernens vom Unfallort und in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in vier Fällen sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit unterlassener Hilfeleistung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat das Amtsgericht eine Sperrfrist für die Neuerteilung des Führerscheins von drei Jahren verhängt. Auf die durch den Angeklagten und die Staatsanwaltschaft zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Berufung, die beide Seiten auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt haben, hat das Landgericht Hagen mit Urteil vom 17. Januar 2017 das Urteil des Amtsgerichts Iserlohn aufgehoben und dahingehend neu gefasst, dass es den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in vier tateinheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt hat. Zudem hat das Landgericht eine Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt. Im Übrigen hat das Landgericht die Berufungen verworfen.

Gegen dieses dem Verteidiger des Angeklagten am 10. Februar 2017 zugestellte Urteil hat der Angeklagte mit bei dem Landgericht Hagen am 18. Januar 2017 eingegangenem Telefax-Schreiben seines Verteidigers vom selben Tage Revision eingelegt und diese mit weiterem, bei dem Landgericht Hagen am 10. März 2017 eingegangenem Telefax-Schreiben seines Verteidigers vom 09. März 2017 mit den Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Verteidigers vom 09. März 2017 Bezug genommen.

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat mit Stellungnahme vom 07. Juni 2017 beantragt wie erkannt.

Der Angeklagte bzw. sein Verteidiger hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.
1. Die zulässige Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge zumindest vorläufig Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit klarstellender Tenorierung und zur Zurückverweisung der Sache nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO.

Das Landgericht ist zutreffend von einer wirksamen Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ausgegangen. Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen die erfolgte Verurteilung. Die Beschränkung der durch den Angeklagten und die Staatsanwaltschaft eingelegten Berufung war auch wirksam ungeachtet einer durch das Landgericht angenommenen fehlerhaften Beurteilung des gegebenen Konkurrenzverhältnisses der einzelnen Taten bzw. der Bejahung einer unterlassenen Hilfeleistung.

Eine Beschränkung der Berufung ist dann nicht möglich, wenn die Feststellungen zur Tat knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, so dass sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden können (vgl. Meyer-Goßner / Schmitt, StPO, 60. Aufl. 2017, § 318 Rdn. 16). Auch wenn ein Konkurrenzverhältnis nicht bestimmt ist, ist eine Beschränkung ausgeschlossen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 17. März 2015, - Az. 1 RVs 247/14 - ). Hat das Amtsgericht hingegen das geltende Recht nur falsch angewendet, z.B. fehlerhaft Tatmehrheit statt Tateinheit angenommen, ist die Beschränkung auf das Strafmaß dennoch wirksam (vgl. Meyer-Goßner / Schmitt a.a.O., Rdn. 17a; BGH, NStZ-RR 1996, 267; Beschluss des hiesigen 3. Strafsenats vom 08. Juni 2010, - Az. 3 RVs 43/10 -; Beschluss des hiesigen 2. Strafsenats vom 24. Januar 2008, - Az. 2 Ss 4/08 -; OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. November 2003, - Az. 1 Ss 291/03 -, zitiert jeweils nach beck-online).

Vorliegend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass sowohl mit der erfolgten Kontrolle durch die Polizeibeamten als auch in Folge des gravierenden zweiten Unfalls und der danach zu Fuß erfolgten Flucht eine Zäsurwirkung eingetreten ist, so dass die Taten bis bzw. ab diesen Zeitpunkten zueinander in Tatmehrheit stehen. Ein Konkurrenzverhältnis ist damit – unabhängig zunächst von der Richtigkeit dieser Einordnung – bestimmt, die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch war möglich.

Mit der damit eingetretenen horizontalen Teilrechtskraft war die rechtliche Würdigung des Konkurrenzverhältnisses jedoch der Prüfung durch das Landgericht entzogen, eine Änderung des Schuldspruches durch das Landgericht war nicht möglich.

Ist nur der Strafausspruch angegriffen, so sind der Schuldspruch mit den angenommenen Konkurrenzverhältnissen und die ihm zugrundeliegenden Feststellungen für das Revisionsgericht bindend (vgl. BGH, a.a.O.). Damit ist eine Änderung des Schuldspruches ausgeschlossen, der neu zu findende Strafausspruch hat von dem bindenden Schuldspruch auszugehen. Auch eine geänderte Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses ist nicht möglich. Hat das Berufungsgericht trotz einer wirksamen Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch auch zu dem in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch entschieden, so ist das Urteil insoweit aufzuheben (vgl. OLG Köln, VRS 110, 120, Rdn. 5, 9, zitiert nach juris). Dies ist vorliegend der Fall.

2. Keiner Entscheidung bedurfte es danach, ob mit dem Amtsgericht von einer zumindest teilweise tatmehrheitlichen Begehung und einer Verwirklichung der unterlassenen Hilfeleistung oder mit dem Landgericht von einer insgesamt tateinheitlichen Begehung ohne unterlassene Hilfeleistung auszugehen war. Mit der eingetretenen horizontalen Teilrechtskraft ist die Würdigung des Amtsgerichts bindend. Letztlich dürfte die rechtliche Einschätzung des Konkurrenzverhältnisses durch das Amtsgericht aber zutreffend gewesen sein.

Zwar wird die Dauerstraftat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis durch kurze Unterbrechungen nicht in zwei Taten aufgespalten. Selbst eine Verkehrskontrolle führt nicht zwingend zu einer Zäsur, wenn danach die Fahrt dem anfänglichen Tatentschluss folgend fortgesetzt wird (vgl. LG Potsdam, Urteil vom 04. Dezember 2008, -Az. 27 Ns 116/08 -). Notwendig ist jedoch, dass das Verhalten von einem einheitlichen Handlungswillen getragen wird (vgl. BGH, NJW 1968, 1244, zitiert nach juris). Ein solcher einheitlicher Handlungswille liegt jedoch nicht vor, wenn der Täter in Folge der Verkehrskontrolle nunmehr nicht seine ursprüngliche Fahrt fortsetzt, sondern eine (neue) Fluchtfahrt beginnt, um den Polizeikräften zu entkommen. Dies war vorliegend der Fall.

Zutreffend dürfte auch die Annahme einer zweiten Zäsur nach dem schweren Verkehrsunfall sein. Für den Fall einer Unfallflucht, die im Verlauf einer von vornherein beabsichtigten ununterbrochenen Fluchtfahrt begangen wird, ist die Einordnung des Konkurrenzverhältnisses streitig (für die Annahme von Tateinheit: BGH, NStZ-RR 1997, 302; Fischer, StGB, 64. Auflage 2017, § 142 Rdn. 68; Tatmehrheit: Schönke / Schröder, StGB, 29. Auflage 2014, § 142 Rdn. 91, jeweils m.w.N.). Im Fall einer – wie hier – erfolgten Flucht zu Fuß dürfte demgegenüber von einer tatmehrheitlichen Begehung auszugehen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 01. Februar 2017, -Az. 4 StR 401/16 -; Beschluss des hiesigen 2. Strafsenats vom 09. November 1959, - Az. 2 Ss 1069/59-; VRS 18, 113; BGH, Beschluss vom 05. Juni 1973, - Az. 4 StR 234/74 -, VRS 45, 177).

3. Einer Entscheidung über die weiteren mit der Revision vorgebrachten Rügen bedurfte es damit nicht.

Der Senat weist insofern aber darauf hin, dass die Kammer nicht gehalten war, auf der Basis der sehr vagen Angaben des Angeklagten weitere Ermittlungen dazu anzustellen, ob und ggfs. an welche Versicherung mögliche Zahlungen geleistet worden sind. Dabei war zu berücksichtigen, dass neben den beteiligten Automobilversicherungen der insgesamt drei Unfallfahrzeuge auch die Krankenversicherung der Nebenkläger als mögliche Zahlungsempfängerin in Betracht kam.


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