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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Widerruf, Strafaussetzung zur Bewährung, Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Nachverurteilung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Celle, Beschl. v. 07.06.2017 - 2 Ws 107/17

Leitsatz: Die Entscheidung über den Widerruf einer Strafaussetzung kann auf eine Nachverurteilung gestützt werden, auch wenn in diesem Verfahren ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt worden ist.


Beschluss
In pp.
1. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg vom 03. April 2017, mit dem der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 05. Januar 2016 (Az.: 240 Ds 2302 Js 1244/15 - 246/15) angeordnet wurde, wird als unbegründet verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Gegen diese Entscheidung ist keine Beschwerde gegeben (§ 304 Abs. 4 StPO).
Gründe
I.
Mit Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 5. Januar 2016 (Az.: 240 Ds 2302 Js 1244/15 - 246/15), rechtskräftig seit dem 13. Januar 2016, wurde der Beschwerdeführer wegen Diebstahls in 2 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung für 3 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Durch Bewährungsbeschluss vom 5. Januar 2016 wurde dem Verurteilten aufgegeben, jeden Wechsel seines Wohn- oder Aufenthaltsortes während der Bewährungszeit unter Angabe der Geschäftsnummer dem Gericht anzuzeigen. Die Bewährungsaufsicht wurde durch Beschluss des Landgerichts Lüneburg vom 07. März 2017 von der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg übernommen, weil sich der Verurteilte zu diesem Zeitpunkt in Strafhaft in der JVA U. befand.

Am 13. April 2016 verurteilte das Amtsgericht Hamburg den Beschwerdeführer wegen versuchten Diebstahls (Tatzeit 27. Januar 2016) zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten ohne Strafaussetzung zur Bewährung. Das Urteil ist seit dem 15. November 2016 rechtskräftig. Der Verurteilte hat nach eigenen Angaben einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt, welcher noch nicht rechtskräftig beschieden wurde.

Ferner wurde er durch Strafbefehl des Amtsgerichts Lüneburg vom 26. April 2016 wegen Diebstahls (Tatzeit 23. Januar 2016) zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 5 € verurteilt. Die wirksame Zustellung dieses Strafbefehls war zunächst unklar. Mit Bundeszentralregisterauszug vom 21.04.2017 ist das - korrigierte - Datum der Rechtskraft als der 17.02.2017 mitgeteilt worden.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg nach schriftlicher Anhörung des Verurteilten die Strafaussetzung zur Bewährung hinsichtlich der Verurteilung durch das Amtsgericht Hamburg vom 5. Januar 2016 widerrufen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Verurteilte mit seiner sofortigen Beschwerde und führt zur Begründung aus, dass die Angelegenheit wegen des nicht beschiedenen Wiedereinsetzungsgesuchs nicht entscheidungsreif sei.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten ist zulässig, aber unbegründet.

Die Gründe des angefochtenen Beschlusses treffen zu. Das Beschwerdevorbringen greift ihnen gegenüber nicht durch.

Der Beschwerdeführer hat nur 22 Tage nach seiner Verurteilung durch das Amtsgericht Hamburg erneut eine einschlägige Straftat begangen, wegen derer er durch das Amtsgericht Hamburg mit Urteil vom 13. April 2016 rechtskräftig verurteilt wurde. Er hat somit eine gegen das Eigentum Dritter gerichtete Straftat innerhalb der Bewährungszeit begangen und dadurch gezeigt, dass die Erwartung, die der Strafaussetzung zu Grunde lag, sich nicht erfüllt hat, § 56f Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 StGB. Dem steht auch der in dem genannten Verfahren gestellte Antrag des Verurteilten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht entgegen, da das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 13. April 2016 sowohl zum Zeitpunkt des Widerrufsbeschlusses rechtskräftig war als auch zum jetzigen Zeitpunkt rechtskräftig ist und die darin verhängte fünfmonatige Freiheitsstrafe mittlerweile sogar vollständig vollstreckt wurde.

Grundsätzlich ist der Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB jedenfalls dann zulässig, wenn eine rechtskräftige Nachverurteilung vorliegt. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat für den Fall des Vorliegens einer rechtskräftigen Nachverurteilung keinen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung gesehen (EGMR, Urteil vom 12.11.2015 – 2130/10 (E/Deutschland), NJW 2016, 3645). Anderes kann daher nur dann gelten, wenn das neue Urteil ersichtlich unrichtig ist oder auf einer offensichtlich fehlerhaften Rechtsanwendung beruht (KG Berlin, Beschluss vom 01. Dezember 2004, - 1 AR 1135/04 - StraFo 2005,80; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. Juli 1995, - 1 Ws 555/95 -, StV 1996, 45). Das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 13. April 2016 ist jedoch in sich schlüssig und nicht erkennbar rechtswidrig. Auch belegen die Feststellungen die Begehung einer neuen Straftat, so dass eine rechtskräftige Nachverurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Strafaussetzung zur Bewährung wegen einer einschlägigen Straftat vorliegt, die den Widerruf der Strafaussetzung im hiesigen Verfahren rechtfertigt.

Die Tatsache, dass der Verurteilte einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt hat, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Es würde den Strafzwecken zuwiderlaufen, vor dem Widerruf eine rechtskräftige Entscheidung über einen Antrag auf Wiedereinsetzung oder auf Wiederaufnahme des Verfahrens abzuwarten. Durch solche Anträge tritt grundsätzlich keine Vollstreckungshemmung in den ihnen zugrunde liegenden Verfahren ein (§§ 47 Abs. 1, 360 Abs. 1 StPO). Daher wäre es widersprüchlich, in anderen Verfahren eine Ausnahme von der Rechtskraftwirkung zu machen. Anderes kann gegebenenfalls dann gelten, wenn der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder auf Wiederaufnahme des Verfahrens mit einem Antrag auf Vollstreckungsaufschub verbunden wird.

Auf die Frage, ob auch die dem Strafbefehl vom 26. April 2016 zugrunde liegende Tat den Widerruf gerechtfertigt hätte, kommt es daher nicht an.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.


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Anmerkung:


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