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aus AGS 2022, 145

(Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "AGS" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "AGS" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)

Rechtsprechungsübersicht zu den Teilen 4–7 VV aus den Jahren 2021/2022

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

Über die Entwicklung der Rechtsprechung zu den Teilen 4–7 VV aus den Jahren 2020/2021 wurde zuletzt in AGS 2020, 198 ff. berichtet. Die nachfolgende Übersicht enthält eine Zusammenstellung der im Anschluss daran ergangenen bzw. bekannt gewordenen Rspr. Es sind auch die mit § 14 RVG zusammenhängenden Entscheidungen enthalten. Insoweit schließt der Beitrag an RVGreport 2020, 447 an. Der Stand des Beitrags ist Anfang April 2022.

Norm

Gericht/Fundstelle

Inhalt

I. Paragrafenteil des RVG

§ 1 RVG

LG Osnabrück, Beschl. v. 17.6.2021 – 2 Qs 36/21, JurBüro 2021, 467

Einer nach § 138 Abs. 2 StPO zugelassenen Wahlverteidigerin steht im Rahmen der notwendigen Auslagen des Betroffenen kein Vergütungsanspruch nach dem RVG zu, weil die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 3 RVG nicht erfüllt sind. 

§ 3a RVG

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.11.2021 – 24 U 355/20

1. Die Angemessenheit eines anwaltlichen Stundensatzes hängt u.a. von der Kostenstruktur der jeweiligen Anwaltskanzlei ab. Einzelkanzleien mit wenig Personal, zum Teil mit Familienangehörigen, in ländlichen mietpreismäßig günstigen Landesteilen können deutlich anders kalkulieren können als international tätige Großkanzleien in Städten mit teuren Mieten und einem großen und kostspieligen Personalbestand.

2. Die Höhe eines anwaltlichen Stundensatzes unterliegt keiner AGB-rechtlichen Kontrolle, denn Preisvereinbarungen sind von einer Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB ausgenommen.

3. Bestreitet der Mandant pauschal den Umfang der Tätigkeit des Rechtsanwalts, dann ist dies bei Vorgängen unerheblich, die der Mandant selbst miterlebt hat (z.B. Telefonate, Gespräche) oder durch die er anhand objektiver Unterlagen (z.B. Beweisaufnahmeprotokolle) Kenntnis erlangt hat.

4. Ein Gericht ist aus eigener Sachkunde in der Lage, den Zeitaufwand anwaltlicher Tätigkeit zu schätzen (§ 287 ZPO), denn auch ein Richter leistet vergleichbare Arbeit, indem er Informationen rechtlicher Art verarbeitet, Recherchen durchführt und Dokumente erstellt.

 

OLG München, Urt. v. 2.2.2022 – 15 U 2738/21 Rae

1. Der Rechtsanwalt schuldet seinem Auftraggeber grds. keinen Hinweis auf die Höhe der bisher entstandenen oder noch entstehenden Gebühren. Er muss nur auf Verlangen des Auftraggebers die voraussichtliche Höhe seines Entgelts mitteilen.

2. Aus besonderen Umständen des Einzelfalles kann sich aber nach Treu und Glauben eine Pflicht des Rechtsanwalts ergeben, den Mandanten auch ungefragt über die voraussichtliche Höhe seiner Vergütung zu belehren. Maßgeblich dafür ist, ob der Rechtsanwalt nach den Umständen des Einzelfalls ein entsprechendes Aufklärungsbedürfnis erkennen konnte und musste.

3. Nach st. Rspr. ist für die Frage, ob bei einer vereinbarten Vergütung ein für Sittenwidrigkeit sprechendes Missverhältnis vorliegt, auch der nach dem Anwaltsvertrag geschuldete tatsächliche Aufwand, der besondere und Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zu berücksichtigen. Gerade bei Sachen mit niedrigem oder mittlerem Streitwert kann auch ein Honorar, das die gesetzlichen Gebühren um ein Mehrfaches übersteigt, angemessen sein.

 

AG Waldkirch, Urt. v. 4.8.2021 – 1 C 214/20, AGS 2022, 61

1. Ein Zeittakt von fünf Minuten in einer Vergütungsvereinbarung ist nicht zu beanstanden.

2. Ist in einer Vergütungsvereinbarung keine Abrechnung nach Zeittakt vereinbart worden, muss der Rechtsanwalt minutengenau abrechnen.

§ 9 RVG

BGH, Urt. v. 16.12.2021 – IX ZR 81/21, AGS 2022, 111 = JurBüro 2022, 74

Der Anspruch auf Rückzahlung eines nicht verbrauchten Vorschusses auf die Gebühren eines Rechtsanwaltes entsteht aufschiebend bedingt bereits mit der Leistung des Vorschusses (Ergänzung zu BGH NJW 2019, 1458 = RVGreport 2019, 208 = AGS 2019, 170 = RVGprofessionell 2019, 130 = JurBüro 2019, 241).

§ 14 RVG

 

 

Allgemeines

LG Aachen, Beschl. v. 20.9.2021 – 60 Qs 46/21, AGS 2021, 545

Unbillig i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 4 RVG ist eine Gebührenbestimmung, wenn sie um 20 % oder mehr von der Gebühr abweicht, die sich unter Berücksichtigung aller in § 14 Abs. 1 S. 1 RVG genannten Bemessungsgrundlagen ergibt.

 

LG Aachen, Beschl. v. 26.5.2021 – 60 Qs 18/21. JurBüro 2021, 628

1. Die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit, einen Beruf auszuüben, ist untrennbar mit der Freiheit verbunden, eine angemessene Vergütung zu fordern. Gesetzliche Vergütungsregelungen und ihre Anwendung durch die Fachgerichte sind daher am Maßstab dieses Grundrechts zu messen.

2. Gem. § 14 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt in Verfahren, für welche die VV eine (Betrags-)Rahmengebühr vorsieht, die Höhe der Gebühr innerhalb des vorgegebenen Rahmens unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr von einem Dritten (hier: der Landeskasse) zu erstatten, ist gem. § 14 Abs. 1 S. 4 RVG die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung der Gebührenhöhe nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Unbillig ist der Gebührenansatz dann, wenn die beantragte Gebühr um mehr als 20 % über der angemessenen Höhe liegt.

3. Darüber hinaus liegt eine vom ersatzpflichtigen Dritten zu tolerierende Gebührenbestimmung durch den Rechtsanwalt nur dann vor, wenn sie aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles in Verbindung mit den Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG getroffen worden ist. Liegt eine solche Ermessensentscheidung nicht vor (hier: pauschale Erhöhung der Gebührentatbestände aufgrund einer psychischen Erkrankung des Mandanten ohne Berücksichtigung der hierdurch jeweils abgegoltenen Tätigkeit), ist die vom Verteidiger vorgenommene Gebührenbestimmung auch dann unbillig, wenn sie die Toleranzgrenze von 20 % nicht überschreitet.

4. Sind wesentliche Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 RVG als eher unterdurchschnittlich anzusehen und ist aufgrund einer psychischen Erkrankung des Mandanten ausschließlich die Informationsbeschaffung im Rahmen des Erstgesprächs als überdurchschnittlich anzusehen, kann auch unter Berücksichtigung rechtlicher Schwierigkeiten des Rechtsfalles davon auszugehen sein, dass unter Berücksichtigung des konkreten Umfangs der entfalteten anwaltlichen Tätigkeit bezogen auf den Abgeltungsbereich der Grundgebühr im Vergleich sämtlicher Strafverfahren einschließlich Schwurgerichts- oder Wirtschaftsstrafverfahren insgesamt der Ansatz einer Mittelgebühr angemessen ist.

5. Ist der später freigesprochene Angeklagte einem Hauptverhandlungstermin unentschuldigt ferngeblieben, hat er keinen Anspruch auf Erstattung der auf diesen Tag entfallenden Gebühren und Auslagen seines Verteidigers. Die von dem Verteidiger entfaltete Tätigkeit stellt sich in diesem Fall als zwecklos dar. Die hierdurch entstandenen Gebühren sind daher keine erstattungsfähigen notwendigen Auslagen i.S.d. § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO i.V.m. § 91 Abs. 2 ZPO).

Strafverfahren

Terminsgebühr

OLG Oldenburg, Beschl. v. 12.2.2021 – 1 Ws 41/21, AGS 2021, 272 = RVGprofessionell 2021, 116 (Strafkammer);

LG Aachen, Beschl. v. 20.9.2021 – 60 Qs 46/21, AGS 2021, 545

Zur Bemessung der Terminsgebühr.

Bußgeldverfahren

Mittelgebühr

AG Trier, Beschl. v. 8.12.2020 – 35a OWi 58/20, AGS 2021, 66

In Bußgeldverfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten ist der Ansatz der sog. Mittelgebühr als Ausgangspunkt grds. gerechtfertigt; hiervon ausgehend sind in jedem Einzelfall die besonderen Umstände zu würdigen.

 

LG Braunschweig, Beschl. v. 8.6.2021 – 2b Qs 160/21, AGS 2021, 311 = RVGprofessionell 2021, 131

1. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist unterdurchschnittliche Angelegenheit, wenn im Ordnungswidrigkeitsverfahren inhaltlich lediglich zu klären war, ob der gemeinsame Aufenthalt von drei Personen in einem privaten Pkw einen Aufenthalt im öffentlichen Raum darstellt („Infektionsschutzverfahren“).

2. Zur rechtswirksamen Abtretung der Kostenerstattungsforderung des Freigesprochenen an den Verteidiger.

 

LG Itzehoe, Beschl. v. 18.2.2021 – 2 Qs 209/20, AGS 2021, 155

Zur Bemessung der Rahmengebühren in einem straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren i.H.d. Mittelgebühr.

 

AG Bad Salzungen, Urt. v. 30.9.2021 – 1 C 121/21, AGS 2021, 544

1. Zur Anwendung der zivilrechtlichen „Toleranzrechtsprechung“ des BGH im Bußgeldverfahren.

2. Auch bei durchschnittlichen Verkehrsordnungswidrigkeiten ist grds. nur die sogenannte herabgesetzte Mittelgebühr anzusetzen.

 

AG Hamburg-Harburg, Beschl. v. 3.6.2021 – 621 OWi 128/21, AGS 2021, 302

In straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren ist grds. der Ansatz der Mittelgebühr gerechtfertigt.

 

AG Offenbach, Beschl. v. 15.7.2021 – 275 Owi 248/21, AGS 2021, 556 m. Anm. N. Schneider

Bei einem Verkehrsordnungswidrigkeiten-Verfahren, dem ein standardisiertes Messverfahren zugrunde liegt und das bereits bei der Behörde wegen Verjährung eingestellt wird, sind in der Regel Gebühren deutlich unterhalb der Mittelgebühr festzusetzen.

Bußgeldverfahren

Terminsgebühr

LG Bayreuth, Beschl. v. 13.10.2020 – 3 Qs 84/20

Hauptverhandlungsdauer von 6 Minuten ist unterdurchschnittlich.

§ 15 RVG

OLG Celle, Beschl. v. 26.1.2022 – 2 Ws 19/22

Grds. ist jedes von den Strafverfolgungsbehörden betriebene Ermittlungsverfahren ein eigenständiger Rechtsfall i.S.v. Nr. 4100 VV, solange die Verfahren nicht miteinander verbunden sind.

 

OLG Celle, Beschl. v. 26.1.2022 – 2 Ws 19/22;

LG Leipzig, Beschl. v. 15.2.2022 – 17 Qs 2/22

Werden Verfahren, die zunächst selbstständig waren, zu einem verbunden, bleiben einmal entstandene Gebühren aus den getrennten Verfahren bestehen (§ 15 Abs. 4 RVG).

 

AG Leer, Beschl. v. 3.5.2021 – 111 OWi 174/20, DAR 2021, 478 = RVGprofessionell 2021, 133

Der Ansatz der Mittelgebühr für die Terminsgebühr (nach Nr. 5110 VV) ist jedenfalls dann nicht als unbillig, wenn der Verteidiger eine 30-minütige Hauptverhandlung wegen eines Rotlichtverstoßes aufwendig vorbereitet hat.

§ 22 RVG

LG Osnabrück, Beschl. v. 3.3.2021 – 3 KLs 6/21, JurBüro 2021, 465

Der Gegenstandswert für die Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV richtet sich bei mehreren Gegenständen nach § 22 RVG, die Werte mehrerer Gegenstände sind zu summieren, es entsteht nur eine Verfahrensgebühr (§ 15 Abs. 2 RVG). 

§ 33 RVG

BGH, Beschl. v. 9.8.2021 – GSZ 1/20, NJW 2021, 3191 = zfs 2021, 642

Über einen Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG auf Festsetzung des Wertes des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit ist nach Inkrafttreten von § 1 Abs. 3 RVG auch beim BGH nach § 33 Abs. 8 S. 1 Hs. 1 RVG durch den Einzelrichter zu entscheiden.

 

OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.2.2022 – 2 Ws 33/21

1. Der Gegenstandswert von illegal produzierten und unversteuerten Zigaretten ist mit 0 EUR festzusetzen.

2. Das Verschlechterungsverbot findet im Wertfestsetzungsverfahren keine Anwendung.

§ 42 RVG

BGH, Beschl. v. 3.11.2021 – 3 StR 86/16

1. Über den Antrag auf Gewährung einer Pauschgebühr (§ 42 RVG) für die Tätigkeit im Revisionsverfahren vor dem BGH entscheidet der Senat in einer Spruchgruppe mit fünf Bundesrichtern. Eine Zuständigkeit des Einzelrichters, wie sie § 42 Abs. 3 RVG für die Oberlandesgerichte ermöglicht, kommt nach geltendem Recht nicht in Betracht.

2. Der Zulässigkeit eine Pauschgebührenantrags des Wahlanwalts nach § 42 RVG steht ein ggfs. bereits rechtskräftig gewordener Kostenfestsetzungsbeschluss entgegen.

 

OLG Jena, Beschl. v. 21.5.2021 – (S) AR 104/20, AGS 2021, 456 = JurBüro 2021, 575

Zur (Un-)Zulässigkeit eines Antrages des Wahlverteidigers auf Feststellung einer Pauschgebühr gem. § 42 RVG nach Stellung eines Kostenfestsetzungsantrages und wirksamer Ausübung seines Bestimmungsrechts nach § 14 Abs. 1 RVG.

§ 45 RVG

OLG Brandenburg, Beschl. v. 24.1.2022 – 1 Ws 108/21 (S)

Der Wahlverteidiger des Angeklagten kann nur dann Erstattung von Gebühren für Tätigkeiten im Adhäsionsverfahren aus der Staatskasse verlangen, wenn er dem Angeklagten im Wege der PKH beigeordnet worden ist.

 

AG Osnabrück, Beschl. v. 11.10.2021 – 202 Ds (211 Js 11318/21) 235/21, AGS 2021, 548 = RVGprofessionell 2022, 18

Die Aufhebung des Beschlusses über die Pflichtverteidigerbestellung hat grds. keine Auswirkungen auf bereits entstandenen Gebühren.

§ 46 RVG

LG Neuruppin, Beschl. v. 15.3.2021 – 11 Ks 22/20, StV-S 2021, 65

1. Die Landeskasse hat die Kosten für einen Dolmetscher zu tragen, den der Pflichtverteidiger hinsichtlich des schriftlichen Austauschs zwischen ihm und dem Beschuldigten (Verteidigerpost) mit den dabei anfallenden Übersetzungsarbeiten beauftragt, ohne dass es jeweils einer allgemeinen gerichtlichen Ermächtigung im Pflichtverteidigerbestellungsbeschluss oder einer konkreten gerichtlichen Ermächtigung im Einzelfall bedürfte.

2. Im Kernbereich des Verteidigungsverhältnisses in Gestalt der vertraulichen Kommunikation zwischen dem Pflichtverteidiger und dem Beschuldigten haben Forderungen nach einer Darlegung der Notwendigkeit einzelner – vom Pflichtverteidiger in Grundsatz geheim zu haltender – Kommunikationsvorgänge prinzipiell zu unterbleiben.

§ 48 RVG

OLG Hamm, Beschl. v. 13.4.2021 – 4 Ws 22/21, AGS 2021, 313 = StRR 10/2021, 33

Für die Zahlung der Pflichtverteidigervergütung aus der Landeskasse ist primär entscheidend, ob die Tätigkeiten, die der Verteidiger im Revisionsverfahren entwickelt hat überhaupt notwendig waren.

 

OLG Celle, Beschl. v. 26.1.2022 – 2 Ws 19/22

Eine Prüfung der Recht- oder gar Zweckmäßigkeit einer Erstreckungsentscheidung findet im Kostenfestsetzungsverfahren nicht mehr statt.

§ 51 RVG

VerfGH Berlin, Beschl. v. 12.5.2021 – VerfGH175/20, AGS 2021, 360 = NStZ-RR 2021, 231

Zur Verletzung des Grundrechts des Pflichtverteidigers auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) durch Ablehnung eines Antrags auf Gewährung einer Pauschgebühr.

 

OLG Celle, Beschl. v. 10.12.2021 – 5 AR (P) 7/20, StraFo 2022, 127

1. Die Bewilligung einer Pauschgebühr stellt die Ausnahme dar; die anwaltliche Mühewaltung muss sich bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls von sonstigen – auch überdurchschnittlichen Sachen – in exorbitanter Weise abheben.

2. Ein Pauschgebührenantrag kann nur noch bedingt auf vor dem 1.7.2004 ergangene Rspr. gestützt werden.

3. Zur besonderen Schwierigkeit in Staatschutzverfahren.

4. Ein zur Vermeidung von Mehrkosten für die Staatskasse bei Umbeiordnung erklärter Gebührenverzicht des Verteidigers wirkt sich auch auf die Bewilligung der Pauschgebühr aus. Da dem Pflichtverteidiger für die von dem Verzicht erfassten Verfahrensabschnitte oder Tätigkeiten keine gesetzlichen Gebühren zustehen, können diese Verfahrensabschnitte oder Tätigkeiten auch bei der Bewilligung der Pauschgebühr nicht berücksichtigt werden.

5. Nur in Ausnahmefällen ist im Rahmen der Bemessung der Pauschgebühr eine Anhebung der dem Pflichtverteidiger gesetzlich zustehenden Terminsgebühr möglich. Dies kommt in Betracht, wenn an sich in die Hauptverhandlung fallende Vorgänge – etwa das Verlesen von Urkunden durch Anordnung des Selbstleseverfahrens – nach außen verlagert werden oder im Rahmen der Hauptverhandlung neue Unterlagen bekannt werden, die eine intensive Vor- oder Nachbereitung erfordern.

6. Die Bejahung einer fast ausschließlichen Inanspruchnahme durch die Hauptverhandlung kommt unter Zugrundelegung einer fünftägigen Arbeitswoche grds. nicht schon bei Prozesswochen mit zwei ganztägigen Verhandlungen, sondern erst bei solchen mit jedenfalls drei ganztägigen Verhandlungen in Betracht.

 

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.3.2021 – III-3 AR 90/20, AGS 2021, 265

Mit Blick auf die Rspr. des BVerfG ist für die Frage der Gewährung einer Pauschgebühr für die Hauptverhandlung darauf abzustellen, ob die Höhe des Entgelts für die im Rahmen der Hauptverhandlung entfaltete Tätigkeit wegen für längere Zeit währender ausschließlicher oder fast ausschließlicher Inanspruchnahme für den Pflichtverteidiger von existenzieller Bedeutung ist.

 

OLG Hamm AGS 2021, 114

Zur besonderen Schwierigkeit und zum besonderen Umfang in Revisionsverfahren.

 

KG, Beschl. v. 4.11.2021 – 1 ARs 35/20, AGS 2022, 116

Zur Gewährung einer Pauschgebühr in Höhe der Wahlanwaltshöchstgebühr für die Grundgebühr und die Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren für den Beistand des Nebenklägers.

§ 52 RVG

OLG Brandenburg, Beschl. v. 3.11.2021 – 1 Ws 99/21 (S), AGS 2022, 63

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Angeklagten i.S.d. § 52 RVG sind die wirtschaftlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung.

 

LG Darmstadt, Beschl. v. 21.5.2021 – 2 Qs 134/21

Eine Erklärung des Pflichtverteidigers hinsichtlich der Pflichtverteidigergebühren nur „im Falle der Festsetzung der beantragten Gebühren“ ist ausreichend, um eine Doppelbelastung der Staatskasse zu vermeiden.

II. Teil 2 VV

Nr. 2501 VV

LG Osnabrück, Beschl. v. 24.12022 – 9 T 466/21

 

Der Antragsteller muss bei einem elektronisch eingereichten Antrag auf Festsetzung der Beratungshilfevergütung, dem der Berechtigungsschein als eingescanntes Dokument beigefügt ist, das Original des Berechtigungsscheins grds. nicht vorlegen.

III. Teil 4 VV

Vorbem. 4 Abs.  1 VV

OLG Dresden, Beschl. v. 20.12.2021 – 6 Ws 42/21, StraFo 2022, 42 = JurBüro 2022, 78

Tätigkeit des Rechtsanwalts als Zeugenbeistand wird i.d.R. nach Teil 4 Abschnitt 3 VV als Einzeltätigkeit abgerechnet.

 

AG Duisburg-Hamborn, Beschl. v. 12.11.2021 – 14 Ls-293 Js 915/19-23/20, AGS 2022, 126

Für die Abrechnung der Tätigkeit des Rechtsanwalts als Zeugenbeistand kommt es auf eine Einzelfallbetrachtung an. Kommt die Tätigkeit quasi einer Verteidigertätigkeit gleich, wird nach Teil 4 Abschnitt 1 VV abgerechnet.

 

LG Magdeburg, Beschl. v. 16.7.2021 – 21 Qs 53 u. 54/21, AGS 2021, 427 (zum neuen Recht)

Der für einen Haftprüfungstermin anstelle des Pflichtverteidigers beigeordnete Rechtsanwalt ist nicht nur Terminsvertreter i.e.S., sondern ihm stehen auch Grundgebühr und Verfahrensgebühr zu.

 

AG Bremen, Beschl. v. 4.3.2021 – 87 Ds 29/18, AGS 2021, 400 = StV-S 2021, 110

Im selbstständigen Einziehungsverfahren entstehen für den Rechtsbeistand des Betroffenen analog zum Verteidiger neben der Einziehungsgebühr gem. Nr. 4142 VV auch Verfahrens- und Terminsgebühren. Die Grundgebühr steht dem Bevollmächtigten nur dann zu, wenn er nicht bereits in einem zuvor gegen den Betroffenen wegen desselben Sachverhalts geführten Strafverfahren tätig war.

Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV

AG Nürnberg, Beschl. v. 9.12.2019 – 401 Ds 419 Js 65519/16 (3), RVGreport 2020, 140 = StRR 5/2020, 37 = RVG professionell 2020, 37

Wird der Pflichtverteidiger zur Hauptverhandlung geladen, erfolgt aber vor dem Termin seine Entbindung, ist die Terminsgebühr für den Pflichtverteidiger entstanden, wenn er von der Entbindung erst in der Hauptverhandlung erfährt.

Vorbem. 4 Abs. 4 VV

BGH, Beschl. v. 10.3.2021 – 2 BGs 751/20, AGS 2021, 555

Ein Beschuldigter befindet sich auch dann nicht auf freiem Fuß, wenn er sich in im Ausland vollstreckter Auslieferungshaft befindet (und die Akteneinsicht in dem dem Auslieferungsanspruch zugrunde liegenden Strafverfahren versagt worden ist).

Anm.: Entscheidung ist nicht zu einer Gebührenfrage ergangen.

Vorbem. 4.1 Abs. 3 VV

OLG Schleswig, Beschl. v. 25.6.2021 – 1 Ws 106/21;

a.A. LG Karlsruhe, AGS 2021, 78 = JurBüro 2021, 246

Beendet ist eine Stunde in dem Moment, in dem die Uhr auf die nächste volle Stunde „springt“.

Nr. 4100 VV

OLG Celle, Beschl. v. 26.1.2022 – 2 Ws 19/22

Die Verfahrensgebühr entsteht zwar nach Anm. 1 zu Nr. 4100 VV neben der Grundgebühr. Abgegolten werden mit ihr im vorbereitenden Verfahren allerdings nur Tätigkeiten nach der Erstinformation des Rechtsanwalts, d.h. alle Tätigkeiten nach erstem Mandantengespräch und erster Akteneinsicht. Geht die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht darüber hinaus, entsteht keine Verfahrensgebühr.

 

AG Bremen, Beschl. v. 4.3.2021 – 87 Ds 29/18, AGS 2021, 400 = StV-S 2021, 110

Im selbstständigen Einziehungsverfahren entstehen für den Rechtsbeistand des Betroffenen analog zum Verteidiger neben der Einziehungsgebühr gem. Nr. 4142 VV auch Verfahrens- und Terminsgebühren. Die Grundgebühr steht dem Bevollmächtigten nur dann zu, wenn er nicht bereits in einem zuvor gegen den Betroffenen wegen desselben Sachverhalts geführten Strafverfahren tätig war.

Nr. 4102 Ziff. 1 VV

LG Osnabrück, Beschl. v. 17.6.2021 – 2 Qs/212 Js 59166/18 – 34/21, RVGprofessionell 2021, 146

Die Vernehmungsterminsgebühr Nr. 4102 Nr. 1 VV entsteht auch dann, wenn sich der Rechtsanwalt bei dem Vernehmungstermin in einem Nebenraum, in dem eine Videoübertragung der Vernehmung gezeigt wurde, zumindest – zeitweise – zum Ende der Vernehmung hin anwesend war.

Nr. 4104 VV

OLG Celle, Beschl. v. 26.1.2022 – 2 Ws 19/22

Die Verfahrensgebühr entsteht zwar nach Anm. 1 zu Nr. 4100 VV neben der Grundgebühr. Abgegolten werden mit ihr im vorbereitenden Verfahren allerdings nur Tätigkeiten nach der Erstinformation des Rechtsanwalts, d.h. alle Tätigkeiten nach erstem Mandantengespräch und erster Akteneinsicht.

Nr. 4124 VV

AG Halle, Beschl. v. 16.6.2021 – 322 Ds 370 Js 16649/20, VRR 7/2021, 5 (LS)

Die Verfahrensgebühr entsteht nicht erst durch die Berufungsbegründung, sondern bereits durch die anwaltliche Prüfung und Beratung, ob ggfs. mit welchen Anträgen die – häufig aus Zeitgründen zunächst nur zur Fristwahrung eingelegte – Berufung begründet und weiter durchgeführt werden soll; wird die Berufung nicht begründet und im Einverständnis des Mandanten zurückgenommen, fehlt es zwar an „einer anwaltlichen Kerntätigkeit im Berufungsverfahren“, jedoch ohne dass dadurch die bereits entstandene Verfahrensgebühr wieder entfiele.

 

LG Aachen, Beschl. v. 20.9.2021 – 60 Qs 46/21, AGS 2021, 545

Zur Bemessung der Verfahrensgebühr i.H.d. Mittelgebühr

Nr. 4126 VV

LG Aachen, Beschl. v. 20.9.2021 – 60 Qs 46/21, AGS 2021, 545

Zur Bemessung der Terminsgebühr unterhalb der Mittelgebühr wegen nur geringer Hauptverhandlungsdauer (nicht erschienene Angeklagte).

Nr. 4130 VV

LG Detmold AGS 2021, 78

Mit der Entgegennahme der Revisionsschrift der Staatsanwaltschaft erbringt der Verteidiger die erste Tätigkeit im Rahmen des Revisionsverfahrens; es entsteht damit die Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV.

Anm.: Aufgehoben durch OLG Hamm, Beschl. v. 13.4.2021 – 4 Ws 22/21, AGS 2021, 313 = StRR 10/2ß21, 33 (nicht erstattungsfähig).

 

AG Halle, Beschl. v. 16.6.2021 – 322 Ds 370 Js 16649/20, VRR 7/2021, 5 (LS)

Die Verfahrensgebühr entsteht nicht erst durch die Revisionsbegründung, sondern bereits durch die anwaltliche Prüfung und Beratung, ob und ggfs. mit welchen Anträgen die – häufig aus Zeitgründen zunächst nur zur Fristwahrung eingelegte – Revision begründet und weiter durchgeführt werden soll; wird die Revision nicht begründet und im Einverständnis des Mandanten zurückgenommen, fehlt es zwar an „einer anwaltlichen Kerntätigkeit im Revisionsverfahren“, jedoch ohne dass dadurch die bereits entstandene Verfahrensgebühr wieder entfiele.

 

LG Magdeburg, Beschl. v. 19.3.2021 – 23 Qs 14/21, AGS 2021, 214

Die anwaltliche Mitwirkung muss zumindest mitursächlich für Einstellung gewesen sein.

 

AG Augsburg, Beschl. v. 25.5.2021 – 2 Cs 206 Js 128663/19

Gezieltes Schweigen“ ist Mitwirkung, dies gilt nicht, wenn unabhängig von der Einlassung des Betroffenen offenkundig ist, dass dieser die ihm vorgeworfene Ordnungswidrigkeit nicht begangen haben kann.

 

AG Tiergarten, Beschl. v. 4.2.2021 – 254 Ds 231/19, AGS 2021, 213 = RVGprofessionell 2021, 84

Nr. 4141 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 VV bezieht sich auf originäre Cs-Sachen, in denen durch Rücknahme des Einspruchs eine Hauptverhandlungstermin entbehrlich wird, nicht hingegen um eine Ds-Sache, in der die Hauptverhandlung bereits anberaumt war und nur mangels Anwesenheit des Angeklagten nicht bis zum Abschluss durchgeführt werden konnte.

Nr. 4142 VV

AG Bremen, Beschl. v. 4.3.2021 – 87 Ds 29/18, AGS 2021, 400 = StV-S 2021, 110

Im selbstständigen Einziehungsverfahren entstehen für den Rechtsbeistand des Betroffenen analog zum Verteidiger neben der Einziehungsgebühr gem. Nr. 4142 VV auch Verfahrens- und Terminsgebühren. Die Grundgebühr steht dem Bevollmächtigten nur dann zu, wenn er nicht bereits in einem zuvor gegen den Betroffenen wegen desselben Sachverhalts geführten Strafverfahren tätig war.

 

LG Aachen, Beschl. v. 1.4.2021 – 60 Qs 7/21, AGS 2021, 398;

LG Coburg, Beschl. v. 22.2.2022 – 3 Qs 10/21;

LG Köln, Beschl. v. 31.8.2021 – 106 Qs 14/21, AGS 2022, 23 = StV-S 2021, 154 (LS)

Die Verfahrensgebühr gem. Nr. 4142 VV entsteht auch dann, wenn die gem. §§ 73, 73c, 73d StGB n.F. angeordnete Einziehung nicht Strafcharakter hat, sondern allein der Entziehung durch die Straftat erlangter unrechtmäßiger wirtschaftlicher Vorteile dient.

 

AG Amberg, Beschl. v. 4.12.2021 – 7 Cs 114 Js 5614/18 (2), AGS 2022, 128 = RVGprofessionell 2022, 26

Die bloße anwaltliche Beratung darüber, dass im Falle der Wiedererteilung ein neues Führerscheindokument ausgegeben wird und das mit Rechtskraftentziehung der Fahrerlaubnis das Führerscheindokument abzuliefern ist, führt noch nicht zum Anfall der Nr. 4142 VV. Etwas anderes gilt jedoch, wenn sich die anwaltliche Tätigkeit und Beratung spezifisch auf Fragen im Zusammenhang mit dem Führerscheindokument errichtet.

 

LG Magdeburg, Beschl. v. 4.2.2022 – 25 Qs 833 Js 73829/21 (2/22)

Zum (verneinten) Entstehen der Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV, wenn aus der Akte keine Tätigkeiten des Rechtsanwalts im Hinblick auf die Einziehung ersichtlich sind.

 

LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 20.1.2022 – 12 Qs 1/22

Zugunsten des nach Anklageerhebung mandatierten Anwalts fällt die Gebühr gem. Nr. 4142 VV nicht an, wenn die Staatsanwaltschaft noch im Ermittlungsverfahren verfügt hat, von der Einziehung abzusehen (§ 421 Abs. 3 StPO) und das Gericht später keine Wiedereinbeziehung anordnet (§ 421 Abs. 2 StPO).

 

LG Köln, Beschl. v. 31.8.2021 – 106 Qs 14/21, AGS 2022, 23 = StV-S 2021, 154 (LS)

Wird mit einem Strafbefehl die Einziehung von Werteratz angeordnet und legt der Verteidiger gegen den Strafbefehl unbeschränkt Einspruch ein, entsteht dadurch auch die Gebühr nach Nr. 4142 VV. Da es sich eine Verfahrensgebühr handelt, ist der Umfang der vom Rechtsanwalt erbrachten Tätigkeit für das Entstehen und die Höhe der Gebühr ohne Belang.

 

KG, Beschl. v. 30.6.2021 – 1 Ws 16/21, AGS 2021, 396

Allein der Umstand, dass im Fall der Verurteilung eine Einziehungsmaßnahme ggfs. in Betracht kommen würde, reicht für die Entstehung der Gebühr Nr. 4142 VV nicht aus.

 

AG Stralsund, Beschl. v. 3.9.2021 – 34 Ls 5/21, AGS 2021, 506

Die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV entsteht bereits bei Tätigkeiten des Rechtsanwalts, wenn eine Einziehung möglicherweise droht, was bei einer Ankündigung der Einziehung in der Anklageschrift gegeben ist.

 

LG Braunschweig, Beschl. v. 14.12.2021 – 116 KLs 206 Js 37825/15 (57/18), StraFo 2022, 88;

LG Coburg, Beschl. v. 22.2.2022 – 3 Qs 10/21

Für eine nach Aktenlage gebotene Beratung des Beschuldigten, die sich auf Einziehung und ihr gleichstehende Rechtsfolgen bezieht, steht dem Verteidiger eine als Wertgebühr ausgestaltete Verfahrensgebühr zu.

 

BGH, Beschl. v. 9.6.2021 – 5 StR 43/20

Der Gegenstandswert für die Tätigkeit des Verteidigers im Revisionsverfahren bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse am Erfolg der Revision. Dem steht nicht entgegen, dass dem Verteidiger auch für die Verteidigung gegen den Tatvorwurf Gebühren zustehen.

 

BGH, Beschl. v. 18.8.2021 – 1 StR 363/18

Der Gegenstandswert bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der Angeklagten auf die Abwehr der Einziehung. Maßgeblich ist der Nominalwert der titulierten Einziehungsforderung. Es kommt nicht darauf an, ob ggfs. wegen Vermögenslosigkeit des Angeklagten erhebliche Zweifel an der Werthaltigkeit der Einziehungsforderung bestehen.

 

OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 22.2.2022 – 2 Ws 33/21

Der Gegenstandswert von illegal produzierten und unversteuerten Zigaretten ist mit 0 EUR festzusetzen.

 

LG Coburg, Beschl. v. 22.2.2022 – 3 Qs 10/21

Für die Bestimmung des Gegenstandswertes, der der Nr. 4142 VV  zugrunde zu legen ist, ist nicht maßgeblich darauf abzustellen, ob und in welcher Höhe eine Einziehung im Urteil letztlich angeordnet worden ist, sondern vielmehr darauf, in welcher Höhe dem Angeschuldigten eine Einziehung drohte.

 

LG Osnabrück, Beschl. v. 3.3.2021 – 3 KLs 6/21, JurBüro 2021, 465

Der Gegenstandswert für die Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV richtet sich bei mehreren Gegenständen nach § 22 RVG, die Werte mehrerer Gegenstände sind zu summieren, es entsteht nur eine Verfahrensgebühr (§ 15 Abs. 2 RVG).

Nr. 4143 VV

BGH, Beschl. v. 27.7.2021 – 6 StR 307/21, AGS 2021, 431 = StraFo 2021, 473 = NJW 2021, 2901 = zfs 2021, 703 m. Anm. Hansens;

OLG Brandenburg, Beschl. v. 24.1.2022 – 1 Ws 108/21 (S)

Die Beiordnung als Pflichtverteidiger erfasst auch Tätigkeiten im Adhäsionsverfahren.

 

OLG Hamm, Beschl. v. 8.3.2022 – III -1 Ws 579/21

1. Die Gebühr Nr. 4143 VV entsteht nicht nur, wenn ein Adhäsionsverfahren im eigentlichen Sinne anhängig ist. Sie entsteht auch, wenn vermögensrechtliche Ansprüche im Strafverfahren lediglich miterledigt werden.

2. Abgegolten werden auch die Tätigkeiten, die der Rechtsanwalt im Hinblick auf das Adhäsionsverfahren im Hauptverhandlungstermin und zu dessen Vorbereitung erbringt. Es kommt aber nicht darauf an, dass der Rechtsanwalt gegenüber dem Gericht tätig wird.

Nr. 4204 VV

LG Bonn, Beschl. v. 31.8.2021 – 29 Qs 6/21, AGS 2021, 457

Im Gesamtstrafenverfahren nach § 460 StPO entsteht auch für den Verteidiger, der den Angeklagten bereits im Erkenntnisverfahren vertreten hat, die Gebühr Nr. 4204 VV.

Nr. 4301 VV

OLG Dresden, Beschl. v. 20.12.2021 – 6 Ws 42/21, AGS 2022, 130 = StraFo 2022, 42 = JurBüro 2022, 78

Der Zeugenbeistand für die richterliche Vernehmung eines Zeugen aufgrund eines auswärtigen Rechtshilfeersuchens erhält keine Gebühren nach den Nrn. 6100, 6101 VV a.F. (jetzt Nr. 6101, 6102 VV n.F.), sondern nur die Gebühr für eine Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziff. 4 VV.

IV. Teil 5 VV

Vorbem. 5 Abs. 1 VV

LG Hamburg, Beschl. v. 18.10.2021 – 612 Qs 100/20, AGS 2022, 25

Der im Rahmen eines selbstständigen Einziehungsverfahren nach § 29a OWiG tätig gewordene Rechtsanwalt, der als Verteidiger allein im Einziehungsverfahren tätig wird, wenn eine Geldbuße nicht festgesetzt worden ist, verdient neben der Gebühr Nr. 5116 VV zusätzlich zum einen die Grundgebühr nach Nr. 5100 VV, aber auch die weitere Vergütung nach den Nrn. 5101–5106 VV. Gebühren für Tätigkeiten im gerichtlichen Verfahren entstehen hingegen nicht.

Nr. 5115 VV

AG Augsburg, Urt. v. 20.12.2021 – 21 C 2535/21, AGS 2022, 69;

AG Strausberg, Urt. v. 23.3.2022 – 9 C 166/21

Auch die Mitteilung des Rechtsanwalts, dass sich sein Mandant derzeit auf seinen ausdrücklichen Rat hin nicht zu der Sache äußern wird, genügt als Mitwirkung i.S.d. Nr. 5115 VV.

 

AG Offenbach, Beschl. v. 15.7.2021 – 275 Owi 248/21, AGS 2021, 556 m. Anm. N. Schneider

Die Mitwirkungsgebühr Nr. 5115 VV entsteht nicht, wenn lediglich Einspruch eingelegt wird und eine weitere Erklärung angekündigt wird, diese aber nicht erfolgt.

Nr. 5116 VV

LG Hamburg, Beschl. v. 18.10.2021 – 612 Qs 100/20, AGS 2022, 25

Im selbstständigen Verfallsverfahren entstehen im Bußgeldverfahren für den Vertreter des Verfallsbeteiligten die Gebühren des Vertreters des Verfallsbeteiligten wie die eines Verteidigers des Betroffenen Es entsteht nicht nur die Gebühr Nr. 5116 VV.

V. Teil 6 VV

Nr. 6216 VV

VG Magdeburg, Beschl. v. 2.6.2021 – 15 E 9/21, JurBüro 2021, 521

Eine Zusatzgebühr nach Nr. 6126 VV fällt nicht an, wenn sich der Rechtsstreit erst in der mündlichen Verhandlung erledigt.

VI. Teil 7 VV

Nr. 7008 VV

VG Berlin, Beschl. v. 28.4.2021 – 14 KE 21/21, AGS 2021, 309

1. Der Umsatzsteuersatz richtet sich nach der Rechtslage zum Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit der Anwaltsvergütung, die sich gem. § 8 Abs. 1 S. 1 RVG und in gerichtlichen Verfahren auch nach § 8 Abs. 1 S. 2 RVG richtet.

2. Ist die das gerichtliche Verfahren abschließende Kostenentscheidung zwar vor dem 31.12.2020 ergangen, dem Verfahrensbevollmächtigten jedoch erst nach dem 31.12.2020 zugegangen, so ist die Anwaltsvergütung mit einem Umsatzsteuersatz von 19 % zu versteuern.

3. Die Kostenentscheidung des auf die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ergangenen Beschlusses bestimmt sich nach dem den gesetzlichen Kostenregelungen der §§ 154 ff. VwGO zugrunde liegenden Veranlasserprinzip. Danach hat derjenige Beteiligte die Kosten zu tragen, durch dessen Verhalten sie verursacht worden sind. Demgegenüber können die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens der Staatskasse auch dann nicht auferlegt werden, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer unrichtigen Sachbehandlung beruht.


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