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RVG Entscheidungen

§ 14 – Bußgeldverfahren

Rahmengebühren, Bußgeldverfahren, Mittelgebühr

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Dresden, Beschl. v. 21.07.2014 - 2 Qs 8/14

Leitsatz: Als angemessene Gebühren für die Verteidigung eines Betroffenen, dem eine durchschnittliche Verkehrsordnungswidrigkeit zur Last gelegt wird, kommt grundsätzlich nicht die Mittelgebühr, sondern nur eine niedrigere Gebühr in Betracht.


LG Dresden
Aktenzeichen: 2 Qs 8/14
BESCHLUSS
In dem Bußgeldverfahren
gegen pp.
Verteidiger:
Rechtsanwalt Andreas Michl, Freiherr-vom-Stein-Promenade 5, 04758 Oschatz
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
ergeht am 21.07.2014
durch das Landgericht Dresden - 2. Strafkammer als Beschwerdekammer -
nachfolgende Entscheidung:
1 Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen wird der Kostenfestsetzungsbeschluss
des Amtsgerichts Dippoldiswalde vom 13.03.2014 dahingehend abgeändert, dass von der Staatskasse an den Betroffenen ppp. weitere 64,05 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über den Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 12.02.2014 zu zahlen sind. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde des Betroffenen als unbegründet verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Beschwerdewert wird auf 335,67 Euro festgesetzt

Gründe:
I.
Die Landesdirektion Sachsen setzte mit Bußgeldbescheid vom 16.07.2013, Az.: C 20.17085016.7, gegen den Betroffenen wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit eine Geldbuße in Höhe von 180,00 Euro fest, die mit einer Eintragung von drei Punkten im Verkehrszentralregister verbunden war. Dem Betroffenen wurde zur Last gelegt, am 08.04.2013 einen Kleinlastkraftwagens in einem nicht vorschriftsmäßigen Zustand in Betrieb genommen zu haben.

Mit Schreiben seines Verteidigers vom 25.07.2013 legte der Betroffene Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein und beantragte in der Folge die Einstellung des Verfahrens. Zur Begrün-dung wies er daraufhin, dass nach dem Inhalt eines Sachverständigengutachtens vom 26.02.2013 und einer Erklärung eines DEKRA-Sachverständigen vom 09.04.2013 sich das Fahrzeug in einem verkehrssicheren Zustand befunden habe.

In einer fünfminütigen Hauptverhandlung vom 07.02.2014 wurde das Verfahren gemäß § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen wurden der Staatskasse auferlegt.

Mit Schreiben vom 10.02.2014 beantragte der Verteidiger, die notwendigen Auslagen des Betroffenen auf 1.040,86 Euro nebst Zinsen festzusetzen. Die Rechtsanwaltsgebühren wurden mit 983,36 Euro beziffert, die Parteiauslagen mit 57,50 Euro. Zur Begründung der Gebührenhöhe wies der Verteidiger darauf hin, dass der Ausgang des Verfahrens für den Betroffenen von extrem hoher Bedeutung gewesen sei, da dieser Berufskraftfahrer sei, sich in der erweiterten Probezeit befunden habe und im Verkehrszentralregister bereits sechs Punkte voreingetragen gewesen seien.

Nach Anhörung des Bezirksrevisors setzte das Amtsgericht Dippoldiswalde mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.03.2014 die von der Staatskasse an den Betroffenen zu erstattenden Kosten auf 705,19 Euro nebst Zinsen fest. Bei der Höhe der Grundgebühr, der Verfahrensgebühren und der Terminsgebühr wurden Absetzungen vorgenommen, da nach Auffassung des Gerichts das Verfahren hinsichtlich des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie hinsichtlich der Bedeutung der Angelegenheit für den Betroffenen als unterdurchschnittlich bzw. gering einzustufen gewesen sei. Des Weiteren wies das Amtsgericht Dippoldiswalde darauf hin, dass die Verfahrensakte im Zeitpunkt der letzten Akteneinsicht nur aus 34 Seiten bestanden habe und kürzte gleichzeitig die zu erstattenden Kosten für Fotokopien von 25,75 Euro auf 17,00 Euro, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer.

Gegen den am 25.03.2014 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgericht Dippoldiswalde vom 13.03.2014 legte der Betroffene mit Schreiben seines Verteidigers vom 25.03.2014 Rechtsmittel ein. Zur Begründung wies er darauf hin, dass wegen der extrem hohen Bedeutung des Verfahrens für den Betroffenen und dem damit verbundenen Umfang und Schwierigkeit der Sache eine Erhöhung der Mittelgebühr anzunehmen sei. Aufgrund der verlängerten Probezeit und den Voreintragungen habe der Betroffene bei drei weiteren Punkten mit einem Entzug der Fahrerlaubnis rechnen müssen, was für ihn den Verlust des Arbeitsplatzes als Berufskraftfahrer zur Folge gehabt hätte. Es sei zwischenzeitlich anerkannt, dass selbst bei einfach gelagerten Verkehrsordnungswidrigkeiten eine Mittelgebühr anzusetzen sei. Auch habe die amtliche Ermittlungsakte aus 55 Seiten bestanden und es stehe allein im Ermessen des Verteidigers, welche Aktenseiten er kopiere.

Der Bezirksrevisor beim Landgericht Dresden legte in seiner Stellungnahme zum Rechtsmittel des Betroffenen dar, dass im Zeitpunkt der letzten Akteneinsicht der Umfang der Akte unter Berücksichtigung aller beschriebenen Vorder- und Rückseiten 45 Seiten betragen habe, wobei die eigenen Schriftsätze des Verteidigers nicht mitzuzählen seien, da diese sich bereits in dessen Unterlagen befinden würden. An Kosten für Fotokopien könnten daher 22,50 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer festgesetzt werden. Im Übrigen erachtete der Bezirksrevisor das Rechtsmittel des Betroffenen für unbegründet, da es sich bei dem Verfahren um eine durchschnittliche Verkehrsordnungswidrigkeit mit geringer Bedeutung gehandelt habe, bei der nur unter den Rahmenmittelsätzen liegende Gebühren angemessen seien. -

II.
Die nach § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 464 b Satz 3 StPO i.V.m. § 104 Abs. 3 ZPO, §§ 304 Abs. 3, 311 StPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist überwiegend unbegründet, da das Amtsgericht Dippoldiswalde die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers im Wesentlichen zutreffend festgesetzt hat.
Nach § 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Höhe der Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Ist wie hier die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Dabei kommt dem Rechtsanwalt ein Ermessensspielraum zu. Im All-gemeinen werden Abweichungen bis zu 20 % der angemessenen Gebühr noch als verbindlich angesehen (BGH NJW 2011, 1603, 1605; KG StV 2006, 198; Mayer in: Gerold/Schmidt, RVG, 21. Auflage, § 14, Rn. 12 m. w. N.).

Vorliegend erscheint die vom Amtsgericht Dippoldiswalde vorgenommene Bestimmung der Grundgebühr auf 64,00 Euro, der Verfahrensgebühren auf 101,00 Euro bzw. 135,00 Euro sowie der Terminsgebühr auf 160,00 Euro angemessen. Die von dem Verteidiger des Beschwerdeführers vorgenommene Gebührenbestimmung überschritt die festgesetzten Gebühren um mehr als 20 % und war daher nicht verbindlich.

Als angemessene Gebühren für die Verteidigung eines Betroffenen, dem eine durchschnittliche Verkehrsordnungswidrigkeit zur Last gelegt wird, kommt grundsätzlich nicht die Mittelgebühr, sondern nur eine niedrigere Gebühr in Betracht. Dies rechtfertigt sich daraus, dass Buß-geldsachen wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten in ihrer Wertigkeit und Bedeutung regelmäßig beträchtlich hinter anderen Bußgeldsachen einzustufen sind. Verkehrsordnungswidrigkeiten stellen Delikte mit Massencharakter dar. Ein Vergleich mit den Bußgeldtatbeständen anderer Rechtsgebiete, etwa auf dem Gebiet des Wirtschafts-, Steuer- oder Umweltrechts zeigt, dass diese Tatbestände häufig mit erheblichen rechtlichen Schwierigkeiten und umfangreicher Sachaufklärung verbunden sind und teilweise beträchtliche Bußgelder drohen. Ohne Hinzutreten besonderer Umstände sind daher grundsätzlich nur unter den Rahmenmittelsätzen liegende Verteidigergebühren angemessen.

Solche gebührenerhöhende Umstände sind für den Beschwerdeführer nicht gegeben. Das dem Beschwerdeführer angedrohte Bußgeld mit 180,00 Euro war in Anbetracht seiner durchschnittlichen Einkommensverhältnisse noch gering. Insbesondere ist die Kammer auch nicht der Ansicht, dass dem Betroffenen der Entzug der Fahrerlaubnis gedroht hätte. Zwar waren bei dem Betroffenen im Verkehrszentralregister bereits zwei Verkehrsordnungswidrigkeiten wegen des Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit mit jeweils drei Punkten eingetragen, jedoch hätte gemäß § 2 a Abs. 2 StVG ein Entzug der Fahrerlaubnis nur gedroht, wenn zu diesen beiden Kategorie A-Verstößen (Anlage 12 zu § 34 FeV) eine weitere schwer-wiegende oder zwei weitere weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen hinzugetreten wäre, was vorliegend nicht der Fall war. Bei der dem Betroffenen zur Last gelegten Verkehrsordnungswidrigkeit handelte es sich gemäß Anlage 12 zu § 34 FeV nur um einen sog. Kategorie B-Verstoß.

Die Akte selbst war überschaubar, einfach zu erfassen und wies in rechtlicher Hinsicht keine Schwierigkeiten auf. Der Verteidiger hat zur Begründung des Einspruchs lediglich auf den Inhalt eines Sachverständigengutachtens vom 26.02.2013 und auf eine Erklärung eines DEKRA-Sachverständigen vom 09.04.2013 hingewiesen, woraus sich Anhaltspunkte ergaben, dass sich das Fahrzeug in einem verkehrssicheren Zustand befand. Der Hauptverhandlungstermin selbst dauerte nur fünf Minuten.

Auch das Haftungsrisiko, das nach § 14 Abs. 1 RVG bei der Bestimmung der Gebühr zu berücksichtigen ist, war angesichts des zur Last gelegten Sachverhaltes sowie des fälligen Buß-geldes gering.

Hinsichtlich der aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten für Fotokopien ist das Amtsgerichts Dippoldiswalde irrigerweise von 35 Aktenseiten ausgegangen, zum Zeitpunkt der letzten Akteneinsicht hatte die Akte aber tatsächlich 45 Seiten. Die Kammer teilt die Auffassung des Bezirksrevisors, dass bei einer derart überschaubaren Akte die eigenen Schriftsätze des Verteidigers nicht mitzuzählen, da es nicht notwendig ist, dass diese nochmals kopiert werden und sodann der Staatskasse in Rechnung gestellt werden. Demnach waren dem Beschwerdeführer weitere 5,50 Euro Fotokopierkosten zzgl. Mehrwertsteuer zu erstatten.

Weiter waren dem Betroffenen die geltend gemachten Parteiauslagen in Höhe von 57,50 Euro zu erstatten. Diese wurde im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.03.2014 offensichtlich nicht berücksichtigt. Bei den dort festgesetzten Kosten in Höhe von 705,19 Euro handelte es sich ausschließlich um die Rechtsanwaltsgebühren.

Da der Beschwerdeführer mit seiner sofortigen Beschwerde überwiegend erfolglos blieb, hat er gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Einsender: RA A. Michl, Oschatz

Anmerkung:


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