Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

RVG Entscheidungen

§ 14 – Bußgeldverfahren

Bußgeldverfahren, Gebührenbemessung, Rahmengebühr

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Bielefeld, Beschl. v. 10.06.2011 - 8 OWi 116/11 [bI]

Leitsatz: Der Umstand, dass ab einer Geldbuße von 40 € eine Eintragung ins Verkehrszentralregister droht, führt dazu, dass die Angelegenheit für den Betroffenen von überdurchschnittlicher Bedeutung ist. Dadurch kann unterdurchschnittlicher Aufwand ausgeglichen werden.


8 OWi 116/11 [bI, Beschl. v. 10.06.2011
AG Bielefeld
Beschl.
In dem Verfahren pp

Der Kostenbescheid der Stadt Bielefeld vom 25.6.2010 wird abgeändert und die dem Betroffenen zu erstattenden Auslagen auf insgesamt 464,10 € festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.
Gründe:
I.
Der Verteidiger des Betroffenen beantragt, den Kostenfestsetzungsbescheid der Stadt Bielefeld vom 25.6.2010 abzuändern und die Kosten des Bußgeldverfahrens gemäß dem Antrag vom 20.4.2010 festzusetzen.
Die Stadt Bielefeld hat gegen den Betroffenen am 3.8.2009 einen Bußgeldbescheid wegen Nichteinhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstandes zum vorausfahrenden Fahrzeug erlassen. Dem Betroffenen wurde eine Geldbuße von 315 € auferlegt. Hiergegen hat der Verteidiger des Betroffenen Einspruch eingelegt und diesen mit Schreiben vom 3.9.2009 nochmals begründet. Bereits zuvor wurde im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 31.7.2009 von dem Verteidiger eine Einlassung abgegeben. Mit Verfügung vom 14.4.2010 nahm die Stadt Bielefeld den
Bußgeldbescheid zurück und stellte das Verfahren ein.

Mit Kostenentscheidung vom selben Tag wurden die dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen der Stadtkasse auferlegt. Mit Rechnung vom 20.4.2010 beantragten die Prozessbevollmächtigten des Betroffenen die Gebührenfestsetzung wie folgt:
Grundgebühr, Nr. 5100 W RVG 85,00 €
Verfahrensgebühr, Nr. 5103 W RVG 135,00
Zusatzgebühr, Nr. 5115 VV RVG 135,00
Dokumentpauschale für Ablichtungen, Nr. 7000 Nr.1 VV RVG 3,00

14,50
Auslagenpauschale, Nr. 7002 W RVG 20,00
Akteneinsichtskosten 12,00 E
Umsatzsteuer 19 %, Nr. 7008 VV RVG 74,10 E
Gesamtbetrag 464,10
Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 25.6.2010 setzte sie Stadt Bielefeld die Kosten wie folgt fest:
Grundgebühr, Nr. 5100 VV RVG 85,00 €
Verfahrensgebühr, Nr. 5103 VV RVG 75,00
Zusatzgebühr, Nr. 5115 W RVG 75,00 €
Kopiekosten, Nr. 7000 W RVG 3,00
Auslagenpauschale, Nr. 7002 W RVG 20,00 €
Umsatzsteuer 19 %, Nr. 7008 W RVG 49,02 €
Akteneinsichtskosten 12,00
Gesamtbetrag 319,02 E

Zur Begründung führt die Stadt Bielefeld aus, der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien in diesem Verfahren als unterdurchschnittlich einzuordnen. Außerdem ging es vorliegend um eine Geldbuße von 315 E, also um ein Bußgeld im Bereich des unteren Beitragsrahmens. Zudem habe die Sache für die Betroffene wirtschaftlich auch nur eine geringe Bedeutung gehabt. Es sei kein Fahrverbot verhängt worden. Es seien somit eine Grundgebühr und eine Verfahrensgebühr jeweils im unteren Bereich des Gebührenrahmens von 75 € angemessen.
Zudem sei die Aktenversendungspauschale lediglich ein durchlaufender Posten, der nicht der Umsatzsteuer unterliegt.
Dagegen wenden sich die Prozessbevollmächtigten des Betroffenen und tragen vor, dass hier die Mittelgebühr anzusetzen ist, da es sich um einen Durchschnittsfall handele. Zudem könne die Höhe der verhängten Geldbuße nicht allein Anknüpfungspunkt der Bemessung der anwaltlichen Tätigkeit sein. Abzustellen sei auch auf die drohenden Punkte im VZR, eine etwaige Vorbelastung oder ein drohendes Fahrverbot bzw. eine Fahrerlaubnisentziehung durch die Verwaltungsbehörde
Das Gericht hat ein Gebührengutachten der Rechtsanwaltskammer Köln eingeholt.
Nachdem die notwendigen Auslagen des Betroffenen nach der Kostenentscheidung der Stadt Bielefeld von dieser zu tragen sind, hat die Stadt Bielefeld grundsätzlich der Betroffenen die Gebühren ihres Prozessbevollmächtigten zu erstatten.
Die Stadt Bielefeld hat in diesem Fall die Gebühren nach Nrn. 5103 und 5115 VV RVG fehlerhaft jeweils auf 75 € gekürzt.
Bei den im Ordnungswidrigkeitenverfahren anfallenden Rahmengebühren hat der Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs.1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu bestimmen. Auch wenn die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen ist, gelten die gleichen Kriterien wie gegenüber dem Mandanten. Denn es ist nicht ersichtlich, dass unter Berücksichtigung aller Kriterien von einer Unterdurchschnittlichkeit ausgegangen werden kann; ebenso ist eine Überschreitung der Mittelgebühr nicht gerechtfertigt. Soweit die Stadt Bielefeld hierbei auf den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit abstellt, so bezieht sich dies allein auf die nach außen getretene Tätigkeit, ohne den gesamten zeitlichen Aufwand der Mandatsbearbeitung zu berücksichtigen. Mit dem Kriterium des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit ist der zeitliche Aufwand gemeint, der jedoch in Ordnungswidrigkeitenverfahren maßgeblich durch den Mandantenkontakt und weniger durch nach außen tretende Schriftsätze geprägt ist.
Bei den weiteren Kriterien ist dagegen zu bedenken, dass ab einer Geldbuße von 40 €auch eine Eintragung im Verkehrszentralregister droht, was dazu führt, dass eine überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber gegeben ist, was geeignet ist, einen unterdurchschnittlichen Aufwand auszugleichen.
Auch wenn im Bußgeldbescheid noch kein Fahrverbot verhängt ist, ist mit der Rechtsanwaltskammer Köln davon auszugehen, dass auch dann von der Mittelgebühr auszugehen ist, wenn erst die zu erwartende Eintragung im Verkehrszentralregister für den Betroffenen zu weiteren Sanktionen bis hin zum Verlust der Fahrerlaubnis bedeutsam werden kann.
In diesem Fall war die Tätigkeit des Verteidigers zumindest durchschnittlich umfangreich. Er hat für seinen Mandanten zwei Einlassungen abgegeben, in denen er sich mit den technischen Fragen des Messverfahrens und den Bedenken an der Verwertbarkeit des Messergebnisses auseinandersetzt.
Auch hat die Angelegenheit für den Betroffenen zumindest durchschnittliche Bedeutung. Bei einer Verurteilung wäre eine Eintragung von drei Punkten im Verkehrszentralregister erfolgt. Der Erhöhung der Geldbuße ist zu entnehmen, dass der Betroffene bereits Voreintragungen hat, sodass eine Verurteilung für ihn gravierender gewesen wäre, als für jemanden, der das erste Mal in Erscheinung tritt.
Die abgerechnete Verfahrensgebühr von 135,00 € ist hier angemessen.
Somit war auch die zusätzliche Gebühr gemäß Nr. 5115 VV RVG auf 135,00 € festzusetzen.
Des Weiteren ist auch die beantragte Umsatzsteuer auf die Auslagenpauschale festzusetzten. Bei der Aktenversendungspauschale handelt es sich um steuerpflichtigen Umsatz, da der Kostenschuldner der anfordernde Rechtsanwalt ist. (vgl. OVG Lüneburg, MW 2010, 1392; BVerWG, 1 WDS KSt 6/09, Beschluss vom
9.4.2010).
Die Kostenentscheidung folgt aus 62 Abs. 2 OWiG i.V.m. 473 Abs. 4 StPO.
Bielefeld, 10.06.2011
Amtsgericht

Einsender: RA A. Stöber, Troisdorf

Anmerkung:


den gebührenrechtlichen Newsletter abonnieren


zurück zur Übersicht

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".