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RVG Entscheidungen

Vorbem. 4 Abs. 3 VV

Terminsgebühr, geplatzter Termin

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.11.2011 - 2 Ws 135/11

Fundstellen:

Leitsatz: Erscheint ein (Pflicht-)Verteidiger zu einem Termin, wird jedoch (vor Aufruf der Sache im durchgeführten Termin) entlassen (hier: wegen eines verteidigungsbereiten Wahlverteidigers), erhält er nicht die Terminsgebühr nach VV Vorb. 4 Nr. 3 RVG. Es handelt sich auch nicht um einen Fall des § 4 Abs. 3 Satz 2 VV RVG.


2 Ws 135/11
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN
BESCHLUSS
In der Strafsache gegen pp.
wegen Verdachts des Fahrens ohne Fahrerlaubnis
hier: Festsetzung der Vergütung des Pflichtverteidigers
des Angeklagten S.
hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main — 2. Strafsenat — auf die weitere Beschwerde der Staatskasse des Landes Hessen, endvertreten durch den Bezirksrevisor beim Landgericht Marburg, gegen den Beschluss der 4. Strafkammer des Landgerichts Marburg vom 16.8.2011
am 22.11.2011 beschlossen:

Der Beschluss des Landgerichts Marburg vom 16.8.2011 und der Beschluss des Amtsgerichts Marburg vom 24.6.2011 werden aufgehoben.

Die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung des Rechtsanwaltes A. wird auf 341,53 € festgesetzt.
Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag des Rechtsanwalts A. vom 22.2.2011 wird insoweit zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:
1 In dem gegen den Angeklagten wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis geführten Strafverfahren wurde ihm Rechtsanwalt A:dler mit Beschluss vom 19.1.2011 als Verteidiger beigeordnet. Mit Schreiben vorn 27.1.2011 meldete sich Rechtsanwalt L. für den Angeklagten und beantragte am 7.2.2011, die Beiordnung von Rechtsanwalt A. aufzuheben, da der Angeklagte sich einen anderen Verteidiger genommen habe. Rechtsanwalt A. erklärte am 17.2.2011, er habe keine Bedenken gegen einen Verteidigerwechsel. Am Tage der Hauptverhandlung, dem 21.2.2011, erklärte Rechtsanwalt L. etwa 20 Minuten vor deren Beginn gegenüber dem erkennenden Richter, dass er im Falle seiner Beiordnung bereit sei, auf alle Rechtsanwalt A. entstandenen Pflichtverteidigergebühren zu verzichten. Rechtsanwalt A., der sich im Gerichtsgebäude eingefunden hatte, wurde hierüber kurz vor Beginn der Verhandlung von dem erkennenden Richter unterrichtet und das weitere Vorgehen besprochen. Der dienstlichen Stellungnahme von Richter Dr. L. ist zu entnehmen, dass Rechtsanwalt A. der Meinung war, seine Terminsgebühr sei bereits entstanden, er müsse hierfür nicht in der Hauptverhandlung erscheinen. Bei Aufruf der Sache war Rechtsanwalt A. nicht anwesend. Seine Beiordnung wurde aufgehoben und Rechtsanwalt L. dem Angeklagten beigeordnet. Der Angeklagte wurde rechtskräftig freigesprochen.

Mit Beschluss vom 11.5.2011 hat das Amtsgericht Marburg die von Rechtsanwalt A. geltend gemachte Vergütung um die Terminsgebühr zuzüglich 19 'A Umsatzsteuer von 218,96 € gekürzt und zur Begründung darauf hingewiesen, die Terminsgebühr entstehe nur dann, wenn er sich als Verteidiger bei Aufruf der Sache im Sitzungssaal befinde und seine Anwesenheit im Haupt-verhandlungsprotokoll dokumentiert sei. Hiergegen legte Rechtsanwalt A. Erinnerung ein, worauf das Amtsgericht Marburg am 24.6.2011 den Beschluss vom 11.5.2011 dahingehend abänderte, dass zugunsten von Rechtsanwalt A. zusätzlich zu der bereits festgesetzten und zur Auszahlung gebrachten Vergütung eine weitere Vergütung in Höhe von 218,96 € festgesetzt wird,

Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Bezirksrevisors wies die 4. Strafkammer des Landgerichts Marburg mit Beschluss vom 16.8.2011 zurück und verwies zur Begründung u. a. drauf, dass der Gesetzgeber die hier gegebene Konstellation, dass der bestellte Pflichtverteidiger zum Termin im Gerichtsgebäude erscheine, dieses aber vor Aufruf der Sache wieder verlasse, weil ihm in verlässlicher Weise seitens des Gerichts mitgeteilt wurde, dass ein anderer Rechtsanwalt in der Sache zum Pflichtverteidiger bestellt werde, ersichtlich nicht bedacht habe. Ausgehend von Sinn und Zweck der in Vorbemerkung 4 Abs. 3 S. 2 RVG enthaltenen Ausnahmeregelung sei vom Entstehen einer Terminsgebühr auszugehen, denn der Termin habe aus Gründen, die der Rechtsanwalt nicht zu vertreten habe, jedenfalls für ihn nicht stattgefunden.

2. Die weitere Beschwerde des Vertreters der Staatskasse, die sich gegen die Zubilligung einer Terminsgebühr nach Nr. 4108 VV RVG (für den Hauptverhandlungstag vom 21.2.2011) richtet, ist zulässig, da das Landgericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 6 RVG) und sie innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 RVG) erhoben worden ist.

Das Rechtsmittel ist begründet.

Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 6 Satz 2 RVG kann die weitere Beschwerde nur auf eine Verletzung des Rechts gestützt werden; die §§ 546, 547 ZPO geltend entsprechend. Da ein Fall des § 547 ZPO nicht vorliegt, muss eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden sein (§ 546 ZPO). Handelt es sich — wie hier — um die Auslegung der Teilnahme des Verteidigers an der Hauptverhandlung gemäß Nr. 4108 VV RVG, ist vom Senat nur zu prüfen, ob das Beschwerdegericht die Wertungsgrenzen erkannt und eingehalten hat und ob alle Bewertungsumstände berücksichtigt worden sind.
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Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts steht Rechtsanwalt A. die von ihm geltend gemachte Terminsgebühr gern. W 4108 RVG in Höhe von 184 € zuzüglich Mehrwertsteuer gem. Vorbemerkung 4 Abs. 3 S. 2 RVG nicht zu.

Zu Recht hat der Rechtspfleger beim Amtsgericht Marburg die Festsetzung einer Terminsgebühr abgelehnt.

Zur Hauptverhandlung am 21.2.2011 war Rechtsanwalt A. nicht erschienen. Da er somit an dem gerichtlichen Termin nicht teilgenommen hat, ist eine Gebühr nach der Anlage 1 zum RVG Vorb. 4 Abs. 3 Satz 1 nicht entstanden.

Auch eine Gebühr nach der Anlage 1 zum RVG Vorb. 4 Abs. 3 Satz 2 ist nicht angefallen, da der Termin tatsächlich stattgefunden hat. Der Gesetzeswortlaut ist eindeutig.

Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber „die hier gegebene Konstellation nicht bedacht haben könnte", sind weder ersichtlich noch werden sie in der angefochtenen Entscheidung dargelegt.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber die hier gegebene Konstellation anders hätte regeln können, ohne dass erhebliche neue Auslegungsschwierigkeiten entstünden (vgl. zu dieser Problematik OLG München, Beschluss vorn 13. November 2007, 1 Ws 986/07 — Juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.

Einsender: RA S. Adler, Marburg

Anmerkung: Die Entscheidung ist schlicht falsch.


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