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RVG Entscheidungen

§ 42

Pauschgebühr, Unzumutbarkeit, Anspruchsvoraussetzungen

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Celle, Beschl. v. 11.05.2017 - 1 AR (P) 11/17

Leitsatz: Die Feststellung einer Pauschgebühr nach § 42 RVG über die gesetzlichen. Wahlverteidigerhöchstgebühren hinaus stellt die Ausnahme dar. Bereits eine Pauschgebühr nach § 51 RVG kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, von der abzuweichen der Senat keinen Anlass hat, nur bewilligt werden, wenn sich die anwaltliche Mühewaltung bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls von sonstigen - auch überdurchschnittlichen Sachen - in exorbitanter Weise abhebt.


Oberlandesgericht Celle
Beschluss
1 AR (P) 11/17
In der Strafsache gegen
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf den Antrag des Verteidigers, Rechtsanwalt pp. aus Hannover, vom 14. Februar 2017 nach Anhörung der Vertreterin der Landeskasse am 11. Mai 2017 beschlossen:

Der Antrag auf Feststellung einer Pauschgebühr wird abgelehnt

Gründe:
Die Feststellung einer. Pauschgebühr war nach § 42 Abs. 1 Satz 1 RVG abzulehnen, weil die im Gebührenverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Gebühren eines Wahlanwalts nicht wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache unzumutbar sind. Zur näheren Begründung wird auf die dem Antragsteller vorab mitgeteilte Stellungnahme der Vertreterin der Landeskasse vom 27. April 2017 Bezug genommen, der der Senat sich anschließt und die er seiner Entscheidung zu Grunde legt.

Dies gilt auch in Anbetracht der Erwiderung des Antragstellers vom 9. Mai 2017.

Grundsätzlich wird durch die gesetzlichen Rahmengebühren, die ein Wahlanwalt nach den Teilen 4 bis 6 des VV-RVG beanspruchen kann, die anwaltliche Tätigkeit auch in Sachen abgegolten, die überdurchschnittlich umfangreich oder überdurchschnittlich schwierig sind. Der Gesetzgeber hat breit gefächerte Gebührenrahmen geschaffen und damit zum Ausdruck gebracht, dass durch Gebühren oberhalb der sogenannten Mittelgebühr, aber noch innerhalb des gesetzlichen Gebührenrahmens auch besonders aufwändige - also besonders umfangreiche beziehungsweise rechtlich schwierige - Anwaltstätigkeiten hinreichend entgolten werden. Dieser Wille des Gesetzgebers ist zu beachten und darf nicht durch eine Billigkeitsentscheidung des Gerichts überspielt werden.

Die Feststellung einer Pauschgebühr über die gesetzlichen. Wahlverteidigerhöchstgebühren hinaus stellt daher die Ausnahme dar. Bereits eine Pauschgebühr nach § 51 RVG kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, von der abzuweichen der Senat keinen Anlass hat, nur bewilligt werden, wenn sich die anwaltliche Mühewaltung bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls von sonstigen — auch überdurchschnittlichen Sachen — in exorbitanter Weise abhebt (BGH, Beschluss vom 1. Juni 2015 - 4 StR 267/11, NJW 2015, 2437), so dass dem Rechtsanwalt ohne Zuerkennung einer Pauschvergütung ein Sonderopfer abverlangt würde, weil die anwaltliche Tätigkeit die Arbeitskraft des Rechtsanwalts für längere Zeit ausschließlich oder fast ausschließlich in Anspruch nimmt (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 20. März 2007 - 2 BvR 51/07, NStZ-RR 2007, 359; BVerfG, Beschluss vom 1. 2. 2005 - 2 BvR 2456/03, NJW 2005, 1264; BVerfG, Beschluss vom 6. November 1984 - 2 BvL 16/83, BVerfGE 68, 237 = NJW 1985, 727; Kremer, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl. 2015, § 51 Rn. 8; Kroiß, in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl. 2013, § 51 Rn. 13 ff.). Weil die Pflichtverteidigergebühren deutlich unterhalb der Wahlverteidigerhöchstgebühren liegen, ist bei der Feststellung einer Pauschgebühr nach § 42 RVG für einen Wahlverteidiger beziehungsweise einen Pflichtverteidiger, der gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 RVG Wahlverteidigergebühren beanspruchen kann, ein sogar noch restriktiverer Maßstab abzulegen (Burhoff, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl. 2015, § 42 Rn. 8).

Gemessen daran erachtet der Senat eine Vergütung nach Maßgabe der gesetzlichen Rahmengebühren für Wahlanwälte nach dem RVG im konkreten Fall als angemessen und ausreichend. Zwar ist dem Antragsteller zu konzedieren, dass er erheblichen Verteidigeraufwand entfaltet hat. Indes rechtfertigen weder der Gegenstand des Verfahrens noch der Aktenumfang hier die Annahme, dass durch dieses Verfahren die Arbeitskraft des Antragstellers für längere Zeit ausschließlich oder fast ausschließlich in Anspruch genommen wurde und er damit in so besonderer Weise gebunden war, dass eine Tätigkeit zu den Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis als ein auszugleichendes Sonderopfer des Antragstellers gewertet werden müsste. Die vom Antragsteller in seiner Stellungnahme vom 9. Mai 2017 zum Antrag der Bezirksrevisorin im Einzelnen aufgeführte erbrachte Zeitaufwand zeigt vielmehr, dass er zwar erheblichen Zeitaufwand erbracht hat, indes seine Arbeitskraft nicht ausschließlich oder zumindest nahezu ausschließlich durch die Verteidigungstätigkeit in der vorliegenden Sache gebunden war. Soweit der Antragsteller die gesetzlichen Rahmengebühren für Wahlverteidiger bei dem von ihm erbrachten Arbeitsaufwand für nicht auskömmlich erachtet, stellt dies im Kern eine Kritik an der gesetzlichen Regelung dar, rechtfertigt aber kein Abweichen von den gesetzlichen Gebühren.

Einer Anhörung des ehemaligen Angeschuldigten vor Erlass dieses Beschlusses nach § 42 Abs. 2 Satz 3 RVG bedurfte es nicht, weil der Antrag auf Feststellung einer Pauschgebühr abzulehnen war.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 42 Abs. 1 Satz 1 RVG).


Einsender: RA H. Holtermann, Hannover

Anmerkung:


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