Aktenzeichen: (2) 4 Ausl. A 152/09 OLG Hamm |
Leitsatz: Im Zulässigkeitsverfahren über die Auslieferung eines Verfolgten, der sich mit der vereinfachten Auslieferung nach Polen zum Zwecke der Vollstreckung einer Reststrafe wegen Betruges nicht einverstanden erklärt hat, ist eine Vernehmung des Verfolgten erforderlich, auch wenn er bereits im vorläufigen Verfahren vernommen worden ist. |
Senat: 2 |
Gegenstand: Auslieferungssache |
Stichworte: Auslieferungsverfahren; vereinfac hte Auslieferung, Anhörung |
Normen: IRG 41 |
Beschluss: Auslieferungssache (förmlicher Auslieferungshaftbefehl) betreffend den polnischen Staatsangehörigen wegen Auslieferung des Verfolgten aus Deutschland nach Polen zur Strafvollstreckung wegen Betruges, (hier: Entscheidung über die Anordnung der Auslieferungshaft/Zulässigkeit der Auslieferung). Auf die Anträge der Generalstaatsanwaltschaft in Hamm vom 03. September 2009 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 08. September 2009 durch beschlossen: 1. Gegen den Verfolgten wird die förmliche Auslieferungshaft angeordnet. 2. Die Entscheidung über den Antrag, die Auslieferung des Verfolgten zum Zwecke der Strafvollstreckung wegen Betruges für zulässig zu erklären, wird zurückgestellt. Gründe: 1. Die polnischen Behörden betreiben gegen den Verfolgten die Auslieferung wegen Betruges. Sie haben den Verfolgten zum Zwecke der Strafvollstreckung nach Art. 95 SDÜ im Schengener Informationssystem zur Festnahme und Auslieferung ausgeschrieben. Gestützt ist die Ausschreibung auf den Europäischen Haftbefehl des Bezirksgerichts Bialystok, 3. Strafkammer, Aktenzeichen: III Kop 45/09 vom 02. Juli 2009. Dieser wiederum beruht auf dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts in Bialystok vom 07. März 2006 III K 18/05 , durch das gegen den Verfolgten eine Freiheitsstrafe in Höhe von neun Monaten verhängt worden ist, von der noch 219 Tage zu verbüßen sind. Dem Verfolgten wird darin zur Last gelegt, in der Zeit vom 07. bis zum 09. März 2004 in Bialystok dem Geschädigten die Verkaufsbereitschaft eines Handys mit Digitalkamera der Marke Motorola vorgespiegelt zu haben, ohne nach Empfang der vereinbarten 290,00 Zloty tatsächlich ein solches Handy zu übergeben. Der Verfolgte wurde aufgrund des Europäischen Haftbefehls am 28. August 2009 unter seiner Wohnanschrift in Hemer festgenommen und befindet sich seither in Haft. Der übermittelte Europäische Haftbefehl entspricht den Voraussetzungen des § 83a IRG. Die erforderlichen Auslieferungsunterlagen liegen damit vollständig vor und entsprechen den Vorgaben des § 83a Abs. 1 Nr. 1 6 IRG. Die dem Verfolgten zur Last gelegte abgeurteilte Straftat ist nach polnischem und deutschem Recht im Höchstmaß mit einer Strafe von mindestens einem Jahr bedroht. Bewilligungshindernisse im Sinne des § 83b Abs. 1 u. 3 IRG liegen nicht vor, sodass die Voraussetzungen für die Anordnung der förmlichen Auslieferungshaft gem. § 15 IRG vorliegen, zumal das Maß der zu vollstreckenden Freiheitsstrafe mindestens vier Monate (§ 3 Abs. 3 IRG) beträgt. Vollstreckungsverjährung ist nach polnischem Recht noch nicht eingetreten. Anhaltspunkte dafür, dass der Verfolgte deutscher Staatsangehöriger sein könnte, liegen nicht vor. Die Anordnung der Auslieferungshaft ist geboten, weil der auch in der Bundesrepublik Deutschland vorbestrafte Verfolgte sich der Strafvollstreckung in Polen ersichtlich entzogen hat und angesichts der Höhe der noch zu vollstreckenden Reststrafe Fluchtgefahr besteht. Diese Straferwartung stellt erfahrungsgemäß einen erheblichen Fluchtanreiz dar. Es ist nicht zu erwarten, dass der Verfolgte, der keiner geregelten Erwerbstätigkeit nachgeht und als Beruf Künstler angegeben hat, sich ohne die Anordnung der förmlichen Auslieferungshaft dem polnischen Strafvollstreckungsverfahren stellt. Die Anordnung der Auslieferungshaft steht auch nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der in Polen zu vollstreckenden Reststrafe. 2. Anlässlich seiner richterlichen Anhörung durch das Amtsgericht Iserlohn am 29. August 2009 hat der Verfolgte erklärt, mit der vereinfachten Auslieferung nicht einverstanden zu sein, so dass das fehlende Einverständnis des Verfolgten zur vereinfachten Auslieferung eine Entscheidung des Senats über die Zulässigkeit der Auslieferung erforderlich macht. Der Senat konnte jedoch noch nicht gemäß § 28 IRG über die Zulässigkeit der Auslieferung entscheiden, da dem Verfolgten ausweislich des Protokolls der richterlichen Anhörung am 29. August 2009 lediglich die Ausschreibung im Schengener Informationssystem, nicht aber der Europäische Haftbefehl vom 02. Juli 2009 bekannt gemacht worden ist. Nach § 28 Abs. 1 IRG ist der Verfolgte nach Eingang der Auslieferungsunterlagen zu vernehmen, und zwar durch den Richter am Amtsgericht. Diese Vernehmung ist zu unterscheiden von der Vernehmung nach den §§ 21, 22 IRG, die im vorläufigen Verfahren ergeht. Der Verfolgte muss also im Zulässigkeitsverfahren auch wenn er bereits nach den §§ 21, 22 IRG im vorläufigen Verfahren, wie hier der Verfolgte am 29. August 2009, vernommen worden ist, erneut vernommen werden (vgl. hierzu ausführlich Senatsbeschluss vom 29. Juli 2004 in (2) 4 Ausl. A 31/04(197 u. 198/04) OLG Hamm). |
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