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Entscheidungen

StPO

Durchsuchungsanordnung, Antrag der Staatsanwaltschaft, mündliche Anordnung.

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Dresden, Beschl. v. 24.08.2011 - 3 Qs 105/11

Fundstellen:

Leitsatz: Eine Durchsuchungsanordnung sollte i.d.R. schriftlich ergehen.


Aktenzeichen: 3 Qs 105/11
Beschluss
In dem Strafverfahren gegen pp
wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das BtMG
ergeht am 24.08.2011
durch das Landgericht Dresden - 3. Große Strafkammer -
nachfolgende Entscheidung:
Auf die Beschwerde des Beschuldigten hin wird festgestellt, dass die richterliche Anordnung der Durchsuchung seiner Wohnräume, seines Pkw, seines Kellers und seines Nebengelas-ses durch das Amtsgericht Dresden vom 11.02.2011 (ohne Aktenzeichen) rechtswidrig ist.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Beschuldigten insoweit fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe
Am 11.02.2011 erließ auf Antrag der Staatsanwaltschaft Dresden das Amtsgericht Dresden Haftbefehl gegen die gesondert Verfolgte A. Diese steht im Verdacht, gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten B. eine nicht geringe Menge Betäubungsmittel (Methamphetamin) aus Tschechien über den Grenzübergang Sebnitz unerlaubt in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt zu haben. Im Rahmen der Haftbefehlseröffnung durch den zuständigen Ermittlungsrichter räumte A. die ihr im Haftbefehl vorgeworfene Tat ein und gab darüber hinaus an, dass sie nach jeder Fahrt in die Tschechische Republik den C. nach X. gefahren und der sich dort mit einem gewissen D. an einer Garage getroffen habe.

Daraufhin traf der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Dresden Anordnungen, die er in einem undatierten Vermerk wie folgt niederlegte:
"Strafsache
aufgrund der Zeugenaussage A. wird die Durchsuchung der Räumlichkeiten des D. mündlich angeordnet wg. Gefahr im Verzug, umfaßt v. d. Anordnung sind PKW, Keller u. Nebengelaß, sage die v. Verdächtigen bewohnten Räume."

Der Vermerk trägt die Unterschrift des zuständigen Richters sowie ein Dienstsiegel des Amtsgerichts Dresden.

Aufgrund dessen durchsuchten Beamte des Zollfahndungsamts Dresden die Wohnung des Beschwerdeführers in X.

Gegen diese Maßnahme legte der Beschuldigte am 14.04.2011 Beschwerde ein und beantragte festzustellen, dass die richterliche Anordnung der Durchsuchung durch den Richter am Amtsgericht H. rechtswidrig sei. Der Amtsrichter habe nicht als "Notstaatsanwalt" handeln dürfen. Die Durchsuchungsanordnung erfülle nicht die sonstigen formellen Voraussetzungen, wie die nähere Bezeichnung der Tat, des Tatvorwurfs bzw. des Tatverdachts.

In seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 18.04.2011 äußerte sich der Amtsrichter zu dem Vorgang wie folgt:
"Dem Unterzeichner ist der Vorgang in Erinnerung. Ursprünglich Beschuldigte waren A und Y. A wollte mit den Ermittlungsbehörden zusammen arbeiten und sagte ggü. den Kriminalbeamten zu weiteren Tatbeteiligten bzw. Drogenverstecken aus. In diesem Zusammenhang wurde die Durchsuchung beim Tatverdächtigen mündlich angeordnet, ggflls. später schriftlich bestätigt. Die Verfahrensakte liegt d. Unterzeichner nicht vor."

Die zwischenzeitlich zuständige Staatsanwaltschaft Bautzen hat die Beschwerde an die Kammer ohne eigene Stellungnahme weitergeleitet.

II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Die von dem Amtsgericht Dresden getroffene mündliche Durchsuchungsanordnung ist rechtswidrig.

1. Die von dem Ermittlungsrichter angeordnete Durchsuchung erfolgte ohne Antrag der Staatsanwaltschaft.

Zwar kann gemäß § 165 StPO bei Gefahr im Verzug der Richter die erforderlichen Un-tersuchungshandlungen auch ohne Antrag vornehmen, wenn ein Staatsanwalt nicht erreichbar ist.

Im vorliegenden Fall ist aber bereits eine fehlende Erreichbarkeit eines Staatsanwalts nicht erkennbar. Der Ermittlungsrichter gewann seine Erkenntnisse im Rahmen der Haftbefehlseröffnung in dem Strafverfahren gegen A., deren Vernehmung ausweislich des Protokolls um 10.50 Uhr begann und um 12.20 Uhr endete, also zu den normalen Dienstzeiten an einem Werktag. Eine Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft Dresden gab es nicht.

Die Kammer verkennt nicht, dass ein Verstoß gegen § 165 StPO unter Umständen dann heilbar ist, wenn sich die Staatsanwaltschaft bei ihrer Anhörung im Beschwerde- verfahren mit der Maßnahme einverstanden erklärt (OLG Köln StV 2004, 417 ff.; LG Gera MDR 1996, 731). Eine solche Genehmigung ist aber der Akte nicht zu entnehmen.

2. Auch wenn eine bestimmte Form der Durchsuchungsanordnung nicht vorgeschrieben ist, sollte diese schriftlich ergehen (Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 105 Rn. 3; KK-Hack, StPO, 6. Aufl., § 105 Rn. 3), zumal sich aus Art. 19 Abs. 4 GG eine Dokumentations- und Begründungspflicht ergibt, so dass die Grundlagen der Entscheidung zwingend in den Akten sorgfältig niederzulegen sind (Beckscher Online-Kommentar StPO, § 105 Rn. 8). Erforderlich ist deshalb eine konkret formulierte, formelhafte Wendungen vermeidende Anordnung, die zugleich den Rahmen der Durchsuchung abstecken sowie eine Kontrolle durch ein Rechtsmittelgericht ermöglichen kann. Die Durchsuchungsanordnung muss dabei ein Mindestmaß an tatsächlichen Anhaltspunkten über den Inhalt des Tatvorwurfs enthalten und den Inhalt der konkret gesuchten Beweismittel in der Regel erkennen lassen (BVerfG NStZ 2000, 601; BVerfGE 42, 212, 220). Dabei ist aber eine Angabe der Indiztatsachen, auf die der Tatverdacht gestützt wird, nur dann nicht zwingend erforderlich, wenn die Angabe der Verdachtsgründe nicht zur Begrenzung der richterlichen Durchsuchungsanordnung erforderlich ist (BVerfG NStZ 2004, 160). Deshalb muss der von der Durchsuchung Betroffene zumindest den Inhalt des Tatvorwurfs und den Inhalt der konkret gesuchten Beweismittel erkennen können, um so die Durchsuchung seinerseits selbst kontrollieren bzw. kontrollieren las-sen zu können. Im Rahmen des sich bereits aus Art. 13 Abs. 2 GG ergebenden Richtervorbehalts hat der zuständige Ermittlungsrichter - gerade auch als Kontrollorgan der Strafverfolgungsbehörden - die Aufgabe, von vornherein für eine angemessene Begrenzung der Zwangsmaßnahme Sorge zu tragen und dem Betroffenen einen (schriftlichen) Beschluss an die Hand zu geben, mit welchem er die Zwangsmaßnahme bei der Vollziehung im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten kontrollieren kann (BVerfG NStZ-RR 2005, 203, 204).

Folglich liegt es nahe, dass aus Dringlichkeitsgründen eine mündliche Durchsuchungsanordnung nur ergehen sollte, wenn bei Erlass eines schriftlichen Durchsuchungsbeschlusses das Interesse an einer wirksamen und effektiven Strafverfolgung beeinträchtigt wäre und die Gefahr eines Beweismittelverlustes droht.

Derartige Gründe für eine mündliche Anordnung sind hier auch nicht ersichtlich, zumal diese während der normalen Dienstzeiten erlassen wurde. Nachdem die richterliche Vernehmung der gesondert Verfolgten abgeschlossen war, hätte der zuständige Richter ohne Zeitverzug per Telefax ,die Staatsanwaltschaft Dresden über den Ermittlungsstand informieren und diese hätte ohne Weiteres die Durchsuchung der ent-sprechenden Räume wiederum bei dem Amtsgericht Dresden beantragen können. Der dann schriftlich ergangene Durchsuchungsbeschluss wäre angesichts der heutigen technischen Möglichkeiten binnen kürzester Zeit erneut zu den zuständigen Beamten des Zollfahndungsamtes gelangt. Die Gefahr eines Beweismittelverlustes bestand - soweit ersichtlich - nicht.

Zudem ist die Durchsuchungsanordnung im Hinblick auf die Dringlichkeitsgründe, die ein Absehen von einer schriftlichen Anordnung rechtfertigen können, nicht ausreichend dokumentiert. Offensichtliche Gründe (vgl. hierzu BVerfG NJW 2004, 1442) sind nicht dargetan, sie ergeben sich auch nicht aus den dokumentierenden Vermerken.

Darüber hinaus kann dem die Durchsuchungsanordnung dokumentierenden Vermerk auch nicht ohne Weiteres entnommen werden, welcher Tatvorwurf dem Beschuldigten zur Last liegt. Hierzu ist zwingend die Kenntnis von der Vernehmung der anderweitig Verfolgten _ notwendig, und zwar sowohl durch den Beschuldigten als auch durch die Ermittlungsbehörden selbst. Ob dies hier der Fall war, ist nicht eindeutig nachvollziehbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung von § 467 Abs. 1 StPO.

Einsender: RA J. Dänzer, Dresden

Anmerkung:


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