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RVG Entscheidungen

§ 14 – Strafverfahren

Gebührenbemessung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Hamm, Beschl. v. 09.03.2017 - 1 Ws 54/17

Leitsatz: Zur Bedeutung der Angelegenheit für den Nebenkläger in einem Schwurgerichtsverfahren.


Strafsache
Beschluss
In pp.
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 09.03.2017 beschlossen:

Die angefochtenen Beschlüsse werden aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Die von dem durch Urteil des Landgerichts Siegen vom 23.08.2013 (31 Ks 11 Js 813/12 - 1/13) rechtskräftig verurteilten S an den für die Nebenklägerin I als Beistand bestellten Rechtsanwalt T in L zu zahlenden Gebühren werden auf insgesamt 733,64 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 09.02.2016 festgesetzt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Verurteilte und der Nebenklagebeistand jeweils zur Hälfte, wobei die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren um die Hälfte ermäßigt wird. Im Übrigen findet eine Erstattung der den Beteiligten im Beschwerdeverfahren notwendigen Auslagen nicht statt.

Der Beschwerdewert wird auf 1.545,81 € festgesetzt.

Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Landgerichts - Schwurgericht - Siegen vom 23.08.2013, das seit dem 11.10.2013 rechtskräftig ist, wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Dem Verurteilten wurden außerdem die Kosten des Verfahrens und die der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen auferlegt.

Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Verurteilte am 03.12.2012 seiner früheren Schwiegermutter, der damals 70 Jahre alten I, im Verlauf eines in ihrem Haus geführten und von ihm - von ihr unbemerkt - als enttäuschend und kränkend empfundenen Gesprächs im Zustand der infolge eines plötzlichen „Affektsturms“ erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit zunächst mit einem massiven hölzernen Fleischschneidebrett von hinten mindestens drei Mal wuchtig auf den Kopf eingeschlagen, bis das Brett in zwei Teile zerbrach. Anschließend setzte er sich auf die nun mit blutenden Kopfverletzungen auf dem Bauch liegende Geschädigte und drückte ihr mehrfach ein Stofftuch und zeitweise auch seine Hände von Nase und Mund, bis er von einer Nachbarin der Geschädigten überrascht wurde und daraufhin von der Geschädigten abließ. Die durch die Tat noch im Zeitpunkt der Hauptverhandlung erheblich körperlich und psychisch beeinträchtigte Geschädigte verlor während dieses Geschehens beinahe das Bewusstsein und schwebte in akuter Lebensgefahr, nachdem ihr der Verurteilte wenigstens einmal für mindestens 10 bis 15 Sekunden die Luftzufuhr unterbunden hatte.

Die Geschädigte wurde durch Beschluss des Landgerichts Siegen vom 16.05.2013 als Nebenklägerin zugelassen. Mit Beschluss vom 14.06.2013 wurde ihr der für sie bereits im Ermittlungsverfahren tätige Rechtsanwalt T in L als Beistand nach § 397 a Abs. 1 Nr. 1 StPO bestellt.

Am 31.10.2013 wurde entsprechend dem Antrag des Nebenklagebeistands vom 05.09.2013 (Bl. 612 f. d. A.) die an diesen als gerichtlich bestellten Beistand der Nebenklägerin zu zahlende Vergütung (Gebühren und Auslagen) aus der Staatskasse auf 3.466,89 € (Gebührenanteil ohne Mehrwertsteuer: 2.466,00 €) festgesetzt und die Auszahlung dieses Betrages angewiesen.

Mit Schriftsatz vom 09.02.2016 (Bl. 678 f. d. A.) beantragte der Nebenklagebeistand, „die Kosten gegen den Angeklagten gem. § 126 ZPO festzusetzen“, und zwar in Höhe von 4.763,99 € abzüglich der „bereits im Wege der Beiordnung erhaltenen Kosten“. Entsprechend der im Festsetzungsantrag in Ansatz gebrachten Gebühren und Auslagen hat die Rechtspflegerin des Landgerichts Siegen mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.05.2016 (Bl. 689 f. d. A.) die aufgrund des Urteils vom 23.08.2013 „von dem Verurteilten an die Nebenklägerin zu erstattenden Kosten“ auf 1.297,10 € (= 4.763,99 € - 3.466,89 €) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 09.02.2016 festgesetzt.

Gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Verurteilte noch am Tag der Zustellung mit anwaltlichem Schriftsatz vom 25.05.2016, der am selben Tag bei dem Landgericht Siegen eingegangen ist, „Erinnerung“ eingelegt (Bl. 693 f. d. A.), insbesondere da - wie mit Schreiben vom 05.04.2016 eingewandt worden war (Bl. 684 f. d. A.) - nicht erkennbar sei, dass der Nebenklagebeistand hinsichtlich der in Ansatz gebrachten Verfahrensgebühren nach den Nrn. 4104, 4118 VV RVG überhaupt Tätigkeiten entfaltet habe und sämtliche übrige Gebühren mit Ausnahme der Nr. 4100 VV RVG unangemessen hoch angesetzt worden seien.

Hinsichtlich dieses Rechtsbehelfs ist von dem Landgericht Siegen nachfolgend nichts weiter veranlasst worden. Vielmehr hat die dortige Rechtspflegerin entsprechend eines berichtigten Kostenfestsetzungsantrags des Nebenklagebeistands vom 07.09.2016 (Bl. 707 f. d. A.), mit dem unter Wegfall der ursprünglich geltend gemachten Gebühren nach Nr. 4122 RVG unter gleichzeitiger Erhöhung der Gebühren nach Nr. 4120 RVG die Festsetzung von Kosten in Höhe von insgesamt 5.012,70 € abzüglich der „bereits im Wege der Beiordnung erhaltenen Kosten“ beantragt worden ist, mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26.10.2016 (Bl. 712 f. d. A.) unter Abzug der bereits am 20.05.2016 festgesetzten 1.297,10 € sowie der zuvor aus der Landeskasse erstatteten 3.466,89 € die weiteren „von dem Verurteilten an die Nebenklägerin zu erstattenden Kosten“ auf 248,71 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 07.09.2016 festgesetzt.

Gegen diesen seinem Verteidiger am 28.10.2016 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Verurteilte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 02.11.2016, der am selben Tag bei dem Landgericht Siegen eingegangen ist, „Rechtsmittel“ eingelegt (Bl. 715 d. A.) und dies nachfolgend damit begründet, dass die festgesetzten Gebühren unbillig seien.

Mit Beschluss vom 24.01.2017 hat die Rechtspflegerin diesem von ihr als sofortige Beschwerde ausgelegten Rechtsbehelf nicht abgeholfen.

II.
Mit den als - vom Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern (vgl. Senatsbeschluss vom 24.07.2014 - III-1 Ws 305/14 -; OLG Hamm, Beschluss vom 05.07.2012 - III-2 Ws 136/12 -, jew. zit. n. juris, m.w.N.) einheitlich zu bescheidende - sofortige Beschwerde gemäß § 104 Abs. 3 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. § 464b S. 3 StPO auszulegenden Eingaben vom 25.05.2016 und 02.11.2016 hat der Angeklagte jeweils binnen Wochenfrist und auch im Übrigen zulässig die gesamte mit den Beschlüssen vom 20.05.2016 und vom 26.10.2016 erfolgte Festsetzung der vermeintlich von dem Verurteilten an die Nebenklägerin zu erstattenden Kosten in Höhe von 1.545,81 € (= 1.297,10 € + 248,71 €) angegriffen.

Diese sofortige Beschwerde hat auch in der Sache teilweise Erfolg. Sie führt zu einer Aufhebung der zugunsten der Nebenklägerin ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlüsse und zu einer Neufassung auf den Namen des Nebenklagebeistands (II.1.) sowie zu einer Festsetzung - lediglich - von Gebühren (statt von „Kosten“) in der tenorierten Höhe gegenüber dem Verurteilten (II.2.). Im Übrigen ist die sofortige Beschwerde unbegründet.

1. Eine Neufassung der Kostenfestsetzung auf den Namen des Nebenklagebeistands ist deshalb veranlasst, da der gemäß § 397 a Abs. 1 StPO zum Beistand eines Nebenklägers bestellte Rechtsanwalt die Gebühren eines gewählten Beistandes gemäß § 53 Abs. 2 S. 1 RVG nicht von seinem Auftraggeber, sondern nur von dem Verurteilten verlangen kann, so dass diese Gebühren keine notwendigen Auslagen des Nebenklägers darstellen und daher auch nicht als von dem Verurteilten dem Nebenkläger zu erstattende notwendige Auslagen gemäß § 464 b StPO festgesetzt werden können (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 05.07.2012, a.a.O.; Volpert in: Burhoff (Hg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 4. Aufl., § 53 Rn. 27, jew. m.w.N.).

Stattdessen steht dem gemäß § 397 a Abs. 1 StPO als Beistand bestellten Rechtsanwalt gegen den Verurteilten ein eigener Anspruch auf Zahlung der Gebühren eines gewählten Beistands zu, den er - was entweder aus § 53 Abs. 2 S. 1 RVG hergeleitet oder auf eine entsprechende Anwendung des § 126 ZPO gestützt wird (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 05.07.2012, a.a.O.; Volpert in: Burhoff (Hg.), a.a.O., § 53 Rn. 43) - gemäß § 464b StPO selbst festsetzen lassen kann, soweit die Staatskasse die Gebühren noch nicht bezahlt hat (§ 53 Abs. 2 S. 2 RVG).

Die Kostenfestsetzungsanträge des Nebenklagebeistands vom 09.02.2016 und vom 07.09.2016 beinhalten daher bei zutreffender Auslegung, für die im Übrigen auch die jeweils erfolgte Zitierung von § 126 ZPO spricht, den im eigenen Namen gestellten Antrag, die geltend gemachten Kosten eines gewählten Beistands abzüglich der bereits durch die Staatskasse gezahlten Kosten gegenüber dem Verurteilten festzusetzen.

2. Hinsichtlich der hierbei vom Landgericht in Ansatz gebrachten Gebühren und Auslagen gilt im Einzelnen Folgendes:

a) Nach Abs. 1 der amtlichen Vorbemerkung zu Teil 4 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) gelten für die Tätigkeit als Beistand eines Nebenklägers die Vorschriften des RVG entsprechend. Bei den in diesem Verzeichnis aufgeführten Gebühren handelt es sich um Rahmengebühren, die ihrer Höhe nach gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 RVG vom Verteidiger bzw. Nebenklägervertreter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nach billigem Ermessen bestimmt werden. Zu den Umständen des Einzelfalles zählen der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist die Gebühr im Einzelfall nach billigem Ermessen zu bestimmen. Gemäß § 14 Abs. 1 S. 4 RVG ist die Gebührenbestimmung des Rechtsanwalts für den Auftraggeber sowie für die erstattungspflichtige Dritte grundsätzlich verbindlich, es sei denn, dass sie unbillig ist. Dabei werden in der Regel Abweichungen von bis zu 20 % von der angemessenen Gebühr noch nicht als unbillig angesehen (vgl. bezüglich des Nebenklagebeistands OLG Hamm, Beschluss vom 05.07.2012, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.04.2012 - III-2 Ws 67/12 -, juris, jew. m.w.N.).

Vorliegend ist die Bedeutung der Angelegenheit für die durch das Tatgeschehen über geraume Zeit und noch im Zeitpunkt der Hauptverhandlung körperlich und psychisch erheblich beeinträchtigte Nebenklägerin als sehr hoch und damit als deutlich überdurchschnittlich einzuschätzen, zumal sie ersichtlich ein erhebliches Interesse an dem Ausgang des Strafverfahrens gegen den Verurteilten hatte. Angesichts der gravierenden psychischen Belastungen, der die Nebenklägerin durch die Tat ausgesetzt war, liegt es nach Auffassung des Senats auf der Hand, dass auch die Art der Tätigkeit des Nebenklagebeistands als schwierig einzustufen ist, die er im Kostenfestsetzungsverfahren insbesondere hinsichtlich der mehrfach erforderlichen Informations- und Beratungsgespräche mit der Nebenklägerin, die im Verlauf des Verfahrens zudem auf die Hauptverhandlung und ihre dortige Vernehmung vorzubereiten war, hinreichend dargelegt hat. Im Übrigen sind hierbei auch die im Zwischenverfahren erfolgte Akteneinsicht einschließlich der Auseinandersetzung mit einem psychiatrischen sowie einem rechtsmedizinischen Gutachten sowie der Umstand zu berücksichtigen, dass verschiedene ärztliche Atteste zu den körperlichen und psychischen Tatfolgen eingeholt worden sind, die in der späteren Hauptverhandlung vorgelegt wurden.

b) Daher ist es im Grundsatz ohne Weiteres nicht als unbillig anzusehen, dass der Nebenklagebeistand bei seinen Festsetzungsanträgen für die Grundgebühr gemäß Nr. 4100 VV RVG, die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4104 VV RVG und die Verfahrensgebühr Nr. 4118 VV RVG jeweils ersichtlich die (vermeintliche) Mittelgebühr geltend gemacht hat.

Offensichtlich ist hierbei jedoch unzutreffend jeweils der Gebührenrahmen in der seit dem 01.08.2013 geltenden Fassung des durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 23.07.2013 (BGBl. I S. 2586) geänderten VV RVG angewandt worden, so dass für die Grundgebühr gemäß Nr. 4100 VV RVG (Rahmen von 40,00 - 360,00 €) 200,00 €, für die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4104 VV RVG (Rahmen von 40,00 - 290,00 €) 165,00 € und für die Verfahrensgebühr Nr. 4118 VV RVG (Rahmen 100,00 € - 690,00 €) 395,00 € in Ansatz gebracht worden sind. Tatsächlich war hier nach der Regelung des § 60 Abs. 1 S. 1 RVG, dass die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen ist, wenn der unbedingte Auftrag derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt bestellt oder beigeordnet worden ist, für die nach § 53 Abs. 2 RVG festzusetzenden Gebühren auf die Fassung des VV RVG abzustellen, die im Zeitpunkt der noch vor der Beiordnung vom 14.06.2013 erfolgten Mandatierung des Nebenklagebeistands maßgeblich war (vgl. Klees in: Meyer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., § 60 Rn. 15). Unter Berücksichtigung der damaligen Gebührenrahmen sind daher als jeweilige Mittelgebühren für die Grundgebühr gemäß Nr. 4100 VV RVG (Rahmen von 30,00 - 300,00 €) ein Betrag in Höhe von 165,00 €, für die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4104 VV RVG (Rahmen von 30,00 - 250,00 €) ein Betrag in Höhe von 140,00 € und für die Verfahrensgebühr Nr. 4118 VV RVG (Rahmen 80,00 € - 580,00 €) ein Betrag in Höhe von 330,00 € in Ansatz zu bringen.

c) Ähnliches gilt für die Terminsgebühren nach Nr. 4120 VV RVG:

Es ist nicht beanstanden, dass der Nebenklagebeistand hinsichtlich des Hauptverhandlungstermins vom 23.08.2013 ausweislich des Anschreibens vom 07.09.2016 (Bl. 706 d.A.) ausdrücklich die (vermeintliche) Mittelgebühr und im Übrigen, nämlich für die Termine vom 15.08.2013, 16.08.2013 und 19.08.2013 offensichtlich das 1 ½-fache dieser Mittelgebühr bzw. 75 % des (vermeintlichen) Gebührenrahmens geltend gemacht hat. Das wesentliche Kriterium ist insofern auch für den Nebenklagebeistand die Terminsdauer, wobei Warte- und Pausenzeiten grundsätzlich miteinzuberechnen sind (vgl. allg. Burhoff in: ders. (Hg.), a.a.O., Vorbem. 4 VV Rn. 68, m.w.N.; bzgl. des Nebenklagebeistands OLG Hamm, Beschluss vom 05.07.2012, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.04.2012, a.a.O.).

Unter Berücksichtigung der Dauer der Termine am 15.08.2013 (5 Stunden und 48 Minuten), am 16.08.2013 (5 Stunden und 3 Minuten) und am 19.08.2013 (5 Stunden und 41 Minuten) sowie der Vor- und Nachbereitungszeiten für diese Termine - insbesondere war am 15.08.2013 neben der Einlassung des Angeklagten auch die Vernehmung der Nebenklägerin vorgesehen, wurden am 16.08.2013 sieben Zeugen vernommen und ein Sachverständiger gehört und waren für den 19.08.2013 die Anhörung des zweiten Sachverständigen sowie das Plädoyer vorzubereiten - hält der Senat für diese Termine das 1 ½-fache der Mittelgebühren jeweils für durchaus angemessen. Ebenso erachtet der Senat die für den Termin vom 23.08.2013 ausdrücklich in Ansatz gebrachte Mittelgebühr trotz der deutlich kürzeren Dauer dieses Termins nicht für unbillig, insbesondere da auf Grundlage der in diesem Termin erfolgten Urteilsverkündung mit der Nebenklägerin zu beraten und entscheiden war, ob bzw. dass gegen das Urteil vom 23.08.2013 Revision eingelegt werden sollte.

Auch hinsichtlich dieser Gebühren ist aber ersichtlich unzutreffend der Gebührenrahmen in der seit dem 01.08.2013 geltenden Fassung des VV RVG (mit einem Rahmen für Nr. 4120 VV RVG von 130,00 - 930,00 €) angewandt worden, statt gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 RVG auf die bis zum 31.07.2013 geltende Fassung des VV RVG abzustellen, nach der hier - ausgehend von einem Gebührenrahmen von 110,00 € bis 780,00 € - für den Termin vom 23.08.2013 die Mittelgebühr mit 445,00 € und für die übrigen drei Hauptverhandlungstermine das 1 ½-fache der Mittelgebühr mit jeweils 667,50 € in Ansatz zu bringen waren.

d) Soweit der Nebenklagebeistand in seinem Kostenfestsetzungsantrag über die Gebühren eines gewählten Beistandes hinaus auch Auslagen in Ansatz gebracht hat, kann er deren Erstattung nicht von dem Verurteilten verlangen. Denn der eindeutige Wortlaut des § 53 Abs. 2 S. 1 RVG lässt nur die Geltendmachung von Gebühren eines gewählten Beistands gegen den Verurteilten zu, gewährt aber keinen Anspruch auf Zahlung von Auslagen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 05.07.2012, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.04.2012, a.a.O.; Kroiß in: Mayer/Kroiß, a.a.O., § 53 Rn. 12). Die geltend gemachten Auslagen nebst Mehrwertsteuer, die im Übrigen durch die Staatskasse bereits vollständig beglichen worden sind, sind daher bei der Berechnung des Erstattungsanspruches nicht zu berücksichtigen.

e) Der Erstattungsanspruch berechnet sich daher wie folgt:
Grundgebühr gemäß Nr. 4100 VV RVG 165,00 €
Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4104 VV RVG 140,00 €
Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4118 VV RVG 330,00 €
Terminsgebühren gemäß Nr. 4120 VV RVG (3 x 667,50 € + 445,00 €) 2.447,50 €
3.082,50 €
abzüglich der durch die Staatskasse gezahlten Gebühren
eines bestellten Beistands 2.466,00 €
Differenz 616,50 €
zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer 733,64 €

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus dem unter Berücksichtigung des Beschwerdewerts von 1.545,81 € nahezu hälftigen Obsiegen des Verurteilten.

Der Beschwerdewert in Höhe der vom Landgericht insgesamt festgesetzten 1.545,81 € ergibt sich hierbei daraus, dass ein vollständiges Durchgreifen der Einwände des Verurteilten, dass allein die Gebühr Nr. 4100 VV RVG nicht zu beanstanden sei, der Anfall der Verfahrensgebühren in Abrede gestellt werde und der Gebührenansatz im Übrigen unbillig sei, dazu geführt hätte, dass die Höhe der bereits von der Landeskasse erstatteten Gebühren die Summe der dem Nebenklagebeistand aufgrund des Wahlmandats zustehenden Gebühren übersteigen würde und daher kein von ihm nach § 53 Abs. 2 RVG zu erstattender Gebührenanspruch verbliebe.

Eine über die nach Nr. 1812 KV GKG i.V.m. der amtlichen Vorbemerkung 3.6 zu Teil 3 Teil 1 Hauptabschnitt 8 KV GKG veranlasste Ermäßigung der Gerichtsgebühr hinausgehende Beteiligung der Landeskasse an den Kosten des Beschwerdeverfahrens kam nicht Betracht, da diese an der vorliegend allein den Verurteilten und den - daher anteilig zur Kostentragung verpflichteten - Nebenklagebeistand betreffenden Kostenfestsetzung nicht beteiligt ist (vgl. LG Hamburg, AnwBl 1973, 28; Mümmler, JurBüro 1975, 358; ders., JurBüro 1983, 736; Hilger in: LR-StPO, 26. Aufl., § 464b Rn. 11, § 473 Rn. 76; Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 464b Rn. 10; Stöckel in: KMR-StPO, § 464b Rn. 17).

Angesichts des jeweils nahezu hälftigen Obsiegens der Beteiligten war die Anordnung einer wechselseitigen Erstattung notwendiger Auslagen nicht veranlasst.


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