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RVG Entscheidungen

Vorbem. 4 Abs. 1

Terminsvertreter; Abrechnung; Grundgebühr; Verfahrensgebühr;

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Dresden, Beschl. v. 05. 09. 2007, 1 Ws 155/07

Fundstellen:

Leitsatz: Der anstelle eines Pflichtverteidigers beigeordnete Rechtsanwalt rechnet nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG ab. Er kann aber für die Teilnahme an einem Hauptverhandlungstermin nicht auch Grundgebühr und Verfahrensgebühr geltend machen.


Oberlandesgericht Dresden,
1. Strafsenat
Aktenzeichen: 1 Ws 155/07

Beschluss
vom 05. September 2007
In der Strafsache gegen
pp.

wegen Nötigung u. a.
hier: Kostenfestsetzung; sofortige Beschwerde gegen die Festsetzung der Wahlverteidigergebühren im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 02. Februar 2007

1. Auf die sofortige Beschwerde wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Leipzig vom 02. Februar 2007 dahin gehend abgeändert, dass die dem Freigesprochenen von der Staatskasse zu erstattenden Wahlverteidigergebühren in Höhe weiterer 240,00 EUR zuzüglich 38,40 EUR Umsatzsteuer nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08. November 2005 festgesetzt werden; die weitergehende sofortige Beschwerde wird verworfen.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen; die Gebühr und die notwendigen Auslagen der Staatskasse werden um 2/5 ermäßigt; 2/5 der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers trägt die Staatskasse.

Der Beschwerdewert beträgt 649,60 DU=.

Gründe.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 03. November 2006 beantragte Rechtsanwalt B. der dem freigesprochenen früheren Angeklagten P. jeweils anstelle der verhinderten Pflichtverteidigerin Tust - bei deren gleichzeitiger Entpflichtung - in den Hauptverhandlungsterminen am 18., 28. September 12. Oktober und 2. November 2006 zum Pflichtverteidiger für diese bestellt worden war, (namens des früheren Angeklagten) die Festsetzung seiner Wahlverteidigervergütung. Hierbei hat er folgende Positionen geltend gemacht:
Grundgebühr Nr. 4100 W RVG 165,00 EUR Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV RVG 155,00 EUR Terminsgebühr für vier Termine
Nr. 4114 W RVG ä 270,00 EUR = 1.080,00 EUR Abwesenheitsgeld Nr. 7005 W RVG
für vier Termine
Fahrtkosten Nr. 7003 W RVG
für vier Termine
Parkgebühr Nr. 7006 W RVG
Auslagenpauschale Nr. 7002 W RVG 80,00 EUR
72,00 EUR

3,45 EUR
20,00 EUR
Zwischensumme netto 1.575,45 EUR
zuzüglich 16 % MWSt Nr. 7008 W RVG 252,07 EUR
Endbetrag 1.827,52 EUR
Diesem Antrag hat die Rechtspflegerin durch den angegriffenen Festsetzungsbeschluss vom 02. Februar 2007 lediglich in Höhe von 1.177,92 EURO brutto entsprochen, weil die Grund- und Verfahrensgebühr nicht -festgesetzt und anstelle der Terminsgebühr Gebühren für Einzeltätigkeiten nach VV 4301 Ziff. 4 RVG in Höhe der Mittelgebühr von jeweils 210,00 EUR als erstattungsfähig angesehen worden sind. Ebenfalls gemäß VV 4301 Ziff. 4 RVG wurde die Pflichtverteidigergebühr festgesetzt. Über eine hiergegen gerichtete Erinnerung des Verteidigers hat das Landgericht noch nicht entschieden.
Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 21. Juni 2007 nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß §§ 304 Abs. 3, 311 Abs. 2, 464 b Satz 3 StPO i.V.m. §§ 103 Abs. 2 Satz 1, 104 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 ZPO, §§ 11 Abs. 1, 21 Nr. 1 RPf1G zulässige sofortige Beschwerde hat nur zum Teil Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.
Ein freigesprochener Angeklagter, dessen notwendige Auslagen der Staatskasse auferlegt worden sind, hat Anspruch auf Erstattung der Wahlverteidigergebühren für den ihm beigeordneten Pflichtverteidiger. Die für einen zweiten Pflichtverteidiger entstandenen Kosten und Auslagen sind erstattungsfähig, wenn der weitere Pflichtverteidiger bestellt wurde, um - wie vorliegend - den Fortgang des Verfahrens zu sichern.
Der Senat teilt mit dem Beschwerdeführer die Auffassung, dass die zeitliche Begrenzung der Verteidigung in bestimmten Hauptverhandlungsterminen als solche, noch kein taugliches Kriterium für die Abgrenzung zwischen den in Abschnitt 1 des Teils 4 des Vergütungsverzeichnisses Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG bestimmten Gebühren eines "Vollverteidigers" und den ebenda unter Abschnitt 3 geregelten Gebühren für die Wahrnehmung von "Einzelaufgaben" darstellt. Mit dem
2. Senat (Beschluss vom 16. Mai 2007 - 2 Ws 167/07 -) ist vielmehr entscheidend, ob - wie hier - die Verteidigung für die jeweiligen Hauptverhandlungstermine ohne inhaltliche Beschränkungen erfolgte und Rechtsanwalt B. in diesen Hauptverhandlungsterminen daher alle Verteidigerrechte und -pflichten für den früheren Angeklagten umfassend - also anstelle der abwesenden, für das gesamte Verfahren beigeordneten Pflichtverteidigerin - wahrnehmen musste. Auf die Entscheidungen des Kammergerichtes NStZ-RR 2005, S. 327 und des OLG Hamm RVGReport 2006, S. 230 wird hingewiesen.
Hiervon ausgehend waren
vier Terminsgebühren gemäß Nr. 4114 VV RVG
in Höhe von jeweils 270,00 EUR 1.080,00 EURO
Abwesenheitsgeld Nr. 7005 Nr.1 VV RVG
für vier Termine 80,00 EURO
Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG 72,00 EURO
für vier Termine
Parkgebühr Nr. 7006 VV RVG 3,45 EURO
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme netto 1.255,45 EUR
zuzüglich 16 % MWSt Nr. 7008 VV RVG 200,87 EUR
Gesamt 1.456,32 EUR
festzusetzen.
1.080,00 EUR
Abzüglich der bereits festgesetzten Wahlverteidigervergütung des Rechtsanwalts B. in Höhe von 1.177,92 EUR ergibt sich eine Differenz in Höhe von 278,40 EUR brutto zu Gunsten des Beschwerdeführers.
Die weitergehende Beschwerde, mit welcher die Grund- und eine Verfahrensgebühr beansprucht werden, ist hingegen unbegründet.
Grund- und Verfahrensgebühr für Rechtsanwältin Tust wurden am 11. Januar 2007 bereits festgesetzt.
Eine zweite Grundgebühr und Verfahrensgebühr kann der Beschwerdeführer nicht beanspruchen, da Rechtsanwalt B. die Hauptverhandlungstermine lediglich in Vertretung der Pflichtverteidigerin wahrgenommen hat und für die von ihm ausgeübte Tätigkeit keine Grund- und Verfahrensgebühren entstanden sind (vgl. Kammergericht NStZ-RR 2005, S. 327 - anwaltliche Vertretung eines Nebenklägerbeistandes - sowie OLG Celle StraFO 2006, S. 471 - ersatzweise beigeordneter Pflichtverteidiger für einen Haftprüfungstermin).
Die Kostenentscheidung folgt aus 9 473 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 StPO.
Der Beschwerdewert beträgt die Differenz zwischen der beantragten und zunächst festgesetzten Wahlverteidigervergütung, mithin 649,60 ZUR.

Einsender: RA Baehr, Borna

Anmerkung:


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