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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2) 4 Ausl. A 7/08 (411/09) OLG Hamm

Leitsatz: Wenn aus den vorliegenden Auslieferungsunterlagen hervorgeht, dass das Auslieferungsersuchen auf einem in Abwesenheit des Verfolgten gefällten Urteil beruht (hier: Abschiebung eines montenegrinischen Staatsangehörigen wegen Diebstahls), ist die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung zurückzustellen. Es muss zuerst geprüft werden, ob die Auslieferung und die ihr zugrundeliegenden Akte mit dem völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandard elementarer Verfahrensgerechtigkeit und den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen der öffentlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland vereinbar sind.

Senat: 2

Gegenstand: Auslieferungssache

Stichworte: Auslieferungssache; Abwesenheitsurteil

Normen: GG Art. 25; IRG § 16

Beschluss:

Auslieferungssache
betreffend den montenegrinischen Staatsangehörigen wegen Auslieferung des Verfolgten aus Deutschland nach Montenegro zur Strafvollstreckung wegen Diebstahls,
(hier: Zulässigkeit der Auslieferung).
Auf den Antrag der Generalstaatsanwaltschaft in Hamm vom 02. November 2009 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 12. 11. 2009 durch

beschlossen:
Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung wird vorerst zurückgestellt.
Gründe:
Die montenegrinischen Behörden betreiben gegen den Verfolgten ein Auslieferungsverfahren zum Zwecke der Strafvollstreckung wegen Diebstahls.
Der Senat hat durch Beschluss vom 24. April 2008 – (2) 4 Ausl. A 7/09 (111/08) –, auf den zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang Bezug genommen wird, die vorläufige Auslieferungshaft angeordnet (§ 16 IRG) und zugleich den vorläufigen Auslieferungshaftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.
Nach den vorliegenden Auslieferungsunterlagen erfolgte das Auslieferungsersuchen, soweit ersichtlich, aufgrund eines in Abwesenheit des Verfolgten gefällten Urteils. Die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm hatte daher bereits am 16. April 2008 die montenegrinischen Behörden um Mitteilung gebeten, ob es sich tatsächlich um ein Abwesenheitsurteil handelte und ob dem Verfolgten für diesen Fall nach einer eventuellen Überstellung die Möglichkeit eröffnet werden wird, eine Wiederholung des Strafverfahrens zu erwirken. Diese Anfrage ist unbeantwortet geblieben.
Nunmehr beantragt die Generalstaatsanwaltschaft unter dem 02. November 2009, nachdem der Verfolgte im Rahmen seiner persönlichen Anhörung am 22. Juli 2008 angab, mit einer Auslieferung nicht einverstanden zu sein, die Auslieferung des Verfolgten für zulässig zu erklären.
Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung war bei dieser Sachlage zurückzustellen. Deutsche Gerichte haben grundsätzlich das Zustandekommen eines ausländischen Strafurteils, zu dessen Vollstreckung der Verfolgte ausgeliefert werden soll, nicht zu überprüfen (BVerfG, NJW 1983, 1726; Senatsbeschlüsse vom 17. April 1997 – (2) 4 Ausl. 92/97 (18/97) –, abgedruckt in: NStZ-RR 1997, 242 – 243 mit weiteren Nachweisen und vom 19. Mai 2009 – (2) 4 Ausl A 17/09 (129/09) –). Wenn sich indes Anhaltspunkte dafür ergeben, dass das Urteil in Abwesenheit des Verfolgten ergangen ist, muss geprüft werden, ob die Auslieferung und die ihr zugrundeliegenden Akte mit dem völkerrechtlich verbindlichen, nach Art. 25 GG zu beachtenden Mindeststandard elementarer Verfahrensgerechtigkeit und den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen der öffentlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland vereinbar sind (BVerfG, NJW 1983, 1726; Senatsbeschluss vom 17. April 1997 – (2) 4 Ausl. 92/97 (18/97) –, abgedruckt in: NStZ-RR 1997, 242 – 243). Nach diesem Mindeststandard verfassungsrechtlicher Garantien muss dem Verfolgten in dem ausländischen Strafverfahren hinreichend rechtliches Gehör gewährt und eine angemessene Verteidigung ermöglicht worden sein (Senatsbeschluss vom 17. April 1997 – (2) 4 Ausl. 92/97 (18/97) –, abgedruckt in: NStZ-RR 1997, 242 – 243; Senatsbeschluss vom 02. Oktober 2002 – 2 WS 327/02 –, jeweils mit weiteren Nachweisen). Bis zur Klärung dieser noch offenen Frage, die nicht dem Verfahren über die Bewilligung der Auslieferung vorbehalten werden kann, kann der Senat nicht über den Zulässigkeitsantrag der Generalstaatsanwaltschaft entscheiden.




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