Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 485/09 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Bestimmtheit einer Weisung betreffend die Meldung eines Wohnungs-bzw. Arbeitsplatzwechsels im Rahmen der Führungsaufsicht.

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Bestimmtheit Weisungen Führungsaufsicht

Normen: StGB § 68b

Beschluss:

Strafvollstreckungssache
In pp.
hat der 3. Strafsenat des OLG Hamm am 15.12.2009 beschlossen:

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
2. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer, dass die Führungsaufsicht nach § 68f Abs. 2 StGB nicht entfällt, wird auf Kosten des Verurteilten als unzulässig verworfen.
3. Die Beschwerde gegen die Anordnungen zur Führungsaufsicht wird auf Kosten des Verurteilten mit folgenden Maßgaben verworfen:
a) die Weisung zu Ziff. 6 Satz 1 des angefochtenen Beschlusses entfällt,
b) die Weisung zu Ziff. 5 wird wie folgt neu gefasst:
„Der Verurteilte hat sich im Falle der Erwerbslosigkeit um eine versiche-rungspflichtige Arbeit zu bemühen und sich bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden. Geht er einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nach, so hat er alles zu unterlassen, was eine verhaltensbedingte Kündigung begründen könnte.“
Gründe
I.
Der Verurteilte war durch das Amtsgericht Lünen am 20.04.2006 wegen Betruges in vier Fällen zu einer Einheitsjugendstrafe von 2 Jahren und 8 Monaten – unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Lünen vom 30.10.2003 - verurteilt worden. Zu Grunde lagen erschlichene Mobilfunkverträge bzw. in der einbezogenen Sache Diebstähle und andere Delikte. Nach Überstellung in den Erwachsenenvollzug war das Strafende auf den 10.11.2009 notiert. Tatsächlich ist er einen Tag zuvor, unter Vorverlegung des Entlassungszeitpunkts nach § 43 StVollzG, entlassen worden.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer festgestellt, dass nach vollständiger Verbüßung Führungsaufsicht eintritt und deren Dauer auf drei Jahre bestimmt sowie verschiedene Weisungen erteilt. Der Beschluss ist dem Verurteilten ausweislich der Zustellungsurkunde Bl.1 32 VH IV am 12.10.2009 mit einer Rechtsmittelbelehrung (wie vom Gericht angeordnet) zugestellt worden.
Gegen den Beschluss wendet sich der Verurteilte mit seinem als "sofortige Beschwerde" bezeichneten, vom 09.11.2009 datierenden, am 20.11.2009 eingegangenen, Rechtsmittel mit dem er auch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt hat, weil dem Beschluss keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt gewesen sei.
II.
Die Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe des Verurteilten haben nur geringfügigen Erfolg.
1.
Das Wiedereinsetzungsgesuch und die sofortige Beschwerde gegen die Nichtanordnung des Entfallens der Führungsaufsicht waren als unzulässig zu verwerfen.
Die Generalstaatsanwaltschaft, deren Ausführungen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, hat dazu in der Antragsschrift vom 07.12.2009 Folgendes geschrieben:
"Die gem. § 454 Abs. 3 StPO i.V.m. § 68 f StGB, § 7 JGG statthafte sofortige Beschwerde ist nicht innerhalb der Frist des § 311 Abs. 2 StPO eingelegt worden und daher unzulässig. Der angefochtene Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld ist dem Verurteilten ausweislich der Zustellungsurkunde am 12.10.2009 zugestellt worden (BI. 132 Bd. 4 VH). Die Frist gem. § 311 Abs. 2 StPO endete mithin am 19.10.2009. Die am 20.11.2009 bei dem Landgericht Bielefeld eingegangene Beschwerde des Verurteilten ist damit verspätet.
Anlass, dem Untergebrachten auf seinen Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, besteht nicht. Er hat keine Umstände dargelegt und glaubhaft gemacht, nach denen er schuldlos an der Einhaltung der Beschwerdefrist gehindert war. Soweit er behauptet, dem angefochtenen Beschluss sei keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt worden, ist der gegenteilige Nachweis - über die Erteilung einer Rechtsmittelbelehrung - durch die Zustellungsurkunde vom 12.10.2009 geführt worden (BI. 132 Bd. 4 VH). Geschieht die Rechtsmittelbelehrung durch Verwenden eines Merkblattes, so ist die Umdrucknummer dieses Merkblattes als Gegenstand der Zustellung in der Zustellungsurkunde aufzuführen, damit der Nachweis über den Inhalt der Belehrung geführt werden kann (zu vgl. OLG Düsseldorf NStZ 1986, 233 f.). Auch soweit der Verurteilte ausführt, ihm sei der Tag, an dem ihm der Beschluss ausgehändigt worden sei, nicht bekannt, entlastet ihn dies nicht, denn seinem Vortrag ist nicht zu entnehmen, dass ihm der Beschluss an einem späteren Tag als dem 12.10.2009 ausgehändigt wurde. Da der Verurteilte seine Beschwerde erst nach Ablauf der Beschwerdeschrift gefertigt hat, ist auch auszuschließen, dass diese aufgrund einer verzögerten Postbeförderung verspätet eingegangen ist."
Rein ergänzend bemerkt der Senat, dass die Vorverlegung des Entlassungszeitpunktes nach § 43 StVollzG um einen Tag nichts an der Vollverbüßung im Sinne des § 68f StGB ändert (KG Berlin NStZ 2004, 228).
III.
Soweit sich das Rechtsmittel gegen einzelne Anordnungen im Rahmen der Führungsaufsicht wendet, ist es nach §§ 463 Abs. 2, 453 StPO statthaft und erweist sich teilweise als begründet.
1.
Dass hinsichtlich dieses Teils des Rechtsmittels eine Nichtabhilfeentscheidung i.S.v. § 306 Abs. 2 StPO nicht getroffen wurde ist unschädlich, da eine solche nicht Ver-
fahrensvoraussetzung für eine Entscheidung des Beschwerdegerichts ist
(Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 306 Rdn. 10).
2.
Die Beschwerde gegen die Bemessung der Dauer der Führungsaufsicht kann nur darauf gestützt werden, dass die getroffene Anordnung gesetzeswidrig sei, insbesondere dass ein Ermessensnichtgebrauch vorliege oder der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt sei (vgl. Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 453 StPO, Rdn. 12). Daran gemessen ist der Beschluss nicht zu beanstanden.
3.
Auch soweit sich die Beschwerde gegen die Weisungen des Beschlusses richtet, kann diese nur darauf gestützt werden, dass die getroffenen Anordnungen gesetzeswidrig seien. Insoweit hat sie geringfügigen Erfolg.
Die Weisung zu Ziff. 6 Satz 1 des angefochtenen Beschlusses war aufzuheben, da sie über § 68b Abs. 1 Nr. 8 StGB hinausgeht, indem beim Wechsel von Wohnung und Arbeitsstelle statt einer unverzüglichen (nachträglichen) Meldung eine "vorherige Rücksprache mit dem Bewährungshelfer" fordert. Derartige über den Katalog des
§ 68b Abs. 1 StGB hinausgehende Weisungen müssen dem Bestimmtheitsgebot
(§ 68b Abs. 1 Satz 2 StGB) entsprechen und das verbotene oder verlangte Ver-
halten genau bezeichnen (Fischer StGB 56. Aufl. § 68b StGB Rdn. 12). Diesem Erfordernis genügt die vorbenannte Weisung nicht, da nicht in der gebotenen Deutlichkeit zu ersehen ist, ob es sich - wie in der Beschwerdebegründung ausgeführt - um einen "Genehmigungsvorbehalt" handelt oder nicht. Letztlich bleibt offen, welche konkreten Anforderungen hinsichtlich der Lebensführung durch das Gericht an den Verurteilten gestellt werden. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes hat ausschließlich dieses die Befugnis, dem Verurteilten über den Katalog des § 68b Abs. 1 StGB hinaus weitere Weisungen zu erteilen. Eine Übertragung dieser Befugnis auf Dritte, insbesondere den Bewährungshelfer oder die Führungsaufsichtsstelle, ist nicht nur gesetzlich nicht vorgesehen, sondern dürfte angesichts der Erheblichkeit eines denkbaren Eingriffs in das verfassungsmäßig verbriefte Freiheitsgrundrecht des Verurteilten mit dem Richtervorbehalt nicht in Einklang stehen und sich somit als verfassungswidrig erweisen.
Allerdings musste insoweit nicht die gesamte Weisung zu Ziff. 6 des Beschlusses entfallen, sondern nur deren erster Satz. Der zweite Satz, der vorsieht, dass der Verurteilte jeden Wohnsitz- und Arbeitsstellenwechsel unverzüglich der Führungsaufsichtsstelle meldet, entspricht § 68b Abs. 1 Nr. 8 StGB. Sie ist zumutbar (§ 68b
Abs. 3 StGB) und ermessensfehlerfrei – da es unbedingt erforderlich ist, auf jede Änderung, insbesondere Verschlechterung der Wohn- und Einkommensverhältnisse frühzeitig reagieren zu können, um daraus folgenden Anreizen zu neuen Straftaten begegnen zu können. Dass der Verurteilte im vorliegenden Fall entgegen seiner Angaben in der Anhörung vor der Strafvollstreckungskammer sich zur Zeit bei einem früheren Mittäter aufhält, zeigt, wie notwendig diese Weisung ist. Sie kann daher bestehen bleiben.
Auch die vom Verurteilten angegriffene Weisung zu Ziff. 5 kann bestehen bleiben. Sie war lediglich präziser zu fassen, da die Formulierung der Strafvollstreckungskammer zwar einen verständigen Leser, nicht aber zwingend jedem Verurteilten, der der Maßregel eventuell ohnehin mit einer Abwehrhaltung gegenübersteht, verständlich war. Bei ihrem jetzigen Satz 1, 1. Halbsatz handelt es sich um eine Weisung nach § 68b Abs. 2 StGB (vgl. OLG Jena Beschl. v. 02.03.2006 – 1 Ws 66/06 – juris; Fischer StGB 56. Aufl. § 68b Rdn. 11), bei Halbsatz 2 handelt es sich um eine Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 9 StGB, die nicht als gesetzwidrig anzusehen ist. Bei Satz 2 handelt es sich wiederum um eine Weisung nach § 68b Abs. 2 StGB.
Im übrigen ist die Beschwerde unter Zugrundelegung des Eingangs aufgezeigten Maßstabes unbegründet.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO. Das geringfügige Obsiegen des Verurteilten rechtfertigt keine Kostenteilung.
Seite drucken




zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".