Aktenzeichen: 2 Ws 289/09 OLG Hamm |
Leitsatz: Ein gröblicher Verstoß eines verurteilten Drogenabhängigen gegen die Weisungen der Strafvollstreckungskammer, zugleich mit der Aussetzung der Reststrafen zur Bewährung, sich nach der Entlassung aus der Strafhaft unverzüglich und unmittelbar in eine bestimmte Therapieeinrichtung zu begeben und dort ordnungsgemäß die für ihn vorgesehene Landzeitdrogenentzugstherapie zu absolvieren, ist dann anzunehmen, wenn die begonnene stationäre Therapie des Verurteilten von der Therapieeinrichtung aus disziplinarischen Gründen beendet worden ist, weil er sich einer Urinprobe nicht unterziehen wollte, und er damit Anlass zu der Besorgnis gegeben hat, dass er erneut Straftaten begehen wird. |
Senat: 2 |
Gegenstand: Beschwerde |
Stichworte: Bewährung, Weisungsverstoß, Widerruf; Strafaussetzung |
Normen: StGB § 56f Abs. 1 Nr. 2; StGB § 56c Abs. 3 Nr. 1; StGB § 56f Abs. 2 |
Beschluss: Strafvollstreckungssache wegen Diebstahls u.a. (hier: sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung). Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 07. Oktober 2009 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen vom 24. September 2009 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 03. 11. 2009 durch nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen: Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten (§ 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet verworfen. Gründe: I. Gegen den Beschwerdeführer ist durch Urteil des Amtsgerichts Menden vom 15. April 2002 (7 Ds 240 Js 815/01 /10/02)) wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Diebstahl eine Freiheitsstrafe in Höhe von drei Monaten verhängt worden. Das Amtsgericht Unna erkannte am 05. November 2002 (9 Ds 241 Js 2275/01 (132/01)) gegen ihn wegen Betruges, Diebstahls geringwertiger Sachen in zwei Fällen, Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug und Diebstahls unter Einbeziehung der vorgenannten Entscheidung auf eine Freiheitsstrafe in Höhe von sieben Monaten. Wegen Raubes und wegen Nötigung verurteilte das Landgericht Arnsberg den Beschwerdeführer am 07. März 2005 (1 Ns/Ls 322 Js 182/02 (2/05)) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr drei Monaten. Mit Beschluss vom 21. Dezember 2005 führte das Amtsgericht Menden die Freiheitsstrafen aus den Urteilen vom 15. April 2002, 05. November 2002 und vom 07. März 2005 auf eine Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr acht Monaten zurück. Durch Urteil des Amtsgerichts Arnsberg vom 25. Oktober 2004 i.V.m. dem Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 15. März 2005 (5 Ds 170 Js 505/04 343/04) wurde der Beschwerdeführer wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von acht Monaten verurteilt. Einbezogen wurde dabei eine Freiheitsstrafe, die das Amtsgericht Menden am 09. Februar 2004 (7 Ds 322 Js 210/03 (99/03)) wegen Betruges und Diebstahls in Höhe von insgesamt fünf Monaten gegen ihn verhängt hatte. Weiterhin wurde der Beschwerdeführer durch das Amtsgericht Unna am 13. Juli 2006 (91 Ds 104 Js 869/04 111/05) wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von fünf Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der vorgenannten Strafen wurde jeweils, auch im Rahmen der Gesamtstrafenentscheidung, zur Bewährung ausgesetzt, die Strafaussetzungen später widerrufen. Schließlich verhängte das Amtsgericht Unna am 13. September 2007 (91 Ds 242 Js 841/07 1345/07) gegen den Beschwerdeführer wegen Diebstahls und versuchten Diebstahls eine Freiheitsstrafe in Höhe von neun Monaten. Nach Verbüßung von jeweils Zwei-Dritteln der Strafe sind die Reststrafen aus diesen Entscheidungen durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen vom 13. August 2009 (61 StVK 527 530/09) für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt worden. Hierbei wurde dem Verurteilten u.a. die Weisung erteilt, sich nach der Entlassung aus der Strafhaft unverzüglich und unmittelbar in die Therapieeinrichtung zu begeben und dort ordnungsgemäß die für ihn vorgesehene Langzeitdrogentherapie zu absolvieren, diese nicht eigenmächtig abzubrechen und jedes Verhalten zu unterlassen, das seine disziplinarische Entlassung durch die Therapieeinrichtung auslösen könnte. Die am 24. August 2009 angetretene Langzeittherapie in der wurde am 01. September 2009 von der Klinik abgebrochen. Nach Angaben des Verurteilten in seiner persönlichen Anhörung vom 24. September 2009 lag dem zugrunde, dass er die Abgabe einer Urinkontrolle verweigert hatte. Darauf widerrief die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen die durch Beschluss vom 13. August 2009 bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung. Gegen diesen, ihm am 30. September 2009 zugestellten Beschluss richtet sich der Verurteilte mit seiner durch anwaltlichen Schriftsatz vom 07. Oktober 2009 eingelegten sofortigen Beschwerde, die am selben Tag bei dem Landgericht Hagen eingegangen ist. Die darin angekündigte Begründung mit gesondertem Schriftsatz ist nicht eingegangen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat unter dem 16. Oktober 2009 Stellung genommen und beantragt wie beschlossen. II. Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Antrag wie folgt begründet: Die gem. § 453 Abs. 2 Satz 3 StPO, § 56 f StGB statthafte und gem. § 311 Abs. 2 1. Halbsatz StPO fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Die Strafvollstreckungskammer hat die Aussetzung der Vollstreckung der Restfreiheitsstrafen zur Bewährung gem. § 56 f Abs. 1 Nr. 2 StGB zu Recht widerrufen, weil der Verurteilte gegen Weisungen gröblich verstoßen und dadurch Anlass zu der Besorgnis gegeben hat, dass er erneut Straftaten begehen wird. Dem Verurteilten wurde durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen vom 13.08.2009 (BI. 1 ff. Bew.H.) zugleich mit der Aussetzung der Reststrafen zur Bewährung die Weisung erteilt, sich nach der Entlassung aus der Strafhaft unverzüglich und unmittelbar in die im Beschluss als Entlassungsanschrift genannte Therapieeinrichtung Eschenberg-Wildpark-Klinik in Hennef/Sieg zu begeben und dort ordnungsgemäß die für ihn vorgesehene Landzeitdrogenentzugstherapie zu absolvieren. Er dürfe diese Therapie nicht eigenmächtig abbrechen und habe jedes Verhalten zu unterlassen, das seine disziplinarische Entlassung durch die Therapieeinrichtung auslösen könne. In diese gem. § 56c Abs. 3 Nr. 1 StGB zulässige und insbesondere hinreichend bestimmte Weisung hatte der Verurteilte zuvor gem. § 56c Abs. 3 StGB eingewilligt bzw. sogar einen entsprechenden Therapiewunsch geäußert (Bd. II BI. 4, 129 ErsatzVH). Es kann dahinstehen, ob der Verurteilte wie es sich aus der Mitteilung des Bewährungshelfers vorn 07.09.2009 (BI. 44 Bew.H.) ergibt nach Antritt der Langzeittherapie rückfällig geworden ist und erneut Drogen konsumiert hat. Denn bereits durch die vom Verurteilten in der mündlichen Anhörung selbst eingestandene Verweigerung der Abgabe einer Urinprobe zwecks Kontrolle eines möglichen Alkoholkonsums während der Therapie (BI. 50, 51 Bew.H.) hat er gegen die ihm mit Beschluss vorn 13.08.2009 erteilte Therapieweisung verstoßen, indem er ein Verhalten an den Tag gelegt hat, aufgrund dessen er seitens der Therapieeinrichtung aus disziplinarischen Gründen entlassen werden musste. Dieser Verstoß war auch im Sinne des § 56 f Abs. 1 Nr. 2 StGB gröblich und insbesondere für den Verurteilten vermeidbar. Als gröblich ist ein Verstoß dann zu werten, wenn er objektiv und subjektiv schwer wiegt. Grundsätzlich ist ein gröblicher Verstoß anzunehmen, wenn eine aufgrund zulässiger Weisung begonnene stationäre Therapie von der Therapieeinrichtung aus disziplinarischen Gründen beendet und der Verurteilte entlassen werden muss (zu vgl. Fischer, StGB, 56. Aufl., § 56 f Rdnr. 10a ff. m.w.N.). So liegt der Fall hier. Umstände, aufgrund derer hier ausnahmsweise von der Annahme eines gröblichen Verstoßes abzusehen wäre, sind nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Verurteilten die Abgabe der Urinprobe nicht möglich gewesen wäre, bestehen nicht. Das von ihm verweigerte Verhalten stellte zudem im Verhältnis zu der Bedeutung der Therapie und der im Fall eines Widerrufs drohenden weiteren Strafvollstreckung nur einen geringfügigen Eingriff in seine Rechte dar. Aufgrund der nach wie vor unbehandelten Drogensucht des Verurteilten und seiner strafrechtlichen Vorgeschichte gibt der Verstoß auch zwanglos Anlass zu der Besorgnis, dass der Verurteilte erneut Straftaten begehen wird, so dass ihm nur eine negative Prognose gestellt werden kann. Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Überprüfung an und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung. Ergänzend merkt der Senat folgendes an: Im Hinblick auf die langjährige, verfestigte Drogenproblematik muss ohne intensive therapeutische Betreuung in einem eng strukturierten Rahmen von einer permanenten akuten Rückfallgefahr ausgegangen werden. Dieser Gefahr ist die hohe Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer Straftaten immanent. Anders wird sich von dem Verurteilten, wie die Vergangenheit bereits gezeigt hat, ein Betäubungsmittelkonsum auf Dauer nicht finanzieren lassen. Bei wertender Betrachtung aller Umstände kann nicht davon ausgegangen werden, dass im vorliegenden Fall ausnahmsweise eine Maßnahme im Sinne des § 56 f Abs. 2 StGB ausreichend ist, um die Gefahr erneuter Straftaten abzuwenden. In Anbetracht der eindeutigen Sach- und Rechtslage bedurfte es eines weiteren Zuwartens des Eingangs einer im Übrigen nur angekündigten Beschwerdebegründung nicht. Das Bewährungsheft 61 StVK 530/09 Bew. LG Hagen (104 Js 869/04 V StA Dortmund) mit dem darin befindlichen Schriftsatz der Bevollmächtigten des Verurteilten vom 19. Oktober 2009 lag dem Senat vor. |
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