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RVG Entscheidungen

Gebühren-/Kostenfragen - Auslagen

Auslagenerstattung, Verjährung des Anspruchs der Staatskasse, Hemmung, Unterbrechung, Vorbehalt

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Aurich, Beschl. v. 3.11.2017 - 15 KLs 1000 Js 36718/07 (2/10)

Leitsatz: 1. Gemäß § 5 Abs. 1 GKG verjähren die Ansprüche der Staatskasse auf Zahlung von Kosten innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Verfahren durch rechtskräftige Entscheidung über die Kosten beendet worden ist.
2. Eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung durch einen sog. Kostenvorbehalt, tritt nur ein durch einen eindeutigen Vorbehalt über die Möglichkeit einer Inanspruchnahme für weitere nach Art oder voraussichtlicher Höhe zu bezeichnenden Kosten in die Kostenrechnung aufzunehmen. Ein bloß formelhaft begründeter Vorbehalt genügt nicht.


Landgericht Aurich
Beschluss
In dem Kostenfestsetzungsverfahren
gegen pp.
hat das Landgericht Aurich - Wirtschaftsstrafkammer - durch die unterzeichneten Richter am 03.11.2017 beschlossen:

Auf die Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss der Kammer vom 20.07.2017 aufgehoben. Der Kostenansatz der Staatsanwaltschaft vom 30.01.2017 wird ebenfalls aufgehoben.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe:
Der Verurteilte wurde durch Urteil der Kammer vom 06.10.2011 unter anderem dazu verurteilt, die Kosten des Strafverfahrens zu tragen- Rechtskraft des Urteils ist am 01.02.2012 eingetreten.

Unter dem 28.08.2013 hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück mit der Kostenrechnung I einen Betrag von 360 Euro (Gebühr gemäß Ziff. 3112 KV GKG) in Ansatz gebracht. Die Kostenrechnung enthält den Zusatz:"Die Einziehung weiterer Kosten (Zeugenentschädigung, Zustellungsaus/agen, Sachverständigenkosten, TU-Kosten, Pflichtverteidigergebühren, Unterstellkosten) in noch nicht feststehender Höhe bleibt vorbehalten gem. 27 Abs. 6 KostVfg."

Unter dem 30.01.2017 hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück mit der Kostenrechnung Il einen Betrag von zunächst insgesamt weiteren 20.563,27 Euro in Ansatz gebracht. Die Kostenrechnung enthält die Zusätze:
"Die Einziehung weiterer Kosten (Zeugenentschädigung, Zustellungsauslagen, Sachverständigenkosten, TU-Kosten, Pflichtverteidigergebühren, Unterstellkosten) in noch nicht feststehender Höhe bleibt vorbehalten gem. 27 Abs. 6 KostVfg.
Auf den Kostenvorbehalt aus der Kostenrechnung vom 28.08.2013 wird Bezug genommen."
Die Auslagen, soweit Gesamthaftung nach 466 StPO besteht, sind zunächst anteilig berechnet worden. Sie haften gesamtschuldnerisch mit den weiteren Mitverurteilten [ ...] Vorbehalten bleibt die Nachforderung bis zu 3696,33 €, falls die Mitverurteilten ihren Anteil nicht bezahlen."

Unter dem 17.02.2017 wurde die Kostenrechnung Il um einen versehentlich zu viel angesetzten Betrag von 5.748,90 Euro berichtigt auf den Betrag von (noch zu zahlenden 14.814,37 Euro (BI. 51 d. VH). Der Verurteilte hat gegen die Kostenrechnung Il form- und fristgerecht Erinnerung eingelegt und die Einrede der Verjährung erhoben (BI. 52 d. VH). Die Kammer hat mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen.

II.
Der gemäß § 66 Abs. 2 GKG statthaften und auch sonst zulässigen Beschwerde des Verurteilten war abzuhelfen. Die Kammer ist in dem angefochtenen Beschluss rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die von der Staatsanwaltschaft mit der Kostenrechnung I l in Ansatz gebrachten Auslagenerstattungsansprüche der Staatskasse noch nicht verjährt waren.

Gemäß § 5 Abs. 1 GKG verjähren die Ansprüche der Staatskasse auf Zahlung von Kosten innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Verfahren durch rechtskräftige Entscheidung über die Kosten beendet worden ist. Dies war vorliegend mit Ablauf des 31.12.2016 der Fall.
Eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung hat nicht stattgefunden. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft und des Bezirksrevisors stellt der in der Kostenrechnung I vom 28.08.2013 enthaltene Zusatz auch keine Stundung der später in Ansatz gebrachten Auslagen dar, welche einen Neubeginn der Verjährungsfrist gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 GKG bewirkt hätte.

Insoweit ist anerkannt, dass nicht nur die ausdrückliche Mitteilung, sondern auch die stillschweigende eindeutige Gewährung einer Stundung die Verjährung der Kostenforderung neu beginnen lässt (Hartmann, KostG, § 5 GKG, Rn. 10). Eine solche stillschweigende Stundung wurde in der Rechtsprechung angenommen im Fall einer (ausdrücklich erklärten) Stundung einer Geldstrafe, die im Hinblick auf die Regelung des § 459b StPO zugleich eine (konkludente) Stundung der - konkret bezifferten - Kostenforderung enthält (LG Lübeck JurBüro 2003, 372). Ebenso wurde eine Stundung der Kostenforderung in einem in der Kostenrechnung enthaltenen Zusatz „Die Anforderung weiterer anteiliger Auslagen in Höhe von 31.971,86 DM bleibt vorbehalten." gesehen (OLG Koblenz, NStZ-RR 2005, 254). In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte die Staatsanwaltschaft in ihrem
Kostenansatz Auslagen, für die mehrere Verurteilte gemäß § 466 StPO als Gesamtschuldner hafteten, zunächst anteilig nach Kopfteilen angesetzt und im Hinblick auf die auf die übrigen Mitverurteilten entfallenen Kopfteile den vorstehend wiedergegebenen Zusatz aufgenommen.

Eine nach diesen Grundsätzen anzunehmenden Stundung der Kostenforderung ist vorliegend nicht gegeben. Diesbezüglich ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Stundung um eine vertragliche Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner handelt. Diese kommt zumeist durch Parteivereinbarung zustande, kann aber auch durch Gesetz, Richterspruch oder durch privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt angeordnet werden (BGHZ 197, 21, Rn. 18). Eine ohne vorherigen Antrag seitens der Staatsanwaltschaft einseitig bewilligte Stundung von Verfahrenskosten ist angesichts dessen zwar grundsätzlich möglich, setzt jedoch nach Auffassung der Kammer eine hinreichende Konkretisierung der zu stundenden Forderung voraus. Entsprechend sind die vorstehend zitierten Entscheidungen auch jeweils in Verfahren ergangen, in denen die Kostenforderung der Staatskasse bereits konkret beziffert war und lediglich von der (vollständigen) Einforderung einstweilen abgesehen worden ist.

Insoweit mag auch ein Kostenvorbehalt nach § 24 Abs. 5 KostVfg (= § 27 Abs. 6 a.F.) Stundungswirkung entfalten. Nach dieser Vorschrift ist, wenn sich aus den Akten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass noch weitere Kosten geltend gemacht werden können, die vom Kostenschuldner als Auslagen zu erheben sind (z.B. Vergütungen von Pflichtverteidigern, Verfahrensbeiständen oder Sachverständigen), ein eindeutiger Vorbehalt über die Möglichkeit einer Inanspruchnahme für die weiteren, nach Art oder voraussichtlicher Höhe zu bezeichnenden Kosten in die Kostenrechnung aufzunehmen. Einen solchen eindeutigen Vorbehalt stellt der in der Kostenrechnung vom 28.08.2013 enthaltene formelhafte Zusatz, der zudem wortgleich in der Kostenrechnung vom 30.01.2017 wiederum enthalten ist, jedoch nicht dar.

Auch die Staatsanwaltschaft ist daher zutreffend im Vermerk vom 28.08.2013 (BI. 34 d. VH) davon ausgegangen, dass - auch unter Berücksichtigung der Kostenrechnung vom selben Tage - die Kostenforderung der Staatskasse mit Ablauf des 31.12.2016 verjährt.

Der Beschwerde des Verurteilten war daher abzuhelfen und der angefochtene Beschluss sowie die angefochtene Kostenrechnung aufzuheben.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 8 GKG.


Einsender: RA J.Möckel, Oldenburg

Anmerkung:


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