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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 266/09 OLG Hamm

Leitsatz: Der im Tenor (zusätzlich) enthaltene Satz „Nach der derzeitigen Strafzeitberechnung werden zwei Drittel der o.g. Strafen am … verbüßt sein“ enthält regelmäßig keine datumsmäßige Bestimmung des Entlassungszeitpunkts, wenn die bedingte Entlassung nach zwei Dritteln der verhängten Freiheitsstrafen angeordnet wird.

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: 2/3-Entlassung, Entlassungszeitpunkt

Normen: StPO 454b

Beschluss:

Beschluss
In pp. hat der 3. Strafsenat des OLG Hamm am 03. 08. 2009 beschlossen:

Eine Entscheidung des Senats ist derzeit nicht veranlasst.
Gründe
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme u.a. Folgendes ausgeführt:
„I.
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld hat nach Anhörung des Leiters der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne (BI. 43 ff VH), der Staatsanwaltschaft Essen (BI. 60 VH) und nach mündlicher Anhörung des Verurteilten (BI. 63 VH) mit Beschluss vom 26.06.2009 (BI. 64 ff VH) die Vollstreckung der noch nicht verbüßten Reste der gegen den Verurteilten durch das Urteil des Amtsgerichts Moers vom 11.02.2004 (Aktenzeichen 16a Ds 802 Js 679/02 – 537/02) verhängten Freiheitsstrafe von neun Monaten, der durch das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 07.12.2004 (Aktenzeichen 51 Ds 43 Js 856/04 – 388/04) verhängten Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten sowie der durch das Urteil des Landgerichts Essen vom 30.08.2006 (Aktenzeichen 21 KLs 55 Js 1301/05 – 17/06) verhängten Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten zur Bewährung ausgesetzt und angeordnet, dass der Verurteilte nach Verbüßung von zwei Dritteln der genannten Freiheitsstrafen bedingt aus der Strafhaft zu entlassen ist. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld hat im Tenor seines Beschlusses weiter mitgeteilt, dass nach der derzeitigen Strafzeitberechnung 2/3 der genannten Strafen am 22.11.2009 verbüßt sein werden.
Eine beglaubigte Abschrift des Beschlusses ist am 08.07.2009 (BI. 70 VH) zur Post gegeben worden zwecks Zustellung an den Verurteilten. Eine ZU befindet sich nicht bei den Akten.
Mit E-Mail vom 18.07.2009 (Bl. 74 VH) hat sich der Verurteilte an die Staatsanwaltschaft Essen gewandt und mitgeteilt, er habe den Beschluss des Landgerichts Bielefeld zur vorzeitigen Entlassung nach § 57 StGB am 15.07.2009 erhalten. Leider habe er feststellen müssen, dass in dem Beschluss ein unkorrektes Datum für die Verbüßung von 2/3 der drei Freiheitsstrafen angegeben worden sei, welches sich unmittelbar auf das Entlassungsdatum auswirke. Laut Beschluss wären die Freiheitsstrafen am 22.11.2009 verbüßt. Korrekt sei jedoch der 22.08.2009. Er bitte, dies zu berücksichtigen, wenn der Beschluss rechtskräftig wird, weil die beteiligten Staatsanwaltschaften keine Rechtsmittel gegen den Beschluss einlegen werden. Er würde sich sehr freuen, wenn er eine schriftliche Bestätigung des korrekten Entlassungsdatums erhalten würde.
Mit Verfügung vom 23.07.2009 (BI. 74 VH) hat die zuständige Rechtspflegerin den Dezernenten darauf hingewiesen, dass die Staatsanwaltschaft Moers die Vollstreckung nicht zum 2/3-Termin unterbrochen hat (vgl. Bl. 59x VH).
Mit Verfügung vom 27.07.2009 (BI. 76 VH) hat die Staatsanwaltschaft Essen den Vollstreckungsvorgang 55 Js 1301/05 (VH und Strafakte) nach hier übersandt zur gefl. weiteren Veranlassung hinsichtlich der sofortigen Beschwerde (BI. 74 VH).
II.
Eine Entscheidung des Senats ist nicht veranlasst.
Der Verurteilte hat erkennbar kein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom 26.06.2009 eingelegt. Vielmehr hat er sich ausdrücklich an die Staatsanwaltschaft Essen gewandt und um Überprüfung und gegebenenfalls Korrektur der Strafzeitberechnung gebeten. Seiner E-Mail ist zudem zu entnehmen, dass er davon ausgeht, der Beschluss des Landgerichts Bielefeld werde in Rechtskraft erwachsen.
Hinsichtlich der Eingabe des Verurteilten (Überprüfung und Korrektur der Strafzeitberechnung) haben zunächst die zuständigen Staatsanwaltschaften eine Entscheidung herbeizuführen, gegen die der Verurteilte dann gegebenenfalls die gerichtliche Entscheidung nach § 458 StPO herbeiführen kann – zuständig wäre insoweit die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld, § 462a Abs. 1 StPO.
Ich beabsichtige daher, den Vorgang an die Staatsanwaltschaft Essen mit der Bitte zurückzusenden, dort über die Einwendungen des Verurteilten gegen die Strafzeitberechnung zu entscheiden und gegebenenfalls die gerichtliche Entscheidung nach § 458 StPO der zuständigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld herbeizuführen.“
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung.
Ergänzend bemerkt der Senat: Die Strafvollstreckungskammer hat in ihrem Beschluss keine (unzutreffende) datumsmäßige Bestimmung des Entlassungszeitpunkts (die den Verurteilten beschweren könnte) vorgenommen, sondern – was zulässig ist (vgl. Wendisch in: Löwe-Rosenberg StPO 25. Aufl. § 454 Rdn. 79) – im Tenor die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der drei zu verbüßenden Freiheitsstrafen angeordnet.
Der im Tenor enthaltene Satz „Nach der derzeitigen Strafzeitberechnung werden zwei Drittel der o.g. Strafen am 22.11.2009 verbüßt sein“ enthält keine datumsmäßige Bestimmung des Entlassungszeitpunkts. Das ergibt sich schon aus der Formulierung „derzeitigen“, welche zeigt, dass die Strafvollstreckungskammer Änderungen in der Strafzeitberechnung durchaus für möglich hält. Dass sie gleichwohl die bedingte Entlassung nach „Verbüßung von zwei Dritteln“ der zu verbüßenden Strafen anordnet, zeigt, dass sie diese zu dem zutreffend zu ermittelnden Zeitpunkt will. Auch aus den Entscheidungsgründen ergibt sich nichts dafür, dass die Strafvollstreckungskammer eine bedingte Entlassung erst zum 22.11.2009 anordnen und eine vorherige ausschließen wollte. Die Gründe stellen nicht darauf ab, dass dem Verurteilten erst zu diesem Zeitpunkt die erforderliche günstige Prognose gestellt werden könnte. Demnach stellt der im Tenor enthaltene, oben zitierte Satz zum Zweidrittelzeitpunkt nicht mehr als eine Information darüber dar, von welchem möglichen Entlassungszeitpunkt die Strafvollstreckungskammer gedanklich ausgegangen ist, ohne dass hieran rechtliche Konsequenzen geknüpft wurden.
Dass in dem Verfahren StA Kleve – Zweigstelle Moers – 802 Js 679/02 keine Unterbrechung gem. § 454b StPO zum Zweidrittelzeitpunkt stattgefunden hat, ändert an dieser Bewertung nichts. Daraus lässt nicht ableiten, dass die Strafvollstreckungskammer in diesem Verfahren keine bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln anordnen wollte. Zunächst ergibt sich das schon aus dem Tenor des landgerichtlichen Beschlusses. Zudem ist nach einhelliger Ansicht eine Entscheidung über die Aussetzung mehrerer Reststrafen zur Bewährung auch dann zu treffen, wenn die zeitlichen Voraussetzungen für eine gleichzeitige Entscheidung nur deshalb nicht vorliegen, weil die Vollstreckungsbehörde entgegen § 454b Abs. 2 StPO die Vollstreckung der zunächst zu verbüßenden Freiheitsstrafe nicht unverzüglich unterbrochen hat (BVerfG NStZ 1988, 474, 475; KG Berlin Beschl.v. 11.12.2001 – 5 Ws 725-728/01 – juris; OLG Düsseldorf StV 1993, 88; OLG Hamburg StV 1994, 195; OLG Karlsruhe StV 1996, 219, 220; OLG Koblenz Beschl.v. 09.10.2006 – 1 Ws 623/06 – juris; Appl in: KK-StPO 6. Aufl. § 454b Rdn. 5; Klein in: Beck-OK-StPO Ed. 4 § 454b Rdn. 4; Wendisch in: Löwe-Rosenberg StPO 25. Aufl. § 454b Rdn. 25 ff.; Woynar in HK-StPO 4. Aufl. § 454b Rdn. 5).




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