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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss OWi 917/05 OLG Hamm

Leitsatz: Der Tatrichter, der ein Sachverständigengutachten eingeholt hat und ihm Beweisbedeutung beimisst, muss auch dann, wenn er sich dem Gutachten des Sachverständigen, von dessen Sachkunde er überzeugt ist, anschließt, in der Regel die Ausführungen des Sachverständigen in einer (wenn auch nur gedrängten) zusammenfassenden Darstellung unter Mitteilung der zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen und der daraus gezogenen Schlussfolgerungen im Urteil wiedergeben, um dem Rechtsmittelgericht die gebotene Nachprüfung zu ermöglichen.

Senat: 3

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Sachverständigengutachten; Darstellung im Urteil; Anforderungen an die Feststellungen; Anknüpfungstatsachen; Befundtatsachen

Normen: StPO 267

Beschluss:

Bußgeldsache
gegen B.J.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 25.10.2005 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 07. 03. 2006 durch die Richterin am Oberlandesgericht als Einzelrichterin gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird nebst den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Essen zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht Essen hat gegen den Betroffenen durch Urteil vom 25.10.2005 wegen fahrlässiger Schädigung eines anderen Verkehrsteilnehmers in Tateinheit mit Nichtbeachten des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage (fahrlässige Verkehrsordnungswidrigkeit nach §§ 24, 25 StVG i.V.m. 132.2.1 BKat i.V.m. §§ 1, 37 Abs. 2, Ziffer 1, 49 Abs. 3 Ziffer 2 StVO) eine Geldbuße von 200,- € festgesetzt. Außerdem hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen ein einmonatiges Fahrverbot verhängt und hinsichtlich der Wirksamkeit des Fahrverbotes eine Anordnung gemäß § 25
Abs. 2 a StVG getroffen.

Das Amtsgericht hat zur Sache folgende Feststellungen getroffen:

"Am 25.1.2005 nahm er als Führer des Kraftfahrzeugs PKW BMW XXXXXX am Straßenverkehr auf öffentlichen Strassen in Essen teil.
Gegen 9:29 Uhr befuhr er die Joachimstraße in Fahrtrichtung Nordwest, sich dabei der Kreuzung Joachimstraße/Heinrich-Sense-Weg nähernd. Er wollte die Kreuzung in Richtung der Fahrt Geradeaus überqueren.
Zur gleichen Zeit näherte sich der besagten Kreuzung die spätere Unfallgegnerin, die Zeugin K., mit ihrem Pkw Kleintransporter Ford EDL, amtliches Kennzeichen xxxxxxxx in Fahrtrichtung Südwest ebenfalls in Überquerungsabsicht.
Aus Sicht der Zeugin kam der Betroffene von links.
Die Kreuzung ist mit Lichtzeichenanlagen versehen.
Die Umlaufzeitenmatrix sieht für die sich schneidenden Verkehrsströme einen 5-Sekunden-Abstand zwischen Grünende und Grünbeginn vor.
In der Signalphasenzuordnung findet sich für die LZA 4 (Betroffener) Grün-
ende bei Sekunde 0, Gelbende/Rotbeginn bei Sekunde 3, im Verhältnis dazu für die LZA 1 (K.) Rotende bei Sekunde 4, Rotgelbende/Grünbeginn bei Sekunde 5.
Die Fahrzeuge stießen in der Kreuzung zusammen (Anstoßstellen Front Betroffener/Heck links Zeugin).
Die Zeugin war bei anfänglichem Grün mit 30 km/h in die Kreuzung eingefahren, legte dann von der Haltelinie bis zum Unfallort eine Fahrstrecke von 15 Metern zurück, wofür sie 1,8 Sekunden benötigte.
Der Betroffene war mit 30 km/h aus Unachtsamkeit bei Rot in die Kreuzung eingefahren, und zwar wenigstens nach Ablauf einer Zeit von zwei Sekunden, während der die Lichtzeichenanlage bereits Rot gezeigt hatte. Er legte von der Haltelinie bis zum Unfallort eine Strecke von 10 Metern zurück, wofür er 1,2 Sekunden benötigte.

In der Signalphasenzuordnung trafen sich die Fahrzeuge in der Phase 6,8 Sekunden, Rückrechnung ergebend für den Betroffenen 5,6 Sekunden, für die Zeugin 5 Sekunden, bedeutend für den Betroffenen wenigstens zwei Sekunden Rot."

Nach den weiteren Ausführungen im angefochtenen Urteil beruhen die Feststellungen auf der eigenen Einlassung des Betroffenen, soweit das Gericht ihr hat folgen können, auf dem Gutachten des Sachverständigen C., sowie auf den Aussagen der Zeugen Kr., K., He. und Ha..

Hinsichtlich der Einlassung des Betroffenen wird in dem angefochtenen Urteil ausgeführt, dieser gebe höchstens "Gelb" zu. Er werde aber durch die Aussagen der Zeuginnen Kr. und K. überführt. Die Zeugin K. habe sich glaubhaft im Sinne der getroffenen Feststellungen geäußert. Ihre Aussage sei von Widersprüchen nicht getragen und weise keine unsachlichen Belastungstendenzen auf. Bestätigt werde ihre Aussage von der ebenfalls glaubhaften Aussage der Zeugin Kr., die hinter dem Betroffenen hergefahren sei und sich gewundert habe, als der Betroffene für sie deutlich bei Rot über die Ampel gefahren sei, obwohl sie selbst längst auf das Rotlicht reagiert, gebremst und gehalten habe. Die Aussage des Zeugen Ha. sei unergiebig gewesen, da er die Fahrzeuge erst nach ihrem Zusammenstoß wahrgenommen habe.

Gegen das vorgenannte Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der eine Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat auf die erhobene Sachrüge zumindest vorläufig Erfolg. Sie führt zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zu einer Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Essen. Die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils erweist sich nämlich als lückenhaft. Das Amtsgericht stützt seine Überzeugung davon, dass der Betroffene sich der vorgeworfenen Ordnungswidrigkeit schuldig gemacht hat, u.a. auf das eingeholte Gutachten des Sachverständigen C.. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes muss der Tatrichter, der ein Sachverständigengutachten eingeholt hat und ihm Beweisbedeutung beimisst, auch dann, wenn er sich dem Gutachten des Sachverständigen, von dessen Sachkunde er überzeugt ist, anschließt, in der Regel die Ausführungen des Sachverständigen in einer (wenn auch nur gedrängten) zusammenfassenden Darstellung unter Mitteilung der zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen und der daraus gezogenen Schlussfolgerungen im Urteil wiedergeben, um dem Rechtsmittelgericht die gebotene Nachprüfung zu ermöglichen (vgl. Senatsbeschluss vom 26.04.2005 - 3 Ss OWi 181/05 -; Göhler, OWiG, 14. Aufl., § 71 Rdnr. 43 d). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Es enthält nicht einmal die Mitteilung, zu welcher konkreten Beweisfrage das Sachverständigengutachten eingeholt worden ist, noch wird das Ergebnis dieses Gutachtens auch nur im Wesentlichen mitgeteilt. In diesem Zusammenhang weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die alleinige Mitteilung des Ergebnisses ohnehin nur ausreichen kann, wenn der Sachverständige bei der Begutachtung ein allgemein anerkanntes oder weithin standardisiertes Verfahren angewendet hat und von keiner Seite Einwände gegen die Tauglichkeit der gesicherten Spuren und die Zuverlässigkeit der Begutachtung erhoben worden sind (vgl. BGH NJW 1993, 3081 (3083)).

Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.]



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