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Entscheidungen

StPO

Erkennungsdienstliche Behandlung, Anfechtung, Rechtsweg

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Celle, Beschl. v. 16.04.2012 - 2 VAs 2/12

Leitsatz: Wehrt sich ein Betroffener gegen die auf Grundlage von § 81 b 2. Alt. StPO getroffene Anordnung zu seiner erkennungsdienstlichen Behandlung, ist hierfür der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

Das Oberlandesgericht verweist in einem solchen Fall die Sache nach § 17 a Abs. 2 GVG von Amts wegen mit bindender Wirkung an das zuständige Verwaltungsgericht.


2 VAs 2/12
21 VAs 2/12 GenStA Celle

Beschluss
In dem Justizverwaltungsstreitverfahren

gegen pp.
wegen erkennungsdienstlicher Behandlung nach § 81 b 2. Alt. StPO

hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG gegen die Anordnung der Polizeidirektion H. vom 20. Januar 2012 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht , den Richter am Oberlandes-gericht und den Richter am Amtsgericht am 16. April 2012 beschlossen:


1. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist nicht eröffnet.

2. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Hannover verwiesen.

3. Die sofortige Beschwerde wird nicht zugelassen.



G r ü n d e :

I.

Die Polizeidirektion H. ordnete am 20.01.2012 an, dass der Antragsteller, gegen den die Staatsanwaltschaft Hannover ein Ermittlungsverfahren wegen Körperver-letzung führt, auf Grundlage des § 81 b 2. Alt. StPO erkennungsdienstlich zu be-handeln ist. Diese Anordnung stützt die Polizeidirektion H. darauf, dass der An-tragsteller in der Vergangenheit mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten und strafbares Verhalten auch in Zukunft von ihm zu erwarten sei. Gegen diese Anordnung wendet sich der Antragsteller mit seinem Antrag nach § 23 EGGVG, mit dem er geltend macht, die angeordnete Maßnahme sei nicht verhältnismäßig. Er ist der Auffassung, zur Abwehr der angeordneten Maßnahme sei der Rechts-weg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet, weil es sich bei der erkennungs-dienstlichen Behandlung nicht um eine Maßnahme der Gefahrenabwehr mit prä-ventivem Charakter handele.

Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Meinung, dass gegen Maßnahmen nach § 81 b 2. Alt. StPO nicht der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten, sondern der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei und hat beantragt, den Antrag auf gerichtli-che Entscheidung als unzulässig zu verwerfen.

II.

1. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist nicht eröffnet.

a) Nach § 23 EGGVG entscheiden die ordentlichen Gerichte über die Recht-mäßigkeit der Anordnungen, Verfügungen oder sonstiger Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten in bestimmten Rechtsgebieten, darunter dem Gebiet der Strafrechtspflege getroffen werden. Die Vorschrift erfasst jedoch nur Rechtsstreitigkeiten über Anordnungen, Verfügungen und sonstige Maßnahmen, die zur Verfolgung einer strafbaren Handlung getroffen worden sind (vgl. BVerwG NVwZ RR 2011, 710 f. juris). Aus dem Regelungsbe-reich des § 81 b StPO gehören hierzu lediglich die nach der 1. Alternative dieser Vorschrift anzuordnenden Maßnahmen, die der Durchführung des Strafverfahrens gegen einen Beschuldigten dienen. Die angegriffene Anordnung ist jedoch weder in dem gegen den Antragsteller geführten Ermittlungsverfahren noch zur Durch-führung des Ermittlungsverfahrens gegen ihn getroffen worden, sondern als Vor-sorge für die Durchführung künftiger Strafverfahren. Anordnungen nach § 81 b 2. Alt. StPO erfolgen außerhalb eines konkreten Strafverfahrens, es liegt hierbei keine Maßnahme auf dem Gebiet des Strafprozesses vor, sodass der Regelungs-bereich nach § 23 EGGVG nicht eröffnet ist (vgl. BVerwG a. a. O.).

b) Der vorliegende Antrag, mit dem der Antragsteller die Aufhebung der ange-griffenen Entscheidung der Polizeidirektion H. über die Anfertigung von Unterlagen für Zwecke des Erkennungsdienstes (§ 81 b 2. Alt. StPO) begehrt, ist eine öffent-lich rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art, für die mangels einer anderweitigen bundesgesetzlichen Regelung der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dienen die Anfer-tigung, Aufbewahrung und systematische Zusammenstellung erkennungsdienstli-cher Unterlagen in kriminalpolizeilichen Sammlungen nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung der vorsorgenden Bereitstellung von sächlichen Hilfsmitteln für die sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben, die der Kriminalpolizei hinsichtlich der Erforschung und Aufklärung von Straftaten durch § 163 StPO zugewiesen sind (vgl. BVerwG a. a. O.; BVerwGE 66, 192 ff.; BVerwGE 66, 202 ff. juris; so auch Meyer Goßner, StPO, 54. Aufl. § 81 b Rdnr. 3; Senge in KK StPO, 6. Aufl., § 81 b Rdnr. 1). Wehrt sich ein Betroffener gegen die auf Grundlage von § 81 b 2. Alt. StPO getroffene Anordnung zu seiner erkennungsdienstlichen Behandlung, ist hierfür der Verwaltungsrechtsweg gegeben (vgl. BVerwG NVwZ RR 2011, 710 f.; BVerwGE 66, 192 ff.; BGHSt 28, 206 ff.; OVG Schleswig Holstein, VwZ RR 2007, 817 f.; Meyer Goßner, § 81 b Rdnr. 22 m. w. N.).

2. Nach § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG war auszusprechen, dass für den Rechts-streit der beschrittene Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht eröffnet ist, der Rechtsstreit war deshalb an das zuständige Verwaltungsgericht Hannover zu verweisen. § 17 a GVG ist im Bereich der Strafrechtspflege anwendbar (vgl. Böttcher in Löwe Rosenberg StPO, 26. Aufl. § 17 a GVG Rdnr. 2; PLG Jena, Beschl. vom 19.10.2010 – 1 VAs 5/10 -, -juris). Verneint das angerufene Oberlan-desgericht im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG, dass die angegriffene Maßnahme als Maßnahme einer Justizbehörde auf dem Gebiet der Strafrechtspflege anzuse-hen ist, etwa weil die handelnde Polizeibehörde nicht strafverfolgend, son-dern wie hier ausschließlich präventiv tätig geworden ist, verweist das Oberlan-desgericht die Sache nach § 17 a Abs. 2 GVG von Amts wegen mit bindender Wirkung an das zuständige Verwaltungsgericht (vgl. hierzu Böttcher in Lö-we Rosenberg StPO a. a. O.).

3. Die sofortige Beschwerde war nicht zuzulassen (§ 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG). Der Rechtsfrage kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, denn sie ist durch die bereits zitierten Gerichtsentscheidungen abschließend obergerichtlich geklärt. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung auch nicht von der Entschei-dung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ab.

4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst; die Kosten des Rechtsstreits werden nach § 17 b Abs. 2 GVG als Teil der Kosten behandelt, die bei dem Ge-richt erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wird.

Einsender: 2. Strafsenat des OLG Celle

Anmerkung:


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