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Entscheidungen

Zivilrecht

Unfallgeschädigter, Erkundigungspflicht, Mietwagentarif, Rosenmontag

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Duisburg, Urt. 3.06.2012, 11 S 226/11

Leitsatz: Außerhalb der Karnevalshochburgen besteht für Unfallgeschädigte auch am Rosenmontag Erkundigungspflicht für günstigen Mietwagentarif.


In pp.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Duisburg Ruhrort vom 28.11.2011, Az.: 10 C 692/11 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil (Bl. 87- 91 d. A.). Im Übrigen wird von einer Darstellung des Sach- und Streitstandes gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
II.
Die Berufung ist unbegründet.
Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung (.
Zu Recht geht das Amtsgericht davon aus, dass es sich bei dem von der Firma B abgerechneten Tarif um einen sogenannten Unfallersatztarif handelt. Die Klägerin selber hat in ihrer Klage vom 07.06.2011 umfangreiche Ausführungen dazu gemacht, dass es ein schadensrechtlich anzuerkennendes Bedürfnis für einen Unfallersatztarif gibt. Sie ist selber davon ausgegangen, dass ein Unfallersatztarif zur Anwendung gekommen ist.
Im Übrigen steht in der Rechnung vom 01.04.2011, dass es sich bei dem abgerechneten Tarif um den Tarif YC Standard Plus handelt. Ausweislich der Tarifliste der Firma B ist der Standardtarif PLUS YC mit betriebswirtschaftlichen Zusatzkosten aufgrund folgender Voraussetzungen belegt: Es gibt keine Vorausreservierung, es handelt sich um eine Fahrzeugbereitstellung nach Herstellertyp, es gibt keinen genauen Rückgabezeitpunkt, der Mietzins wird direkt bei Anmietung begleichen und es wird eine vorläufige Abtretung zugunsten B auf Basis der subjektiven Unfallschilderung vereinbart aufgrund derer B einen Zahlungsverzug nach Mietwagenrückgabe akzeptiert. Der Tarif wird somit gerade speziell für die Anmietung eines Unfallersatzfahrzeugs angeboten.
Darüber hinaus ergibt sich bei Vergleich der vorgelegten Rechnung mit dem durch das Fraunhofer Institut ermittelten Mietpreisspiegel, dass im Sinne des Normaltarifs für das Fahrzeug ein durchschnittlicher Betrag von gerundet 1.033 EUR für das PLZ-Gebiet 47, in dem die Klägerin angemietet hat, aufzuwenden wäre, wohingegen die Klägerin für den Zeitraum von 25 Tagen reine Grundmietkosten in Höhe von netto 2.760,06 EUR verlangt. In Anbetracht dessen ist das Gericht zu Recht davon ausgegangen, dass es sich nicht um einen ortsüblichen Tarif, sondern um einen sog. Unfallersatztarif handelt.
Das Amtsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin diesen Unfallersatztarif nicht ersetzt verlangen kann. Nach der Rechtsprechung des BGH kann der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf (st. Rspr., vgl. etwa BGHZ 160, 377). Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann.
Dabei kann die Frage, ob ein Unfallersatztarif auf Grund unfallspezifischer Kostenfaktoren erforderlich i.S. des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist, offenbleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer "Normaltarif" in der konkreten Situation ohne Weiteres zugänglich war, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gem. § 254 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte (vgl. BGH NJW 2006, 1508). In diesem Fall ist es Sache des Geschädigten darzulegen und zu beweisen, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt - zumindest auf Nachfrage - kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war. Unterlässt der Geschädigte die Nachfrage nach günstigeren Tarifen, geht es nicht um die Verletzung der Schadensminderungspflicht, für die grundsätzlich der Schädiger die Beweislast trägt, sondern um die Schadenshöhe, die der Geschädigte darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen hat (vgl. BGHZ 163, 19 = NJW 2005, 1933).
Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin nur Anspruch auf Ersatz eines nach § 287 ZPO zu schätzenden Mindestschadens, der den bereits durch die Beklagte gezahlten Betrag in Höhe von 1623,16 EUR und 70,00 EUR jedenfalls nicht übersteigt.
Eine Eil- oder Notsituation, die ausnahmsweise eine hinreichende Erkundigung entbehrlich gemacht hätte, hat die Klägerin nicht ausreichend vorgetragen. Allein der Umstand, dass es sich bei dem Anmiettag um Rosenmontag handelte, führt nicht dazu, dass es der Klägerin nicht möglich gewesen wäre, Erkundigungen über einen günstigeren Tarif einzuholen. Denn der Rosenmontag ist kein gesetzlicher Feiertag und außerhalb der Karnevalshochburgen wie Düsseldorf oder Köln sind, was gerichtsbekannt ist, Geschäfte und Autovermietungen am Rosenmontag geöffnet, wenn auch möglicherweise nur vormittags und nicht den ganzen Tag. Da aber eine Abholung gegen 11:45 Uhr erfolgte, wäre es der Klägerin möglich gewesen, vorher Erkundigungen über günstigere Tarife einzuholen. Im Übrigen hat die Klägerin selber eingeräumt, dass sie keinerlei Erkundigungen über einen anderen Tarif eingeholt hat, noch nicht einmal bei der Autovermietung selber. Sie hat sich vielmehr auf die Auskunft des Autovermieters verlassen, es habe alles seine Ordnung und die Versicherung werde bei der Abrechnung keine Probleme machen. Dies kann aber ersichtlich nicht ausreichen, da man sonst mit dieser Behauptung jede Anwendung der Grundsätze zur Schadensminderung abschneiden könnte.
Der Klägerin wäre somit grundsätzlich eine kostengünstigere Anmietung zumutbar gewesen. Die erforderlichen Mietwagenkosten sind vom Gericht nach § 287 ZPO zu schätzen. Dabei kann offen bleiben, ob der Schätzung, wie es das Amtsgericht getan hat, das von der Beklagten vorgelegte Internet Angebot der Firma B vom 09.08.2011 zugrunde zu legen ist oder die von der Beklagten vorgelegte Fraunhofer Liste. Eine Heranziehung der sog. Schwacke Liste scheint hier schon deshalb nicht geboten, weil sich keine der Parteien auf diese beruft. Die von der Klägerin gegen die Eignung der Fraunhofer Erhebung vorgebrachten Einwände sind lediglich allgemein gehalten und nicht hinreichend konkret auf den Einzelfall bezogen, so dass sich aus dem klägerischen Vortrag kein weiterer Sachaufklärungsbedarf ergibt. Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadenschätzung Verwendung finden können, bedarf nur der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken. Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ungeachtet der hinreichend bekannten Schwächen beider Erhebungen sowohl die Schwacke-Liste, als auch die Fraunhofer Liste von Rechts wegen taugliche Anknüpfungspunkte für eine Schätzung.
Sowohl bei Heranziehung der Fraunhofer Liste, als auch bei Heranziehung der von der Beklagten vorgelegten Internet Angebote ergibt sich kein über die von der Beklagten bereits bezahlten 1.693,16 EUR hinausgehender Anspruch der Klägerin. Legt man das Internet Angebot der Firma B zugrunde, könnte die Klägerin für den Zeitraum von 25 Tagen einen Bruttobetrag von 849,99 EUR verlangen. Selbst wenn man zusätzlich die von der Firma B in Rechnung gestellten Kosten für die Zustell- und Abholgebühr in Höhe von jeweils 26,89 EUR netto, die Kosten für den zusätzlichen Fahrer (42,02 EUR netto), die wintertaugliche Bereifung (117,65 EUR netto) und das Navigationsgerät (58,82 EUR netto) hinzurechnet, läge man bei einem Betrag von 1.173,99 EUR brutto.
Ein Abschlag für ersparte Eigenaufwendungen ist dabei noch nicht einmal mit eingerechnet.
Bei Zugrundelegung der Fraunhofer Liste ergibt sich nach dem insoweit unwidersprochenen Vortrag der Beklagten ein durchschnittlicher Betrag im Sinne des Normaltarifs für 25 Tage von gerundet 1.033,02 EUR für das PLZ-Gebiet 47, in dem die Klägerin ihr Fahrzeug angemietet hat. Rechnet man auch hier die Kosten für die Zustell- und Abholgebühr in Höhe von jeweils 26,89 EUR netto, für den zusätzlichen Fahrer (42,02 EUR netto), die wintertaugliche Bereifung (117,65 EUR netto) und das Navigationsgerät (58,82 EUR netto) hinzu, kommt man zu einem Betrag von 1.553,29 EUR brutto. Ein Abschlag für ersparte Eigenaufwendungen ist dabei ebenfalls noch nicht mit eingerechnet.
Im Hinblick auf das beigebrachte Internet Angebot, aus dem sich die Möglichkeit einer noch kostengünstigeren Anmietung ergibt, erscheint es im konkreten Fall auch nicht sachgerecht, noch einen Aufschlag von 20 % auf die durch das Fraunhofer Institut ermittelten Preise zu machen, um deren mögliche methodische Fehler zu korrigieren.
Da der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung der weiteren Mietwagenkosten gegen die Beklagte zusteht, hat sie auch keinen Anspruch auf die begehrten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten für deren Geltendmachung.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
IV.
Der Streitwert für die Berufung wird auf 1.915,31 Euro festgesetzt.

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