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Entscheidungen

Zivilrecht

Wiedereinsetzung, Falschadressierung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.11.2013 - I-15 U 172/13

Leitsatz: 1. Der Prozessbevollmächtigte einer Partei muss die Rechtsmittelschrift vor Unterzeichnung auf die Vollständigkeit, darunter auch auf die richtige Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts überprüfen.
2. Hat der Rechtsanwalt bei Unterzeichnung der Rechtsmittelschrift die unrichtige Adressierung bemerkt und einer Büroangestellten die Weisung erteilt, diese zu korrigieren, so gereicht es ihm jedenfalls dann zum Verschulden, dass er die Ausführung dieser Weisung nicht kontrolliert hat, wenn die Angestellte gleichzeitig am Empfang der Kanzlei tätig war und die Gefahr bestand, dass über der Annahme von Telefongesprächen und der Aufnahme von Mandanten die Weisung in Vergessenheit gerät.


In pp.
Die Berufung des Klägers gegen das am 05.09.2013 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach -10 O 170/12- wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag des Klägers vom 22.10.2013 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungseinlegungsfrist wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Wiedereinsetzungsverfahrens.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 15.000 €

Gründe
Mit dem angefochtenen Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 05.09.2013 wurde die Klage des Klägers gegen D.. abgewiesen, es zu unterlassen, bei zukünftiger Eingabe seines Namens in der Trefferliste der Suchmaschine "D." die Webseite zu einer konkret bezeichneten URL aufzuführen und dabei insbesondere einzelne näher konkretisierte Äußerungen verbreiten zu lassen. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 10.09.2013 zugestellt. Mit am 10.10.2013 beim Oberlandesgericht Köln eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten hat der Kläger Berufung gegen dieses Urteil eingelegt. Gemäß Vermerk der Eingangsgeschäftsstelle des Oberlandesgerichts Köln vom 11.10.2013 wurde der Prozessbevollmächtigte des Klägers davon unterrichtet, dass das Oberlandesgericht Köln für Berufungen gegen Urteile des Landgerichts Mönchengladbach nicht zuständig sei.

Daraufhin hat der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 22.10.2013, der am selben Tag beim Oberlandesgericht Düsseldorf einging, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zugleich Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach eingelegt. Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsgesuchs hat der Kläger vorgetragen, die Berufungsschrift sei fälschlich an das Oberlandesgericht Köln adressiert worden. Bei Unterzeichnung der Berufungsschrift habe sein Prozessbevollmächtigter diesen Fehler bemerkt und seine Mitarbeiterin angewiesen, die Anschrift zu korrigieren. Diese Korrektur sei irrtümlich unterblieben.

Die Berufung des Klägers war gemäß § 522 Abs. 1 i.V.m. § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil die Berufungsfrist von einem Monat ab Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils (§ 517 ZPO) nicht eingehalten worden ist. Das Urteil ist dem Kläger am 10.09.2013 zugestellt worden, so dass die Berufungsfrist am 10.10.2013 endete. Die Berufungsschrift ist erst am 22.10.2013 und damit nach Ablauf der Frist eingegangen.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war dem Kläger nicht zu gewähren.

Der Antrag vom 22.10.2013 ist zwar zulässig. Insbesondere wurde er form- und fristgerecht eingelegt (§§ 234, 236 ZPO). In der Sache hat der Antrag jedoch keinen Erfolg. Der Kläger hat die Frist nicht unverschuldet versäumt, was aber nach§ 233 ZPO Voraussetzung für den Erfolg des Wiedereinsetzungsantrags wäre. Denn seinen Prozessbevollmächtigten trifft ein Verschulden an der Fristversäumnis, was sich der Kläger zurechnen lassen muss (§ 85 Abs. 2 ZPO).

Die Prüfung der notwendigen Formalien für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist Aufgabe des Rechtsmittelführers. Ihm obliegt es deswegen auch, dafür Sorge zu tragen, dass das Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittelfrist bei dem zuständigen Gericht eingeht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 08.02.2012 - XII ZB 165/11 - FamRZ 2012, 623; vom 15.06.2011 - XII ZB 468/10 FamRZ 2011, 1389; vom 4. Dezember 1991 - VIII ZB 34/91 - VersR 1992, 1023 f.).

Hierbei gehört die Anfertigung einer Rechtsmittelschrift zu den Aufgaben, die der Rechtsanwalt seinem angestellten Büropersonals nicht übertragen darf, ohne das Arbeitsergebnis selbst sorgfältig zu überprüfen. Die Aufgabe darf in einem so gewichtigen Teil wie der Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts auch gut geschultem und erfahrenem Büropersonal eines Rechtsanwalts nicht eigenverantwortlich überlassen werden. Der Prozessbevollmächtigte einer Partei muss die Rechtsmittelschrift deswegen vor Unterzeichnung auf die Vollständigkeit, darunter auch auf die richtige Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts überprüfen (BGH, Beschluss vom 05.06.2013 - XII ZB 47/10, MDR 2013, 1061-1062 m.w.N.).

Allerdings darf der Rechtsanwalt auch bei einem so gewichtigen Vorgang wie der Anfertigung einer Rechtsmittelschrift einer zuverlässigen Büroangestellten eine konkrete Einzelweisung erteilen, deren Ausführung er grundsätzlich nicht mehr persönlich überprüfen muss. Wird eine solche Anweisung nur mündlich erteilt, müssen freilich ausreichende Vorkehrungen dagegen getroffen werden, dass die Erledigung nicht in Vergessenheit gerät. Auch in diesem Fall genügt die klare und präzise Anweisung, die Erledigung sofort vor allen anderen Arbeiten vorzunehmen. Die Gefahr, dass eine solche sofort auszuführende Weisung sogleich vergessen oder aus sonstigen Gründen nicht befolgt wird, macht eine nachträgliche Kontrolle ihrer Ausführung dann nicht erforderlich (vergleiche BGH a.a.O.).

Solche zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen hat der Kläger in seinem Wiedereinsetzungsgesuch weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Seine Ausführungen beschränken sich darauf, dass sein Prozessbevollmächtigter seine Mitarbeiterin mit der Korrektur der fehlerhaften Adressierung beauftragt habe und diese Mitarbeiterin gleichwohl die Korrektur der fehlerhaften Adressierung versehentlich unterlassen habe, weil sie während des Korrekturvorgangs durch ihre weitere Tätigkeit am Empfang der Rechtsanwaltskanzlei abgelenkt worden sei. Nach diesem Sachvortrag kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass eine klare und präzise Weisung zur sofortigen Korrektur der fehlerhaften Adressierung fehlte und deswegen die Absicherung ihrer Ausführung zusätzlicher Vorkehrungen bedurfte. Gerade weil die Kanzleimitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten des Klägers am Empfang der Rechtsanwaltskanzlei tätig war und in einer solchen Arbeitssituation immer die Gefahr besteht, dass über die Erledigung der Aufgaben am Empfang (z.B. Annahme von Telefongesprächen, Aufnahme von Mandanten) eine Anordnung zur Änderung der falsch erstellten Rechtsmittelschrift in Vergessenheit gerät und damit gerade keine unverzügliche Korrektur sichergestellt war, durfte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht allein auf seine Kanzleiangestellte verlassen, sondern er hätte die unverzügliche Korrektur der Rechtsmittelschrift verlangen müssen und diese erst danach unterzeichnen dürfen (vergleiche hierzu BGH, Beschluss vom 08.02. 2012- XII ZB 165/11, NJW 2012, 1591-1594). Offensichtlich war die Kanzleimitarbeiterin des Klägers durch ihre Aufgaben am Empfang so abgelenkt, dass sie sich noch nicht einmal später, als sie die Berufungsschrift an das OLG Köln faxte und hierzu die Faxnummer in das Faxgerät eingab, daran erinnerte, dass ihr seitens des Prozessbevollmächtigten des Klägers aufgetragen worden war, die Adressierung zu ändern.

Die Versäumung der Frist ist daher vom Prozessbevollmächtigten des Klägers verschuldet. Der Wiedereinsetzungsantrag war daher zurückzuweisen. Gemäß § 238 Abs. 1 ZPO hat der Senat die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen (§ 522 Abs. 1 ZPO).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1 und 238 Abs. 4 ZPO.

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Anmerkung:


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