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Entscheidungen

Zivilrecht

Unfallschadenregulierung, Abschleppkosten

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Ratingen, Urt. v. 29.11.2013 - 9 C 292/13

Leitsatz: Zur Ersatzfähigkeit von Abschleppkosten nach einem Verkehrsunfall.


In pp.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).
Die zulässige Klage ist insgesamt unbegründet.
I.
Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Beklagte dem Grunde nach in vollem Umfang für die Folgen aus dem Verkehrsunfall vom 04.12.2012 auf der Autobahn A3 Richtung Köln auf der Höhe der Autobahnausfahrt Ratingen/Mettmann haftet, bei dem das Fahrzeug des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen durch das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen beschädigt wurde. Letzteres war und ist bei der Beklagten haftpflichtversichert (§ 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG). Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte auch für die Abschleppkosten dem Grunde nach gem. § 7 Abs. 1 StVG i. V. m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG einzustehen.
Der Kläger hat jedoch gem. § 7 Abs. 1 StVG i. V. m § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG keinen Anspruch auf Ersatz weiterer, über die bereits durch die Beklagte regulierten, Kosten für den Abschleppvorgang von 450,00 €, da der Kläger, indem er sein beschädigtes Fahrzeug nach L abschleppen ließ, gegen seine Schadenminderungspflicht verstoßen hat. Zu ersatten waren lediglich, wie hier geschehen,152,32 €.
Die Kosten, die einem Geschädigten aus einem Verkehrsunfall durch das Abschleppen des Fahrzeugs entstanden sind, gehören grundsätzlich zum ersatzfähigen Schaden nach § 249 BGB infolge eines Unfalls. Im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB ist einzig der erforderliche Geldbetrag zu erstatten, das heißt die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (vgl. BGH NJW 1970, 1454 [BGH 26.05.1970 - VI ZR 168/68]; 1974, 34; 1992, 1619), wobei den Geschädigten eine Schadenminderungspflicht aus § 254 Abs. 2 S. 1 BGB trifft (vgl. BGH NJW 1975, 160; 1985, 794).
Aufgrund dieser Schadenminderungspflicht des Geschädigten sind daher im Rahmen des § 249 BGB die zu erstattenden Abschleppkosten grundsätzlich auf einen Abschleppvorgang zur nächstgelegen, geeigneten Werkstatt begrenzt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 19.06.1991 - 2 U 1/91, VersR 1992, 719). Geeignet in diesem Zusammenhang ist jede nächstgelegene Werkstatt des Herstellers des Fahrzeugs und somit die nächstgelegene Herstellerwerkstatt, da im Reparaturfall davon auszugehen ist, dass jede Vertragswerkstatt in der Lage ist, eine Reparatur fachgerecht durchzuführen. Eine solche Vertragswerkstatt wäre jedoch bereits in S vorhanden gewesen, sodass ein Abschleppen bis nach L nicht erforderlich war.
In Ausnahmefällen kann jedoch, ohne dass dem Kläger ein Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs. 2 BGB anzulasten ist, auch ein Abschleppvorgang bis zum Heimatort des Geschädigten zu ersetzen sein, wenn andernfalls entsprechende oder höhere Kosten entstehen würden (vgl. OLG Köln a.a.O.).
Entsprechende bzw. höhere Kosten sind dann gegeben, wenn Kosten für Fahrten zum späterem Abholen des Fahrzeugs entstehen würden oder wenn bei besonderen Fahrzeugen von einer erforderlichen Sachkunde für die Reparatur der Heimatwerkstatt zu erwarten ist (vgl. OLG Köln a. a. O.; ebenso Sanden/Völtz, Sachschadenrecht des Kraftverkehrs, 5. Aufl., Rdz. 248). Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass Abschleppkosten zur Heimatwerkstatt auch dann nicht erstattungsfähig sind, wenn spätere Abholkosten bedeutend günstiger gewesen wären als das Abschleppen bis zur Heimatwerkstatt.
Es ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger hier erheblich höhere Kosten entstanden wären, die den Ersatz der hier entstandenen Abschleppkosten rechtfertigen, wenn sein beschädigtes Fahrzeug nur bis zu einer Vertragswerkstatt nach S verbracht worden wäre. Warum sein weniger als drei Jahre altes Fahrzeug zwingend in der Vertrauenswerkstatt zu reparieren ist, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, sodass eine besondere Notwendigkeit zur Beauftragung einer Werkstatt in Köln seitens des Klägers nicht ausreichend dargelegt wurde.
Zwar wären bei Verbringung des Unfallfahrzeugs des Klägers in eine geeignete Werkstatt in S zweifelsfrei zumindest weitere Kosten für die Verbringung des Klägers nach L entstanden. Derartige Kosten in Form von Taxikosten oder auch Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs für einen weiteren Tag hätten sich aber zur Überzeugung des Gerichts in einem erheblich geringeren Umfang belaufen als die nunmehr begehrten recht hohen Abschleppkosten.
Nach Auffassung des Gerichts wären weitere, höhere Kosten daher allenfalls an einem weiteren Miettag für ein Ersatzfahrzeug angefallen. Diese Kosten sind der vorgelegten Rechnung aufgrund derer die Regulierung hinsichtlich des Ersatzfahrzeugs für die restlichen Tage stattfand, zu entnehmen. Demnach wären für einen weiteren Miettag gerade einmal 54,74 Euro (40 Euro Miettarif + 6 Euro Reifengebühr + MwSt) angefallen. Warum ein derartiges Ersatzfahrzeug für einen ähnlichen Tarif nicht auch in S am Unfalltag hätte erhältlich sein sollen, ist nicht ersichtlich und auch nicht näher vorgetragen.
Auch dass der Kläger sich aufgrund eines Schocks nicht bereits am Unfalltag sich ein entsprechendes Fahrzeug hätte anmieten können, ist nicht ansatzweise nachvollziehbar vorgetragen worden und kann auch nicht allgemein angenommen werden. Auch ein ausreichendes Beweisangebot für den behaupteten Schockzustand liegt nicht vor, da die Voraussetzungen einer Parteivernehmung gemäß § 447 Abs. 1 ZPO (sog. "An-Beweis") nicht vorlagen. Schließlich hätte der Kläger die sich noch im Fahrzeug befindlichen Gegenstände ersichtlich auch durch den Einsatz des angemieteten Fahrzeugs von einer Werkstatt aus Ratingen abtransportieren können.
Zwar ist dem Kläger kein Auswahlverschulden hinsichtlich des beauftragten Abschleppunternehmens vorzuwerfen, da nicht er sondern die Polizei das Abschleppunternehmen zur Unfallstelle gerufen hat und auch war es ihm in der konkreten Situation nicht zumutbar, sich über die ortsüblichen Preise eines Abschleppvorgangs zu informieren, richtigerweise kann ein Ersatzanspruch aber auch nur in der Höhe bestehen, in der der Geschädigte selbst dem Abschleppunternehmer gegenüber zur Entlohnung verpflichtet wäre.
Der Kläger hat dem Abschleppunternehmer aber mangels einer ausdrücklichen Vereinbarung nur eine angemessene, ortsüblichen Vergütung gem. § 632 Abs. 2 BGB zu entrichten. Eine solche Vergütung besteht in einer Vergütung, die nach der zur Zeit des Vorfalls für eine nach Art, Güte und Umfang gleiche Leistung nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Werkleistung gewährt zu werden pflegt. Im Rahmen der Bestimmung der Höhe dieser angemessene und ortsübliche Vergütung für das Abschleppen eines Unfall-Kfz kann das Gericht die Kosten in Anlehnung an die von der Beklagten vorgelegten Preis- und Strukturumfrage des Verbandes der Bergungs- und Abschleppunternehmen nach § 287 ZPO schätzen. Bei Zugrundelegung eines herkömmlichen Abschleppvorgangs ist ein Zeitaufwand von einer Stunde angemessen und entsprechend zu erstatten. Hieraus ergibt sich für das Jahr 2012 ein Betrag in Höhe von 128 Euro netto für einen Abschleppvorgang bis zu einer geeigneten Fachwerkstatt in S. Der substantiierten Darstellung in der Klageerwiderung zur Höhe ist der Kläger insgesamt nur durch ein lediglich völlig pauschales und damit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO unbeachtliches Bestreiten entgegengetreten, ohne selbst eine weitere Erläuterung abweichender Beträge vorzunehmen. Zuzüglich der Mehrwertsteuer steht dem Kläger daher allenfalls ein Betrag in Höhe von 152,32 Euro zu. Aufgrund der Schadensregulierung vom 04.01.2013 ist der Anspruch des Klägers daher gemäß § 362 Abs. 1 BGB bereits insgesamt erloschen.
Ein Anspruch auf Verzugszinsen besteht gemäß §§ 286, 288 Abs. 1 BGB nicht, da bereits keine fällige Hauptforderung vorliegt.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Für die Zulassung zur Berufung bestand keine Veranlassung; es liegt kein Zulassungsgrund im Sinne des § 511 Abs. 4 ZPO vor.
Streitwert: 297,68 Euro.


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Anmerkung:


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