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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ss 134/06 OLG Hamm

Leitsatz: Eine erschöpfende Aufzählung aller in Betracht kommender Erwägungen für die Strafzumessung ist weder vorgeschrieben noch möglich.

Senat: 2

Gegenstand: Revision

Stichworte: Strafzumessung; Lücken; Vorstrafen; Aufzählung; Anforderungen

Normen: StGB 46; StPO 267

Beschluss:

Strafsache
gegen B.A.
wegen Diebstahls.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 5. kleinen Strafkammer des Landgerichts Hagen vom 18. November 2005 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 05. 04. 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Angeklagten bzw. seines Verteidigers gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:

Die Revision wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung
des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler
zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die Kosten des Rechtsmittels fallen dem Angeklagten zur Last (§ 473
Abs. 1 StPO).

Zusatz:

Die Überprüfung des Urteils hinsichtlich des Schuldspruchs ergibt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten. Die widerspruchsfreien und nicht gegen Denkgesetze bzw. Erfahrungssätze verstoßenden Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Diebstahls.

Auch die Strafzumessungserwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Zwar hat die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung nicht ausdrücklich erwähnt, dass dem Angeklagten wegen der neuerlichen Tat im Fall der Verurteilung zu einer nicht zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe der Widerruf der Vollstreckungsaussetzung zur Bewährung in drei weiteren Verfahren droht ( vier Monate Gesamtfreiheitsstrafe aus einem nachträglichen Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Siegen in dem Verfahren 18 Js 1204/99 StA Siegen; sechs Monate Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Betzdorf vom 22. November 2001 in dem Verfahren 2080 Js 22716/01 StA Koblenz; sechs Monate Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Betzdorf vom 15. April 2004 in dem Verfahren 2040 Js 64061/03 StA Koblenz). Dieser Umstand führt jedoch nicht dazu, dass die Strafzumessungserwägungen des angefochtenen Urteils unter dem Gesichtspunkt lückenhaft sind, dass tragende Zumessungsgesichtspunkte und die von der verhängten Strafe zu erwartende Wirkung auf den Täter i.S.d. § 46 StGB nicht bzw nicht vollständig bedacht und erörtert wurden. Denn es entspricht einhelliger Rechtsprechung, dass im Rahmen der Strafzumessung nicht sämtliche Gesichtspunkte, sondern nur die Wesentlichen dargestellt werden müssen, um den in § 46 StGB insoweit festgelegten Anforderungen gerecht zu werden. Je einfacher und klarer sich ein Sachverhalt darstellt, desto geringer sind die Anforderungen an den Begründungsaufwand und den Begründungsumfang bezüglich der sich aus der Tat ergebenden Rechtsfolgen. erschöpfende Aufzählung aller in Betracht kommender Erwägungen für die Strafzumessung ist weder vorgeschrieben noch möglich. Auch daraus, dass ein für die Strafzumessung bedeutender Umstand nicht ausdrücklich angeführt worden ist, kann nicht ohne weiteres geschlossen werden, der Tatrichter habe ihn überhaupt nicht gesehen oder gewertet (Senatsbeschluss vom 23. Februar 2006 in 2 Ss 52/06; Urteil des Senats vom 28. Oktober 1998 in 2 Ss 1006/98 = VRS 96, 191; BGH NStZ 1996, 539).
Vor diesem Hintergrund sind die Strafzumessungserwägungen des angefochtenen Urteils auch in diesem Punkt nicht zu beanstanden. Aus der Gesamtheit der Urteilsgründe ergibt sich nämlich eindeutig, dass der Tatrichter den im Raum stehenden Widerruf der Vollstreckungsaussetzung in den drei weiteren Verfahren gesehen und berücksichtigt hat, auch wenn dies nicht ausdrücklich in den Strafzumessungserwägungen genannt ist. Denn in den Urteilsgründen sind unter II. 2. („Zum Werdegang der Angeklagten“) sämtliche Vorstrafen des Angeklagten, zum Teil auch mit einer kurzen Darstellung des Tatgeschehens aufgeführt. Die oben genannten drei Verfahren sind dabei unter Hervorhebung der Vollstreckungsaussetzung zur Bewährung und der Dauer der Bewährungszeit benannt. Deshalb hatte der Tatrichter dem Angeklagten auch einen Pflichtverteidiger bestellt. Daraus ist ableitbar, dass der Angeklagte die neuerliche Tat innerhalb der Bewährungszeit in allen drei weiteren Verfahren beging. Die Urteilsgründe belegen deshalb, dass der Tatrichter den im Raum stehenden Widerruf der Vollstreckungsaussetzung in den weiteren Verfahren gesehen und berücksichtigt hat.

Darüber hinaus würde ein angenommener Rechtsfehler in diesem Punkt der Strafzumessung dennoch nicht zur Aufhebung des Urteils nötigen. Gemäß § 354 Abs. 1 a StPO kann das Revisionsgericht wegen einer Verletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Dies ist vorliegend der Fall. Die Strafkammer hat im Ergebnis zutreffend im Hinblick auf §§ 46 und 47 StGB eine Freiheitsstrafe von vier Monaten verhängt. Diese Freiheitsstrafe ist zur Einwirkung auf den Angeklagten unerlässlich, weil er aufgrund seiner strafrechtlichen Vorbelastung und der gezeigten kriminellen Energie durch die Verhängung einer Freiheitsstrafe dazu bewegt werden muss, künftig keine weiteren Straftaten zu begehen. Dies hindert jedenfalls auch eine erneute Vollstreckungsaussetzung zur Bewährung.]



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