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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

kurzfristige Freiheitsstrafe, Begründungsanforderungen

Gericht / Entscheidungsdatum: Beschl. v. 02.07.2015 - 2 REV 75/15

Leitsatz: Die erstmalige Verbüßung einer längeren Strafhaft kann gegen die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe sprechen.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG
BESCHLUSS
2 Rev 75/15

In der Strafsache
gegen pp.
wegen
Verteidiger: Rechtsanwalt Funck aus Braunschweig,
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 2. Juli 2015 einstimmig gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Merseburg vom 4. Februar 2015 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in 5 Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten mit Bewährung verurteilt.

Der Angeklagte ist 5 Mal vorbestraft, davon 4 Mal einschlägig. Nach seiner letzten Verurteilung vom 26. Oktober 2012, rechtskräftig seit dem selben Tage, wegen Diebstahls pp. in mehreren Fäl-len zur Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten, zunächst zur Bewährung ausgesetzt, beging er im Zeitraum von 14. November 2012 bis zum 21. August 2013 5 Ladendiebstähle, wobei er jeweils nach Tatvollendung entdeckt wurde. Das Diebesgut wurde jeweils unbeschadet an die Kaufhaus-betreiber zurückgegeben. Der Angeklagte war in vollem Umfang geständig.

Das Amtsgericht hat für die erste Tat eine Einsatzstrafe von 4 Monaten verhängt und für die weite-ren 4 Taten jeweils 3 Monate Freiheitsstrafe.

Gegen das Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, die er wirksam auf den Rechtsfolgen-ausspruch beschränkt hat. Er rügt die Verletzung sachlichen Rechts.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwer-fen.

II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.

Das Amtsgericht hat gegen den Angeklagten kurze Freiheitsstrafen verhängt, indes nicht darge-legt, dass die Voraussetzungen für deren Verhängung (§ 47 Abs. 1 StGB) vorliegen.

Das Amtsgericht hat ausgeführt, die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen sei geboten, weil der An-geklagte einschlägig vorbestraft und am Morgen der ersten Tat aus der Verbüßung einer Ersatz-freiheitsstrafe entlassen worden sei.

Diese Erwägungen rechtfertigen die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen nicht. Nach dem Geset-zeswortlaut muss die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen unerlässlich sein, Gebotenheit reicht nicht aus (Fischer, StGB, 62. Aufl., Rn. 10 zu § 47). Die Unverzichtbarkeit einer freiheitsentziehen-den Einwirkung muss mit einer umfassenden und erschöpfenden Begründung dargestellt werden. Daran fehlt es hier. Außerdem hat das Amtsgericht einen maßgeblichen Gesichtspunkt nicht erör-tert.

Der Angeklagte verbüßte zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung seit dem 25. September 2014 erstmals eine Freiheitsstrafe, nämlich die Freiheitsstrafe von 6 Monaten aus dem Urteil vom 26. Oktober 2012.

Die erstmalige Verbüßung einer längeren Strafhaft — eine Ersatzfreiheitsstrafe hat, wenn sie wie im Fall des Angeklagten nur kurz ist, außer Betracht zu bleiben — kann gegen die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe sprechen. Es ist allgemein bekannt, dass die erstmalige Verbüßung einer Freiheitsstrafe viele Gefangene derartig beeindruckt, dass sie künftig ein Leben ohne Strafta-ten führen, sei es, weil das Vollzugsziel (§ 2 StVollzG) durch resozialisierungsfördernde Vollzugs-gestaltung erreicht wird, sei es, weil der Gefangene aus sonstigen Gründen zu dem Entschluss gelangt, die für ihn negative Erfahrung der Strafverbüßung in Zukunft durch Straffreiheit zu ver-meiden, und diesen Entschluss auch umsetzt. Deswegen sind im Falle erstmaliger Verbüßung von Freiheitsstrafe deren zu erwartende Auswirkungen auf den Täter bei der Prüfung der Frage, ob die Verhängung weiterer kurzer Freiheitsstrafen unerlässlich ist, in der Regel zu erörtern (vgl. OLG Köln, NStZ — RR 2007, 266, Senat, Beschluss v. 12. März 2012, StV 2012, 734, Fischer, a.a.O.). Eine solche Erörterung fehlt hier. Sie hätte 'wahrscheinlich dazu geführt, dass das Gericht keine kurzen Freiheitsstrafen verhängt hätte, zumal es dem Angeklagten eine positive Kriminalprognose gestellt hat, wie die Aussetzung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung zeigt.

Davon abgesehen sind die Freiheitsstrafen von jeweils 3 Monaten für die Taten zu Ziffer 2 bis 5 (Wert der Diebesbeute: einmal unter 14,00 Euro, im Übrigen jeweils unter 5,00 Euro) angesichts der bisher festgestellten Umstände überhöht, diese Strafen lösen sich nach oben von ihrer Be-stimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein.


Einsender: RA J.-R. Funck, Braunschweig

Anmerkung:


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