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Entscheidungen

OWi

Akteneinsicht, Lebensakte

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Freiburg, Beschl. v. 07.06.2017 - 37 OWi 88/17

Leitsatz: Wird eine Lebensakte nicht geführt, hat die Verwaltungsbehörde dem Verteidiger Auskunft zu der Frage zu erteilen, wann und warum das zum Einsatz gebrachte Messgerät eventuell repariert, gewartet, geeicht bzw. nachgeeicht wurde.


37 OWi 88/17
Amtsgericht Freiburg im Breisgau
Beschluss
In dem Bußgeldverfahren
gegen pp.
Verteidiger:
wegen Erzwingungshaft
hat das Amtsgericht Freiburg im Breisgau durch die Richterin am Amtsgericht Sartorius am 07.06.2017 beschlossen:
1. Die Verwaltungsbehörde hat dem Verteidiger Auskunft zu der Frage zu erteilen, wann und warum das zum Einsatz gebrachte Messgerät eventuell repariert, gewartet, geeicht bzw. nachgeeicht wurde.
2. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens und die Auslagen tragen der Antragsteller und die Staatskasse je zur Hälfte.

Das Regierungspräsidium Karlsruhe, Zentrale Bußgeldstelle ("die Verwaltungsbehörde"), führt gegen den Betroffenen ein Bußgeldverfahren wegen des Verdachts des Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschafen um 52 km/h.
Der Verteidiger hatte bis einschließlich Blatt 28 der Verwaltungsakte Akteneinsicht. Wegen des in-soweit gegebenen Akteninhalts wird auf die Verwaltungsakte verwiesen.
Mit Schreiben vom 06.02.2017 beantragte der Verteidiger gerichtliche Entscheidung über den In-halt der Akteneinsicht gemäß § 62 OWiG und beantrage die Vorlage des Wartungszertifikates/Lebensakte/Reparaturnachweises des Messgeräts.
Seitens der Verwaltungsbehörde war dem Verteidiger mit Schreiben vom 19.12.2016 mitgeteilt worden, dass eine Lebensakte für das Messgerät nicht geführt werde.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gemäß § 62 OWiG zulässig, in der Sache jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Gemäß § 46 OWiG i.V.m. § 147 StPO hat der Verteidiger des Betroffenen ein Recht auf Aktenein-sicht, das sich auf alle Akten, Aktenteile und weitere Unterlagen oder Datenträger bezieht, auf die der Vorwurf in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gestützt wird (Göhler OWiG, 15. Aufl., § 60 Rn. 49), aus denen sich der Schuldvorwurf ergeben soll und die möglicherweise auch der Entlastung des Betroffenen dienen können. Das umfassende Akteneinsichtsrecht der Verteidigung ist auch aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens begründet. Die Verteidigung muss, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen, die erfolgte Messung in allen Einzelheiten auch und gerade hinsichtliche möglicher Fehlerquellen überprüfen können (AG Cottbus, Beschluss vom 14.09.2012 - Az.: 83 OWi 1122/12).
Indem der Verteidiger des Betroffenen die Übersendung der Lebensakte fordert, ist der Antrag zu-rückzuweisen. Grundsätzlich wird man von einem dementsprechenden Recht auf Akteneinsicht auszugehen haben (AG Bad Kissingen, Beschluss vom 06.07.2006 - Az.: 3 OWi 17 Js 7100/06; AG Erfurt, Beschluss v. 25.03.2010 - Az.: 64 OWi 624/10). Eine solche Lebensakte wird von der Verwaltungsbehörde jedoch nicht geführt. Dies ist so hinzunehmen. Eine Verpflichtung zur Führung einer Lebensakte besteht nicht.

Wird eine solche Lebensakte jedoch - wie hier - nicht geführt, so hat die Verwaltungsbehörde in dem sich aus Ziffer 1 des Tenors ergebenden Umfang Auskunft, ggf. auch durch Benennung diesbezüglich aussagefähiger Zeugen zu erteilen (AG Cottbus, Beschluss v. 14.09.2012 - Az.: 83 OWi 1122/12).
Die Verteidigung muss sich umfassend mit den technischen Details und dem Eichzustand des zum Einsatz gebrachten Messgerätes befassen können, dies gilt auch dann, wenn, wie hier, ein Eichschein in der Akte ist. Die Frage, ob nach der dokumentierten Eichung vom 07.12.2015 wei-tere Eingriffe an dem zum Einsatz gebrachten Messgerät erfolgt sind, ist legitim, auch vor dem 1-Untergrund, dass die Eichung nach dem Eichschein bis Ende 2016 gültig ist, und kann auch pro-blemlos beantwortet werden.
Die Kostenentscheidung hat ihre Grundlage im § 62 Abs. 2 Satz 2 OwiG i.V.m. § 475 Abs. 4 StPO.


Einsender: RA F. Reisner, Iserlohn

Anmerkung:


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