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Entscheidungen

Gebühren

Dolmetscherhonorar, simultane Übersetzung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Brandenburg, Beschl. v. 24.11.2016 - 2 Ws 200/16

Leitsatz: Das erhöhte Honorar des Dolmetschers nach § 9 Abs. 3 Satz Fall 2 JVEG entsteht nur bei ausdrücklicher Heranziehung für simultanes Dolmetschen. Eine stillschweigende, nicht dokumentierte Auftragserteilung unter Berücksichtigung der tatsächlich praktizierten Art des Dolmetschens genügt hierfür nicht.


2 Ws 200/16
Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss
In der Strafsache
gegen pp.
weitere Beteiligte:
Bezirksrevisor bei dem Landgericht Cottbus,
Beschwerdeführer,
Antragstellerin und Beschwerdeführerin,
hat der 2. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht, die Richterin am Landgericht und den Richter am Oberlandesgericht am 24. November 2016
beschlossen:

Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors wird der Beschluss der 3. Strafkammer des Landgerichts Cottbus vom 18. Oktober 2016 geändert. Die Vergütung der Antragstel-lerin für ihre Dolmetschertätigkeit am 12. August 2014 wird auf 741,37 € festgesetzt. Der weitergehende Vergütungsantrag wird zurückgewiesen.

Gerichtsgebühren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

Gründe:
I.
Durch Verfügung des Vorsitzenden der Strafkammer wurde die Antragstellerin zum Termin der Hauptverhandlung am 12. August 2014 als Dolmetscherin hinzugezogen und nahm diese Tätigkeit im Zeitraum von 13:29 Uhr bis 16:08 Uhr wahr. Mit Schreiben vom 14. August 2014 stellte sie hierfür eine Vergütung von insgesamt 791,94 € in Rechnung, die sich wie folgt zusammensetzt:
8,5 Stunden à 75 € 637,50 €
Bahnfahrt Berlin-Cottbus-Berlin 28,00 €
Netto 665,50 €
19 % Mehrwertsteuer 126,44 €
Insgesamt 791,94 €.

Nach zunächst antragsgemäßer Auszahlung der beantragten Vergütung forderte die Anwei-sungsbeamtin die Antragstellerin mit Schreiben vom 14. September 2015 zur Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 50,57 € auf, weil sie nicht als Simultandolmetscherin geladen worden sei und ihr insofern nur ein Stundensatz von 70 € zustehe. Hiergegen legte die An-tragstellerin mit Schreiben vom 15. Oktober 2015 Widerspruch ein, den die Anweisungsbe-amtin der Strafkammer zur Entscheidung vorgelegt hat.

Der die damalige Hauptverhandlung leitende Strafkammervorsitzende hat in seiner dienstli-chen Stellungnahme mitgeteilt, er könne sich nicht mehr daran erinnern, ob er die Antrag-stellerin zum simultanen Dolmetschen aufgefordert habe. Der beisitzende Richter hat darge-legt, sich nicht daran erinnern zu können, ob die Dolmetscherin ausdrücklich angewiesen worden sei, simultan zu übersetzen. Sie habe es jedenfalls getan, weil es mit Sicherheit un-terbunden worden wäre, wenn sie konsekutiv übersetzt hätte, denn in diesem Übersetzungs-modus lasse sich eine strafrechtliche Hauptverhandlung nicht sachgerecht durchführen.

Die Strafkammer hat den Widerspruch der Antragstellerin durch Beschluss vom 18. Oktober 2016 in der Besetzung mit drei Richtern als Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG ausgelegt und die Vergütung antragsgemäß auf 791,94 € festgesetzt. Dass die an der damaligen Hauptverhandlung beteiligten Richter sich an eine Mitteilung gegenüber der Antragstellerin über die Art und Weise des Dolmetschen nicht mehr erinnern könnten, stehe einem Vergütungsanspruch für simultanes Dolmetschen nicht entgegen, weil eine konkludente Anordnung vorliege, die ausreichend sei. Zur Begründung hat das Landge-richt u. a. Folgendes ausgeführt:

"Von einer solchen konkludenten Anordnung ist auszugehen, wenn den maßgeblich Beteilig-ten – also insbesondere dem Vorsitzenden und dem Dolmetscher – bewusst ist, dass nur ein simultanes Dolmetschen sachgerecht ist und zu einem dem Strafverfahren angemessenen Ab-lauf der Hauptverhandlung führt. Wenn dann von dem Gericht entgegen dem üblichen Simul-tan-ausnahmsweise ein Konsekutivdolmetschen erwartet wird, muss der die Verhandlung lei-tende Vorsitzende den Dolmetscher unterbrechen und ihn darauf hinweisen, dass lediglich ein Konsekutivdolmetschen zu erbringen sei und vergütet werde. Da dies nach der Stellungnahme des beisitzenden Richters jedenfalls nicht erfolgt ist, ist davon auszugehen, dass die Anord-nung des simultanen Dolmetschens zumindest konkludent erfolgt ist. Eine andere Auffassung würde dazu führen, dass der Vergütungsanspruch des Dolmetschers nicht von der von ihm ge-leisteten und vom Gericht auch erwarteten Tätigkeit, sondern vom formalen Vorgehen des Vorsitzenden abhängig wäre."

Gegen diesen Beschluss hat der Bezirksrevisor unter dem 24. Oktober 2016 Beschwerde ein-gelegt. Die Beschwerdeschrift ist der Antragstellerin zur Kenntnisnahme übermittelt wor-den.

II.
Die vom Landgericht zugelassene, insoweit gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässige Beschwerde hat Erfolg. Der Antragstellerin steht der erhöhte Stundensatz für simultanes Dolmetschen nicht zu.

Gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 JVEG beträgt das Honorar des Dolmetschers für jede Stunde 70 €. Der erhöhte Satz von 75 € kommt nur dann zum Tragen, wenn der Dolmetscher “ausdrück-lich für simultanes Dolmetschen herangezogen worden ist“. Die vom Landgericht vertretene Auffassung, dass auch die konkludente Erteilung einer Anordnung zu simultanem Dolmet-schen ausreiche, entspricht nicht der insoweit klaren gesetzlichen Regelung. Diese stellt vielmehr gerade auf eine ausdrückliche Heranziehung zum Simultandolmetschen ab. Vo-raussetzung hierfür ist zwar nicht, dass diese Art des Dolmetschen bereits bei der Ladung zum Termin genannt wird; insoweit genügt es, wenn der Vorsitzende dem herangezogenen Dolmetscher bei Beginn der Tätigkeit mitteilt, dass simultan gedolmetscht werden soll (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 7. Juli 2014 – 1 Ws 301/14, zit. nach Juris). Eine ausdrückli-che diesbezügliche Erklärung im Vorhinein ist indes nicht verzichtbar.

Entgegen der Begründung im angefochtenen Beschluss kommt es bei der Bemessung des Stundensatzes auf die tatsächlich praktizierte Art des Dolmetschen gerade nicht an, denn das Gesetz stellt insoweit allein formal auf die Auftragserteilung ab ("maßgebend ist ausschließ-lich die bei der Heranziehung im Voraus mitgeteilte Art des Dolmetschens", § 9 Abs. 3 Satz 1 2. Hs JVEG). Dies ergibt sich nicht nur aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut, sondern auch aus dem dokumentierten Willen des Gesetzgebers, der mit dieser Regelung den zu er-wartenden Problemen bei der Unterscheidung und Abgrenzung zwischen konsekutivem und simultanem Dolmetschen zur Vermeidung von Kostenrechtsstreitigkeiten entgegenwirken und die Geltung des erhöhten Stundensatzes unabhängig von der tatsächlichen Art des Dol-metschens davon abhängig machen wollte, dass "die Heranziehung ausdrücklich für simul-tanes Dolmetschen erfolgt ist" (BT-Drucksache 17/11471, S. 354).

Da eine solche ausdrückliche Mitteilung im Vorhinein weder dokumentiert noch feststellbar ist, beträgt das zu vergütenden Honorar lediglich 70 € pro Stunde. Die Vergütung für Dol-metscherleistungen berechnet sich damit wie folgt:

8,5 Stunden à 70 € 595,00 €
Bahnfahrt Berlin-Cottbus-Berlin 28,00 €
Netto 623,00 €
19 % Mehrwertsteuer 118,37 €

Insgesamt 741,37 €.


Die Entscheidung über die Gebührenfreiheit des Beschwerdeverfahrens und die Nichterstat-tung von Kosten beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.


Pisal Fischer Heck


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Anmerkung:


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