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RVG Entscheidungen

§ 51

Pauschgebühr, Teilnahme, Hauptverhandlung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.06.2014 - 2 ARs 96/13

Leitsatz: Hat der Pflichtverteidiger an einem ganztägigen Hauptverhandlungstag weniger als eine Stunde lang teilgenommen, kann die Terminsgebühr für diesen Tag bei der Ermittlung der Pauschgebühr abgezogen werden, da der Verteidiger dadurch bereits selbst für seine finanzielle Entlastung gesorgt und damit das Ausmaß der Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren verringert hat.


In pp.
Dem gerichtlich bestellten Verteidiger,
Rechtsanwalt pp. wird auf seinen Antrag und nach Anhörung der Vertreterin der Staatskasse für die Verteidigung des Angeklagten im vorbereitenden und im gerichtlichen Verfahren vor dem Landgericht Stuttgart eine Pauschgebühr in Höhe von 108.888 Euro
(in Worten: einhundertundachttausendachthundertundachtundachtzig Euro)
bewilligt.
Die Pauschgebühr tritt an die Stelle folgender Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis:
VV Nrn. 4101, 4103, 4105, 4119, 4121-4123 RVG in der Fassung bis zum 31. Juli 2013.
Die Ansprüche des Verteidigers auf Erstattung von Auslagen und Umsatzsteuer bleiben unberührt. Festgesetzte oder schon ausbezahlte Gebühren sind anzurechnen.
Der darüber hinausgehende Antrag des Verteidigers wird abgelehnt.

Gründe
I.

Der Antragsteller wurde dem Angeklagten durch Verfügung des Amtsgerichts Stuttgart vom 8. Juli 2009 nach § 140 Abs. 1, Abs. 2 StPO als Verteidiger bestellt. Das gerichtliche Verfahren in der Jugendkammersache, die nach den allgemeinen Vorschriften zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehört hätte, richtete sich gegen 21 Angeklagte. Die Hauptverhandlung fand an 196 Tagen statt. Der Angeklagte wurde durch Urteil der Jugendkammer u.a. wegen gemeinschaftlicher schwerer Körperverletzung zu der Jugendstrafe von 4 Jahren und 9 Monaten verurteilt, im Adhäsionsverfahren erging gegen ihn ein gesamtschuldnerisches Zahlungsurteil über 108.500 Euro zugunsten der Geschädigten, ein Feststellungsurteil betreffend die Ersatzpflicht für künftige Schäden und die Verurteilung zu einer gesamtschuldnerischen monatlichen Rentenzahlungsverpflichtung über 120 Euro an einen Geschädigten. Der gesetzliche Gebührenanspruch des Verteidigers beläuft sich nach der Berechnung der Vertreterin der Staatskasse in ihrer Stellungnahme vom 31. März 2014 im vorliegenden Verfahren, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, auf 107.838 Euro netto ohne Auslagen.


Der Verteidiger beantragt, ihm eine Pauschvergütung nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens zu gewähren. Die Vorsitzende der Strafkammer und die Vertreterin der Staatskasse sind dem Antrag entgegengetreten und regen an, ihn abzulehnen.

II.

Auf den Antrag des Verteidigers setzt der Senat nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG eine Pauschgebühr in Höhe von 108.888 Euro fest, die sich aus den gesetzlichen Gebühren in Höhe von 107.838 Euro und einem Erhöhungsbetrag von 1.050 Euro zusammensetzt. Der darüber hinausgehende Antrag des Verteidigers wird abgelehnt.

Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG ist dem gerichtlich bestellten Rechtsanwalt in Strafsachen auf Antrag für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte eine Pauschgebühr zu bewilligen, die über die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis hinausgeht, wenn die in den Teilen 4 - 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind. Im vorliegenden Fall wird die Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren in Höhe von 107.838 Euro für den Verteidiger durch einen Aufschlag für seine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren vor dem Beginn der Hauptverhandlung von zehn zusätzlichen Verfahrensgebühren VV Nr. 4119 RVG in der Fassung bis zum 31. Juli 2013 (im Folgenden: VV Nr. … RVG) beseitigt. Von diesem Erhöhungsbetrag zieht der Senat die Hauptverhandlungsgebühren für die Tage ab, an denen der Verteidiger weniger als eine Stunde lang an einer im Wesentlichen ganztägigen Hauptverhandlung teilgenommen hat, sowie diejenigen für einen weiteren, vergleichbaren Sitzungstag. Der Erhöhungsbetrag für den Antragsteller beläuft sich danach auf 1.050 Euro.

Es handelt sich um ein besonders umfangreiches Verfahren im Sinne von § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG. Der Aktenumfang war mit 63 Stehordnern an Ermittlungsakten erheblich, auch wenn 36 Stehordner hiervon auf Personenordner für einzelne Angeklagte entfielen, von denen der Verteidiger im Wesentlichen nur die seinen Mandanten betreffenden Ordner im Detail zu sichten hatte. Belegt ist der Verfahrensumfang auch durch den Umstand, dass das gerichtliche Verfahren gegen 21 Angeklagte geführt wurde und in der Hauptverhandlung 72 Zeugen vernommen und mehrere Sachverständige gehört wurden.

Weiter wies das Verfahren besondere Schwierigkeiten im Sinne von § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG bei der Vorbereitung des Verteidigers auf die Hauptverhandlung auf. Zwar wurde eine einzelne Tat verhandelt, an der sich beteiligt zu haben dem Angeklagten vorgeworfen wird. Gleichwohl waren mit ihrer gerichtlichen Aufklärung in einer Gesamtbetrachtung besondere Schwierigkeiten verbunden, die den Vorbereitungsaufwand des Verteidigers auf die Hauptverhandlung im Vergleich zu einem gewöhnlichen Schwurgerichtsverfahren vor der Jugendkammer im Sinne von VV Nrn. 4118 ff. RVG maßvoll erhöhten. Denn die Tat ereignete sich im Rahmen einer Auseinandersetzung zweier bandenmäßig betriebener Organisationen mit festen Strukturen, die Auswirkungen auf die individuelle Tatschuld der Angeklagten hatten. Die Beweiswürdigung im sich auf 618 Seiten belaufenden Urteil dazu nimmt - einschließlich der Phase der Planung der Tat durch die Täterorganisation - 88 Seiten ein.

Keine besonderen Schwierigkeiten im Vergleich zu einem gewöhnlichen Schwurgerichtsverfahren vor der Jugendkammer waren dagegen mit der Feststellung der Tatbeteiligung und der Tatbeiträge der einzelnen Angeklagten verbunden. Wesentliche Beweismittel hierfür waren die polizeilichen Angaben einzelner Angeklagter. Die nach der Stellungnahme der Vorsitzenden im vorliegenden Verfahren vom 19. April 2013 zunächst gewählte allgemeine Verteidigungsstrategie, die Einführung dieser polizeilicher Aussagen in die Hauptverhandlung zu verhindern, macht das Verfahren nicht zu einem besonders Schwierigen im Sinne von § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG. Das gilt auch für die zu klärende Frage, ob der Mandant bedingt vorsätzlich oder nur fahrlässig gehandelt hatte, denn diese stellt sich in Schwurgerichtssachen oft. Anhaltspunkte dafür, dass das Verfahren vor der Anklageerhebung besonders umfangreich oder schwierig gewesen ist, sind nicht ersichtlich.

Allein der besondere Umfang und die besondere Schwierigkeit des Verfahrens rechtfertigen die Zubilligung einer Pauschgebühr nicht. Vielmehr ist nach dem Wortlaut des § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG zusätzlich erforderlich, dass dem Verteidiger die gesetzlichen Gebühren deshalb nicht zumutbar sind (vgl. BVerfG NJW 2007, 3420f.). Dafür spricht auch, dass erst der Vergleich der Erschwerung der Verteidigertätigkeit mit seinem gesetzlichen Gebührenanspruch die Bewertung zulässt, ob dem Verteidiger eine zusätzliche Vergütung gewährt werden muss. Weiter geht der Senat mit der soweit ersichtlich einhelligen Rechtsprechung (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 24. August 2010, 1 AR 27/09 - zitiert nach juris -; OLG Frankfurt, NStZ-RR 2009, 296; OLG Köln, StraFo 2006, 130) davon aus, dass innerhalb eines Verfahrens- (unter-) abschnitts im Sinne der VV Nrn. 4104ff. RVG die Erschwerung der Verteidigertätigkeit in einer Hinsicht durch ihre Erleichterung in anderer Hinsicht, etwa während einer langen Hauptverhandlung, ganz oder teilweise kompensiert werden kann.
Im vorliegenden Fall war die Verteidigertätigkeit während der ca. 2,5-jährigen Hauptverhandlung gegenüber einem gewöhnlichen Schwurgerichtsverfahren vor der Jugendkammer in einer Gesamtbetrachtung dieses Verfahrensabschnitts erleichtert. Die große Anzahl von bis zu 42 anwesenden Verteidigern in der Hauptverhandlung führte dazu, dass die meisten sachdienlichen Fragen an Zeugen und Sachverständige sowie sachdienliche Anträge bereits von Verteidigerkollegen, insbesondere dem weiteren Verteidiger des Mandanten des Antragstellers, soweit anwesend, gestellt waren oder noch nachträglich vor der Entlassung des Zeugen oder Sachverständigen gestellt werden konnten. Die tägliche Mittagspause an Sitzungstagen dauerte aus organisatorischen Gründen 1,5 bis 2 Stunden. In der Mittagspause waren Gefangenenbesuche in der Justizvollzugsanstalt bei anderen Mandanten des im Raum S. ansässigen Verteidigers möglich, da die Hauptverhandlung in der Justizvollzugsanstalt S. durchgeführt wurde. Weiter beruhte die Dauer der Hauptverhandlung nach der nachvollziehbaren Stellungnahme der Strafkammervorsitzenden vom 19. April 2013 - neben zahleichen erforderlichen kurzzeitigen Unterbrechungen, hauptsächlich um Angeklagten den Gang zur Toilette zu ermöglichen - auf unzähligen Anträgen einiger Verteidiger. So trugen etwa die Verteidiger H. und G. in den sieben Verhandlungstagen vom 25. April 2012 ab 14:10 Uhr bis zum 23. Mai 2012 um 14:21 Uhr einen Befangenheitsantrag gegen die Berufsrichter der Jugendkammer vor, in dem sie im Wesentlichen den bisherigen Gang der Hauptverhandlung referierten. Weiter wurde um die Sitzordnung im Verhandlungssaal gestritten. Dies wirkte sich entlastend für den Antragsteller aus (vgl. Stollenwerk, DRiZ 2014, 66). Eine erhebliche Belastung des Verteidigers war auch mit dem vom Gericht angeordneten Selbstleseverfahren betreffend Unterlagen, die in einen Stehordner passten, nicht verbunden. Denn nach der Stellungnahme der Strafkammervorsitzenden enthielt der Selbstleseordner lediglich Teile der Ermittlungsakte, mit denen sich der Verteidiger schon vorher zu befassen hatte.
Auch der Gesichtspunkt, dass der allgemeine Kanzleibetrieb des Verteidigers und die Anbahnung anderer Mandate durch seine oft zwei Mal wöchentliche Teilnahme an der Hauptverhandlung über ca. 2 ½ Jahre hinweg belastet war, fällt im vorliegenden Fall nicht erheblich ins Gewicht. Diese Belastung war nämlich erheblich geringer als in anderen Schwurgerichtsverfahren bei der Jugendkammer, weil jeder Angeklagte durch zwei nach § 140 StPO bestellte Verteidiger vertreten wurde. Dies ermöglichte es dem Verteidiger, auf die Teilnahme an der Hauptverhandlung dann zu verzichten, wenn sein Verteidigerkollege für den Mandanten anwesend war. In dieser Hinsicht wich das vorliegende Verfahren wesentlich vom Regelfall der notwendigen Verteidigung nach § 140 Abs. 1, Abs. 2 StPO ab, in dem ein einzelner Rechtsanwalt die Verteidigung seines Mandanten insbesondere in der Hauptverhandlung durchgehend wahrzunehmen hat. Von dieser Verfahrenserleichterung, deren Einsatz zur Förderung seines allgemeinen Kanzleibetriebs und zur Anbahnung anderer Mandate dem Verteidiger möglich war, hat der Antragsteller regen Gebrauch gemacht. Die durchgeführte Überprüfung hat ergeben, dass der Antragsteller an 73 Hauptverhandlungstagen, an denen er anwesend war, mindestens 30 Minuten der Sitzungsdauer nicht wahrgenommen hat. Verhandelt wurde an den 196 Hauptverhandlungstagen, wenn es sich um Ganztagstermine handelte, aufgrund von Unterbrechungen größenordnungsmäßig fünf Stunden täglich. An 24 der o.a. 73 Verhandlungstage war der Antragsteller mehrere Stunden lang nicht in der Hauptverhandlung anwesend. An weiteren 5 Hauptverhandlungstagen war er gar nicht anwesend. Die Strafkammervorsitzende hat in ihrer Stellungnahme vom 19. April 2013 zu Recht darauf hingewiesen, dass bei dieser Sachlage die Behinderung der Berufsausübung des Verteidigers durch das vorliegende Verfahren gegenüber dem Gesichtspunkt in den Hintergrund trat, dass durch die Teilnahme daran regelmäßige Einkünfte des Verteidigers, die sich insgesamt auf 107.838 Euro netto beliefen, gesichert waren. Der Senat hat bei der Bewertung der Verteidigertätigkeit in diesem Stadium die vom Antragsteller angeführten zwei zusätzlichen Termine in der Sache an Nichtverhandlungstagen am 24. Februar 2010 (Informationsveranstaltung des Gerichts), am 18. Mai 2011 (Verständigungsgespräch) und zwei vom Verteidiger gefertigte Haftprüfungsanträge, fünf Besuche des Mandanten in Haft, die aufwändige Akteneinsichtnahme während laufender Hauptverhandlung sowie die Fahrtzeiten zwischen Kanzlei und Verhandlungsort mit in die Betrachtung einbezogen. Die Belastung des Verteidigers in diesem Stadium des Verfahrens war insgesamt gleichwohl geringer als bei einer gewöhnlichen Schwurgerichtssache vor der Jugendkammer.

In einer Gesamtbetrachtung aller Umstände geht der Senat davon aus, dass die Erschwerung der Verteidigertätigkeit durch die Sichtung der umfangreichen Akten und die Vorbereitung auf die Hauptverhandlung durch ihre Erleichterung während der Hauptverhandlung teilweise kompensiert wird. Die nicht kompensierte Erschwerung gleicht der Senat mit zehn zusätzlichen Verfahrensgebühren VV Nr. 4119 RVG in Höhe von insgesamt 3.220 Euro aus.
Hiervon zieht der Senat jedoch die Sitzungsgebühren für fünf weitere, bei den o.a. 73 Sitzungstagen, die der Verteidiger nur teilweise wahrgenommen hat, nicht berücksichtigte Tage ab. Es handelt sich um die Hauptverhandlungstage am 13. April 2011, 28. September 2011, 12. Dezember 201, 12. März 2012 sowie am 11. April 2011. An den vier erstgenannten Sitzungstagen hat der Verteidiger weniger als eine Stunde lang an einer im Grundsatz ganztägigen Hauptverhandlung teilgenommen, am 11. April 2011 war er nur sechs Minuten lang in einer Halbtagssitzung anwesend. In wertender Betrachtung nahm er damit an diesen Hauptverhandlungstagen im Wesentlichen nicht teil. Er machte aber gleichwohl die Sitzungsgebühren dafür geltend, die ihm auch gewährt wurden und die im hier zugrunde gelegten gesetzlichen Gebührenanspruch von 107.838 Euro enthalten sind. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob diese Gebühren tatsächlich verdient sind. Jedenfalls bei der Berechnung der Pauschgebühr sind sie aber vom Erhöhungsbetrag abzuziehen. Denn insoweit hat der Verteidiger bereits selbst für seine finanzielle Entlastung gesorgt und das Ausmaß der Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren verringert. Dadurch vermindert sich der dem Antragsteller zu gewährende Erhöhungsbetrag um fünf Gebühren VV Nr. 4121 RVG, also um 2.170 Euro, auf 1.050 Euro. Gerechtfertigt wird der Abzug durch die o.a. Überlegung, dass bei der Prüfung der Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren die Erschwerung der Verteidigertätigkeit mit den erzielten gesetzlichen Gebühren verglichen werden muss. Mit dem so errechneten Erhöhungsbetrag ist nach der Auffassung des Senats die Indienstnahme des selbständig tätigen Antragstellers als bestellter Verteidiger im Verfahren zu öffentlichen Zwecken auf ihm zumutbare Weise ausgeglichen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 2008, Az. 2 BvR 1173/08, in juris Rn. 8f.).

Der Senat hat im Übrigen erwogen, eine Pauschgebühr aus dem Grund zu gewähren, weil die regelmäßige Einkunftsquelle des Verteidigers mit der Verkündung des Urteils in vorliegender Sache am 15. Oktober 2012 wegfiel, zumal die Strafkammer bereits gebeten hatte, noch weitere Hauptverhandlungstermine zu reservieren. Dieser Gesichtspunkt führte im Fall eines Verteidigerkollegen im Verfahren vor der Jugendkammer zu einer weiteren Erhöhung der Pauschgebühr. Beim Antragsteller ist dies aber nicht gerechtfertigt, weil er wie oben dargelegt - anders als der genannte Verteidiger - an insgesamt 83 von 196 Hauptverhandlungstagen jedenfalls zum Teil nicht teilgenommen hat. Die so gewonnene Zeit konnte er zur Gewinnung und Ausführung von anderen Mandaten sowie Anschlussmandaten nutzen.

Der Vortrag des Antragstellers, die Rechtsanwaltskammer St. habe ermittelt, dass ein anwaltlicher Stundensatz von 150,00 Euro netto üblich sei, ist für die Frage, ob dem Verteidiger die gesetzlichen Pflichtverteidigergebühren im Sinne von § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG nicht zumutbar sind, ohne erhebliche Bedeutung. Vielmehr ergibt sich aus VV Nrn. 4121, 4122 RVG in der hier anzuwendenden Fassung, dass das RVG den Stundensatz des bestellten Verteidigers, wenn keine Pauschgebühr festzusetzen ist, in Schwurgerichtssachen auf bis zu 76,50 Euro netto, nämlich 434 + 178 Euro auf acht Stunden, und in allgemeinen Strafkammersachen auf bis zu 45,38 Euro netto (VV Nr. 4115 mit 4116 RVG) absenkt.
Die Verteidigung des Mandanten im Adhäsionsverfahren führt nach § 51 Abs. 1 Satz 2 RVG zu keiner Erhöhung der Pauschgebühr, weil insoweit Wertgebühren nach VV Nr. 4143 RVG entstanden sind (Burhoff in Gerold/Schmidt, a.a.O., § 51, Rn. 8 RVG).
Somit ist eine Pauschgebühr von 108.888 Euro netto festzusetzen und der Antrag im Übrigen abzulehnen.


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