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Entscheidungen

Verwaltungsrecht

Fahrtenbuchauflage, Anordnung, Voraussetzungen

Gericht / Entscheidungsdatum: VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.07.2014 - 10 S 1256/13

Leitsatz: Zu den Voraussetzungen für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage.


10 S 1256/13
VERWALTUNGSGENICHTSHOF
BADEN-WÜRTTEMBERG
Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache pp.
prozessbevollmächtigt:
gegen
Stadt Pforzheim - Rechtsamt -,
- Beklagte - - Antragsgegnerin -
wegen Fahrtenbuchauflage
hier: Antrag auf Zulassung der Berufung
hat der 10. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof und den Richter am Verwaltungsgerichtshof am 21. Juli 2014 beschlossen:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung, gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 7. Mai 2013 - 2 K 3451/12 - wird abgelehnt

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 1.200 EUR festgesetzt.

Gründe
Der fristgerecht gestellte und begründete, auf die Gründe ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. VwGO) sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr, 3 VwG0) gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.05.2013 hat keinen Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der vom Antragsteller dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.03.2004 - 7 V 4.03 DVBI 2004, 838 f.; Senatsbeschluss vom 03.05.2011 - 10 S 354/11 - VBIBW 2011, 442); sie sind immer schon dann begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.12.2009 - 2 BvR 758108 - Juras), es sei denn, es lässt sich schon im Zulassungsverfahren zuverlässig sagen, das Verwaltungsgericht habe die Rechtssache im Ergebnis richtig entschieden und die angestrebte Berufung werde deshalb voraussichtlich keinen Erfolg haben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.03 2004, a.a.O.), wenn nicht ihrerseits die anderen Gründe wiederum auf einen anderen Zulassungsgrund hinführen würden. Zur Darlegung ernstlicher Zweifel (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) ist eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung erforderlich.

Diese Voraussetzungen erfüllt das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren nicht. Aus den in der Antragsbegründung dargelegten G\ründen erweist sich die Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts nicht als ernstlich zweifelhaft. Entgegen der Auffassung des Zulassungsantrags begegnet die Verfügung der Beklagten vom 26.08.2012, mit der die Kläger die Verpflichtung zum Führen eines Fahrtenbuches für die Dauer von drei Monaten ab Bestandskraft der Verfügung auferlegt worden ist keinen rechtlichen Bedenken. Wie das Verwaltungsgericht ausführlich und mit zutreffender Begründung dargelegt hat, liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO für eine Fahrtenbuchauflage vor. Soweit er Kläger geltend macht, dass hier eine vorwerfbare Ordnungswidrigkeit nicht mit hinreichender Gewissheit festgestellt werden könne (dazu unter 1.1) bzw. unzureichende Ermittlungen der Bußgeldbehörde zur Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers rügt (dazu unter 1.2), dringt er damit nicht durch. Auch ist die Verfügung der Beklagten angesichts des mit einem Fahrzeug des Klägers begangenen beträchtlichen Geschwindigkeitsverstoßes verhältnismäßig und leidet nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Ermessensfehler (dazu unter 1.3).

1.1 Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass mit dem auf die Firma des Klägers als Halter eingetragenen Pkw am 23.01.2012 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 22 km/h überschritten und da-mit eine erhebliche Verkehrsordnungswidrigkeit begangen worden ist. Dies zieht der Kläger ohne Erfolg mit den ursubstantiierten Einwänden in Zweifel, die Geschwindigkeitsüberschreitung sei nicht „rechtswirksam festgestellt", und eine Messfehlerquote von 40 % sei die Regel. Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen keine Bedenken gegen die Richtigkeit der Geschwindigkeitsmessung. Die Bußgeldbehörde hat im Verwaltungsverfahren je eine Kopie des bis 31.12.2012 gültigen Eichscheins für das bei der Geschwindigkeitsmessung verwendete stationäre Messgerät, des ebenfalls bis 31.12.2012 gültigen Prüfscheins für die in die Fahrbahndeck integrierten Messwertaufnehmer sowie mit Bezugnahme auf die Bauartzulassung des verwendeten Messsystems durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PT, E3) eines Protokolls über die Geschwindigkeitsmessung vorgelegt, wonach die Messeinrichtungen für den Einsatz dem vorgeschriebenen Segment-1 Kalibrierungstest unterzogen wurden. Nach der Rechtsprechung des Senats erbringen geeichte Geschwindigkeitsmessgeräte, die über eine Bauartzulassung der Physikalisch- Technischen Bundesanstalt verfügen, bei Fehlen konkreter Anhaltspunkte für eine Fehlfunktion oder unsachgemäße Bedienung aber hinreichend verlässlichen Beweis für eine Geschwindigkeitsüberschreitung bestimmten Umfangs. Insoweit ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur gerichtlichen Verwertbarkeit von Daten aus standardisierten Messverfahren entsprechend heranzuziehen (vgl. Senatsbeschluss vom 04.12.2013 -10 8 1162/13 -DAR 2014, 103 m.N. zur ordnungswidrigkeitsrechtlichen Rechtsprechung; Beschluss vom 09.12.2013 - 10 S 2082/13 -). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind, wenn die Überzeugung des Tatrichters auf Messergebnissen beruht, die mit anerkannten Geräten in einem weithin standardisierten und täglich praktizierten Verfahren gewonnen werden, keine weitergehenden Ermittlungen und diesbezüglichen Darlegungen in den Urteilsgründen erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 19.08.1993 - 4 StR 627/92 - BGHSt 39, 291; Beschluss vom 30.10,1997 - 4 StR 24/97 - BGH St 43, 277). Denn die amtliche Zulassung von Geräten und Methoden verfolgt ebenso wie die Reduzierung des gemessenen Werts um einen - die systemimmanenten Messfeiler erfassenden - Toleranzwert gerade den Zweck, Ermittlungsbehörden und Gerichte von der sachverständigen Begutachtung und Erörterung des Regelfalles freizustellen. Es entspricht deshalb allgemein anerkannter strafgerichtlicher Praxis, dass weitergehende Ermittlungen des Tatrichters und entsprechende Erörterungen nur dann erforderlich sind, wenn der Einzelfall dazu Veranlassung gibt, etwa weil der Betroffene die Richtigkeit der Messung durch substantiierte Rügen in Zweifel zieht. Da sich der Kläger auf pauschale Einwände und Vermutungen beschränkt, konnte auch die Straßenverkehrsbehörde ohne Weiteres von der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung ausgehen.

1.2 Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers unmöglich gewesen. Unmöglichkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats dann anzunehmen, wenn die Bußgeldbehörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 17.12,1982 - 7 C 3.80 - Buchholz 442.16 § 31a'StVZO Nr 12; sowie Beschluss vom 25,06.1987 - 7 B 139.87 - Buchholz 4416 § 31a StVZO Nr. 17; Senatsurteil vom 16,04.1999 - 10 S 114/99 - VBIBW 1999, 463- sowie Senatsbeschluss vom 04.08.2009 - 10 5 1499/09 - NJW 200‘, 3802). Für die Beurteilung der Angemessenheit der polizeilichen Aufklärungsmaßnahmen kommt es dabei wesentlich darauf an, ob die Polizei bzw. die Bußgeldbehörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg versprechen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.1982 - 7 C 3.80 - a.a.O., m.w.N.). Dabei können sich Art und Umfang der Tätigkeit der Behörde, den Fahrzeugführer nach einem Verkehrsverstoß zu ermitteln, an der Erklärung des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, so ist es der Polizei regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.03.1994 - 11 B 130.93 - VRS 88, 158). Dies gilt insbesondere dann, wenn es um die Aufklärung von Verkehrsordnungswidrigkeiten geht, die nur einen Sinn hat, wenn der Täter vor Ablauf der dreimonatigen Verjährungsfrist (§ 26 Abs. 3 StVG) und deren in Betracht kommenden Unterbrechungen so rechtzeitig bekannt ist, dass die Verkehrsordnungswidrigkeit noch mit Aussicht auf Erfolg geahndet werden kann.

Die im vorliegenden Fall entfalteten behördlichen Ermittlungsbemühungen genügen diesen Anforderungen. Es sind die bei verständiger Beurteilung nötigen, aber auch angemessenen und zumutbaren Schritte zur Ermittlung des Fahrzeugführers unternommen worden, jedoch bis zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts der nach § 26 Abs. 3 StVG dreimonatigen Verfolgungsverjährung ergebnislos geblieben (zu diesem maßgeblichen Zeitpunkt vgl. Senatsbeschluss vom 30.11.2010 - 10 S 1860110 -, NJW 2011, 628). Dies hat das Verwaltungsgericht überzeugend unter Berücksichtigung der einschlägigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung im Einzelnen dargelegt. Die dagegen vom Kläger erhobenen Einwände erweisen sich als nicht stichhaltig.

Der vom Kläger behauptete verspätete Zugang des Anhörungsbogens - spätestens am 08.02.2012, d.h. zwei Tage nach Ablauf der in der Rechtsprechung entwickelten Regelfrist von zwei Wochen nach dem Tattag - kann sich schon deshalb nicht rechtserheblich auf die unzureichende Mitwirkung des Klägers bei der Ermittlung des verantwortlichen Fahrers ausgewirkt haben, weil der Kläger sich später (am 03.04.2012) in er Lage gesehen hat zu erklären, das Fahrzeug sei einem Japaner mit Adresse in Tokyo „zugeordnet" gewesen; im vorliegenden Berufungszulassungsverfahren setzt der Kläger diesen angeblichen Zuordnungsadressaten sodann mit dem Fahrer gleich. Im Übrigen kann, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, der Kläger sich auch deshalb nicht auf eine angeblich verspätete Übermittlung des Anhörungsbogens als Ursache für eine mangelnde Mitwirkung bei der Fahreridentifizierung berufen, weil ihn als Firmeninhaber insoweit eine Dokumentationsobliegenheit trifft (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 16.04.1999 - 10 S 114/99 - VBIBW 1999, 463, vom 27.07.2009 - 10 S 1216/09 -, vom 30.11.2010, a.a.O., und vom 14.01.2014 - 10 S 2438/13.1, NJW 2014, 487). Dazu verhält sich das Vorbringen des Klägers vorliegenden Zulassungsverfahren nicht, vielmehr betont der Kläger zum Beleg rasch verblassenden Erinnerungsvermögens bezüglich der Fahrer der Firmenfahrzeuge, dass diese von Kunden und Mitarbeitern gefahren würden. Damit bestätigt er aber gerade die Sinnhaftigkeit und sachliche Rechtfertigung der genannten Obliegenheit. Entgegen der Auffassung des Klägers genügte die am 03. 4.2012, d.h. 20 Tage vor Eintritt der Verfolgungsverjährung (§ 26 Abs. 3 StVG), erfolgte „Zuordnung" des Fahrzeugs nicht den zu stellenden Mitwirkungsanforderungen und musste die Bußgeldbehörde nicht zu weiteren als den von ihr angestellten Ermittlungsbemühungen veranlassen. Die vage bleibende Angabe der „Zuordnung" ohne Benennung des Fahrers - erst im vorliegenden gerichtlichen Verfahren vermischt der Kläger „Zuordnung" und Fahrerbenennung - war insoweit unergiebig, insbesondere nicht geeignet, die Aufsichts- und Dokumentationsobliegenheit des Klägers bezüglich der Fahrzeugnutzung zu relativieren. Dass es sich vor dem Hintergrund der von der Beklagten in der Klageerwiderung plausibel dargelegten schwierigen und zeitaufwendigen Realisierbarkeit von Ermittlungs- und Verfolgungsmaßnahmen in Japan um eine zielgerichtete - der Bußgeldbehörde einen Verfolgungsverzicht nahelegende Schutzbehauptung handelte, lag nicht zuletzt deshalb nahe, weil der Kläger den ihm zugesandten, entgegen seiner Behauptung mit einem Fahrerlichtbild versehenen Anhörungsbogen nicht zurückgesandt hat und die Benennung des Japaners auch schon viel früher möglich gewesen wäre. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang meint, die Bußgeldbehörde hätte sich an die angegebene japanische (Firmen-) Adresse wenden und damit eine „Hemmung" der Verfolgungsverjährung herbeiführen sowie sich hinreichend Zeit zur weiteren Aufklärung verschaffen können, verkennt er, dass es der Bußgeldbehörde nicht angesonnen werden kann, auf völlig ungewisser Tatsachengrundlage hinsichtlich der Täterschaft gewissermaßen ins Blaue hinein verjährungsunterbrechende Maßnahmen wie die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ge-gen Personen einzuleiten, deren Täterschaft fernliegend ist - wie hier auf Grund der vom Kläger nicht in Zweifel gezogenen Einschätzung der Bußgeldbehörde, dass das Fahrerlichtbild keine Ähnlichkeit mit einer japanischen Person des vom Kläger angegebenen Namens aufwies (vgl. auch Senatsbeschluss vom 24.05.2012 - 10 S 2722/11 -). Weshalb, wie der Kläger meint, die angefochtenen Bescheide bereits deshalb rechtswidrig sein sollen, weil das Bußgeldverfahren erst am 11.07.2013 eingestellt worden sei, ist nicht ersichtlich. Ob die Einstellung dem Kläger nicht schon früher mitgeteilt worden ist, wie die Beklagte anführt, kann danach dahinstehen. Schließlich führt auch die erstmalig im vorliegenden Zulassungsverfahren aufgestellte Behauptung des Klägers nicht zu seinen Gunsten weiter, der Fahrer habe ihm gegenüber bestätigt, dass er bei Erhalt des Anhörungsbogens unverzüglich ein ihm aufgegebenes Bußgeld auch bezahlt hätte. Dies lässt seine mangelnde Mitwirkung im maßgeblichen Zeitraum bis zum Eintritt der Verfolgungsverjährung nicht entfallen.

Zur Rüge des Klägers, die Bußgeldbehörde hätte ihn in seiner Eigenschaft als Halter des Tatfahrzeugs noch förmlich als Zeugen vorladen und vernehmen müssen, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass nach dem Fahrerlichtbild durchaus nicht auszuschließen war, dass der Kläger selbst der verantwortliche Fahrzeugführer war. Darin unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung von der dem Senatsbeschluss vom 04.8.2009 (10 S 1499/09 - NJW 2009, 3802) zu Grunde liegenden, die durch eine evidente Nichtidentität des einen Mann zeigenden Fahrerfotos mit der dortigen Fahrzeughalterin gekennzeichnet war. Davon abgesehen war der Kläger durch die Übersendung des Zeugenfragebogens auch bereits in einer Zeugenstellung in die Ermittlungsbemühungen der Bußgeldbehörde einbezogen. Nach der vom Kläger insoweit gezeigten mangelnden Mitwirkung an der Sachaufklärung waren weitere zielführende Hinweise auch bei einer förmlichen Vorladung als Zeuge nicht zu erwarten (vgl. dazu Senatsbeschluss v m 04,12.2013 - 10 S 1162/13 - DAR 2014, 103 m.w.N.).

1.3 Entgegen der Auffassung des Klägers begegnet auch die Ermessensbetätigung der Beklagten keinen rechtlichen Bedenken. Dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 22 km/h einen hinreichend gewichtigen Verkehrsverstoß darstellt, um eine Fahrtenbuchauflage jedenfalls für die hier nur angeordnete Dauer von drei Monaten auch unter dem Blickwinkel des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu rechtfertigen, hat das Verwaltungsgericht bereits zutreffend dargelegt. Nach ständiger Rechtsprechung kann ein einmaliger Verstoß von erheblichem Gewicht die Anordnung rechtfertigen, ein Fahrtenbuch zu führen. Ein derartiger Verkehrsverstoß liegt in der Regel vor, wenn wie hier - die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 20 km/h überschritten wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.1982 - 7 C 3.80 - a.a.O.) oder wenn mit der Verwirklichung des Bußgeldtatbestandes eine Eintragung in das Verkehrszentralregister (hier: 1 Punkt) einhergeht (vgl. so auch OVG Bremen, Beschluss vom 01.08.2007 - 1 A 465/06 - NZV 2007, 644). Dabei kommt es auf die besonderen Umstände des Einzelfalles, wie etwa die konkrete Gefährlichkeit des Verkehrsverstoßes, nicht an. Das Gewicht der festgestellten Verkehrszuwiderhandlung ergibt sich aus ihrer Gefährlichkeit für die Sicherheit des Straßenverkehrs. Hierbei kann die Behörde auf die Bewertungen absteIlen, die in den einschlägigen Straf- und Bußgeldvorschriften mit der Ausgestaltung der Sanktionen sowie in § 40 FeV i.V.m. Anlage 13 mit der Einordnung eines Delikts in das sogenannte Punktsystem zum Ausdruck gebracht worden sind. Bei der Bemessung der Dauer einer Fahrtenbuchauflage ist weiter das Verhalten zu würdigen, das der Fahrzeughalter im Zusammenhang mit den Bemühungen der Behörde an den Tag gelegt hat, eine mit seinem Kraft-fahrzeug begangene Verkehrszuwiderhandlung aufzuklären (vgl. zum Ganzen Senatsbeschluss vom 28,05.2002 - 10 S 1408/01 - juris). Vorliegend hätte der begangene Geschwindigkeitsverstoß nicht nur eine Geldbuße in Höhe von 70,-- EUR, sondern auch eine Eintragung in das Verkehrszentralregister mit 1 Punkt nach sich gezogen. Weiter hat der Kläger, wie dargelegt, keinen nach den Umständen hinreichenden Beitrag zur Aufklärung des Verkehrsverstoßes geleistet. In Anbetracht dessen ist die Anordnung auch ihrer Dauer nach keinesfalls als unverhältnismäßig anzusehen. Die vom Kläger geltend gemachte Erst- und Einmaligkeit des Geschwindigkeitsverstoßes ändert daran, selbst wenn die Richtigkeit dieses Vortrags unterstellt wird, nichts. Mit der Beschränkung auf die Dauer von drei Monaten, die gewiss am unteren Rand des zur Zweckerreichung Erforderlichen liegt, ist diesem Umstand gegebenenfalls auf jeden Fall Rechnung getragen.

2. Die Rechtssache hat auch nicht die ihr von dem Kläger beigemessene grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Dies wäre nur dann zu bejahen, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre und deren obergerichtliche Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.08.1999 - 11 B 61.98 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19 zu dem strukturähnlichen Revisionszulassungsgrund). Es muss deshalb in der Begründung des Antrags auf Zulassung deutlich werden, warum prinzipielle Bedenken gegen einen vom Verwaltungsgericht in einer konkreten Rechts- oder Tatsachenfrage eingenommenen Standpunkt bestehen, warum es also erforderlich ist, dass sich das Berufungsgericht noch einmal klärend mit der aufgeworfenen Frage auseinandersetzt und entscheidet, ob die Bedenken durchgreifen. Schließlich ist darzulegen, warum die aufgeworfene Frage für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich war und auch im Berufungsverfahren entscheidungserheblich sein kann.

Die vom Kläger sinngemäß für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltene Frage, ob der Fahrzeughalter mit der Benennung eines Fahrers drei Wochen vor Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist alles ihm Zumutbare und Notwendige zur Ermittlung des Verantwortlichen für den Verkehrsverstoß getan hat, ermöglicht die Zulassung der Berufung nicht, Denn diese Frage stellt sich hier schon in tatsächlicher Hinsicht nicht, weil die Benennung des Japaners als Fahrer erstmals im Berufungszulassungsverfahren erfolgt ist. Davon abgesehen stellt das angefochtene Urteil, wie die Beklagte zutreffend bemerkt, bei verständiger Würdigung keine allgemein gültige Grundsätze zur Frage auf, wann ein Fahrzeughalter alles Notwendige zu Ermittlung des Fahrers getan hat und welche Maßnahmen der Behörde daraufhin zuzumuten sind. Dabei handelt es sich um Fragen der Würdigung der Einzelfallumstände, die einer weitergehenden rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.


Einsender: Dr. A. Bittinghofer, Pforzheim

Anmerkung:


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