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RVG Entscheidungen

Allgemeine Gebühren-/Kostenfragen - Sonstiges

Fahrtenbuchauflage, Gegenstandswertbemessung

Gericht / Entscheidungsdatum: VG Mainz, Beschl. v. 14.05.2012 - 3 L 298/12.MZ

Leitsatz: Zur Bemessung des Gegenstandswertes bei einer einen Fuhrpark betreffenden Fahrtenbuchauflage.


Beschluss
In dem Verwaltungsrechtsstreit
- Antragstellerin -
Prozessbevollmächtigte:
gegen
- Antragsgegner -
wegen Führung eines Fahrtenbuchs
hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz aufgrund der Beratung vom 14. Mai 2012, an der teilgenommen haben
Richter am Verwaltungsgericht Ermlich
Richterin am Verwaltungsgericht Zehgruber-Merz
Richterin am Verwaltungsgericht Riebel
beschlossen:
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 27. März 2012 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 13. März 2012 wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 558.000,00 € festgesetzt.
G r ü n d e
Der auf § 80 Abs. 5 i.V. mit Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO gestützte Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 27. März 2012 gegen die mit Bescheid des Antragsgegners vom 13. März 2012 für sofort vollziehbar erklärte Anordnung, für alle auf die Antragstellerin zugelassenen Fahrzeuge ein Fahrtenbuch zu führen, ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Insoweit ergibt die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass der Bescheid des Antragsgegners offensichtlich rechtswidrig ist. Unter diesen Umständen gebührt dem Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs Vorrang vor dem Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung seines Bescheides. Denn es besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09. November 2005 – 6 VR 6.05 –, NVwZ 2006, 597; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10. Mai 2006 – 10 B 10371/06.OVG –, NJW 2006, 2714; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Auflage 2008, Rdnr. 967).
Rechtsgrundlage für die Anordnung eines Fahrtensbuches ist § 31 a Abs. 1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung – StVZO –. Danach kann einem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuchs aufgegeben werden, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind zwar in tatbestandlicher Hinsicht gegeben (1). Allerdings hat der Antragsgegner das ihm zustehende Ermessen in Bezug auf den Umfang der Fahrtenbuchauflage nicht ordnungsgemäß ausgeübt (2), denn diese erweist sowohl hinsichtlich der Anzahl der Fahrzeuge, für die ein Fahrtenbuch zu führen ist als auch hinsichtlich der Dauer der Fahrtenbuchauflage als rechtsfehlerhaft.
(1) Zunächst ist die Anordnung des Führens eines Fahrtenbuches in tatbestandlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Wie zwischen den Beteiligten unstreitig sein dürfte, wurde mit dem auf die Antragstellerin zugelassenen Pkw Porsche mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX ZZZZ am 30. Juli 2011 auf der A 6 bei Sinsheim ein nicht unerheblicher Verkehrsverstoß – eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 39 km/h – begangen, der den Tatbestand einer Verkehrsordnungswidrigkeit erfüllt, die neben einem Bußgeld i.H. von 120,00 € (Ziffer 11.3.6 des Bußgeldkataloges) zum Eintrag von drei Punkten im Verkehrszentralregister führt (Ziffer 5.4 der Anlage 13 zur Fahrerlaubnisverordnung). Bereits ein erstmaliger unaufgeklärter, mit einem Punkt bewerteter Verkehrsverstoß reicht regelmäßig für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage aus, ohne dass es auf die Feststellung der näheren Umstände der Verkehrsordnungswidrigkeit ankommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. September 1999 – 3 B 94.99 –, NZV 2000, 386 = juris [Rdnr. 2]; VG Neustadt/Wstr., Beschluss vom 18. Januar 2005 – 4 L 22/05.NW –, ESRIA).
Die Ermittlung des Fahrzeugführers bei Begehung der Verkehrsordnungswidrigkeit war auch i.S. von § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht möglich, denn der Antragsgegner war nicht in der Lage, den Fahrzeugführer zu ermitteln, obwohl er alle angemessenen Maßnahmen ergriffen hat, insbesondere der Antragstellerin einen Zeugenfragebogen zugesandt und Vorortermittlungen von Polizeivollzugsbeamten veranlasst hat. Insbesondere ist das anlässlich der Geschwindigkeitsmessung gemachte Foto des Fahrzeugsführers (vgl. Bl. 66 der Verwaltungsakten) derart undeutlich, dass zur Überzeugung der Kammer nicht festzustellen war, ob es sich - wie von der Antragstellerin angegeben – um eine weibliche oder um eine männliche Person handelt.
(2) Allerdings begegnet die Ausübung des dem Antragsgegner bei der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nach § 31 a Abs. 1 StVZO zustehenden Ermessens erheblichen Bedenken. Insoweit ist aber zunächst nicht zu beanstanden, dass sich der Antragsgegner in Anbetracht des konkreten, mit drei Punkten im Verkehrszentralregister zu bewertenden Verkehrsverstoßes für die Auflage eines Fahrtenbuches entschieden hat (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 – 11 C 12.94 –, BVerwGE 98, 227, 229). Rechtsfehlerhaft erweist sich die Ermessensausübung aber insoweit, als sich die Fahrtenbuchauflage auf sämtliche auf die Antragstellerin zugelassenen Fahrzeuge (insgesamt 93) erstreckt (a) und einen Zeitraum von 30 Monaten umfasst (b).
(a) Die angegriffene Fahrtenbuchanordnung erweist sich bereits deshalb als ermessensfehlerhaft. Sie ist unverhältnismäßig, weil der Antragsgegner sie auf sämtliche auf die Antragstellerin zugelassenen Fahrzeuge erstreckt hat. Zwar kann die Verwaltungsbehörde nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO die Führung eines Fahrtenbuchs auch für mehrere Fahrzeuge des Halters anordnen. Von diesem Grundsatz ausgehend ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei mehreren unaufgeklärt gebliebenen Verkehrsverstößen mit verschiedenen auf einen Halter zugelassenen Firmenfahrzeugen die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage bezogen auf den gesamten Fahrzeugpark gerechtfertigt sein kann (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 2. November 2005 – 12 ME 315/05 –, DAR 2006, 167, 168 = juris [Rdnr. 6m.w.N.]). Unverhältnismäßig ist die Fahrtenbuchauflage aber dann, wenn die Fahrtenbuchauflage auf alle Fahrzeuge des Halters gestützt wird, ohne dass die Behörde eine Prognose darüber angestellt hat, ob über das Fahrzeug, mit dem die der Fahrtenbuchauflage zugrunde liegende Verkehrszuwiderhandlung begangen wurde, hinaus Verkehrsverstöße mit (den) anderen Fahrzeugen des Halters ebenfalls nicht aufgeklärt werden können (vgl. VG Würzburg, Beschluss vom 19. Mai 2011 – W 6 S 11.367 –, juris [Rdnr. 30]); VG Cottbus, Urteil vom 11. September 2007 – 2 K 1526/04 –, juris [Rdnr. 29]). Eine solche Anordnung stellt im Verhältnis zur Einzelanordnung für ein jeweiliges Tatfahrzeug eine erhebliche Erweiterung dar und bedarf deshalb einer ihre Auswirkungen auf den betroffenen Halter bzw. Fahrzeugführer berücksichtigenden Verhältnismäßigkeitsprüfung. Dies setzt voraus, dass die Behörde für ihre Entscheidung den Sachverhalt hinreichend aufklärt. Grundlage einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung ist es dabei, dass Art und Umfang des Fahrzeugsparks geklärt werden, um abschätzen zu können, ob Verkehrsverfehlungen mit anderen Fahrzeugen des Halters zu befürchten sind (vgl. VG Würzburg, a.a.O.).
Vorliegend hat es der Antragsgegner bereits unterlassen, Art und Umfang des Fahrzeugparks der Antragstellerin und damit die Tatsachen zu ermitteln, die die Grundlage für eine ordnungsgemäße Ermessensausübung einschließlich der Beurteilung der Erforderlichkeit und Angemessenheit der streitigen Anordnung bilden. Schon aus dem Bescheid selbst ergeben sich bezüglich der Ausdehnung der Auflage auf alle Fahrzeuge der Antragstellerin keinerlei Erwägungen. Der Antragsgegner stellt dort zunächst lediglich allgemein die Voraussetzungen für die Anordnung eines Fahrtenbuches dar, ehe er unter Hinweis auf die von ihm herangezogenen Verkehrsverstöße ausführt, warum er in dem konkreten Fall eine Fahrtenbuchauflage für die Dauer von 30 Monaten für gerechtfertigt hält. Ausführungen dazu, warum das Fahrtenbuch auf alle Fahrzeuge zu erstrecken war, fehlen in der Begründung völlig. Dies allein ist bereits ein Indiz auf fehlerhaften Ermessensgebrauch (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 8. Januar 2004 – 3 K 5347/03 –, juris [Rdnr. 7 m.w.N.]; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 114 Rdnr. 38 [m.w.N.]).
Dem Antragsgegner waren bei Erlass des Bescheides nicht alle maßgeblichen Tatsachen bekannt, die einer Ermessenentscheidung hätten zugrunde gelegt werden müssen. Insbesondere hatte er keinerlei Ermittlungen zum Umfang des auf die Antragstellerin zugelassenen Fahrzeugparks angestellt, obgleich ihm dies durch eine Halterabfrage ohne weiteres möglich gewesen wäre. Desgleichen fehlen Erhebungen darüber, in welchem Umfange in der Vergangenheit Verkehrszuwiderhandlungen mit Fahrzeugen der Antragstellerin begangen wurden und wie viele Verstöße nicht aufgeklärt werden konnten. Die in diesem Zusammenhang angeführten vier Verkehrsverstöße können schon deshalb nicht als taugliche Beurteilungsgrundlage herangezogen werden, weil sie zum Teil mehr als 10 Jahre zurückliegen und zwei dieser Verstöße (4. August 1998 und 27. März 2000) bereits Gegenstand einer früheren Fahrtenbuchauflage waren (vgl. hierzu auch Beschluss der Kammer vom 5. Mai 2003 – 3 L 358/03.MZ –). Hinsichtlich des dritten Verkehrsverstoßes – der ausgehend von der zuletzt begangenen Verkehrszuwiderhandlung mehr als vier Jahre zurückliegt – ist zu berücksichtigen, dass sich der Antragsgegner nach der im September 2007 erfolgten Anhörung mehr als drei Jahre Zeit gelassen hat, ehe er der Antragsgegnerin gegenüber im Januar 2011 eine Fahrtenbuchauflage angedroht hat. Vor diesem Hintergrund bestehen erhebliche Zweifel daran, ob diese Verstöße eine dahingehende Prognose rechtfertigen, mit Fahrzeugen der Antragstellerin würden auch künftig Verkehrszuwiderhandlungen in einer Art und Weise begangen werden, die die Erstreckung einer Fahrtenbuchauflage auf alle Fahrzeuge rechtfertigt.
Soweit der Antragsgegner einem Ermessensfehlgebrauch mit der Begründung entgegen tritt, es sei ihm nicht zuzumuten, innnerbetriebliche Vorgänge aufzuspüren, denen die Geschäftsleitung weiteraus näher stehe, und es hätte an der Antragstellerin gelegen, spätestens im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Fahrtenbuchauflage auf die von ihr nunmehr im Antragsverfahren geltend gemachten Belange (Umfang des Fuhrparks und Standort der Fahrzeuge, Relation der Verkehrsverstöße insgesamt zu den nicht aufgeklärten Zuwiderhandlungen) hinzuweisen, vermag er hiermit nicht durchzudringen. Insoweit ist nämlich festzuhalten, dass die Anhörung nach § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V. mit § 28 Abs. 1 VwVfG der Antragstellerin bereits fehlerhaft und unvollständig erfolgt ist. Aus dem Anhörungsschreiben vom 22. Februar 2012 ergibt sich mit keinem Wort, aus welchen Gründen außer dem dort angegebenen Verkehrsverstoß beabsichtigt ist, eine Fahrtenbuchauflage für alle auf die Antragstellerin zugelassenen Fahrzeuge anzuordnen. Bei dieser Sachlage konnte und musste die Antragstellerin nicht mit einer so umfassenden Verfügung rechnen. Es bestand für sie daher auch keine Veranlassung, das vorzutragen, was sie nunmehr im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens vorgetragen hat (vgl. insoweit im Einzelnen die Ausführungen im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23. April 2012). Diese Gesichtspunkte wären vom Antragsgegner bei seiner Entscheidung darüber, die Fahrtenbuchauflage auf alle Fahrzeuge der Antragstellerin zu erstrecken, in die Abwägung mit einzustellen gewesen. Ihr Fehlen führt zur Ermessensfehlerhaftigkeit der Fahrtenbuchanordnung.
Ist ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wegen Ermessensfehlgebrauchs bzw. –ausfalls – insbesondere aufgrund unzureichender Ermittlung des Sachverhaltes gegeben, so führt dies zur Rechtswidrigkeit der Fahrtenbuchanordnung insgesamt; das Verwaltungsgericht ist insoweit nicht befugt, die unverhältnismäßige Fahrtenbuchauflage selbst ermessensgerecht auf das „Tatfahrzeug“ zu begrenzen (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 24. November 2006 – Au 3 K 06.00526 –, juris [Rdnr. 29]).
(b) Ermessensfehlerhaft weil unverhältnismäßig erweist sich die angeordnete Fahrtenbuchauflage aber auch insoweit, als sie auf eine Dauer von 30 Monaten angelegt ist.
Ob die Dauer einer Fahrtenbuchauflage mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang steht, ist mit Blick auf den Anlass der Anordnung und den mit ihr verfolgten Zweck unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Als Kriterium für ihre zeitliche Bemessung ist vor diesem Hintergrund vor allem das Gewicht der festgestellten Verkehrszuwiderhandlung heranzuziehen. Bei der Festlegung der Dauer einer Fahrtenbuchauflage wird daneben das Verhalten zu würdigen sein, das der Fahrzeughalter im Zusammenhang mit den Bemühungen der Behörde an den Tag gelegt hat, eine mit seinem Kraftfahrzeug begangene Verkehrszuwiderhandlung aufzuklären. Denn je mehr sich ein Fahrzeughalter darum bemüht, zu der Tataufklärung beizutragen, desto weniger wird unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr Anlass bestehen, ihn hierzu für künftige Fälle durch eine Fahrtenbuchauflage anzuhalten (vgl. BayVGH, Beschluss vom 30. August 2011 – 11 CS 11.1548 –, juris [Rdnr. 31]).
Durch die Fahrtenbuchauflage soll der Fahrzeughalter zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung und zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Falle eines erneuten Verkehrsverstoßes angehalten werden. Um dies effektiv zu erreichen, ist eine gewisse Dauer der Führung des Fahrtenbuches erforderlich. Nach der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung ist für die Frage der Verhältnismäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage und für die Einstufung der Schwere eines Verkehrsverstoßes auf das Punktesystem in der Anlage 13 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) zurückzugreifen und die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage schon bei erstmaliger Begehung eines mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstoßes gerechtfertigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 – 11 C 12.94 –, NJW 1995, 2866 = juris [Rdnrn. 10 f.; Beschluss vom 9. September 1999 – 3 B 94.99 –, NZV 2000, 386 = juris [Rdnr. 2]).
Vor diesem Hintergrund erweist sich die Verhängung eines Fahrtenbuches für die Dauer von 30 Monaten als unverhältnismäßig. Insoweit ist zunächst allerdings nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner im Sinne einer einheitlichen Verwaltungspraxis eine „Richtlinie“ entwickelt hat, in der er ausgehend von der oben dargestellten Rechtsprechung und dem Punktesystem in der Anlage 13 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) – gegebenenfalls in Verbindung mit einem verhängten Fahrverbot – die Dauer einer Fahrtenbuchauflage gleichsam schematisch erfasst hat. Allerdings ist auch unter Zugrundelegung dieser „Richtlinie“ - deren Rechtmäßigkeit in der Ausgestaltung einmal vorausgesetzt – die Dauer der Fahrtenbuchauflage mit 30 Monaten unverhältnismäßig. Nach dieser „Richtlinie“ setzt ein Fahrtenbuch mit einer Dauer von 30 Monaten voraus, dass – im Wiederholungsfall – unaufgeklärte Verkehrsverstöße begangen wurden, die in der Addition nach dem Punktesystem zu 5 oder mehr Punkten führen. Hiervon ausgehend erklärt sich die Dauer der verhängten Fahrtenbuchauflage nur dadurch, dass der Antragsgegner bei der Ermittlung nicht nur die Verkehrsverstöße vom Juli 2011 und März 2007, sondern auch mindestens einen der über 10 Jahre zurückliegenden Verkehrsverstöße mit einbezogen hat. Diese können aber – wie oben bereits dargelegt – nicht mehr als taugliche Beurteilungsgrundlage herangezogen werden, weil insoweit ein Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Fahrtenbuchauflage wegen der erheblichen Zeitspanne nicht mehr hergestellt werden kann. Ob darüber hinaus auch der Verkehrsverstoß vom März 2007 – der im Übrigen als Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 StVG im Zeitpunkt des Verstoßes vom Juli 2011 bereits aus dem Verkehrszentralregister getilgt wäre – herangezogen werden darf, erscheint im Hinblick auf das hierbei gezeigte zögerliche Handeln des Antragsgegners zumindest zweifelhaft, braucht aber vorliegend nicht entschieden zu werden, denn jedenfalls stellen die Verkehrsverstöße vom März 2007 und Juli 2011 Verkehrsordnungswidrigkeiten dar, die in der Addition – diese einmal als zulässig angesehen – zu insgesamt 4 Punkten nach Maßgabe des Punktesystem der Anlage 13 zur Fahrerlaubnis-Verordnung führen. Dies würde jedoch auch nach dem System des Antragsgegners allenfalls eine Dauer der Fahrtenbuchauflage von 18 Monaten rechtfertigen. Insoweit hat der Antragsgegner unter Berücksichtigung seiner eigenen ermessenslenkenden Vorgaben sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V. mit Ziffern 1.5 und 46.13 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327 ff.). Die sich aus dem Antrag ergebende wirtschaftliche Bedeutung der Sache für die Antragstellerin ist in Anlehnung an den für die Verwaltungsgerichtsbarkeit erarbeiteten Streitwertkatalog hinsichtlich der Anordnung eines Fahrtenbuches mit 400 Euro je angeordneten Monat für jedes Fahrzeug – im Eilverfahren auf die Hälfte reduziert – angemessen bewertet. Dies ergibt bei einer Fahrtenbuchauflage für einen Fahrzeugbestand von 93 Fahrzeugen bei einer angeordneten Dauer einen Betrag von 558.000,00 €. Dieser Betrag ist nicht mit Blick darauf zu reduzieren, weil mehrere Fahrzeuge von der Fahrtenbuchauflage betroffen sind. In der Rechtsprechung wird zwar teilweise die Auffassung vertreten, dass für die auf die ersten zehn Fahrzeuge folgenden Fahrzeuge, gestaffelt nach Zehnergruppen, ein Abschlag in Höhe der Hälfte des für die jeweils vorhergehende Zehnergruppe anzusetzenden Betrages zu veranschlagen ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. September 1997 – 25 A 4812/96 –, NJW 1996, 2305, 2306 = juris [Rdnr. 9]). Diese Rechtsprechung wird aber schon nicht von allen Gerichten bei der Festsetzung des Streitwerts angewandt (vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 17. Januar 2000 – 9 V 16/99 –, juris [Rdnr. 17. ff.]; VG Cottbus, a.a.O. Rdnr. 45). Für eine Reduzierung des Streitwerts in Form eines „Mengenrabatts“ besteht auch keine Veranlassung. Die Kammer orientiert sich aus Gründen der Vorhersehbarkeit der Streitwertfestsetzung und Gleichbehandlung regelmäßig an den Empfehlungen des Streitwertkatalogs, der einen solchen „Mengenrabatt“ nicht vorsieht. Im Rahmen der im Juli 2004 vorgenommenen Änderungen des Streitwertkatalogs, denen eine Umfrage zur Streitwertpraxis bei den Oberverwaltungsgerichten und Verwaltungsgerichtshöfen voranging (vgl. Ziffer 2 Satz 3 der Vorbemerkung zum Streitwertkatalog 2004), ist die genannte Rechtsprechung auch nicht in den Streitwertkatalog aufgenommen worden. Für die Bemessung des Streitwerts ist zuvörderst die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin maßgeblich (§ 52 Abs. 1 GKG). Dass die Antragstellerin für jedes der 93 Fahrzeuge ein Fahrtenbuch zu führen hat, bedeutet für sie -bezogen auf jedes einzelne Fahrzeug und zu führende Fahrtenbuch- aber keine geringere Belastung, als wenn ein Fahrtenbuch nur für ein einzelnes oder wenige Fahrzeuge zu führen wäre. Auch bei mehreren Fahrzeugen hat sie dafür Sorge zu tragen, dass in jedem Fahrtenbuch alle erforderlichen Eintragungen vorgenommen werden. Der damit verbundene Aufwand wird nicht allein dadurch geringer, dass sie dies mehrfach zu bewerkstelligen hat.
RMB 021
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diese Entscheidung steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu.
Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Mainz (Hausadresse: Ernst-Ludwig-Str. 9, 55116 Mainz; Postanschrift: Postfach 41 06, 55031 Mainz) schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder in elektronischer Form bei dem Beschwerdegericht eingeht.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit der Beschwerdevorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Deinhardpassage 1, 56068 Koblenz, schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten vom 9. Januar 2008 (GVBl. S. 33) in der jeweils geltenden Fassung zu übermitteln ist.
Die Einlegung und die Begründung der Beschwerde müssen durch einen Rechtsanwalt oder eine sonstige nach Maßgabe des § 67 VwGO vertretungsgefugte Person oder Organisation erfolgen.
In Streitigkeiten über die Kosten, Gebühren und Auslagen ist die Beschwerde nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 € nicht übersteigt.
Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der Beschwerde angefochten werden.

gez. Ermlich gez. Zehgruber-Merz gez. Riebel



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