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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 301/09 OLG Hamm

Leitsatz: Die Anwendungen der Gefangenentransportvorschrift - GTV - setzt das Bestehen eines vollzuglichen Gewahrsamsverhältnisses voraus.

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Beförderungskosten, Gefangenentransprot, Ambulanzflug

Normen: KV GKG Nr. 9008

Beschluss:

Strafscahe
In pp.
hat der 3. Strafsenat des OLG Hamm am 23.02.2010 beschlossen:
Der Beschluss des Landgerichts Detmold vom 26.06.2009 wird aufgehoben.
Die Erinnerung des Verurteilten vom 24.09.2008 gegen den Kostenansatz in der Kostenrechnung der Staatsanwaltschaft Detmold vom 21./ 22.07.2008 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
G r ü n d e :
I.
Mit mittlerweile rechtskräftigem Urteil vom 25.09.2007 verhängte das Landgericht Detmold wegen versuchten Raubes eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten gegen den Verurteilten. Ihm wurden zudem mit Beschluss vom 16.01.2008 die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Am 22.07.2008 erstellte die Oberjustizkasse Hamm auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Detmold v. 21.07.2008 zu Lasten des Verurteilten eine sich auf einen Gesamtbetrag i.H.v. 4505,80 Euro belaufende Kostenrechnung.
Eingestellt in diese Rechnung waren gem. Ziff. 9008 KV-GKG unter der lfdn. Nr. 4 Auslagen für die Beförderung von Personen i.H.v. 3034,00 Euro, die für einen Hubschraubertransportflug des Verurteilten am 29.03.2007 verauslagt worden waren.
Diesem Flug war vorausgegangen, dass der Verurteilte im Zuge der Verwirklichung der versuchten Raubtat am 21.03.2007 einen Bauchschuss erlitten hatte, lebensgefährlich verletzt worden war und im Klinikum M notoperativ versorgt werden musste.
Aufgrund des zu diesem Zeitpunkt noch ungeklärten Sachverhalts hielt man zunächst den Verurteilten für das Tatopfer.
Am 29.03.2007 erließ das Amtsgericht Detmold Haftbefehl gegen den Verurteilten. Der Amtsrichter begab sich in das Klinikum, erklärte dem Verurteilten die vorläufige Festnahme und verkündete den Haftbefehl. Zudem fertigte der Amtsrichter ein an das Justizvollzugskrankenhaus G gerichtetes Aufnahmeersuchen.
In einem polizeilichen Vermerk vom selben Tag ist festgehalten:
"Nach Verkündung des U-Haftbefehls sollte der Transport über den anwesenden Justizwachtmeister mit einem Krankenwagen erfolgen. Da aus medizinischer Sicht eine Begleitung durch einen ausgebildeten Arzt mit Notfallausbildung notwendig sei, wurde die Bewachung des Strafgefangenen zunächst von hier unterstützt und ein Privatunternehmen mit Kostenzusage durch OStA I organisiert."
In der ärztlichen Verordnung zur Krankenbeförderung wurde als Bestimmungsort das JVK G, und als Beförderungsmittel unter Ausscheiden der übrigen im Verordnungsformular vorgesehenen Beförderungswege "LTH" angegeben.
Die Rechnung i.H.v. 3034,00 Euro für den als "Ambulanzflug Per Intensiv" eingesetzten Transporthubschrauber des Beförderungsunternehmens U GmbH wurde auf Anordnung des zuständigen Oberstaatsanwalts angewiesen.
Mit seiner Erinnerung vom 24.09.2008 beanstandet der Verurteilte den Ansatz der Kosten für den Hubschraubertransportflug. Zur Begründung führte er an, sein Gesundheitszustand habe diese kostenintensive Beförderungsart nicht erforderlich gemacht. Er habe diesen Beförderungsweg auch nicht gewünscht und sei davon ausgegangen, dass die Kosten vom Krankenversicherer getragen würden. Im übrigen erhebe er den Einwand der unrichtigen Sachbehandlung, da er weder Gelegenheit erhalten habe, zu der beabsichtigten Beförderungsart Stellung zu nehmen, noch deren Anordnung auf ausreichender Prüfung beruhe.
Die Staatsanwaltschaft hat der Erinnerung unter Hinweis darauf, dass nach Auskunft des zuständigen Oberstaatsanwalts die Überstellung mit dem Hubschrauber auf Anordnung der Klinikärzte wegen des Gesundheitszustandes des Verurteilten zwingend gewesen sei, nicht abgeholfen. Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Detmold ist der Erinnerung entgegengetreten.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 26.06.2009 hat die Strafkammer III des Landgerichts Detmold - als Kollegialgericht nach vorangegangener Übertragung des Verfahrens - den Kostenansatz der Staatsanwaltschaft vom 21.07.2008 aufgehoben, soweit die Auslagen für den Hubschrauberflug in Ansatz gebracht worden sind.
Das Landgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, nach dem geltenden Grundsatz der freien Heilfürsorge seien die Kosten für in Zusammenhang mit ärztlichen Behandlungen erfolgende Transporte von der öffentlichen Hand zu tragen, da es sich Kosten der ärztlichen Versorgung handele, die eigentlich von Justizvollzugsanstalten oder Justizvollzugskrankenhäusern zu übernehmen seien. Könnten letztere die ärztliche Versorgung nicht selbst leisten, und müssten private Träger in Anspruch genommen werden, seien diese Kosten zu übernehmen. Das Landgericht stützt sich zur Begründung u.a. auf einen Erlass des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10.10.1990, - IV A 2 - 880 -, aus dem sich ergebe, dass Rechnungen für Rettungstransporte an die Justizvollzugsanstalten zur Begleichung durch den Justizvollzug weiterzuleiten seien.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Detmold vom 10.07.2009. Dieser vertritt die Auffassung, es handele sich vorliegend weder um eine Maßnahme der Heilfürsorge noch um einen Rettungstransport i.S. des Erlasses noch um Kosten der Untersuchungshaft nach
§ 12 KostVfg, sondern vielmehr um einen Transport zur Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und damit um einen Transport zum Vollzug. Diese Beförderungskosten seien von § 464 a Abs. 1 StPO erfasst und aufgrund der ergangenen Kostengrundentscheidung vom Verurteilten zu tragen.
Das Landgericht hat die Beschwerde dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Der Leiter des Dezernats 10 des Oberlandesgerichts Hamm hält die Beschwerde in seiner dem Verurteilten und dem Verteidiger übermittelten Stellungnahme vom 13.01.2010 für begründet.
II.
Die gem. § 66 Abs. 2 S. 1 GKG statthafte und zulässige Beschwerde ist begründet.
Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses war zugleich die gegen den hier streitigen Kostenansatz gerichtete Erinnerung des Verurteilten zurückzuweisen.
1.
Zur Entscheidung über die Beschwerde ist unter Heranziehung der Regelung in § 66 Abs. 6 S. 1, 2. Hs. GKG der Senat als Kollegialgericht berufen, weil die Strafkammer die Entscheidung in entsprechender Besetzung erlassen hat.
Zwar hat das Landgericht entgegen der Normierung in § 66 Abs. 3 S. 1 GKG keine Nichtabhilfeentscheidung getroffen (vgl. hierzu Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl. 2009, § 66 Rdn. 41). Da eine derartige Entscheidung jedoch keine Verfahrensvoraussetzung für die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist (OLG Hamm, Beschl. v. 12.02.2009 - 2 Ws 34-38/2009), konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden.
2. Der Ansatz der hier streitigen Beförderungskosten erfolgte dem Grunde und der Höhe nach zu Recht. Die angefallenen Hubschraubertransportkosten werden von der Kostentragungspflicht des Verurteilten erfasst.
Rechtsgrundlage für die Kostentragungspflicht ist die zu Lasten des Verurteilten ergangene Kostengrundentscheidung nach § 465 Abs. 1 StPO i.V.m. § 29 Nr. 1 GKG.
Diese Kostengrundentscheidung erfasst nach § 464 a Abs. 1 S. 1 die Gebühren und Auslagen der Staatskasse. Kosten des Verfahrens i.d.S. sind an eine rechtskräftige gerichtliche (Grund-)Entscheidung, insbesondere ein rechtskräftiges Straferkenntnis anknüpfende und für alle Rechtszüge nach der erkannten Strafe zu bemessenden Gebühren und Auslagen der Staatskasse, soweit das Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz in Nrn. 9000 ff. einen Auslagenersatz ausdrücklich vorsieht (Gieg in: Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl. 2008, § 464a Rdn. 2).
Gem. § 464 a Abs. 1 S. 2 StPO gehören zu diesen Kosten auch die durch die Vorbereitung der öffentlichen Klage entstandenen Kosten. Bei den Kosten zur Vorbereitung der öffentlichen Klage wiederum handelt es sich u.a. um Auslagen, die zur Aufklärung der Tatbeteiligung des Angeklagten und zur Täterergreifung aufgewendet worden sind (Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl. 2009, § 464a Rdn. 2).
Welche Arten von Auslagen im Einzelnen gegen den Verurteilten angesetzt werden können, richtet sich – wie ausgeführt - nach der abschließenden Aufzählung in Teil 9 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz.
Nach Nr. 9008 KV-GKG zählen hierzu unter Nr. 1 auch die in voller Höhe geltend zu machenden Auslagen für die Beförderung von Personen.
Zu diesen Beförderungskosten gehören zunächst alle notwendigen Transportkosten bis zum - rechtskräftigen - Abschluss des Verfahrens. Auch die Kosten, die anlässlich der Beförderung des festgenommenen Beschuldigten in die Haftanstalt anfallen, werden hiervon erfasst (Zimmermann in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, Gerichtskostengesetz u.a., 2. Aufl. 2009, zu KV GKG 9008 Rdn. 1; Hartmann, a.a.O., KV 9008 Rdn. 2).
Da der Einsatz des Hubschraubers hier der Verbringung des Verurteilten in das Justizvollzugskrankenhaus G diente, stellen die Transportkosten Beförderungskosten i.S. von Nr. 9008 KV-GKG dar.
3.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Gefangenentransportvorschrift - GTV - als bundeseinheitlich gefasster Verwaltungsvorschrift der Länder (vgl. die AV d. JM vom 6. März 2002 (4460 - IV B. 19) - JMBl. NRW S. 78 - in der Fassung vom 5. Oktober 2007, sowie die RV d. JM vom 25. Mai 2005 (5605 - Z.31) in der Fassung vom 19. Oktober 2005), die in Nr. 14 die vorrangige Kostentragungspflicht der Transportbehörde – d.h. im Regelfall der Justizvollzugseinrichtung - vorsieht.
Unabhängig von der Frage, ob und auf welche Weise eine mit diesen Vorschriften getroffene anderweitige Kostenübernahmeregelung die gesetzliche Regelung modifizieren kann, unterfällt der hiesige Sachverhalt dem Anwendungsbereich der Bestimmungen der Gefangenentransportvorschrift nicht.
Im ersten Teil der GTV ("Gemeinsame Vorschriften für alle Transportarten") heißt es:
"
1. Anwendungsbereich
(1) Diese Vorschrift regelt den Transport von Gefangenen, soweit es sich nicht um Ausführungen, um Überstellungen am selben Ort, um Transporte zwischen Teilen einer Justizvollzugseinrichtung oder um Fahrten zu Arbeitsstellen handelt. Auf Transporte zum Zwecke der Vorführung ist die Vorschrift nur anzuwenden, wenn ein Vorführungsbefehl nach § 457 StPO erlassen ist.
..............................
2. Transportgefangene
Gefangene im Sinner dieser Vorschrift sind:
a) Strafgefangene sowie Personen, gegen die auf eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßregel der Sicherung und Besserung erkannt ist,
b) Untersuchungsgefangene sowie einstweilig Untergebrachte (vgl. § 126a StPO),
c) Personen, die aufgrund eines Haftbefehls oder eines Vorführungsbefehls (zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe) von der Polizei festgenommen worden sind,
d) Zivilhaftgefangene,
e) Auslieferungs- oder Durchlieferungsgefangene,
f) abzuschiebende oder zurückzuschiebende Ausländerinnen und Ausländer."
Wenngleich der Verurteilte dem Wortlaut nach im Zeitpunkt seiner Beförderung zum Justizvollzugskrankenhaus als Transportgefangener i.S. von Nr. 2. b) oder c) GTV anzusehen sein könnte, ergibt sich aus dem Gesamtregelungsgehalt der Bestimmungen der GTV, dass ihre Anwendung nur vorgesehen ist auf die Beförderung von Gefangenen, hinsichtlich derer bereits ein vollzugliches Gewahrsamsverhältnis begründet worden ist. Gefangene, die einem solchen Gewahrsamsverhältnis erst zugeführt werden müssen, werden hingegen nicht erfasst.
Dieses Verständnis der GTV resultiert aus einer systematischen Betrachtung des Einzelbestimmungsgefüges.
In Nr. 3. GTV sind als in Frage kommende Transportbehörden ausschließlich Justizvollzugseinrichtungen oder Polizeidienststellen aufgelistet.
Unter Nr. 4. GTV "Auftragsstelle, Abfahrtsstelle, Bestimmungstelle" heißt es: "Die Auftragsstelle veranlasst den Transport. Von der Abfahrtsstelle geht der Gefangenentransport aus. Der Bestimmungsstelle werden die Transportgefangenen zugeführt.".
In Nr. 6. GTV "Transportbegleitung" ist unter (1) ausgeführt: "Gefangenentransporte werden von Bediensteten des Justizvollzugs oder der Polizei begleitet", und in Nr. 8. GTV ist unter (1) geregelt: "Die Abfahrtsstelle prüft, wann und auf welchem Wege Gefangene der Bestimmungsstelle zugeführt werden sollen.".
Aus sämtlichen Bestimmungen ergibt sich, dass ein Vollzugsgewahrsamsverhältnis schon als begründet vorausgesetzt wird in dem Zeitpunkt, in dem der Transport beginnt. Nur vor diesem Hintergrund erklären sich die Prüfungsrechte und -pflichten der Vollzugsbehörde in Nr. 8 GTV sowie auch die weiteren in den übrigen Bestimmungen geregelten Obhuts- und Überwachungspflichten während des Transportverlaufs, deren Ausübung den Justizvollzugseinrichtungen ggfs. in Zusammenarbeit mit den Polizeidienststellen bereits in rein tatsächlicher Hinsicht nur bei einem bereits bestehenden Gewahrsamsverhältnis möglich ist. Nur dann kann eine diesen Anforderungen genügende Transportkontrolle bereits von der Abfahrtsstelle aus sichergestellt werden.
Auch nach Sinn und Zweck der Bestimmungen der GTV kann eine Kostenübernahmeverpflichtung unter Gesichtspunkten der Verantwortlichkeit nur dann geboten sein, wenn der Transport auch tatsächlich den Überwachungs- und Ausgestaltungsmöglichkeiten der Justizvollzugsanstalt als Transportbehörde - ggfs. unter Zuhilfenahme der Polizei - unterliegt. Anderenfalls würde die Kostentragungspflicht an Umstände anknüpfen, die außerhalb des Verantwortungsbereichs der Justizvollzugseinrichtung als Transportbehörde liegen.
Für die Gebotenheit einer derart losgelösten Einstandspflicht ist kein sachlicher Grund ersichtlich.
Hier war im Zeitpunkt des Transports noch kein Gewahrsamsverhältnis einer Justizvollzugseinrichtung begründet. Der Verurteilte sollte vielmehr erst mithilfe eines auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft eingesetzten privaten Beförderungsunternehmens dem vollzuglichen Untersuchungshaftgewahrsam zugeführt werden. Zu diesem Zeitpunkt hatte eine verantwortungsbegründende Gewahrsamsübernahme der Vollzugseinrichtung noch nicht eingesetzt.
Dass entsprechend auch keine Einstandspflicht für Transportkosten bestehen kann, wird u.a. auch anhand folgender Kontrollüberlegung deutlich. Hätte der Hubschrauber beispielweise aufgrund eines Flugabbruchs das Justizvollzugskrankenhaus nicht erreicht, wäre der Gedanke einer Kosteninanspruchnahme der Vollzugseinrichtung überhaupt nicht aufgekommen, da dann sowohl die fehlende Eigenschaft der Justizvollzugsbehörde als Transportbehörde als auch deren fehlende Transportveranlassung und transportbegleitende Verantwortlichkeit offensichtlich wäre.
Mangels bestehenden vollzuglichen Gewahrsamsverhältnisses, welches Voraussetzung für die Anwendung der GTV ist, scheidet eine hierauf gestützte Kostenübertragung auf die Justizvollzugsbehörde aus. Dass der Sachverhalt – wie der Verurteilte zu Recht einwendet – anders zu beurteilen wäre, wenn der Verurteilte vor Transportbeginn bereits in eine Einrichtung des Justizvollzugs eingeliefert worden wäre, vermag hieran nicht zu ändern. Entscheidend sind die tatsächlichen Umstände des zu überprüfenden Einzelfalls.
4.
Unter anderem aus demselben Grunde stellt sich - entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts - auch nicht die Frage nach einer Kostenübernahmeverpflichtung unter dem Gesichtspunkt - anstaltseigener - freier Heilfürsorge.
Die Transportmaßnahme erfolgte zum einen vor vollzugseigener Gewahrsamsbegründung und zudem nicht unter dem Gesichtspunkt der Zuführung zu gebotener Gesundheitsfürsorge, sondern allein zu Überstellungszwecken in den anstaltseigenen Gewahrsam. Die dabei entstandenen Beförderungskosten für den Hubschrauberflug sind folglich nicht vorrangig unter heilbehandlerischen, sondern schwerpunktmäßig unter Verbringungsgesichtspunkten angefallen. Aus diesem Grund vermag allein der Umstand, dass die gesundheitliche Verfassung des Verurteilten als solche Anlass für die Hubschrauberbeförderung gab, an seiner bestehenden Kostentragungspflicht unter dem eingangs genannten und von Nr. 9008 KV-GKG erfassten Gesichtspunkt der " Kosten der Beförderung des Beschuldigten in die Haftanstalt" nichts zu ändern.
Insoweit kommt auch der vom Landgericht in Bezug genommene Erlass des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen v. 10.10.1990 - IV A 2 - 880 -, übermittelt mit Erlass d. JM. vom 18.10.1990 - 4550 - IV B. 98 – sowie mit Erlass des Präsidenten des Justizvollzugsamtes Westfalen-Lippe vom 09.11.1990 - 4550 - 1.233 -, nicht zum Zuge.
Der vorstehende Erlass sieht die Zahlungspflicht der Justizvollzugsanstalten für "Rettungstransporte" vor. Im Erlass heißt es hierzu:
" Rechnungen für Rettungstransporte sind zur Begleichung an die nächstgelegene Justizvollzugsanstalt weiterzuleiten, wenn der aufgrund eines bestehenden Haftbefehls oder eines Fahndungsersuchens einer Justizvollzugsanstalt in Gewahrsam genommene in einer Weise verletzt oder krank ist, dass er nach Auffassung der Polizei oder eines von ihr zugezogenen Arztes sofortiger ärztlicher Versorgung in einem Krankenhaus bedarf, und die Versorgung durch die Zuführung in eine Justizvollzugsanstalt oder in ein Krankenhaus des Justizvollzugs unnötig verzögert würde".
Der Erlass regelt danach die Kostenübernahmepflicht bei erstmaliger "rettungsmäßiger" Zuführung einer in Gewahrsam befindlichen Person in eine - vorher nicht bestehende - ärztliche Behandlung.
Um diesen Fall handelt es sich hier nicht, da der Verurteilte sich bereits in Behandlung befand und keines "Rettungs-" sondern lediglich eines standortverändernden Transportes bedurfte.
5.
Schließlich handelt es sich bei den Beförderungskosten auch nicht um Kosten der Untersuchungshaft nach § 12 S. 2 KostVfg, die von dem Verurteilten unter Beachtung der Vorschrift des § 50 StVollzG zu erheben wären.
Als Haftkostenbeitrag im vorgenannten Sinne sind die hier angefallenen Beförderungskosten bereits deswegen nicht anzusehen, weil sie weder im Zusammenhang stehen mit durch den Betrieb einer Vollzugsanstalt verursachten Sach- und Personalkosten (vgl. die Ausführungen in: Entwurf eines Gesetzes über elektronische Register und Justizkosten für Telekommunikation - ERJuKoG-,
BT-Drucksache 14/6855, S. 31), noch angefallen sind im Zusammenhang mit der Lebenshaltung des Verurteilten in der Justizvollzugsanstalt während der Untersuchungshaft.
6.
Von der Erhebung der Beförderungskosten ist auch nicht wegen des seitens des Verurteilten erhobenen Einwands der unrichtigen Sachbehandlung abzusehen.
Gem. § 21 GKG werden Kosten, die bei richtiger Sachbehandlung nicht entstanden werden, nicht erhoben.
Eine unrichtige Sachbehandlung im vorgenannten Sinne ist dann gegeben, wenn das Gericht gegen eindeutige gesetzliche Vorschriften verstoßen hat und dieser Verstoß offen zu Tage tritt sowie dann, wenn ein offensichtliches Versehen vorliegt etwa in Form einer eindeutigen Verkennung des materiellen Rechts; ein leichter Verfahrensverstoß hingegen genügt für die Annahme einer unrichtigen Sachbehandlung nicht (BFH, Beschl. v. 19.10.2009 – X E 11/09; BeckRS 2008 25013721; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2008, S. 807; LG Leipzig, Beschl. v. 04.08.2009 - 5 Qs 48/09).
Auch die Beamten der Staatsanwaltschaft - deren Handeln vom Anwendungsbereich des § 21 GKG miterfasst wird (vgl. Hartmann, a.a.O., § 21 Rdn. 6) - sind als Organe der Rechtspflege der Beachtung der gesetzlichen Vorschriften und insbesondere nach Nr. 1 S. 2 und Nr. 4 RiStBV der Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit verpflichtet.
Unabhängig davon, ob ein allein in Frage kommender Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hier überhaupt ausreichte, stellt sich die Veranlassung des Hubschrauberfluges keinesfalls als fehlerhaft dar. Diese Organisationsmaßnahme erfolgte aufgrund vorangegangener ärztlicher Verordnung, in der ausdrücklich eine andere Transportart nicht für ausreichend befunden worden war. Es bestand aus Sicht des zuständigen Beamten der Staatsanwaltschaft aufgrund des gesundheitlichen Zustandes des Verurteilten keine Veranlassung, diese auf medizinischen Gründen fußende Anordnung in Frage zu stellen. Eine vorherige Anhörung des Verurteilten hätte hieran nichts zu ändern vermocht. Die ausdrückliche ärztliche Vorgabe hinsichtlich der Einschätzung der gesundheitlichen Verfassung des Verurteilten beließ insoweit offensichtlich keinen Handlungsspielraum.
Nach alledem erfolgte der Ansatz der Beförderungskosten zu Lasten des Verurteilten zu Recht.
III.
Die Kosten und Auslagenentscheidung folgt aus § 66 Abs. 8 GKG.




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