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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss OWi 870/09 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Zur Zuständigkeit des Einzelrichters bei Verhängung mehrerer Geldbußen, deren Gesamtsumme 5000 Euro übersteigt.
2. Zum erforderlichen Umfang der tatsächlichen Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen bei einer Geldbuße von 5.000 €.

Senat: 3

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Einzelrichter, mehrere Geldbußen. wirtschaftlichen Verhältnisse, Feststellungen, Umfang

Normen: OWiG 80a, OWiG 17

Beschluss:


In pp.
hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm am 15.12.2009 beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
- soweit der Betroffene darin wegen vorsätzlichen selbständigen Betreibens eines zulassungspflichtigen Gewerbes als stehendes Gewerbe ohne erforderlichen Eintrag in die Handwerksrolle in Tateinheit mit vorsätzlicher Nichtanzeige des Beginns des selbständigen Betriebs bei Erbringung von Dienst- und Werkleistungen in erheblichem Umfang und
-soweit er wegen vorsätzlichen Ausführenlassens von Werkleistungen in erheblichem Umfang durch Beauftragung einer Person, die die Leistung unter Verstoß gegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG erbringt, jeweils zu einer Geldbuße von 2.500 Euro verurteilt worden ist.
Die Sache wird insoweit zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsmittels – an das Amtsgericht Bielefeld zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die Stadt C – Der Oberbürgermeister – hat gegen den Betroffenen mit Bußgeldbescheid vom 17.09.2008 folgende Geldbußen festgesetzt:
"
• wegen Zuwiderhandlung iSd. § 118 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 118 Abs. 2 Handwerksordnung (HandwO) ein Bußgeld in Höhe von 500,00 €.
• wegen vorsätzlicher Zuwiderhandlung iSd. § 8 Abs. 1 Nr. 1 d und e iVm. § 8 Abs. 3 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung – Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz – (SchwarzArbG) ein Bußgeld in Höhe von 3.500,00 €.
• wegen vorsätzlicher Zuwiderhandlung iSd. § 8 Abs. 1 Nr. 2 IVm. § 8 Abs. 3 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung – Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz – (SchwarzArbG) ein Bußgeld in Höhe von 3.500,00 €."

Hiergegen hat der Betroffene am 23.09.2009 Einspruch eingelegt. Am 30.07.2009 hat das Amtsgericht Bielefeld eine Hauptverhandlung über den Einspruch durchgeführt, welche nach Aufruf der Sache, Bekanntgabe des Bußgeldbescheides, Belehrung des Betroffenen und Erörterung der Sach- und Rechtslage auf den 14.10.2009 vertagt wurde. In der Hauptverhandlung war kein Vertreter der Staatsanwaltschaft anwesend.
Mit Schriftsatz vom 07.09.2009 teilte die Verteidigerin des Betroffenen mit, "dass sich der Einspruch ausdrücklich auf die Rechtsfolgenaussprüche beschränkt". Darauf hin hob das Amtsgericht den Hauptverhandlungstermin auf und kündigte an, dass gem. § 72 OWiG durch Beschluss entschieden werden solle und setzte hiervon u.a. die Staatsanwaltschaft in Kenntnis. Der Betroffene hatte bereits zuvor dem Beschlussverfahren zugestimmt.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht Folgendes entschieden:
"Der Betroffene wird wegen vorsätzlicher Nichtanzeige des selbständigen Betriebes eines handwerksähnlichen Gewerbes als stehendes Gewerbe bei der Handwerkskammer zu einer Geldbuße in Höhe von 250,-- Euro verurteilt.
Wegen selbständigen Betreibens eines zulassungspflichtigen Gewerbes als stehendes Gewerbe ohne erforderlichen Eintrag in die Handwerksrolle in Tateinheit mit Nichtanzeige des Beginns des selbständigen Betriebes bei Erbringung von Dienst- und Werkleistungen in erheblichem Umfang wird der Betroffene zu einer Geldbuße in Höhe von 2500,-- Euro verurteilt.
Wegen Ausführenlassens von Werkleistungen in erheblichem Umfang durch Beauftragung einer Person, die die Leistung unter Verstoß gegen § 8 Abs.1 Nr. 1 SchwArbG erbringt wird der Betroffene zu einer weiteren Geldbuße von 2500,-- Euro verurteilt.
Dem Betroffenen wird gestattet, die Geldbußen in monatlichen Teilbeträgen in Höhe von 250,-- Euro beginnend mit der Rechtskraft des Beschlusses zu zahlen. Diese Vergünstigung entfällt, wenn ein Teilbetrag nicht rechtzeitig gezahlt wird."
Gegen den Beschluss wendet sich der Betroffene mit der rechtzeitig eingelegten und begründeten Rechtsbeschwerde, allerdings nicht, soweit der Betroffene wegen vorsätzlicher Nichtanzeige des selbständigen Betriebes eines handwerksähnlichen Gewerbes als stehendes Gewerbe bei der Handwerkskammer zu einer Geldbuße in Höhe von 250 Euro verurteilt worden ist. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
II.
Der Senat hatte in der Besetzung mit einem Richter gem. § 80a Abs. 1 OWiG zu entscheiden. Eine Besetzung mit drei Richtern nach § 80a Abs. 2 OWiG kam nicht in Betracht. Zwar sind mit dem angefochtenen Beschluss insgesamt Bußgelder in Höhe von 5.250 Euro verhängt worden. Werden für mehrere Ordnungswidrigkeiten Geldbußen verhängt, deren Summe 5000 Euro übersteigt, so führt dies dann zur Besetzung mit drei Richtern, wenn die Geldbußen wegen einer prozessualen Tat verhängt wurden oder unklar bleibt, ob ihnen eine prozessuale Tat zu Grunde lag (OLG Hamburg NStZ-RR 1999, 57; Göhler-Seitz OWiG 15. Aufl. § 80a Rdn. 3). Dem ist hier nicht so. Jedenfalls die beiden noch in Streit stehenden Ordnungswidrigkeiten sind nicht im Rahmen einer prozessualen Tat begangen worden. Ob e i n e Tat i.S.d. § 264 StPO vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob zwischen den fraglichen Verhaltensweisen unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung eine so enge innere Verknüpfung besteht, dass eine getrennte Aburteilung in verschiedenen Verfahren einen einheitlichen Lebensvorgang unnatürlich aufspalten würde (OLG Hamm wistra 2002, 400 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Zwar betreffen hier die Ordnungswidrigkeiten nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 lit. d und e sowie Nr. 2 SchwarzArbG dasselbe Schutzgut. Indes liegt nach den – zur Tat aufgrund der Einspruchsbeschränkung rechtskräftigen – Feststellungen im Bußgeldbescheid den Ordnungswidrigkeiten ein unterschiedlicher Sachverhalt zu Grunde. So unterscheiden sich die Tatzeiträume und die Begehungsmodalitäten (einmal hat der Betroffene selbst bestimmte Leistungen erbracht, einmal hat er diese durch den gesondert verfolgten Sommer ausführen lassen, die Gewerke sind ebenfalls nicht völlig identisch, ebensowenig die Rechnungssummen). Beide Taten hängen nicht zwangsläufig zusammen. Eine unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs liegt mit der Annahme verschiedener prozessualer Taten nicht vor.
III.
Die zulässigerweise beschränkte Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
Die (vertikale) Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf die Verurteilung wegen einzelner Geldbußen ist zulässig, so dass Gegenstand der Überprüfung durch den Senat nur noch die beiden Geldbußen von je 2.500 Euro sind.
1.
Zutreffend geht das Amtsgericht von einer wirksamen Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch aus, so dass es zutreffend nur noch über diesen
– und nicht mehr über den Schuldspruch selbst – entschieden hat. Die Formulierungen unter III. des angefochtenen Beschlusses lassen dies hinreichend erkennen, auch wenn der Tenor des Beschlusses den Schuldspruch des Bußgeldbescheides
– bei gleichbleibender inhaltlicher Aussage - umformuliert .
Die Wirksamkeit einer Rechtsmittelbeschränkung ist nach einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Literatur von Amts wegen zu prüfen. Ist das Amtsgericht zu Unrecht von einer wirksamen Rechtsmittelbeschränkung ausgegangen, so führt dies auf die Sachrüge hin zur Aufhebung des angefochtenen Urteil (zur vergleichen Problematik der Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung: OLG Hamm Beschl. v. 13.10.2009 – 3 Ss 422/09 = BeckRS 2009, 29996; OLG Hamm Beschl. v. 29.03.2007 – 3 Ss 105/07; OLG Frankfurt NStZ-RR 1997, 45).
Die Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung (vgl. § 67 Abs. 2 OWiG), welche sich als Teilrücknahme des ursprünglich unbeschränkt eingelegten Rechtsmittels darstellt (vgl. Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 303 Rdn. 1 m.w.N.) scheitert hier nicht an der fehlenden Zustimmung der Staatsanwaltschaft (§ 303 StPO i.V.m. § 46 OWiG). Eine ausdrückliche Zustimmung nach der Beschränkung wurde nicht erklärt. Indes ist die Zustimmung formfrei möglich (OLG Hamm Beschl. v. 13.10.2009 – 3 Ss 422/09 = BeckRS 2009, 29996 m.w.N.). In der Zustimmung der Staatsanwaltschaft zur Entscheidung durch Beschluss, welche vor der Beschränkung im Hinblick auf einen Vermerk des Gerichts, dass im Falle der Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch durch Beschluss entschieden werden solle, in Verbindung mit der späteren Aufhebung des Termins und Mitteilung, dass durch Beschluss entschieden wird und fehlenden Widerspruchs der Staatsanwaltschaft hiergegen, lässt sich erkennen, dass die Staatsanwaltschaft auch der Einspruchsbeschränkung zugestimmt hat.
Auch erfolgte die nachträgliche Beschränkung des Einspruchs mit Schriftsatz vom 07.09.2009 mit ausdrücklicher Ermächtigung des Betroffenen (§ 302 Abs. 2 StPO i.V.m. § 46 OWiG), wie die Verteidigern auf Nachfrage des Senats mit Schriftsatz vom 07.12.2009 versichert hat.
Schließlich ist auch die Einspruchsbeschränkung nicht deswegen unwirksam, weil die in dem Bußgeldbescheid enthaltenen Feststellungen zur Tat so unklar oder widersprüchlich wären, dass sie die Überprüfung der Rechtsfolgenentscheidung nicht zuließen. Die Tatfeststellungen im Bußgeldbescheid sind für die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruches ausreichend. Sie lassen eine Überprüfung der Bußgeldbemessung darauf, ob Bußgeldrahmen und die Bußgeldbemessung im Konkreten
(§ 17 Abs. 3 und 4 OWiG) rechtmäßig sind zu. So ergeben sich die Tatzeiträume, die Art und Zahl der erbrachten Werkleistungen und die dafür erstellten Rechnungen (welche sich aus der Anlage zum Bußgeldbescheid ergeben auf die im Bescheid verwiesen wird) sowie auch die Vorsatzform (im Bußgeldbescheid wird von Eventualvorsatz ausgegangen) aus den Tatfeststellungen im Bescheid.
2.
Die Rechtsbeschwerde hat – soweit der Beschluss angegriffen wurde - mit der Sachrüge Erfolg.
Zwar greifen die Einzelausführungen zur Sachrüge nicht durch, da sie im wesentlichen den Schuldspruch betreffen, welcher aber bereits in Rechtskraft erwachsen ist (s.o.). Indes hält die konkrete Bußgeldbemessung im Einzelnen rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Insbesondere fehlt es an einer hinreichenden Prüfung und Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen gem. § 17 Abs. 3 S. 2 OWiG. Das Amtsgericht schließt allein daraus, dass der Betrieb des Betroffenen expandiert habe, dass die Geschäfte gut laufen und er daher in geregelten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Letzteres reicht aber bereits nicht aus, um zu prüfen, ob ihn die angefochtenen Geldbußen in einer Gesamtsumme von 5000 Euro nicht unverhältnismäßig hart treffen. Die Gesamtsumme von 5000 Euro liegt immerhin bei etwa dem zweieinhalbfachen eines durchschnittlichen Monatslohns in der Bundesrepublik Deutschland. Dass er Inhaber eines Betriebes mit 20 Mitarbeitern ist, lässt weder den Schluss auf geregelte wirtschaftliche Verhältnisse zu (Höhe des Gewinns? Verluste? Schulden? Vermögen?) noch darauf, was das Gericht darunter versteht. So ließe sich begrifflich auch ein Einkommen deutlich unterhalb eines Durchschnittseinkommens noch unter den Begriff der geregelten wirtschaftlichen Verhältnisse subsumieren, gäbe aber, wenn die Geldbuße ein Vielfaches, eines solchen Einkommens betrüge, doch gewissen Anlass zu näherer Prüfung.
Auch die Schätzung des wirtschaftlichen Vorteils mit 5% der Rechnungssummen ist nicht nachvollziehbar. Insoweit wären Schätzgrundlagen anzugeben (von welchem Meistergehalt geht das Gericht aus?, Beziehen sich die Rechnungen auf reine Lohnkosten oder sind auch Materialkosten darin enthalten?).
Einer Entscheidung über die Verfahrensrügen bedurfte es, da das angefochtene Urteil schon auf die Sachrüge hin aufzuheben war, nicht.
3.
Der Senat weist nochmals klarstellungshalber darauf hin, dass die Aufhebung allein den Rechtsfolgenausspruch bezüglich der beiden Geldbußen von je 2.500 Euro betrifft, der Schuldspruch des Bußgeldbescheides aber bereits aufgrund wirksamer Einspruchsbeschränkung rechtskräftig ist und der Rechtsfolgenausspruch hinsichtlich der Geldbuße von 250 Euro aufgrund der Rechtsbeschwerdebeschränkung in Rechtskraft erwachsen ist.




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