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Entscheidungen

Haftfragen

Strafvollzug, Ausbildungsbeihilfe, Arbeitspflicht, Freistellung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Hamburg, Beschl. v. 19.07.2010 - 3 Vollz (Ws) 38/10

Leitsatz: 1. § 41 Abs. 1 HmbStVollzG gewährt – wie § 44 Abs. 1 StVollzG - Gefangenen einen Anspruch auf Ausbildungsbeihilfe nur, wenn sie zum Zwecke der Ausbildung von der Arbeitspflicht freigestellt sind.

2. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn die JVA die Freistellung zum Zwecke der Teilnahme an einem Fernlehrgang grundsätzlich davon abhängig macht, dass der Gefangene seine Eignung durch die erfolgreiche Absolvierung einer sechsmonatigen (unbezahlten) Probezeit nachweist.


in pp.
1. Die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Große Strafkammer 13 als Strafvollstreckungskammer, vom 22.04.2010 wird verworfen.
2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Gegenstandswert wird festgesetzt auf 800,— €.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer, Strafgefangener in der Justizvollzugsanstalt F. (nachfolgend: JVA), begehrt die Zahlung einer Ausbildungsbeihilfe für die Zeit seiner Teilnahme an einem Fernlehrgang für die spanische Sprache vom 07.01.2008 bis 11.04.2008. Er nahm im Jahr 2007 zunächst an einer längerfristigen Qualifizierungsmaßnahme des Berufsfortbildungswerkes teil, die Produktentwicklung und Design zum Gegenstand hatte, und erhielt aus diesem Anlass eine Vergütung der Lohnstufe II. Die Maßnahme endete am 21.12.2007. Ab dem 11.10.2007 belegte er daneben einen Fernlehrgang zum Erlernen der spanischen Sprache. Die JVA hatte ihm die Teilnahme daran zuvor auf der Basis der zu dieser Zeit geltenden Allgemeinverfügung Nr. 9/2005 genehmigt, die unter Ziff. 7 lautet: „7. Während einer 6monatigen Probezeit erhält der Insasse für die Teilnahme an einem Fernlehrgang keine Entlohnung. Der Insasse kann nach einer 6monatigen Probezeit durch Entscheidung des Lehrers in den Schülerstatus (Lohnstufe 3) übernommen werden, sofern er keiner anderen Arbeit nachgeht, sich als geeignet erwiesen hat und die geforderten Leistungen gemäß seines Lehrgangs- bzw. Studienplans gezeigt hat. Schließt sich ein Fernlehrgang an einen zuvor absolvierten Fernlehrgang oder einen Schulkurs an, beginnt keine neue Probezeit. ...“ Dem Beschwerdeführer wurde die Probezeit nicht erlassen, weil er bei Beginn des Spanisch-Lehrgangs keine derartige Vortätigkeit vorzuweisen hatte. Mit Ablauf der sechsmonatigen Probezeit am 11.04.2008 erkannte die JVA dem Beschwerdeführer den Schülerstatus zu und bewilligte eine entsprechende Ausbildungsbeihilfe. Während der Zeit vom 07.01.2008 bis zum 11.04.2008 bezog er weder Arbeitslohn noch eine Ausbildungsvergütung. Seine hiergegen gerichteten Widersprüche wies die JVA mit zwei Bescheiden vom 07.07.2008 und 22.05.2009 zurück. Das Landgericht Hamburg, Große Strafkammer 5 als Strafvollstreckungskammer, hob diese Bescheide im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren mit Beschluss vom 05.01.2010 auf und verpflichtete die JVA zur Neubescheidung. Nach Auffassung der Kammer könne die Zahlung einer Ausbildungsbeihilfe bei Teilnahme an Fernlehrgängen zwar grundsätzlich von einer erfolgreichen sechsmonatigen Probezeit abhängig gemacht werden. Die JVA hätte jedoch prüfen müssen, ob die Probezeit im Falle des Beschwerdeführers wegen dessen vorangegangener Teilnahme an der Qualifizierungsmaßnahme entfallen könne. Mit Bescheid vom 29.01.2010 lehnte die JVA die Zahlung einer Ausbildungsbeihilfe erneut ab, da die Qualifizierungsmaßnahme sich nach ihrer äußeren Ausgestaltung und aufgrund geringerer inhaltlicher Anforderungen grundlegend sowohl von einem Fernlehrgang als auch von einem Schulkurs unterscheide. Deshalb sei zu Recht nicht auf eine Probezeit verzichtet worden. Den hiergegen gerichteten erneuten Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Beschwerdeführers wies die Große Strafkammer 13 des Landgerichts Hamburg als Strafvollstreckungskammer durch Beschluss vom 22.04.2010 zurück, da die JVA nunmehr ermessensfehlerfrei entschieden habe. Mit seiner Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung das Strafvollzugsamt beantragt hat, verfolgt der Beschwerdeführer weiterhin die Zahlung von Ausbildungshilfe für die Zeit vom 7.01.2008 bis 11.04.2008.
II. Der Senat lässt die Überprüfung der Entscheidung des Landgerichts zur Rechtsfortbildung gem. § 116 Abs. 1 StVollzG zu, da über die Gewährung einer Ausbildungsbeihilfe bei Teilnahme an einem Fernlehrgang nach Maßgabe der §§ 34 Abs. 1 Nr. 3, 41 Abs. 1 HmbStVollzG noch keine obergerichtliche Entscheidung vorliegt. In der Sache hat die form- und fristgerecht erhobene Rechtsbeschwerde jedoch keinen Erfolg. Dem Beschwerdeführer ist die Zahlung von Ausbildungsbeihilfe für die Zeit vom 07.01.2008 bis 11.04.2008 rechtsfehlerfrei versagt worden, da ihm ein Anspruch für diesen Zeitraum nicht zusteht. § 43 Abs. 1 HmbStVollzG a.F., jetzt § 41 Abs. 1 HmbStVollzG n.F., gewährt Gefangenen einen Anspruch auf Ausbildungsbeihilfe nur, wenn sie zum Zwecke der Ausbildung von der Arbeitspflicht freigestellt sind (dazu 1). Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn die JVA bei der Teilnahme an Fernlehrgängen diese Freistellung grundsätzlich erst nach Absolvierung einer sechsmonatigen (unbezahlten) Probezeit bewilligt (dazu 2.)
1. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Ausbildungsbeihilfe waren bis Ende 2007 in § 44 StVollzG geregelt, der wie folgt lautet: „§ 44 StVollzG Ausbildungsbeihilfe (1) Nimmt der Gefangene an einer Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung oder an einem Unterricht teil und ist er zu diesem Zwecks von seiner Arbeitspflicht freigestellt, so erhält er eine Ausbildungsbeihilfe, soweit ihm keine Leistungen zum Lebensunterhalt zustehen, die freien Personen aus solchem Anlass gewährt werden. ... ... (3) Nimmt der Gefangene während der Arbeitszeit stunden- oder tageweise an einer Maßnahme der beruflichen oder schulischen Aus- und Weiterbildung teil, so erhält er in Höhe des ihm dadurch entgehenden Arbeitsentgelts eine Ausbildungsbeihilfe.“ Mit Inkrafttreten des Hamburger Strafvollzugsgesetzes am 01.01.2008 trat an die Stelle dieser Norm § 43 HmbStVollzG, der mit der Neufassung des Hamburger Strafvollzugsgesetzes zum 01.09.2009 ohne inhaltliche Änderung in § 41 Abs. 1 HmbStVollzG umbenannt wurde. Er lautet auszugsweise wie folgt: „§ 41 HmbStVollzG Ausbildungsbeihilfe (1) Nehmen die Gefangenen an einer Maßnahme der beruflichen oder schulischen Aus- und Weiterbildung teil, so erhalten sie eine Ausbildungsbeihilfe, soweit ihnen keine Leistungen zum Lebensunterhalt zustehen, die freien Personen aus solchem Anlass gewährt werden. ... ... (3) Nehmen die Gefangenen während der Arbeitszeit stunden- oder tageweise an einer Maßnahme der beruflichen oder schulischen Aus- und Weiterbildung teil, so erhalten sie in Höhe des ihnen dadurch entgehenden Arbeitsentgelts eine Ausbildungsbeihilfe.“ Während § 44 Abs. 1 StVollzG die Zahlung einer Ausbildungsbeihilfe ausdrücklich nur für den Fall vorsieht, dass der Gefangene aufgrund seiner Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme von seiner Arbeitspflicht freigestellt worden ist, weist § 41 Abs. 1 HmbStVollzG seinem Wortlaut nach eine solche Einschränkung nicht auf. Daraus ergibt sich aber nicht, wie der Beschwerdeführer meint, die Pflicht der JVA, für jede Bildungsmaßnahme auch eine Ausbildungsbeihilfe zu zahlen. Vielmehr ist § 41 Abs. 1 HmbStVollzG dahin auszulegen, dass eine Ausbildungsbeihilfe nur gewährt wird, wenn der Gefangene zur Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme von seiner Arbeitspflicht freigestellt wird.
a) Nach den Gesetzesmaterialien war beabsichtigt, den Regelungsgehalt des § 44 Abs. 1 StVollzG unverändert in das Hamburger Landesrecht zu übernehmen. Nach der Gesetzesbegründung zu § 43 Abs. 1 HmbStVollzG a. F. sollte lediglich eine „redaktionelle Anpassung“ des § 44 Abs. 1 StVollzG erfolgen, vgl. Bürgerschafts-Drucksache 18/6490. Im Anwendungsbereich des § 44 Abs. 1 StVollzG ist aber allseits anerkannt, dass eine Ausbildungsbeihilfe nicht bereits dann zu bewilligen ist, wenn dem Gefangenen die Genehmigung zur Teilnahme an einer Weiterbildung erteilt wird. Zusätzlich ist erforderlich, dass er zu diesem Zweck von seiner Arbeitspflicht freigestellt wird (vgl. Callies/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., § 44, Rz. 1 u. 2; Laubenthal in Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 5. Aufl., § 44 Rz. 3, Däubler/Spaniol in Feest, StVollzG, 5. Aufl., § 44 Rz. 1, Arloth, StVollzG, 2. Aufl., § 44 Rz. 2, KG Berlin ZfStrVo 1988, S. 312 f.). Denn die Vorschrift des § 44 StVollzG verfolgt das Ziel, Ausbildungsmaßnahmen gleichwertig neben Arbeitsleistung treten zu lassen. Dem Gefangenen soll kein Nachteil daraus erwachsen, dass er anstelle einer Arbeit, für die er Lohn erhält, einer Ausbildung nachgeht. Daraus ergibt sich aber auch, dass nicht für jede Art der Fortbildung eine Ausbildungsbeihilfe zu bewilligen ist. Soweit Ausbildungsangebote neben einer Arbeitstätigkeit wahrgenommen werden, besteht kein Anlass zur zusätzlichen Zahlung einer Ausbildungsbeihilfe. Auch für eine Ausbildung oder ein Praktikum, das Gefangene außerhalb der JVA absolvieren, stehen ihnen Ausbildungsbeihilfen regelmäßig nicht zu, vgl. Laubenthal, a.a.O., § 44 Rz. 3; Däubler/Spaniol, a.a.O., § 44 Rz. 1. Die Auslegung des § 41 Abs. 1 HmbStVollzG hat sich, da der Landesgesetzgeber ausweislich der vorliegenden Gesetzesmaterialien die Regelung des 44 Abs. 1 StVollzG inhaltlich übernehmen wollte, an diesen Vorgaben zu orientieren.
b) Diese Auslegung ergibt sich auch aus der Gesetzessystematik des § 41 HmbStVollzG. Nach dessen Abs. 3 erhalten Gefangene, die stunden- oder tageweise an einer Ausbildungsmaßnahme teilnehmen, eine Ausbildungsbeihilfe nur, soweit ihnen dadurch Arbeitsentgelt entgangen ist. Diese Vorschrift wäre überflüssig, wenn ein Anspruch auf Gewährung von Ausbildungsbeihilfe immer schon aus § 41 Abs. 1 HmbStVollzG bestünde, sie macht hingegen einen Sinn, wenn § 41 Abs. 1 HmbStVollzG nur Anwendung findet auf Gefangene, die zum Zwecke der Ausbildung von ihrer Arbeitspflicht freigestellt worden sind. c) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers verstößt die Gewährung von Ausbildungsbeihilfen nur im Falle der Freistellung von der Arbeitspflicht auch nicht gegen den Angleichungsgrundsatz mit Blick auf die in Freiheit gewährten Ausbildungsbeihilfen nach §§ 63, 64 SGB III. Denn anders als in Gefangenschaft besteht in Freiheit keine grundsätzliche Arbeitsverpflichtung, so dass die Grundsätze zur Zahlung der Ausbildungsbeihilfe als Ersatz für ein sonst entgehendes Arbeitsentgelts nur in Strafhaft gelten. Im Übrigen sehen die §§ 59 ff SGB III nur eine Förderung von Berufsausbildungen oder berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen vor, nicht jedoch von sonstigen weiterbildenden Maßnahmen, wie die Teilnahme an einem nicht berufsbezogenen Sprachkurs.
2. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass die JVA die Freistellung von der Arbeitspflicht zur Teilnahme am Fernlehrgang erst nach Absolvierung einer sechsmonatigen (unbezahlten) Probezeit bewilligt hat. Die Zulassung zu einer Ausbildung richtet sich nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 HmbStVollzG a.F., jetzt § 34 Abs. 1 Nr. 3 HmbStVollzG n.F., der mit dem bis Ende 2007 in Hamburg geltenden § 37 Abs. 3 StVollzG inhaltlich übereinstimmt. Danach setzt die Zulassung des Gefangenen zu einer Ausbildung - eine Ermessensentscheidung – dessen Eignung zu der Maßnahme voraus. Für die Zulassung zu einem Fernlehrgang erfolgt die Prüfung der Eignung nach der Anstaltsverfügung Nr. 9/2005 zweistufig: Zunächst wird geprüft, ob der Gefangene von seiner Bildung, individuellen Begabung und Leistungsfähigkeit her für diese Ausbildung geeignet erscheint und die weiterbildende Maßnahme mit dem Vollzugsziel übereinstimmt. Fällt diese Prüfung positiv aus und ist die Finanzierung der Ausbildung gesichert, kann der Gefangene zum Fernlehrgang, der neben der Arbeitstätigkeit betrieben wird, zugelassen werden. Die Eignung zu einem anstelle einer Arbeitstätigkeit absolvierten Fernlehrgang muss grundsätzlich durch eine sechsmonatige Probezeit nachgewiesen werden, in der der Fernlehrgang neben der Arbeitstätigkeit absolviert und nicht vergütet wird. Erst nach Ablauf dieser Probezeit trifft die JVA die abschließende Entscheidung über die Eignung des Gefangenen zur Teilnahme an einem die Arbeitspflicht verdrängenden Fernlehrgang, die mit der Zuerkennung des Schülerstatus endet. Dieses zweistufige Vorgehen der JVA bei der Prüfung der Eignung ist sachgerecht. Die Durchführung eines Fernstudiums setzt eine große Arbeitsdisziplin, ein erhöhtes Leistungsstreben, ein starkes Durchhaltevermögen und eine eigenkontrollierte Stetigkeit voraus, woran es den meisten Gefangenen mangelt (KG Berlin ZfStrVO 1988, 312, 313; vgl. auch Laubenthal, a.a.O., § 37 Rz. 23). Es ist nicht zu beanstanden, wenn die JVA die Gewährung des Schülerstatus und damit die Zahlung der Ausbildungsbeihilfe für ein Fernstudium bzw. einen Fernlehrgang grundsätzlich von der erfolgreichen Absolvierung einer sechsmonatigen Probezeit abhängig macht. 3. Mit rechtsfehlerfreier Begründung hat die Strafvollstreckungskammer dargelegt, dass die Entscheidung der JVA, dem Beschwerdeführer wegen seiner vorangegangenen Teilnahme an einer Qualifizierungsmaßnahme die Probezeit nicht zu verkürzen oder zu erlassen, Ermessensfehler nicht aufweist. Die JVA hat im Widerspruchsbescheid nachvollziehbar dargelegt, dass diese Qualifizierungsmaßnahme nicht mit einem Fernlehrgang oder Schulkurs vergleichbar ist, der nach Ziff. 7 der Anstaltsverfügung 9/2005 die Probezeit hätte entfallen lassen können. IV. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 121 Abs. 1 S. 1 StVollzG. Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 60 GKG.

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