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Entscheidungen

StPO

Telefonüberwachung, Löschungsanspruch, Umfang, Verteidiger

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Dresden, Beschl. v. 05.06.2014 - 14 Qs 56/14

Leitsatz: Die Löschung von Aufzeichnungen nach § 160 a Abs. 1 Satz 3 StPO hat sich nicht lediglich auf die Speicherung der Daten, die unmittelbar durch die TKÜ-Maßnahmen erlangt wurden, zu erstrecken, sondern auch auf entsprechende Niederschriften


14 Qs 56/14
In dem Ermittlungsverfahren
gegen pp.
Verteidiger:

- zugleich Drittbetroffener -
Verfahrensbevollmächtigte des Drittbetroffenen:
(besonders) schweren Raubes u. a.
hier Antrag auf gerichtliche Entscheidung; sofortige Beschwerde
ergeht am 05.06.2014
durch das Landgericht Dresden - 14.. Große Strafkammer als Beschwerdekammer -
nachfolgende Entscheidung:
1 Auf die sofortige Beschwerde des Drittbetroffenen wird der Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 14.05.2014 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass die Überwachung des Telefonats des Beschuldigten pp. vom 25.03.2014 mit dem Drittbetroffenen, Rechtsanwalt Israel, und die Aufzeichnung der SMS vom 25.03.2014, 17:12 Uhr, vom Beschuldigten pp. an den Drittbetroffenen rechtswidrig sind.
2. Die Aufzeichnung des Telefonats des Beschuldigten pp. vom 25.03.2014, 12:43 Uhr, ist zu löschen.
3. Die Aufzeichnung der SMS des Beschuldigten pp an den Drittbetroffenen vom 25.03.2014, 17:12 Uhr, ist zu löschen.
4. Der Vermerk der Zollhauptsekretärin C. vom 11.04.2014 (BI. 276 f. des Sonderbandes "TKÜ") ist zu löschen und vollständig aus der Ermittlungsakte - einschließlich sämtlicher Duplikatsakten - zu entfernen und zu vernichten.
5. Über den Vollzug der Maßnahmen der Ziffern 1. - 4., für welche die Staatsanwaltschaft Dresden zuständig ist, ist die Prozessbevollmächtigte des Drittbetroffenen schriftlich zu benachrichtigen.
6. Die Kosten des Antragsverfahrens und die dem Drittbetroffenen insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Drittbetroffenen insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe:

I.
Der Drittbetroffene ist Verteidiger des Beschuldigten in dem gegen ihn wegen des Verdachts des (besonders) schweren Raubes und anderer Delikte geführten Ermittlungsverfahren. Im Rahmen der gegen seinen Mandanten erfolgten Telefonüberwachungsmaßnahmen wurde auch ein zwischen ihm und dem Beschuldigten geführtes Telefonat vom 25.03.2014 sowie eine an diesem Tag vom Beschuldigten an den Drittbetroffenen versandte Kurznachricht (SMS) aufgezeichnet.

Über deren Inhalt wurde der aus der Beschlussformel ersichtliche Vermerk vom 11.04.2014 gefertigt.

Daraufhin beantragte der Verteidiger mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 30.04.2014 neben der Feststellung, dass die entsprechenden TKÜ-Maßnahmen rechtswidrig seien, die Löschung der entsprechenden Aufzeichnungen sowie des hierzu gefertigten Vermerks.

Diesen Anträgen kam der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Dresden mit Beschluss vom 14.05.2014, Az.: 272 Gs 1296/14, im Wesentlichen nach, lehnte aber den Antrag auf Löschung des vorbezeichneten Vermerks und dessen Entfernung aus der Ermittlungsakte ab. Eine Kosten- und Auslagenentscheidung erging nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorbezeichneten Beschluss verwiesen.

Gegen die Zurückweisung des Antrages auf Löschung des Vermerks sowie die unterbliebene Kostenentscheidung legte der Drittbetroffene durch seine Verfahrensbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 22.05.2014 sofortige Beschwerde ein.

II.
Die sofortige Beschwerde ist gem. § 101 Abs. 7 Satz 3 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerdefrist des § 311 Abs. 2 StPO wurde nicht in Gang gesetzt, da die an-gefochtene Entscheidung nicht gem. § 35 Abs. 2 StPO zugestellt wurde.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache vollumfänglich Erfolg.

1. Die Löschung von Aufzeichnungen nach § 160 a Abs. 1 Satz 3 StPO hat sich nicht lediglich auf die Speicherung der Daten, die unmittelbar durch die TKÜ-Maßnahmen erlangt wurden, zu erstrecken, sondern auch auf entsprechende Niederschriften (siehe etwa Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 101, Rn. 28). Mithin ist sämtliches insoweit angefallenes Material, insbesondere auch ein über den Inhalt des Telefonats bzw. der Kurznachricht gefertigter Vermerk, vollständig zu löschen.

Dies versteht sich von selbst, da andernfalls der besondere Schutz, den die entsprechende grundrechtssichernde Verfahrensregelung nach § 101 Abs. 8 StPO sowie der hier einschlägigen - noch weitergehenden - Vorschrift des § 160 a Abs. 1 StPO bieten soll, nicht effektiv gewährleistet werden könnte.

Den vom Amtsgericht geäußerten Bedenken ist daher nur insoweit Rechnung zu tragen, als die entsprechenden Aktenbestandteile, wie bereits die Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers ausgeführt hat, nicht kommentarlos entfernt werden dürfen, sondern durch Fehlblätter mit einem entsprechenden Vermerk - etwa unter Hinweis auf den die Entfernung anordnenden Beschluss - zu ersetzen sind. Schon um die spätere Nachvollziehbarkeit im Rahmen von Rechtsschutzbegehren Betroffener zu sichern, müssen die Tatsache der Erlangung unverwendbarer Erkenntnisse ("aber natürlich nicht diese selbst" - Meyer-Goßner a.a.O., § 160a Rn. 6) ohnehin nach § 160 a Abs. 1 S. 4 StPO dokumentiert werden.

2. Die versehentlich unterbliebene Auslagen- und Kostenentscheidung war durch das Beschwerdegericht nachzuholen. Sie beruht auf § 473 a Sätze 1 und 2 StPO.

Die Entscheidung über die im Beschwerdeverfahren angefallenen Kosten und Auslagen beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO.

Einsender: RA U. Israel, Dresden

Anmerkung:


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