aus AGS 2023, 49
(Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "AGS" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "AGS" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
Über die Entwicklung der Rspr. zu den Teilen 47 VV aus den Jahren 2020/2021 wurde zuletzt in AGS 2022, 145 ff. berichtet. Die nachfolgende Übersicht enthält eine Zusammenstellung der im Anschluss daran ergangenen bzw. bekannt gewordenen Rspr. Es sind auch die mit § 14 RVG zusammenhängenden Entscheidungen enthalten. Der Stand des Beitrags ist Anfang Februar 2023.
Norm |
Gericht/Fundstelle |
Inhalt |
I. Paragrafenteil |
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BGH, Urt. v. 3.3.2022 IX ZR 78/20, AGS 2022, 350 [Hansens] = NJW 2022, 2038 |
Es kann mit dem Mandanten vereinbart werden, dass der Rechtsanwalt sein Honorar einfordern und durchsetzen kann, ohne den Mandanten eine Berechnung mit näheren Angaben mitteilen zu müssen. |
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OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.10.2022 I-3 W 111/22, AGS 2022, 545 |
Eine Honorarberechnung nach § 10 Abs. 1 S. 1 RVG geht dem Mandanten nicht in der erforderlichen schriftlichen Form zu, wenn die Berechnung vom Rechtsanwalt mit einfacher Signatur über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) an das Gericht übermittelt und dem Mandanten vom Gericht als Ausdruck zugeleitet wird. |
LG München, Beschl. v. 11.8.2022 4 O 10692/20, JurBüro 2022, 582 |
Die Hebegebühr kann im Vergütungsverfahren nach § 11 RVG festgesetzt werden. |
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LG Hamburg, Beschl. v. 6.4.2022 628 Qs 19/21, AGS 2022, 403 |
Der Rechtsanwalt darf nicht ohne Abwägung der Bemessungskriterien stets die Mittelgebühr abrechnen. Die Mittelgebühr ist lediglich Ausgangspunkt der Ermessensausübung des Rechtsanwalts. Soweit eines der Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG von dem Durchschnitt abweicht, ist dies Anlass für den Rechtsanwalt, von der Mittelgebühr nach oben oder nach unten abzuweichen. In diesem Sinne ist ein Verfahren, welches bis zur Hauptverhandlung einen Aktenumfang von 62 Blatt aufweist und in dem sich das Beweisprogramm im Wesentlichen in zwei Zeugen erschöpft, als unterdurchschnittlich zu bewerten; jedenfalls soweit kein anderes Bemessungskriterium nach oben hin von der Norm abweicht. Dies gilt auch dann, wenn es im Rahmen des gleichen Lebenssachverhalts eine Gegenanzeige des mutmaßlich Geschädigten und damit ein gegenläufiges Ermittlungsverfahren gibt. |
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LG Ravensburg, Beschl. v. 16.5.2022 1 Qs 19/22, AGS 2022, 304 |
Zur Festsetzung von Verfahrensgebühr und Terminsgebühr für den Nebenklägervertreter in einem amtsgerichtlichen Verfahren in Höhe der Mittelgebühr. |
Strafverfahren |
LG Cottbus, Beschl. v. 20.1.2022 24 Kls 34/20, AGS 2022, 113 |
1. Die Terminsgebühr für den gerichtlichen Termin erfasst neben der Teilnahme an gerichtlichen Terminen, noch solche Tätigkeiten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der konkreten Vorbereitung des Termins stehen, wie z.B. die nochmalige Aktendurchsicht oder die Überprüfung, ob alle in der Anklageschrift oder vom Verteidiger benannten Zeugen geladen wurden. Alle sonstigen Tätigkeiten des Rechtsanwalts, die der Vorbereitung bzw. der Verteidigung in der Hauptverhandlung gelten, wie z.B. eine nochmalige Besprechung mit dem Mandanten oder Befassung mit Zeugenaussagen etc., werden hingegen von der Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV abgegolten. 2. Als durchschnittlich und damit grds. die Mittelgebühr rechtfertigend ist eine ca. 5-stündige Hauptverhandlung vor der Strafkammer anzusehen 3. Die Dauer der Teilnahme eines Rechtsanwalts an der Hauptverhandlung bestimmt sich aus dem in der Sitzungsniederschrift vermerkten tatsächlichen Beginn der Sitzung. Gem. § 243 Abs. 1 S. 1 StPO beginnt die Hauptverhandlung mit dem Aufruf der Sache. Verzögerungen können sich insoweit nicht auf die Terminsgebühr auswirken. |
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OLG Düsseldorf RVGreport 2012, 378 = AGS 2012, 566 = StRR 2012, 238 = NStZ-RR 2012, 264 = JurBüro 2012, 424 |
Bußgeldverfahren, die erstinstanzlich vor dem OLG verhandelt werden, sind in der Regel bedeutend. |
Bußgeldverfahren |
LG Heilbronn, Beschl. v. 21.3.2022 8 Qs 12/22, Rpfleger 2022, 482 |
1. In den Normalfällen, in denen sämtliche nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG zu berücksichtigenden Umstände durchschnittlicher Art sind, wird von der Mittelgebühr ausgegangen. 2. Jedoch kann jedes der Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG Anlass sein, vom Mittelwert nach oben oder unten abzuweichen. Dabei kann das geringere Gewicht eines Merkmals das überragende Gewicht eines anderen Merkmals kompensieren. |
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AG Offenbach, Beschl. v. 15.7.2021 275 Owi 248/21, AGS 2021, 556 [N. Schneider] = JurBüro 2022, 22 |
Bei einem Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren, dem ein standardisiertes Messverfahren zugrunde liegt und das bereits bei der Behörde wegen Verjährung eingestellt wird, sind in der Regel Gebühren deutlich unterhalb der Mittelgebühr festzusetzen. |
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AG Paderborn, Urt. v. 7.12.2021 51a C 113/21, AGS 2022, 255 [Burhoff] |
1. Auch bei straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren ist grds. der Ansatz der Mittelgebühr als Ausgangspunkt gerechtfertigt. 2. Eine Angelegenheit mit dem Vorwurf eines Rotlichtverstoßes ist durchschnittlich. 3. Zur Bemessung der Terminsgebühr, wenn streitig ist, wie lange die Hauptverhandlung gedauert hat. |
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AG Ratingen, Beschl. v. 25.11.2022 20 OWi 413/21, AGS 2023, 27 [Burhoff] |
Eine Angelegenheit hat wegen eines drohenden einmonatigen Fahrverbotes bei einer beruflichen Abhängigkeit vom Führerschein und daraus resultierenden persönlichen und wirtschaftlichen Härten mit einer möglichen Existenzgefährdung für den Betroffenen eine überdurchschnittliche Bedeutung, was den Ansatz der Mittelgebühr rechtfertigt. |
LG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 13.4.2022 24 Qs 27/22, StraFo 2022, 259; |
Für die Beurteilung, ob bei mehreren Tatvorwürfen dieselbe Angelegenheit und ein einziger Rechtsfall i.S.d. Nr. 4100 VV gegeben sind, ist maßgebend, wie die Strafverfolgungsbehörden die Sache behandeln. Wird gegen den Beschuldigten in getrennten Verfahren ermittelt, ist jedes für sich eine eigene Angelegenheit. Hingegen handelt es sich gebührenrechtlich um nur eine Rechtssache, wenn die Ermittlungen wegen mehrerer Straftaten in einem Verfahren betrieben werden. |
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OLG Celle, Beschl. v. 22.9.2022 1 Ws 51/22, AGS 2022, 443 = StraFo 2022, 447 = JurBüro 2022, 518 = RVGprofessionell 2022, 203 |
Wird der Rechtsanwalt durch den späteren Nebenkläger bereits im Ermittlungsverfahren sowohl für dieses als auch für ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren beauftragt, handelt es sich gebührenrechtlich um verschiedene Aufträge und nicht um einen Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit. Der Auftrag für das nachfolgende Gerichtsverfahren ist zudem bedingt durch die Anklageerhebung, sodass für die gebührenrechtliche Betrachtung nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG der spätere Zeitpunkt des Bedingungseintritts maßgeblich ist. |
AG Korbach, Beschl. v. 9.1.2023 - 41 Ls - 4750 Js 20444/19 |
Bei Berufungs- und Revisionsverfahren handelt es sich gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren um verschiedene Angelegenheiten im Sinne des § 17 Nr. 1 RVG. |
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BGH, Beschl. v. 7.11.2022 6 StR 124/22, AGS 2023, 39 [Burhoff] = NStZ-RR 2023, 31 |
Wenn ein beigeordneter Rechtsanwalt den Angeklagten gegen die Adhäsionsklagen mehrerer Geschädigter in einem Strafverfahren vertritt, sind für die Vergütung des Rechtsanwalts die Gegenstandswerte der Adhäsionsklagen zusammenzurechnen, weil die Adhäsionsverfahren eine gebührenrechtliche Angelegenheit i.S.v. § 22 Abs. 1 bilden. |
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BGH, Beschl. v. 7.11.2022 6 StR 124/22, AGS 2023, 39 [Burhoff] = StraFo 2023, 35 = NStZ-RR 2023, 31 |
1. Tritt der Verteidiger im Adhäsionsverfahren den Anträgen mehrerer Adhäsionskläger entgegen, ist für die Gebührenberechnung der Gesamtgegenstandswert maßgeblich, der sich aus einer Zusammenrechnung der Gegenstandswerte der einzelnen Adhäsionsanträge ergibt. 2. Der Gegenstandswert von Adhäsionsanträgen bestimmt sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der Antragsteller, insbesondere nach den in den Anträgen genannten Beträgen. Im Rechtsmittelverfahren ist gem. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 47 Abs. 1 S. 1 GKG der Antrag des Rechtsmittelführers maßgeblich, wobei der Wert durch denjenigen des Streitgegenstands im ersten Rechtszug beschränkt ist (§ 47 Abs. 2 S. 1 GKG). |
KG, Beschl. v. 22.2.2022 2 Ws 101/21 Vollz, AGS 2022, 573 = JurBüro 2022, 366 = StV 2023, 119 (Ls.) |
1. Angesichts der geringen finanziellen Leistungsfähigkeit von Gefangenen ist der Streitwert in Strafvollzugssachen in der Regel niedrig festzusetzen. 2. Bei der Anfechtung eines Vollzugsplans erscheint die Festsetzung eines Streitwerts i.H.v. 1.500,00 EUR angemessen (§§ 52 Abs. 1, 60 GKG). |
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OLG Hamm, Beschl. v. 22.3.2022 5 Ws 393/21, JurBüro 2022, 308 = StV 2023, 119 (Ls.) |
1. Maßgeblich für die Streitwertbemessung bei Anträgen nach § 109 StVollzG ist die sich aus dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung bei objektiver Beurteilung ergebende Bedeutung der Sache für den Strafgefangenen. Hierbei darf der Streitwert angesichts der geringen Leistungsfähigkeit der meisten Gefangenen einerseits nicht so hoch angesetzt werden, dass die Anrufung des Gerichts für den Betroffenen mit einem unzumutbar hohen Kostenrisiko verbunden ist. Andererseits müssen die gesetzlichen Gebühren so hoch sein, dass die Tätigkeit eines Prozessbevollmächtigten wirtschaftlich vertretbar ist, um dem Gefangenen so die Inanspruchnahme anwaltlichen Beistands zu ermöglichen. 2. Zum Streitwert betreffend Anträge auf gerichtliche Entscheidung eines Sicherungsverwahrten gegen die Ablehnung von Begleitausgängen. |
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OLG Hamburg, Beschl. v. 28.7.2022 5 Ws 42/22 Vollz, StV 2022, 119 (Ls.) |
Wird im Verfahren gem. §§ 109 ff. StVollzG die Eignung für Begleitausgänge geltend gemacht, ist ein Streitwert von 2.000,00 EUR anzusetzen. Wird dabei lediglich die Aufhebung und Neubescheidung des Vollzugsplans begehrt, reduziert sich der Streitwert auf die Hälfte. |
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AG Frankfurt (Main), Beschl. v. 10.5.2022 989 Ds 955 Js 18304/19, AGS 2023, 40 [Burhoff] |
Eine Diebestüte, die mit Alufolie ausgehüllt darauf zielt, das Auslösen eines Alarms zu verhindern, hat keinen legalen Anwendungsbereich und stellt deshalb keinen erhaltenswerten Gegenstand dar, sodass der Gegenstandswert auf 0,00 EUR festzusetzen ist. |
OLG Frankfurt (Main), Beschl. v. 22.2.2022 2 Ws 33/21, AGS 2022, 287 = JurBüro 2022, 304 = NStZ-RR 2022, 295 |
Das Verschlechterungsverbot findet im Wertfestsetzungsverfahren keine Anwendung. |
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BGH, Beschl. v. 2.9.2022 5 StR 169/21, AGS 2022, 460 |
Eingezogene Betäubungsmittel haben bei der Wertfestsetzung für die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV von vornherein außer Betracht zu bleiben, da für sie kein legaler Markt besteht und ihnen deshalb kein objektiver Verkehrs-, sondern nur ein subjektiver Unrechts- oder Szenewert zukommt. |
VerfGH Münster, Beschl. v. 12.7.2022 VerfGH 104/21, AGS 2022, 461 = RVGprofessionell 2022, 187 |
Für die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren kommt es sowohl auf die subjektive als auch die objektive Bedeutung der Sache an. In diesem Zusammenhang hat auch der Erfolg einer Verfassungsbeschwerde Einfluss auf die Höhe des festzusetzenden Gegenstandswerts. |
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LG Amberg, Beschl. v. 5.12.2022 11 Qs 79/22; AG Amberg, Beschl. v. 12.10.2022 6 Gs 398/21, AGS 2022, 506; a.A. LG Kaiserslautern RVGreport 2019, 135 = JurBüro 2019, 245 = RVGprofessionell 2019, 111; AG Osnabrück, Beschl. v. 11.10.2021 202 Ds (211 Js 11318/21) 235/21, AGS 2021, 548 = RVGprofessionell 2022, 18 |
Wird die Pflichtverteidigerbestellung rückwirkend aufgehoben, entfällt damit ein Vergütungsanspruch des Verteidigers. |
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BGH, Beschl. v. 20.4.2022 6 StR 23/22 |
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BGH, Beschl. v. 12.9.2019 3 BGs 293/19, StraFo 2022, 445 = AGS 2022, 446 |
1. Der Ersatz von Auslagen für Kopien und Ausdrucke aus Gerichtsakten kann verlangt werden, soweit diese zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten oder zur notwendigen Unterrichtung des Auftraggebers zu fertigen waren. 2. Liegt der Akteninhalt vollständig und verlässlich in digitalisierter Form zu einem Zeitpunkt vor, zu dem sich der (Pflicht-)Verteidiger noch in den Verfahrensstoff einarbeiten kann, ist ein Ausdruck der gesamten Akte grds. nicht erforderlich. 3. Die Darlegungs- und Beweisleist im Auslagenerstattungsverfahren obliegt dem Rechtsanwalt als Antragssteller. Es bedarf für die erforderliche Substantiierung eines konkreten Tatsachenvortrags. Dieser hat namentlich erkennen zu lassen, dass sich der Rechtsanwalt der ihm hierbei eingeräumten Einschätzungsprärogative ebenso bewusst gewesen ist, wie seiner Pflicht zur kostenschonenden Prozessführung. |
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OLG Celle, Beschl. v. 26.1.2022 2 Ws 19/22, AGS 2022, 206 |
Eine Prüfung der Recht- oder gar Zweckmäßigkeit einer Erstreckungsentscheidung findet im Kostenfestsetzungsverfahren nicht mehr statt. |
LG Braunschweig, Beschl. v. Beschl. v. 22.12.2022 -4 Qs 371/22 |
Der Wechsel des Pflichtverteidigers ist seit Inkrafttreten des Gesetzes vom 10.12.2018 (BGBl. I S. 2128) gesetzlich in § 143 a StPO geregelt. Der einverständliche Pflichtverteidigerwechsels wurde durch das genannte Gesetz zwar nicht explizit geregelt, soll aber nach den von der Rechtsprechung entwickelten Maßgaben weiterhin möglich sein. Danach ist dem Wunsch des Beschuldigten auf Wechsel des Pflichtverteidigers nachzukommen, wenn der bisherige Pflichtverteidiger damit einverstanden ist und durch die Bestellung des neuen Verteidigers weder eine Verfahrensverzögerung noch Mehrkosten für die Staatskasse verursacht werden. Dazu ist der neue Pflichtverteidiger anzuhören. |
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OLG Stuttgart, Beschl. v. 24.3.2022 5 2 StE 7/20, AGS 2022, 309 |
Zur Gewährung einer Pauschgebühr für den als Zeugenbeistand bestellten Rechtsanwalt unter Berücksichtigung von Zeitaufwand und Komplexität des Verfahrensstoffes. |
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OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.8.2022 5-2 StE 7/20, AGS 2022, 404 |
Zur Festsetzung einer Pauschgebühr in einem Staatsschutzverfahren. |
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OLG Hamm, Beschl. v. 5.5.2022 5 RVGs 16/22, AGS 2022, 258 |
Zur Gewährung einer Pauschgebühr in einem Wirtschaftsstrafverfahren mit erhöhtem Aktenumfang. |
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OLG München, Beschl. v. 2.1.2023 1 AR 280/22 ###,AGS 2023, in diesem Heft### |
Zur besonderen Schwierigkeit i.S.v. § 51 Abs. 1 RVG bei einem Staatsschutzdelikt eines Jugendlichen. |
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OLG München, Beschl. v. 25.11.2021 7 St (K) 4/21, AGS 2022, 547 [Burhoff] |
Das Verfahren ist sowohl besonders umfangreich als auch besondere schwierig i.S.d. § 51 RVG, wenn sich im Aktenbestand über 150 Bände Sachakten und etwa 100 Bände Personenakten befinden, Tatvorwürfe über einen Zeitraum von rund zwölf Jahren verhandelt wurden, die Hauptverhandlung an insgesamt 234 Hauptverhandlungstagen und über einen Zeitraum von über vier Jahren stattfand und es sich um das erste Verfahren im Hinblick auf eine zur Last gelegte Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung namens TKP/M handelt. |
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OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.8.2022 5-2 StE 7/20, AGS 2022, 404 |
Es ist vornehmlich auf den Aktenumfang abzustellen. |
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OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.8.2022 5-2 StE 7/20, AGS 2022, 404 |
1. Staatsschutzsachen sind nicht generell besonders schwierig i.S.d. § 51 Abs. 1 RVG. 2. Zum Begriff der Zumutbarkeit i.S.d. § 51 Abs. 1 S. 1 RVG. |
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OLG Hamburg, Beschl. v. 9.8.2022 5 S AR 13/22, AGS 2022, 444 |
Zur Zuerkennung einer Pauschgebühr in Höhe der Wahlanwaltshöchstgebühr im Auslieferungsverfahren. |
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OLG München, Beschl. v. 25.11.2021 7 St (K) 4/21; AGS 2022, 547 |
Kann nur bedingt von einer fast ausschließlichen Inanspruchnahme für die Pflichtverteidigung in dem Verfahren ausgegangen werden, weil zeitweise ein anderes ungewöhnlich umfangreiches Verfahren noch parallel betrieben wurde und kommt ein vollständiger Ausschluss einer Pauschvergütung für den Überschneidungszeitraum aus Billigkeitsgesichtspunkten nicht in Betracht, ist im Einzelfall eine pauschale Kürzung der gesamten Pauschgebühr um 10 % angemessen. |
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OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.8.2022 5-2 StE 7/20, AGS 2022, 405 |
Die durch COVID-19 bzw. den Erreger SARS-CoV-2 bestehenden Einschränkungen sind bei der Bemessung einer Pauschgebühr ggf. zu berücksichtigen. |
LG Koblenz, Beschl. v. 7.11.2022 9 Qs 74/22, AGS 2022, 549 |
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OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.6.2022 10 W 47/22, AGS 2022, 375 = RVGprofessionell 2022, 181; OLG Oldenburg, Beschl. v. 1.4.2022 12 Ws 25/22; OLG Saarbrücken JurBüro 2020, 75 = RVGreport 2020, 116; LG Osnabrück, Beschl. v. 26.1.2022 9 T 467/21 |
1. Bei einem elektronisch gestellten Antrag auf Festsetzung der Beratungshilfevergütung, dem der Berechtigungsschein als eingescanntes Dokument beigefügt ist, ist die Vorlage des Originals des Berechtigungsscheins dann erforderlich, wenn das Festsetzungsorgan sie zur Glaubhaftmachung der tatsächlichen Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs der Beratungsperson für erforderlich hält. 2. Der Berechtigungsschein ist kein Schuldschein i.S.v. § 371 BGB. |
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LSG München, Beschl. v. 5.9.2022 L 12 SF 288/18 E, AGS 2022, 491; LSG München, Beschl. 15.9.2022 L 12 SF 159/20 |
1. Die Erinnerung gem. § 56 RVG ist unbefristet. 2. § 56 Abs. 2 S. 1 RVG ist verfassungskonform. 3. Für eine Verwirkung des Erinnerungsrechts gem. § 56 RVG muss neben dem Zeitmoment das sogenannte Umstandsmoment vorliegen. 4. Zur Anwendung des § 14 RVG. |
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OLG Celle, Beschl. v. 22.9.2022 1 Ws 51/22, AGS 2022, 443 = StraFo 2022, 447 = JurBüro 2022, 518 = RVGprofessionell 2022, 203 |
Wird der Rechtsanwalt durch den späteren Nebenkläger bereits im Ermittlungsverfahren sowohl für dieses als auch für ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren beauftragt, handelt es sich gebührenrechtlich um verschiedene Aufträge und nicht um einen Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit. Der Auftrag für das nachfolgende Gerichtsverfahren ist zudem bedingt durch die Anklageerhebung, sodass für die gebührenrechtliche Betrachtung nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG der spätere Zeitpunkt des Bedingungseintritts maßgeblich ist. |
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AG Korbach, Beschl. v. 9.1.2023 - 41 Ls - 4750 Js 20444/19 |
Bei Berufungs- und Revisionsverfahren handelt es sich gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren um verschiedene Angelegenheiten im Sinne des § 17 Nr. 1 RVG. Gem. § 60 Abs. 1 Satz 3 RVG ist daher bei einer Rechtsänderung im laufenden Verfahren ggf. für die Abrechnung des erstinstanzlichen Verfahrens für die Vergütung altes Recht anzuwenden, gem. § 60 Abs. 1 Satz 4 RVG für das Berufungs- und Revisionsverfahren hingegen neues Recht. |
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II. Teil 1 VV |
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Nr. 1009 VV |
LG München, Beschl. v. 11.8.2022 4 O 10692/20, JurBüro 2022, 582 |
Die Hebegebühr kann im Vergütungsverfahren nach § 11 RVG festgesetzt werden. |
III. Teil 4 VV |
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Vorbem. 4 Abs. 1 VV |
LG Dresden, Beschl. v. 11.4.2022 15 Qs 29/21, AGS 2021, 556 |
Tätigkeit des Rechtsanwalts als Zeugenbeistand wird i.d.R. nach Teil 4 Abschnitt 3 VV als Einzeltätigkeit abgerechnet. |
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AG Halle (Saale), Beschl. v. 20.5.2022 398 Gs 540 Js 594/22 (259/22). AGS 2022, 310 = RVGprofessionell 2022, 170 |
1. Der nur für einen Termin als Terminsvertreter beigeordnete Rechtsanwalt rechnet nach Teil Abschnitt 1 VV ab. 2. Für den Terminsvertreter entsteht nicht nur die Terminsgebühr. |
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OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.1.2023 4 Ws 13/23 |
Der einem Beschuldigten für die Haftprüfung beigeordnete Rechtsanwalt verdient nur eine Gebühr für eine Einzeltätigkeit. |
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AG Halle (Saale), Beschl. v. 20.5.2022 398 Gs 540 Js 594/22 (259/22), AGS 2022, 310 = RVGprofessionell 2022, 170; AG Tiergarten, Beschl. v. 14.10.2022 (278 Ds) 265 Js 277/22 (110/22), AGS 2022, 513 = RVGprofessionell 2022, 204 |
Der für einen Haftprüfungstermin anstelle des Pflichtverteidigers beigeordnete Rechtsanwalt ist nicht nur Terminsvertreter i.e.S., sondern ihm stehen auch Grundgebühr und Verfahrensgebühr zu. |
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LG Bremen, Beschl. v. 17.2.2022 5 Qs 321/21, AGS 2023, 26 = StV-S 2022, 155; LG Bremen, Beschl. v. 17.9.2022 5 Qs 98/21 |
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Vorbem. 4 Abs. 2 VV |
OLG Braunschweig, Beschl. v. 19.1.2023 1 Ws 309/23 |
Eine Verfahrensgebühr entsteht schon bei der ersten Tätigkeit im Verfahren, wofür eine nach außen erkennbare Tätigkeit nicht erforderlich ist. |
Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV |
OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.8.2022 1 Ws 22/22 (S), AGS 2023, 23 = JurBüro 2022, 579 579 = RVGprofessionell 2023, 22 |
Die Terminsgebühr für einen geplatzten Termin nach Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV setzt nicht voraus, dass der Rechtsanwalt nur dann zu einem anberaumten Termin erschienen ist, wenn er im Gerichtsgebäude körperlich anwesend ist. Vielmehr steht auch dem nicht erschienenen Rechtsanwalt eine Terminsgebühr zu, wenn die Terminsabsage nicht so rechtzeitig erfolgt ist, dass dem Rechtsanwalt bei der gebotenen Flexibilität seiner Arbeitsorganisation nicht noch eine anderweitige Nutzung zumindest eines Großteils seiner für den Termin vorgesehenen Arbeitszeit ermöglicht ist. |
Vorbem. 4 Abs. 4 VV |
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.10.2022 2 Ws 273/22, AGS 2022, 510 = JurBüro 2022, 635 = NStZ-RR 2023, 32 |
Kein Haftzuschlag, wenn ein in einem psychiatrischen Krankenhaus Untergebrachter bereits dauerhaft in einem externen Pflegeheim wohnt (betreutes Wohnen). |
Vorbem. 4.1 Abs. 3 VV |
LG Mannheim, Beschl. v. 11.5.2022 4 KLs 300 Js 40140/20, AGS 2022, 312 = JurBüro 2022, 355 |
1. Kommt es für eine Gebühr auf die Dauer der Teilnahme an der Hauptverhandlung an, so sind Unterbrechungen von jeweils mindestens einer Stunde, soweit diese unter Angabe einer konkreten Dauer der Unterbrechung oder eines Zeitpunkts der Fortsetzung der Hauptverhandlung angeordnet wurden, nicht zu berücksichtigen. 2. Ordnet der Vorsitzende unter Nennung des Zeitraums eine Unterbrechung an und wird die Hauptverhandlung aus von dem Rechtsanwalt nicht zu vertretenen Gründen erst nach dem genannten Zeitraum fortgesetzt, ist nur der durch den Vorsitzenden angeordnete Zeitraum zu berücksichtigen und nicht die Dauer der tatsächlichen Unterbrechung. |
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AG Dillingen, Beschl. v. 23.11.2022 302 Ds 306 Js 135128/18 |
1. Eine Stunde endet mit Ablauf der Sekunde 59:59, danach beginnt die nächste Stunde. 2. Es ist durch das KostRÄG 2021 explizit geregelt, wann Pausen bzw. Unterbrechungen im Rahmen von Längenzuschlägen zu berücksichtigen sind, sodass die zu diesem Problemschwerpunkt ergangene frühere Rspr. überholt ist. Ausweislich der Vorbem. 4.1 Abs. 3 VV sind auch Wartezeiten und Unterbrechungen an einem Hauptverhandlungstag als Teilnahme zu berücksichtigen, ausgenommen hiervon sind nur Wartezeiten und Unterbrechungen, die der Rechtsanwalt zu vertreten hat, sowie Unterbrechungen von jeweils mindestens einer Stunde. |
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OLG Celle, Beschl. v. 26.1.2022 2 Ws 19/22, AGS 2022, 206 |
Das OLG ist ohne nähere Begründung davon ausgegangen, dass nicht stets neben der Grundgebühr gleichzeitig die Verfahrensgebühr für den Verfahrensabschnitt anfällt, in dem der Rechtsanwalt erstmalig mit der Sache befasst wird. |
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AG Görlitz, Beschl. v. 26.10.2022 BwR 8 Ds 140 Js 18795/15 (2), AGS 2022, 514 |
Keine Grundgebühr im Strafvollstreckungsverfahren. |
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OLG Celle, Beschl. v. 26.1.2022 2 Ws 19/22, AGS 2022, 206 |
Jedes Ermittlungsverfahren ist so lange ein eigenständiger Rechtsfall i.S.d. Nr. 4100 VV wie nicht die Verbindung mit anderen Verfahren erfolgt ist. |
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LG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 13.4.2022 24 Qs 27/22, StraFo 2022, 259 |
Grds. stellt jedes Ermittlungsverfahren einen Rechtsfall i.S.d. Nr. 4100 VV dar, woran sich nichts dadurch ändert, wenn mehrere Taten zufällig am gleichen Tage begangen worden sind, wenn wegen dieser unterschiedliche Verfahren geführt werden. |
Nr. 4102 Nr. 1 VV |
LG Leipzig, Beschl. v. 6.1.2023 5 Qs 66/22 ###, AGS 2023, in diesem Heft### |
1. Auch unter dem Begriff der Vernehmung i.S.d. Nr. 4102 Nr. 1 VV ist eine Befragung zu verstehen, bei der der Vernehmende beim Vernommenen in offizieller Funktion Auskunft sucht bzw. diesen anhört. Es ist nicht eine förmlich anberaumte Vernehmung erforderlich. Ein aktives Verhandeln ist seitens des anwesenden Verteidigers für das Entstehen der Gebühr nicht erforderlich. 2. Hinsichtlich der Höhe der Vernehmungsterminsgebühr ist maßgeblich auf die Dauer der Vernehmung abzustellen. |
Nr. 4102 Nr. 3 VV |
LG Düsseldorf, Beschl. v. 25.8.2022 17 Qs-110 Js 6494/20-22/22, AGS 2022, 414 = RVGprofessionell 2022, 168 |
Für das Entstehen der Vernehmungsterminsgebühr Nr. 4102 Nr. 3 VV ist erforderlich, dass der Verteidiger im Termin für den Beschuldigten in der Weise tätig geworden sein muss, dass er Erklärungen oder Stellungnahmen abgegeben oder Anträge gestellt hat, die dazu bestimmt waren, die Fortdauer der Untersuchungshaft abzuwenden. Insofern begründet insbesondere der Antrag des Rechtsanwalts, als Pflichtverteidiger beigeordnet zu werden, keine Verhandlung im gebührenrechtlichen Sinn. Ein Verhandeln liegt auch nicht schon dann vor, wenn der Verteidiger dem Angeklagten bei dessen Vorführung vor dem Haftrichter lediglich anrät, keine Angaben zur Sache zu machen und dieser hierauf schweigt. |
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AG Neuss, Beschl. v. 18.5.2022 6 Ds-110 Js 6494/20-314/20, AGS 2022, 313 |
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Nr. 4104 VV |
OLG Celle, Beschl. v. 26.1.2022 2 Ws 19/22, AGS 2022, 206 |
Die Verfahrensgebühr entsteht zwar nach Anm. 1 zu Nr. 4100 VV neben der Grundgebühr. Abgegolten werden mit ihr im vorbereitenden Verfahren allerdings nur Tätigkeiten nach der Erstinformation des Rechtsanwalts, d.h. alle Tätigkeiten nach erstem Mandantengespräch und erster Akteneinsicht. |
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LG Oldenburg, Beschl. v. 25.6.2008 5 Qs 230/08 |
Zum Entstehen der Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV, wenn die Anklage nach Eingang beim Gericht zurückgenommen wird. |
Nr. 4124 VV |
OLG Braunschweig, Beschl. v. 19.1.2023 1 Ws 309/22 |
Die Verfahrensgebühr nach Nr. 4124 VV entsteht schon bei der erstmaligen Tätigkeit im Berufungsverfahren, wofür keine nach außen erkennbare Tätigkeit erforderlich ist, sondern auch eine (interne) Beratung des Mandanten über den Gang des Verfahrens ausreichen kann. |
Nr. 4141 VV |
LG Nürnberg, Beschl. v. 6.7.2022 12 KLs 503 Js 1439/14 |
Die Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO führt zum Entstehen der Gebühr |
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LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 16.1.2023 12 Qs 76/22 |
Nr. 4141 VV RVG ist analog auf den Fall anzuwenden, dass der Verteidiger mit der Staatsanwaltschaft noch vor Anklageerhebung vereinbart, dass ein Strafbefehl ergehen soll, der vom Beschuldigten akzeptiert wird, und das dann umgesetzt wird. |
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AG Dresden, Beschl. v. 9.3.2022 217 OWi 635 Js 16243/21, AGS 2022, 262 |
Zum erforderlichen Umfang der Mitwirkung des Verteidigers an der Einstellung des Verfahrens (Mitwirkung verneint). |
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AG Oldenburg (Oldb), Beschl. v. 17.11.2022 28 Gs 1204 Js 38031/20 (3373/21) |
Die Befriedungsgebühr bemisst sich bei einer Beendigung des Verfahrens im vorbereitenden Verfahren nicht nach Nr. 4104 VV, sondern danach, welches Gericht mit dem Verfahren befasst worden wäre, wenn sich das Verfahren nicht erledigt hätte. |
Nr. 4142 VV |
LG Bremen, Beschl. v. 17.2.2022 5 Qs 321/21, StV-S 2022, 155; LG Bremen, Beschl. v. 17.9.2022 5 Qs 98/21 |
Im selbstständigen Einziehungsverfahren entstehen für den Rechtsbeistand des Betroffenen analog zum Verteidiger neben der Einziehungsgebühr gem. Nr. 4142 VV auch Verfahrens- und Terminsgebühren. Die Grundgebühr steht dem Bevollmächtigten nur dann zu, wenn er nicht bereits in einem zuvor gegen den Betroffenen wegen desselben Sachverhalts geführten Strafverfahren tätig war. |
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1. Für die Einziehung des Führerscheindokuments fällt nicht die Gebühr Nr. 4142 VV an, da die Nr. 4142 VV den Entzug der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB nicht umfasst. 2. Die Kosten für die Wiedererlangung des Führerscheindokuments, das eingezogen wurde, sind mit 300,00 EUR anzusetzen. Eine Festsetzung des Gegenstandswertes nach dem Auffangstreitwert der Verwaltungsgerichtsbarkeit kommt nicht in Betracht. |
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OLG Nürnberg, Beschl. v. 11.4.2022 Ws 250/22, AGS 2022, 418 = StraFo 2022, 407 = JurBüro 2022, 582 |
2. Hat die Staatsanwaltschaft gem. § 421 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 StPO von der Einziehung abgesehen oder nach § 435 StPO von der selbstständigen Einziehung abgesehen, ist die Einziehung oder eine dieser vergleichbaren Maßnahme nicht mehr Gegenstand des Verfahrens. 3. Wird der Rechtsanwalt danach als Pflichtverteidiger bestellt, löst eine von ihm beratende Tätigkeit im Laufe des Gerichtsverfahrens nicht die Gebühr Nr. 4142 VV aus. |
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AG Frankfurt (Main), Beschl. v. 10.5.2022 989 Ds 955 Js 18304/19, AGS 2023, 40 |
Eine Diebestüte, die mit Alufolie ausgehüllt darauf zielt, das Auslösen eines Alarms zu verhindern, hat keinen legalen Anwendungsbereich und stellt deshalb keinen erhaltenswerten Gegenstand dar, sodass der Gegenstandswert auf 0,00 EUR festzusetzen ist. |
Nr. 4143 VV |
Die Beiordnung als Pflichtverteidiger erfasst auch Tätigkeiten im Adhäsionsverfahren. |
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BGH, Beschl. v. 8.12.2021 5 StR 162/21; LG Osnabrück, Beschl. v. 5.9.2022 18 KLs 5/22, JurBüro 2022, 638 |
Die Beiordnung als Pflichtverteidiger erfasst keine Tätigkeiten im Adhäsionsverfahren. |
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OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.8.2022 1 Ws 22/22 (S), AGS 2023, 23 = JurBüro 2022, 579 = RVGprofessionell 2023, 22 |
Eine Verfahrensgebühr Nr. 4143 VV ist nur entstanden, wenn die Prozessordnung überhaupt ein Adhäsionsverfahren vorsieht. |
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OLG Hamm, Beschl. v. 8.3.2022 III-1 Ws 579/21, AGS 2022, 554 |
1. Die Gebühr Nr. 4143 VV entsteht nicht nur, wenn ein Adhäsionsverfahren im eigentlichen Sinne anhängig ist. Sie entsteht auch, wenn vermögensrechtliche Ansprüche im Strafverfahren lediglich miterledigt werden. 2. Abgegolten werden auch die Tätigkeiten, die der Rechtsanwalt im Hinblick auf das Adhäsionsverfahren im Hauptverhandlungstermin und zu dessen Vorbereitung erbringt. Es kommt aber nicht darauf an, dass der Rechtsanwalt gegenüber dem Gericht tätig wird. |
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BGH, Beschl. v. 7.11.2022 6 StR 124/22, AGS 2023, 39 = NStZ-RR 2023, 31 |
1. Tritt der Verteidiger im Adhäsionsverfahren den Anträgen mehrerer Adhäsionskläger entgegen, ist für die Gebührenberechnung der Gesamtgegenstandswert maßgeblich, der sich aus einer Zusammenrechnung der Gegenstandswerte der einzelnen Adhäsionsanträge ergibt. 2. Der Gegenstandswert von Adhäsionsanträgen bestimmt sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der Antragsteller, insbesondere nach den in den Anträgen genannten Beträgen. Im Rechtsmittelverfahren ist gem. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 47 Abs. 1 S. 1 GKG der Antrag des Rechtsmittelführers maßgeblich, wobei der Wert durch denjenigen des Streitgegenstands im ersten Rechtszug beschränkt ist (§ 47 Abs. 2 S. 1 GKG). |
Nr. 4202 VV |
AG Görlitz, Beschl. v. 26.10.2022 BwR 8 Ds 140 Js 18795/15 (2), AGS 2022, 514 |
Hat der Verteidiger im Strafvollstreckungsverfahren (hier Verfahren betreffend den Widerruf einer Bewährung an einem Termin zur Verkündung eines nach § 453c StPO erlassenen (Sicherungs-)Haftbefehl teilgenommen, entsteht die Terminsgebühr Nrn. 4202, 4202 VV. |
Nr. 4301 VV |
LG Dresden, Beschl. v. 11.4.2022 15 Qs 29/21, AGS 2022, 556 |
Der Zeugenbeistand für die richterliche Vernehmung eines Zeugen aufgrund eines auswärtigen Rechtshilfeersuchens erhält keine Gebühren nach den Nrn. 6100, 6101 VV a.F. (jetzt Nrn. 6101, 6102 VV n.F.), sondern nur die Gebühr für eine Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziff. 4 VV. |
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OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.1.2023 4 Ws 13/23 |
Der einem Beschuldigten für die Haftprüfung beigeordnete Rechtsanwalt verdient nur eine Gebühr für eine Einzeltätigkeit. |
IV. Teil 5 VV |
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Nr. 5115 VV |
AG Augsburg, Urt. v. 20.12.2021 21 C 2535/21, AGS 2022, 69; AG Strausberg, Urt. v. 23.3.2022 9 C 166/21, AGS 2022, 317 |
Auch die Mitteilung des Rechtsanwalts, dass sich sein Mandant derzeit auf seinen ausdrücklichen Rat hin nicht zu der Sache äußern wird, genügt als Mitwirkung i.S.d. Nr. 5115 VV. |
V. Teil 6 VV |
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Nr. 6102 VV |
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 24.5.2022 1 AR 52/21 A, AGS 2022, 414 = JurBüro 2022, 416 |
Keine Terminsgebühr für die Teilnahme an einem Termin zur Verkündung des Auslieferungshaftbefehls. |
VI. Teil 7 VV |
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Nr. 7000 VV |
BGH, Beschl. v. 12.9.1919 3 BGs 293/19, StraFo 2022, 445 = AGS 2022, 446 |
1. Der Ersatz von Auslagen für Kopien und Ausdrucke aus Gerichtsakten kann verlangt werden, soweit diese zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten oder zur notwendigen Unterrichtung des Auftraggebers zu fertigen waren. 2. Liegt der Akteninhalt vollständig und verlässlich in digitalisierter Form zu einem Zeitpunkt vor, zu dem sich der (Pflicht-)Verteidiger noch in den Verfahrensstoff einarbeiten kann, ist ein Ausdruck der gesamten Akte grds. nicht erforderlich. 3. Die Darlegungs- und Beweisleist im Auslagenerstattungsverfahren obliegt dem Rechtsanwalt als Antragssteller. Es bedarf für die erforderliche Substantiierung eines konkreten Tatsachenvortrags. Dieser hat namentlich erkennen zu lassen, dass sich der Rechtsanwalt der ihm hierbei eingeräumten Einschätzungsprärogative ebenso bewusst gewesen ist, wie seiner Pflicht zur kostenschonenden Prozessführung. |
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