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aus AGS 2024, 529

(Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "AGS" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "AGS" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)

Vorschuss auf eine Pauschgebühr nach § 51 Abs. 1 S. 5 RVG

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

Der Beitrag schließt an die Ausführungen über den Vorschussanspruch des Rechtsanwalts gegen seinen Auftraggeber (§ 9 RVG) in AGS 2024, 339 und über den Anspruch auf Vorschuss des bestellten/beigeordneten Rechtsanwalts aus der Staatskasse (§ 47 RVG) in AGS 2024, 440 an. In den Kontext gehört auch der dem Pflichtverteidiger in § 51 Abs. 1 S. 5 RVG eingeräumte Anspruch auf einen Vorschuss auf eine demnächst zu gewährende Pauschgebühr. Die nachfolgenden Ausführungen stellen diesen vor.

I. Überblick

Die BRAGO kannte einen gesetzlichen Anspruch des Pflichtverteidigers auf Zahlung eines Vorschusses auf eine Pauschvergütung (damals § 99 BRAGO) nicht. Der Rechtsanwalt war vielmehr auf den „guten Willen“ in der Rspr. der OLG angewiesen. Diese hatten zwar in ihrer Rspr. einen Anspruch des Rechtsanwalts auf eine demnächst zu gewährende Pauschgebühr entwickelt, bewilligten den aber nur, wenn die beantragte Zahlung der Billigkeit entsprach.[1] Der Vorschuss war damit i.d.R. auf sog. „Umfangsverfahren“ beschränkt. Demgegenüber sieht das RVG nun in § 51 Abs. 1 S. 5 RVG ausdrücklich einen gesetzlichen Anspruch des Pflichtverteidigers auf angemessenen Vorschuss auf eine Pauschgebühr vor.

II. Vorschussberechtigter

Das Vorschussrecht des Pflichtverteidigers folgt aus § 51 Abs. 1 S. 5 RVG. Das bedeutet, dass nur dem gerichtlich bestellten Rechtsanwalt, also i.d.R. dem Pflichtverteidiger, oder dem gerichtlichen beigeordneten Rechtsanwalt, also z.B. einem Nebenklagebeistand, zusteht. Der Wahlanwalt hat naturgemäß keinen Vorschussanspruch, und zwar auch nicht, wenn eine Pauschgebühr nach § 42 RVG in Betracht kommt. In § 42 RVG ist ein Vorschuss nicht vorgesehen.[2] Die Bewilligung eines Vorschusses für den Wahlanwalt wäre i.Ü. auch nicht möglich, da vor rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens und Rechtskraft der Kostenentscheidung nicht feststeht, wer nach § 42 Abs. 2 S. 3 RVG am Verfahren zu beteiligen ist. Der Wahlanwalt hat also keine andere Möglichkeit, als nach der allgemeinen Vorschrift des § 9 RVG einen Vorschuss zu verlangen.[3]

III. Vorschussverpflichteter

Der Vorschussanspruch nach § 51 Abs. 1 S. 5 RVG richtet sich gegen die Staatskasse. Diese ist auch Verpflichtete hinsichtlich der dem Rechtsanwalt später ggf. zu gewährenden Pauschgebühr nach § 51 Abs. 1 S. 1 RVG.

IV. Vorschussverlangen

1. Allgemeines

§ 51 Abs. 1 S. 5 RVG gewährt dem Rechtsanwalt dann einen Anspruch auf einen Vorschuss, wenn ihm, insbesondere wegen der langen Dauer des Verfahrens und der Höhe der zu erwartenden Pauschgebühr, nicht zugemutet werden kann, die Festsetzung der Pauschgebühr abzuwarten. Die gesetzlichen Voraussetzungen sind damit verhältnismäßig vage, ihre Ausfüllung obliegt den OLG. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Neuregelung auf der Rspr. des OLG zu § 99 BRAGO basiert. Das bedeutet, dass die frühere Rspr. zur Vorschussgewährung zur Auslegung der Vorschrift herangezogen werden kann.[4] Ziel der gesetzlichen Neuregelung war es zudem, dem Rechtsanwalt einen gesetzlichen Anspruch auf einen Vorschuss einzuräumen, seine Rechtsposition sollte also gestärkt werden. Das bedeutet, dass in all den Fällen, in denen unter Geltung der BRAGO von der Rspr. schon ein Vorschuss gewährt worden ist, dies auf jeden Fall jetzt auch nach der gesetzlichen Regelung im RVG der Fall sein muss.

2. Anspruchsvoraussetzungen

Voraussetzung für einen Vorschuss auf eine Pauschgebühr nach § 51 Abs. 1 S. 5 RVG ist zunächst, dass eine Pauschgebühr nach § 51 Abs. 1 S. 1 mit Sicherheit zu erwarten sei und durch den weiteren Verfahrensverlauf nicht mehr nach unten beeinflusst werden darf.[5] Das bedeutet, dass im Zeitpunkt der Antragstellung schon erkennbar sein muss, dass das Verfahren auf jeden Fall „besonders umfangreich“ und/oder „besonders schwierig“ i.S.d. § 51 RVG sein wird und die dem Rechtsanwalt zustehenden gesetzlichen Gebühren unzumutbar i.S.d. § 51 Abs. 1 S. 1 RVG sind.[6] Entscheidend für einen Vorschuss auf eine Pauschgebühr ist damit sicherlich auch eine bereits längere Dauer des Verfahrens.[7] Ein Vorschuss wird i.d.R. nicht bereits nach nur drei Monaten Verfahrensdauer beantragt werden können.[8] Auch ist Maßstab für einen Vorschuss auf eine Pauschgebühr stets die bereits erbrachte Leistung, auf erst noch zu erbringende Leistungen kann kein Vorschuss gezahlt werden, sondern es kann erst nach (weiterer) Leistungserbringung ein (weiterer) Vorschuss verlangt werden kann, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 S. 5 RVO vorliegen.[9]

Die Gesetzesbegründung zum RVG geht davon aus, dass die Pauschgebühr (bereits) „deutlich“ über den gesetzlichen Gebühren liegen muss.[10] Insoweit wird man im Hinblick auf die Rspr. zur BRAGO von einer Verfahrensdauer von etwa einem Jahr und/oder etwa 50 Verhandlungstagen ausgehen müssen.[11]

Schließlich muss es für den Rechtsanwalt unzumutbar sein, die Festsetzung der endgültigen Pauschgebühr abwarten zu müssen. In dem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass dem Rechtsanwalt nach § 47 Abs. 1 RVG ein Anspruch auf angemessenen Vorschuss auf seine gesetzlichen Gebühren zusteht.[12] Dieser kann die Unzumutbarkeit entfallen lassen.[13] Das BVerfG[14] geht davon aus, dass der Rechtsanwalt (zunächst) auch auf diesen Anspruch verwiesen werden kann. Das sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.[15] Mit der Zahlung eines Vorschusses darf allerdings nicht so lange gewartet bzw. diese abgelehnt werden, bis es zu einer Existenzgefährdung des Rechtsanwalts gekommen ist.[16] Allerdings soll es keinen offensichtlichen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen, davon auszugehen, dass eine Pauschgebühr nach § 51 RVG bzw. ein Vorschuss auf eine solche vor Abschluss des Strafverfahrens nicht in Betracht kommt, und zwar auch dann, wenn der Pflichtverteidiger vorzeitig entpflichtet worden ist.[17]

3. Zeitpunkt des Vorschussverlangens

I.d.R. wird der Rechtsanwalt seinen Vorschussanspruch während des laufenden Verfahrens geltend machen. Da der Vorschuss nur gezahlt wird, wenn dem Rechtsanwalt längeres Zuwarten unzumutbar ist, gehen die Obergerichte davon aus, dass der Vorschuss nach § 51 Abs. 1 S. 5 RVG erst nach Vorschussgewährung gem. § 47 RVG gezahlt wird.[18]

Die Gewährung eines „Vorschusses“ kann jedoch auch dann noch in Betracht kommen, wenn das Verfahren zwar abgeschlossen ist, aufgrund des vorliegenden Aktenmaterials der Umfang der Tätigkeit des Rechtsanwalts, insbesondere in der Revisionsinstanz, noch nicht vollständig abschließend beurteilt werden kann. Steht zu diesem Zeitpunkt die grds. Bewilligung einer Pauschgebühr aber außer Frage, muss sich der Verteidiger nicht bis zur Vorlage aller Akten beim eine die endgültige Pauschgebühr bewilligenden OLG vertrösten lassen.[19] Ein Vorschuss wird jedoch teilweise dann abgelehnt, wenn die angefallenen gesetzlichen Gebühren bereits überwiesen sind und mit einem baldigen Abschluss des Verfahrens zu rechnen ist.[20] Das dürfte im Hinblick auf die häufig (zu) langwierigen Bewilligungsverfahren allerdings zweifelhaft sein.[21]

Fraglich ist, wie der Rechtsanwalt vorgehen muss, wenn das Verfahren in absehbarer Zeit z.B. deshalb nicht beendet werden kann, weil es (zunächst nur) vorläufig nach § 205 StPO eingestellt worden ist. In diesen Fällen haben die Obergerichte unter Geltung der BRAGO eine Abschlagszahlung dann gewährt, wenn absehbar war, dass das Verfahren auch nach längerem Zeitablauf nicht fortgesetzt werden kann.[22] Unter Geltung des RVG und den in § 51 Abs. 1 S. 5 RVG dort ausdrücklich vorgesehenen Voraussetzungen für den Vorschussanspruch wird nun in diesen Fällen ein Vorschuss zu bewilligen sein. Allerdings kommt seine Bewilligung nur dann in Betracht, wenn das Verfahren zu dem Zeitpunkt schon als „besonders schwierig“ und/oder als „besonders umfangreich“ anzusehen ist.[23]

4. Weiterer Vorschuss

Unter Geltung der BRAGO gewährte die oberlandesgerichtliche Rspr. einen Vorschuss nicht nur einmal, sondern ggf. mehrfach,[24] wenn nach Gewährung des ersten Vorschusses die Voraussetzungen für einen weiteren Vorschuss vorlagen.[25] Diese Rspr. ist auf § 51 Abs. 1 S. 5 RVG anwendbar.[26] Die Neuregelung in § 51 Abs. 1 S. 5 RVG hat die Position des Rechtsanwalts in diesem Bereich stärken wollen. Zudem lautet die Formulierung in § 51 Abs. 1 S 5 RVG „insbesondere wegen der langen Dauer des Verfahrens und der Höhe der zu erwartenden Pauschgebühr nicht zugemutet werden kann“. Die erwähnten Vorschussfälle sind also nur beispielhaft.

Voraussetzung für die Gewährung eines weiteren Vorschusses ist, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 S. 5 RVG erneut erfüllt sind. Das hat zum alten Recht z.B. das OLG Hamm[27] nach einem ersten Vorschuss nach Teilnahme des Rechtsanwalts an weiteren 49 Hauptverhandlungsterminen bei der Bewilligung eines weiteren Vorschusses bejaht.[28] Ein weiterer Vorschuss ist in der Vergangenheit zudem auch dann gewährt worden, wenn der Rechtsanwalt nach einem ersten Vorschuss an weiteren 52 Hauptverhandlungstagen teilgenommen hat, das Verfahren zwar zwischenzeitlich erstinstanzlich beendet, der Abschluss des Revisionsverfahrens beim BGH aber nicht absehbar war.[29]

V. Verfahren

1. Antrag

Der Vorschuss wird – ebenso wie die Pauschgebühr selbst – nur auf Antrag gewährt. Diesen muss der Rechtsanwalt auf jeden Fall begründen. In der Begründung muss er nicht nur darlegen, warum schon zum Zeitpunkt der Antragstellung erkennbar ist, dass nach Abschluss des Verfahrens eine Pauschgebühr zu gewähren sein wird.[30] Er muss darüber hinaus zu den o.a. Kriterien für die Gewährung eines Vorschusses Stellung nehmen. In seinem „Vorschussantrag“ muss der Rechtsanwalt daher zumindest besonders eingehend darlegen, welche konkrete zeitliche Beanspruchung das Verfahren bis dahin für ihn erfordert hat. Anderenfalls kann das OLG nicht beurteilen, ob die Gewährung eines Vorschusses der Billigkeit entspricht bzw. die Verweigerung eine „unzumutbare Härte“ darstellt.[31] Das BVerfG[32] geht darüber noch hinaus: Es verlangt die Vorlage einer „detaillierten Einnahmen-Ausgaben-Aufstellung des Kanzleibetriebs“ des Rechtsanwalts, da anderenfalls nicht abschließend beurteilt werden könne, ob und welcher Vorschuss dem Rechtsanwalt zuzubilligen sei.[33] M.E. geht dies zu weit. Die Rspr. des BVerfG sollte allerdings den Verteidiger veranlassen, einen Vorschussantrag eingehend zu begründen. Dazu gehören sicherlich auch Ausführungen dazu, dass der Vorschuss nach § 47 RVG gewährt worden ist und warum dieser Vorschuss auf die gesetzlichen (Pflichtverteidiger-)Gebühren keinen ausreichenden Ausgleich für die bislang erbrachten Tätigkeiten darstellt.[34]

2. Zuständiges Gericht

Zuständig für die Entscheidung über den Vorschussantrag ist nach § 51 Abs. 2 RVG das Gericht, das später auch über die Gewährung der endgültigen Pauschgebühr zu befinden hat, i.d.R. also das OLG. Es entscheidet auch hier i.d.R. der Einzelrichter.[35]

VI. Angemessener Vorschuss

Allgemein gültige Regeln und Berechnungsmodelle für einen Vorschuss nach § 51 Abs. 1 S. 5 RVG gibt es, ebenso wie bei der endgültigen Pauschgebühr, nicht. Letztlich hängt seine Höhe von den Umständen des Einzelfalls ab. Bei der Bemessung des Vorschusses sind Sinn und Zweck der Regelung des § 51 Abs. 1 S. 5 RVG zu berücksichtigen. Diese liegen nach der Rspr. des BVerfG darin, dass auch bei der Inanspruchnahme des Pflichtverteidigers die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleiben muss.[36] Die Regelung in § 51 Abs. 1 S. 5 RVG ist Ausfluss von Art. 12 Abs. 1 GG.[37] Das bedeutet, dass der Vorschuss „angemessen“ sein muss, d.h. er muss in seiner Höhe so bemessen sein, dass er dem Verteidiger das Zuwarten auf die endgültige Festsetzung der Pauschgebühr wirtschaftlich ermöglicht.[38] Dabei ist m.E. nicht ganz klar, wo das BVerfG die Grenze zieht. Aus der Entscheidung vom 1.6.2011[39] könnte man den Schluss ziehen, dass dies eine Existenzgefährdung des Rechtsanwalts ist. Das würde m.E. aber zu weit gehen und wäre wohl kaum mit Art. 12 GG und der „Sonderopfer“-Rspr. des BVerfG zu vereinbaren.

Maßstab für die Höhe des Vorschusses ist auf jeden Fall die bis dahin vom Pflichtverteidiger erbrachte Leistung. Auf erst noch zu erbringende Leistungen wird – anders als nach § 9 RVG – kein Vorschuss gezahlt.[40] Bei der Gewährung des Vorschusses ist im Hinblick auf die Rspr. des BVerfG zu berücksichtigen, dass die finanziellen Einbußen des Rechtsanwalts unter Berücksichtigung der von ihm erbrachten Tätigkeiten nicht unverhältnismäßig werden dürfen. Das ist z.B. bejaht worden für eine Tageseinnahme von nur rund (damals) 115,00–120,00 DM in einem Verfahren, in dem die Hauptverhandlung bereits mehr als ein Jahr gedauert hat und der Pflichtverteidiger i.d.R. an drei Tagen/Woche zur Verfügung stehen musste.[41] Zumindest die durch die Übernahme des Pflichtverteidigermandats ggf. verursachte Existenzgefährdung muss abgewendet werden.[42] Es ist auch nicht zulässig, den Rechtsanwalt auf eigene Anstrengungen, z.B. die ggf. mögliche Übernahme von Wahlmandaten, zu verweisen, wenn seine ggf. vorliegende Existenzgefährdung allein durch seine hohe Arbeitsbelastung als Pflichtverteidiger verursacht worden ist.[43]

VII. Rückforderung eines Vorschusses

Ist dem Rechtsanwalt ein Vorschuss gewährt worden, kann sich ggf. später die Frage der (teilweisen) Rückzahlung stellen. Das ist immer dann der Fall, wenn eine Pauschgebühr nicht oder nicht in der Höhe bewilligt wird, wie dem Rechtsanwalt ein Vorschuss gezahlt worden ist. Deshalb darf der Rechtsanwalt auf keinen Fall übersehen, nach Abschluss des Verfahrens den Antrag auf Bewilligung der (endgültigen) Pauschgebühr zu stellen. Die Rückforderung des Vorschusses auf eine Pauschgebühr wird in der Rspr. auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs als zulässig angesehen.[44] Etwas anderes kann gelten, wenn über den Vorschussantrag des Pflichtverteidigers nicht etwa in einem frühen Verfahrensstadium entschieden wird, sondern zu einem Zeitpunkt, in dem das (erstinstanzliche) Verfahren bereits abgeschlossen ist.[45]

Gegenüber diesem Rückzahlungsanspruch kann sich der Rechtsanwalt nicht auf den Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen, weil nach allgemeiner Meinung § 818 Abs. 3 BGB auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nicht entsprechend anwendbar ist.[46] Mit der Gewährung eines Vorschusses auf eine Pauschvergütung wird auch keine rechtlich geschützte Erwartung auf deren spätere Bewilligung geschaffen, sodass es für den Einwand der Verwirkung an dem erforderlichen Vertrauensmoment fehlt.[47]

Der Rückzahlungsanspruch verjährt gem. §§ 197, 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB in drei Jahren; die Verjährungsfrist beginnt mit Eintritt der Verjährung eines dem Rechtsanwalt ggf. zustehenden Pauschgebührenanspruchs.[48]

Verfahrensmäßig wird der Beschluss, durch den festgestellt wird, dass der Vorschuss zurückzuzahlen ist, und die Verfügung, mit der der Rechtsanwalt dann von der Staatskasse zur Rückzahlung aufgefordert wird, rechtlich als Aufhebung der Verfügung angesehen, durch die die Vergütung des Rechtsanwalts entsprechend der Vorschussbewilligung festgesetzt worden ist.[49] Der statthafte Rechtsbehelf dagegen ist die Erinnerung gem. § 56 RVG.[50]

VIII. Arbeitshilfe

Muster: Antrag auf Bewilligung eines Vorschusses auf eine Pauschgebühr gem. § 51 Abs. 1 S. 5 RVG

An das

OLG …

über das LG … /AG … (Gericht einsetzen, bei dem die Pflichtverteidigung durchgeführt wird)

 

Betr.: Bewilligung eines Vorschusses

nach § 51 Abs. 1 S. 5 RVG auf eine demnächst zu gewährende Pauschgebühr

in dem Strafverfahren gegen …

Az. …

 

In o.a. Strafsache bin ich am … als Pflichtverteidiger des Angeklagten bestellt worden. Seitdem habe ich folgende Tätigkeiten für den Angeklagten erbracht: … (hier die Umstände angeben, die das Strafverfahren zu einem besonders umfangreichen oder/und besonders schwierigen machen). Ich gehe davon aus, dass wegen dieses besonderen Umfangs und auch der besonderen Schwierigkeit des Verfahrens mir nach Abschluss des Verfahrens nach § 51 RVG eine Pauschgebühr von … EUR zu gewähren ist.

Die mir zustehenden gesetzlichen Pflichtverteidigergebühren betragen derzeit … EUR. Auf diese habe ich gem. § 47 RVG einen Vorschuss aus der Staatskasse erhalten. Trotz dieses Vorschusses kann es mir m.E. wegen der noch zu erwartenden Dauer des Verfahrens – mit dem Abschluss des Verfahrens ist nicht vor … zu rechnen – nicht zugemutet werden, den rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens abzuwarten, um dann die mir zustehende Pauschgebühr zu beantragen. Es ist nämlich bereits jetzt wegen der Verteidigung in dieser Sache eine erhebliche Verschlechterung meiner wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten (im Einzelnen darlegen). Auf die Entscheidung des BVerfG, Beschl. v. 1.6.2011 – 1 BvR 3171/10, NJW 2011, 3079 = RVGreport 2011, 378 = JurBüro 2011, 585 weise ich hin.

Ich beantrage deshalb, mir gem. § 51 Abs. 1 S. 5 RVG einen Vorschuss auf die Pauschgebühr von mindestens … EUR zu bewilligen.

Ich bitte, mir die Stellungnahme des Bezirksrevisors zuzusenden, damit ich dazu ggf. meinerseits Stellung nehmen kann.

...

Rechtsanwalt


[1] Zum alten Recht Gerold/Schmidt/Madert, BRAGO, 15. Aufl., 2002, § 99 Rn 12; Burhoff, StraFo 1999, 261, 267, jeweils m.w.N.; aus der Rspr. vgl. z.B. OLG Bamberg JurBüro 1982, 94; OLG Düsseldorf JurBüro 1980, 392; OLG Hamburg NJW 1967, 2220; OLG Hamm AGS 1996, 125 m. Anm. Madert; AnwBl. 1998, 219.

[2] Vgl. Burhoff/Volpert/Burhoff, Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, § 42 Rn 34.

[3] Dazu Burhoff, AGS 2024, 339 ff., 440 ff..

[4] Vgl. BT-Drucks 15/1971, 202; so KG AGS 2006, 26 = RVGreport 2007, 455.

[5] Vgl. KG RVGreport 2007, 455 = AGS 2006, 26; OLG Frankfurt AGS 2009, 537 = NStZ-RR 2009, 296; OLG München RVGreport 2017, 291; zur BRAGO: OLG Hamm StV 1998, 616; StV 1997, 427 = StraFo 1997, 254 = NStZ-RR 1997, 223; OLG Nürnberg AnwBl. 1972, 194.

[6] Vgl. die Fallgestaltung bei BVerfG, Beschl. v. 1.6.2011 – 1 BvR 3171/10, NJW 2011, 3079 = AnwBl 2011, 701 = RVGreport 2011, 378 = JurBüro 2011, 585; zu den Kriterien für die Gewährung einer Pauschgebühr Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., § 51 Rn 13 ff.; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 26. Aufl., 2023, § 51 Rn 15 ff, jeweils m.w.N. aus der Rspr.

[7] OLG Frankfurt AGS 2009, 537 = NStZ-RR 2009, 296.

[8] OLG Frankfurt, a.a.O.; ähnlich OLG Jena StraFo 2002, 305 für (nur) 39 Tage Hauptverhandlung.

[9] OLG Naumburg, Beschl. v. 13.8.2019 – 1 AR (Kost) 7/19.

[10] BT-Drucks 15/1971, 202.

[11] Aus der Rspr. zum früheren Recht OLG Hamm StV 1998, 616; s. auch OLG Hamm AGS 1996, 125 (9.000 Seiten Ermittlungsakten, Anklage 860 Seiten, Pflichtverteidiger bereits seit elf Monaten tätig; nicht absehbare Dauer der Hauptverhandlung); StraFo 1996, 126; AnwBl. 1998, 219; OLG Düsseldorf JurBüro 1980, 392; OLG Karlsruhe StraFo 2001, 339; OLG Köln StraFo 1995, 91; auch noch OLG Jena, a.a.O., für (nur) 39 Tage Hauptverhandlungsdauer.

[12] Dazu Burhoff, AGS 2024, 440 ff..

[13] BVerfG NJW 2005, 3699 = RVGreport 2005, 467; OLG Frankfurt AGS 2009, 537 = NStZ-RR 2009, 296.

[14] BVerfG, a.a.O.

[15] BVerfG, a.a.O.

[16] So wohl BVerfG, Beschl. v. 1.6.2011 – 1 BvR 3171/11, NJW 2011, 3079 = AnwBl 2011, 701 = RVGreport 2011, 378 = JurBüro 2011, 585.

[17] BVerfG, Beschl. v. 8.8.2024 - 1 BvR 1680/24 zu OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.7.2024 – 2 ARs 12/24.

[18] Vgl. BVerfG NJW 2005, 3699 = RVGreport 2005, 467; OLG Frankfurt AGS 2009, 537 = NStZ-RR 2009, 296.

[19] OLG Hamm JurBüro 1999, 639 = AGS 2000, 9; ähnlich auch OLG Hamm StV 1998, 616.

[20] Zum früheren Recht OLG Bamberg JurBüro 1990, 1282.

[21] S. auch OLG Hamm, a.a.O.; Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., § 51 Rn 97.

[22] U.a. OLG Düsseldorf JurBüro 1995, 94 = Rpfleger 1995, 39 = StV 1995, 307 (Ls.) für einen Zeitraum für zwei Jahre; OLG Koblenz StV 1994, 501 (Ls.).

[23] KG AGS 2006, 26 = RVGreport 2007, 455; OLG Hamm AGS 2000, 178.

[24] Dazu zum alten Recht OLG Hamm AnwBl. 1998, 616.

[25] Vgl. u.a. OLG Hamm, a.a.O.; s. auch noch OLG Hamm AGS 2001, 65 = JurBüro 2000, 586 = AnwBl. 2001, 244.

[26] Allgemein dazu KG AGS 2006, 26 = RVGreport 2077, 455.

[27] OLG Hamm AnwBl. 1998, 616.

[28] S. auch OLG Hamm, AGS 1998, 141.

[29] OLG Hamm AGS 2001, 65 = JurBüro 2000, 586.

[30] OLG Hamm AGS 2000, 202.

[31] Ähnlich zum alten Recht OLG Hamm StV 1997, 427; Marberth, StraFo 1997, 225, 229; zur Antragsbegründung aus neuerer Zeit OLG München, Beschl. v. 21.5.2024 – 9 St (K) 3/24.

[32] Vgl. NJW 2007, 1445.

[33] Ähnlich BVerfG AGS 2009, 66 = RVGreport 2009, 59 = StRR 2009, 77 für die Begründung der Verfassungsbeschwerde gegen einen Pauschgebührenbeschluss; vgl. auch den ausreichenden Vortrag des Rechtsanwalts im BVerfG, Beschl. v. 1.6.2011 – 1 BvR 3171/10, NJW 2011, 3079 = AnwBl 2011, 701 = RVGreport 2011, 378 = JurBüro 2011, 585.

[34] OLG Hamm StV 1997, 427.

[35] Vgl. wegen der Einzelheiten Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., § 51 Rn 79 ff.; Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., § 51 Rn 74 ff.

[36] Vgl. BVerfGE 47, 285, 321 f.; BVerfGE 68, 237, 255; NJW 2005, 3699; zuletzt BVerfG, Beschl. v. 1.6.2011 – 1 BvR 3171/11, NJW 2011, 3079 = RVGreport 2011, 378 = JurBüro 2011, 585.

[37] BVerfG, a.a.O.

[38] BVerfG NJW 2007, 1445.

[39] BVerfG, Beschl. v. 1.6.20211 – 1 BvR 3171/11, NJW 2011, 3079 = RVGreport 2011, 378 = JurBüro 2011, 585.

[40] OLG Hamm StV 1997, 427; StV 1998, 616; OLG Naumburg, Beschl. v. 13.8.2019 – 1 AR (Kost) 7/19; ähnlich OLG Düsseldorf JurBüro 1980, 392.

[41] OLG Hamm StV 1998, 61 (unzumutbar).

[42] Zuletzt BVerfG, Beschl. v. 1.6.2011 – 1 BvR 3171/11, NJW 2011, 3079 = AnwBl 2011, 701 = RVGreport 2011, 378 = JurBüro 2011, 585.

[43] BVerfG, a.a.O.

[44] Vgl. z.B. KG StraFo 2008, 529 = AGS 2009, 178 = JurBüro 2009, 31 (allerdings für unberechtigt festgesetzte Pauschgebühr); KG RVGreport 2011, 109 = JurBüro 2011, 255 = StRR 2011, 118 (noch für Pauschgebühr nach § 99 BRAGO); grds. auch OLG Düsseldorf RVGreport 2020, 338; s. auch Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., § 51 Rn 105.

[45] OLG Düsseldorf, a.a.O.

[46] KG StraFo 2008, 529 = AGS 2009, 178 = JurBüro 2009, 31 m.w.N.; OLG Düsseldorf RVGreport 2016, 138.

[47] OLG Düsseldorf, a.a.O.

[48] S. KG RVGreport 2011, 109 = JurBüro 2011, 255 = StRR 2011, 118; Beschl. v. 7.2.2011 – 1 Ws 7/11; Beschl. v. 8.6.2011 – 1 Ws 38/11; OLG Düsseldorf RVGreport 2016, 138; zur Verjährung Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Rn 91 ff.

[49] Vgl. KG AGS 2010, 295 = RVGreport 2010, 339 = JurBüro 2010, 364; RVGreport 2011, 109 = JurBüro 2011, 255 = StRR 2011, 118.

[50] Vgl. KG AGS 2010, 295 = RVGreport 2010, 339 = JurBüro 2010, 364; Burhoff/Volpert/Volpert, a.a.O., Teil A Rn 1847.


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