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Rechtsprechung

Aktenzeichen: III -1 VAs 16/10 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Löschung von Daten aus dem Verfahrensregister und zur Feststellung einer rechtswidrigen Abgabe eines Aktenvorgangs an das Landesarchiv

Senat: 1

Gegenstand: Justizverwaltungssache

Stichworte: Löschung von Daten; Verfahrensregister

Normen: StPO 489; StPO 483; StPO 485

Beschluss:

Justizverwaltungssache
betreffend pp.
wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Justizbehörden
(hier: Weigerung der Löschung von Daten aus dem Verfahrensregister und Feststellung einer rechtswidrigen Abgabe eines Aktenvorgangs an das Landesarchiv).
Auf den Antrag des Betroffenen vom 09. Februar 2010 auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff. EGGVG gegen den Bescheid der Staatsanwaltschaft Köln vom 06. Januar 2010 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 15.06.2010 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Betroffenen beschlossen:
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.
Der Geschäftswert wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe:
Der Antragsteller begehrt die Löschung seiner personenbezogenen Daten aus dem Verfahrensregister der Staatsanwaltschaft Köln und wendet sich daneben gegen die Abgabe einer ihn betreffenden Strafakte an das Landesarchiv NRW.
Grundlage der IT-gestützten Speicherung von persönlichen Daten des Betroffenen nach dem sogenannten „MESTA-Verfahren" bei der Staatsanwaltschaft Köln sind zwei Verurteilungen des Antragstellers aus den Jahren 1998 und 2000: In dem Verfahren 171 Js 24/98 wurde er wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen, rechtskräftig seit dem 06.02.1998, zu einer Geldstrafe und in dem seit dem 10.08.2000 rechtskräftigem Verfahren 43 Js 176/00 wegen sexueller Nötigung und versuchter sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Die Freiheitsstrafe wurde am 31.10.2003 erlassen. Bis ins Jahr 2009 hinein verwahrte die Staatsanwaltschaft zudem noch den Vorgang 902 AR 89/02, der mittlerweile vernichtet worden ist.
Der Antragsteller bemüht sich seit Jahren um die Entfernung der ihn betreffenden Daten und hat damit jedenfalls teilweise auch schon Erfolg gehabt, obgleich ein erster Antrag im Jahr 2004 von der Staatsanwaltschaft Köln abschlägig entschieden worden ist.
So ordnete das Verwaltungsgericht Köln am 12.07.2007 in den Verfahren 20 K 5777/05 und 20 K 5407/05 die vorzeitige Löschung der gespeicherten Daten in den Dateien POLAS, INPOL und AFIS sowie in der DNA-Analyse-Datei an.
Aus Anlass dieser Entscheidungen wandte sich der Antragsteller im August 2007 erneut an die Staatsanwaltschaft Köln und beantragte die Löschung seiner personenbezogenen Daten- und die vorzeitige Vernichtung der ihn betreffenden Ermittlungsakten. Mit Bescheid vom 19.03.2008 lehnte die Staatsanwaltschaft Köln unter Hinweis auf die nach der AufbVO geltenden Aufbewahrungsfristen eine vollständige Löschung der Daten bzw. Vernichtung der Akten ab, teilte aber gleichzeitig mit, dass zukünftig nur noch solche Daten gespeichert werden würden, die für die Vorgangsverwaltung benötigt werden würden. Tatsächlich wurden in der Folgezeit einzelne Daten aus dem Verfahrensregister gelöscht und die Daten über den Betroffenen aus der Strafverfahrensdatei sowie der zum Zwecke künftiger Strafverfahren nach § 484 StPO komplett entfernt.

Mit Schreiben vom 14.02.2009 beantragte der Betroffene erneut die vorzeitige Vernichtung des ihn betreffenden Aktenmaterials und die Löschung der zu seiner Person in dem Verfahrensregister der Staatsanwaltschaft Köln gespeicherten Daten.
Mit Bescheid vom 05.05.2009 hat die Staatsanwaltschaft Köln die Anträge des Betroffenen zurückgewiesen. Auf den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hin hat der Senat mit Beschluss 30.07.2009 diesen Bescheid aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an die Staatsanwaltschaft Köln zurückverwiesen. Denn weder dem Akteninhalt noch dem Bescheid selbst war die Einhaltung der Vorgaben der AufbVO NW zu entnehmen und hinsichtlich des Verfahrens 121 Js 24/98 der Umfang der archivierten Akte nicht ersichtlich. Zudem hatte es die Staatsanwaltschaft versäumt, am konkreten Einzelfall im Sinne des § 489 Abs. 2 S. 1 StPO zu prüfen, ob und in welchem Umfang eine weitere Speicherung der Daten erforderlich ist.
Am 06.01.2010 wurde der Betroffene entsprechend der Weisung des Senats erneut beschieden und ihm mitgeteilt, dass der Vorgang 902 AR 89/02 komplett vernichtet und die dazugehörenden Datensätze gelöscht worden seien. Die Akte 121 Js 24/98 sei dem Landesarchiv Nordrhein-Westfalen zur Übernahme angeboten und von dort am 13.07.2009 als archivwürdig anerkannt und angenommen worden. Welchen Umfang die Akte zum Zeitpunkt der Übernahme gehabt habe, sei nicht mehr nachvoll-ziehbar. Die Akte 43 Js 176/00 sei entsprechend der lfd. Nr. 629 der Anlage zur AufbVO auf das Sitzungsprotokoll, das schriftliche Urteil, den Bewährungsbeschluss sowie den Erlassbeschluss des Amtsgerichts Köln reduziert worden.
Hinsichtlich der gespeicherten Daten sei nach dem Senatsbeschluss die Löschung der Anschrift des Betroffenen und seiner Staatsangehörigkeit veranlasst worden. Die Speicherung des Vor- und Zunamens des Betroffenen, seines Geburtsdatums und - ortes sowie des jeweiligen Aktenzeichen seien zur ordnungsgemäßen Führung des Verfahrensregisters erforderlich. Von einer Löschung des Geschlechts des Betroffenen habe man angesichts des eindeutigen Vornamens abgesehen. Die weiter gespeicherten Datensätze, nämlich Tatdaten, die Bezeichnung der begangenen Delikte, die Entscheidungsart und das Erledigungsdatum ließen sich systembedingt nur löschen, wenn der gesamte Datensatz entfernt werden würde. Angesichts von jährlich etwa 200.000 neuen, über viele Jahre hinweg aufzubewahrenden Ermittlungsverfahren sei die Aufgabe der Führung der Verfahrensregister nur noch mittels IT-gestützter Datenverarbeitung möglich. Um den Schutz der Datensätze Rechnung zu tragen und einer Nutzung außerhalb des Zwecks der reinen Vorgangsverwaltung vorzubeugen, sei eine Einsichtnahme nur den an der Vorgangsverwaltung beteiligten Beschäftigten möglich. Zudem könne die Vorgangsliste von keinem Arbeitsplatz aus einschließlich dem der für die mit IT-Angelegenheiten befassten Sachbearbeitern ausgedruckt werden.
Gegen diesen ihm am 20.01.2010 zugestellten Bescheid richtet sich der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung mit dem er beantragt,
1. die Staatsanwaltschaft Köln unter Aufhebung des Bescheids vom 06.01.2010 zu verpflichten, die nicht zur Vorgangsverwaltung erforderlichen personenbezogenen Daten aus dem staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister zu löschen;
2. die Rechtswidrigkeit der Abgabe des komplett erhaltenen Aktenvorgangs 121 Js 24/98 an das Landesarchiv festzustellen und die Staatsanwaltschaft Köln zu verpflichten, den (Rest)Vorgang gemäß den Bestimmungen der Aufbewahrungsverordnung NW im dortigen Archiv aufzubewahren..
Im Wesentlichen beruft er sich dabei darauf, dass die Staatsanwaltschaft auch in ihrem neuen Bescheid keine Einzelfallprüfung vorgenommen habe und bis auf seinen Vor- und Zunamen, das Aktenzeichen und den Auffindeort eine Speicherung von Daten für die Vorgangsverwaltung nicht erforderlich seien. Die Abgabe der Akte 121 Js 24/98 an das Landesarchiv sei vor Ablauf der Aufbewahrungsfristen rechtswidrig gewesen, zumal nicht feststehe, welchen Umfang die Akte bei Abgabe gehabt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die. Antragsschrift vom 09.02.2010 sowie die weiteren Schriftsätze des Betroffenen vom 31.03.2010 und 18.05.2010 verwiesen. Soweit es die fortdauernde Aufbewahrung der in ihrem Umfang wesentlich reduzierten Strafakte 43 Js 176/00 anbetrifft, erhebt der Betroffene nunmehr keine Einwände mehr.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung, soweit er sich gegen die Speicherung von personenbezogenen Daten im staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister richtet, als unbegründet und im Übrigen als unzulässig zu verwerfen.
II.
1. Das Rechtsmittel des Betroffenen ist als Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG insgesamt zulässig.
Der Betroffene begehrt die Verpflichtung der Staatsanwaltschaft zum Erlass eines abgelehnten Justizverwaltungsakts auf dem Gebiet der Strafrechtspflege nach § 23 Abs. 2 EGGVG. Die teils verweigerte Löschung der im Verfahrensregister gespeicherten Daten stellt eine Verfügung einer Justizbehörde zur Regelung einer einzelnen Angelegenheit auf dem Gebiet der Strafrechtspflege mit Maßnahmecharakter dar (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 02.07.2002, 1 VAs 5/02). Gleiches gilt hinsichtlich der Anbietung des Aktenvorgangs 121 Js 24/98 an das Landesarchiv. Im Hinblick auf den zuvor vom Betroffenen gestellten Antrag auf Vernichtung des Aktenmaterials, den ablehnenden Bescheid der Staatsanwaltschaft Köln vom 05.05.2009 und die Zurückverweisung der Sache zur erneuten Bescheidung durch den Senatsbeschluss vom 30.07.2009 kommt schon der Anbietung des Vorgangs an das Landesarchiv gemäß § 4 Abs. 1 ArchivG NRW Regelungscharakter zu. Dass die Akten vom Landesarchiv bereits vor der Entscheidung des Senats übernommen worden sind, ändert hieran nichts. Denn jedenfalls hat die Staatsanwaltschaft Köln dem Betroffenen erstmals in ihrem Bescheid vorn 06.01.2010 über die Abgabe der Strafakte an das Landesarchiv informiert. Der Betroffene hat darüber hinaus ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser erledigten Maßnahme gemäß § 28 Abs. 1 S. 4 EGGVG, weil er einerseits eine tiefgreifende Grundrechtsverletzung behauptet und andererseits Wiederholungsgefahr in Bezug auf die bei der Staatsanwaltschaft verbliebenen Akte 43 Js 176/00 besteht.
Mangels eines förmlichen Rechtsbehelfs bedarf es keines Vorschaltverfahrens nach § 24 Abs. 2 EGGVG. Die Antragsfrist des § 26 Abs. 1 EGGVG ist gewahrt.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist jedoch insgesamt unbegründet.
a) Die Anbietung und Abgabe der Strafakte 121 Js 24/98 an das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen verletzt den Betroffenen nicht in seinen Rechten. Aus diesem Grund läuft auch der Antrag, die Staatsanwaltschaft zur Aufbewahrung der Akte in ihrem Haus ins Leere. Dabei kann dahingestellt bleiben, welchen Umfang die Strafakte zum Zeitpunkt der Übernahme durch das Landesarchiv gehabt hat. Denn unabhängig davon, dass die Aufbewahrungsfrist für die komplette Akte bereits abgelaufen war und deshalb zum Zeitpunkt der Andienung nur noch die gern. lfd. Nr. 629 der Anlage zur AufbVO genannten Aktenbestandteile hätten verwahrt werden dürfen, war die Staatsanwaltschaft Köln nach § 489 Abs. 9 StPO i.V.m. § 3 Abs. 1 ArchG NRW verpflichtet, auch solche Unterlagen dem Landesarchiv anzubieten und zu übergeben, die personenbezogene Daten enthalten, die nach Landesrecht hätten gelöscht werden können oder müssen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 ArchG NRW). Die vom Betroffenen in den Raum gestellte Hypothese, dass das Landesarchiv die - wohlmöglich — vollständig übergebene Akte in reduzierter Form als archivunwürdig angesehen hätte, ist deshalb theoretischer Natur und für die Entscheidung ohne Bedeutung. Vor dem Hintergrund der in § 7 ArchivG NRW normierten - ausgesprochen langen - Schutzfristen einhergehend mit der in § 6 ArchivG näher dargelegten Nutzungsvoraussetzungen bestehen durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmungen nicht.
Es kann letztlich auch dahingestellt bleiben, ob die Staatsanwaltschaft Köln entsprechend der Auffassung des Betroffenen verpflichtet war, die reduzierte Akte nach der AufbewahrungsVO NRW noch bis zum Jahr 2024 in ihrem Register aufzubewahren, wobei der Senat zu der Auffassung tendiert, dass es sich bei den auf Grundlage des § 78 GVG AG per Rechtsverordnung festgelegten Aufbewahrungsfristen um Höchst- fristen handelt. Jedenfalls ist der Betroffene durch die Nichteinhaltung dieser Frist nicht beschwert.
b) Der Betroffene hat daneben über die bereits erfolgte Teillöschung hinaus auch keinen Anspruch auf zusätzliche Entfernung von jetzt noch im automatisierten Verfahrensregister der Staatsanwaltschaft Köln vorhandenen persönlichen Daten.
Gemäß § 489 Abs. 2 StPO besteht ein Löschüngsanspruch dann, wenn die Speicherung entweder unzulässig ist oder die Daten für die in den §§ 483-485 StPO niedergelegten Zwecke nicht mehr erforderlich sind. Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 30.07.2009 darauf hingewiesen, dass nicht ersichtlich ist, dass die Speicherung der personenbezogenen Daten des Betroffenen unzulässig ist oder auf unzulässige Weise erfolgte.
Soweit der Betroffene die Speicherung Geschlechtsangabe „männlich" rügt, vermag der Senat in Anbetracht seines eindeutigen Vornamens keine zusätzliche Rechtsbeeinträchtigung zu erblicken.
Im Übrigen sind die von der Staatsanwaltschaft Köln gespeicherten Daten zur ordnungsgemäßen Führung des Verfahrensregisters nach § 485 StPO erforderlich. Eine weitere Reduzierung der Art und Menge der gespeicherten Daten kommt nach Auffassung des Senats nicht in Betracht. Der angefochtene Beschluss hat in ausreichendem Maße die Notwendigkeit der Speicherung zum Zwecke der Vorgangsverwaltung dargelegt.
Dabei stößt die Speicherung des Vor- und Zunamens des Betroffenen, seines Geburtsdatums, seines Geburtsortes und des jeweiligen Aktenzeichens von vornherein auf keine Bedenken. Der Senat teilt die Auffassung der Staatsanwaltschaft Köln, dass so eine eindeutige Individualisierung des Betroffenen möglich ist und hierdurch Verwechslungen mit anderen Personen ausgeschlossen werden können. Der gegen die Speicherung seines Geburtsdatums angeführte Einwand des Betroffenen, sein Name sei in Anbetracht seines zweiten Vornamens „Laki" wohl einmalig und deshalb eine Speicherung seines Geburtsdatums nicht notwendig, überzeugt nicht, zumal er selbst in keinem seiner offiziellen Schreiben diesen zweiten Vornamen benutzt hat. Hinsichtlich der Notwendigkeit der Speicherung des Delikttyps, der Tatdaten, der Entscheidungsart und des Erledigungsdatums hat der Betroffene zu Recht darauf hingewiesen, dass die Speicherung dieser Daten zum Zwecke der Vorgangsverwaltung unter dem--Gesichtspunkt der Erforderlichkeit fraglich ßrscheint, obgleich nach Ansicht des Senats auch Fallgestaltungen denkbar sind, in denen ein Vorgang nur unter Zuhilfenahme einer dieser Daten möglich ist. Letztlich kann dies allerdings dahingestellt bleiben, weil die unterbliebene Löschung jedenfalls von § 489 Abs. 7 S.1 Nr.3 StPO gedeckt ist, der eine Sperrung der zu löschenden Daten unter Praktibilitätsgesichtspunkten wegen der besonderen Art der Speicherung, hier im automatisierten Verfahren, zulässt. Die Staatsanwaltschaft Köln hat nachvollziehbar dargelegt, dass eine isolierte Löschung dieser Dateien systembedingt nicht möglich ist und stattdessen Schutzmechanismen zum Zuge gekommen sind, die gewährleisten, dass die Daten des Betroffenen nur für die Vorgangsverwaltung nach § 485 StPO verwendet werden können. Durch diese Vorkehrungen ist auch dem Zweckbindungsgrundsatz Genüge getan.

Anders verhält es sich mit der von der Staatsanwaltschaft Köln durchgeführten Einzelfallprüfung. Diese genügt trotz der Hinweise des Senats in seinem Beschluss vom 30.07.2009 nur in Teilen den an eine solche Prüfung zu stellenden Anforderungen. Denn anstatt die Angelegenheit individuell zu prüfen und die unterschiedlichen Interessen abzuwägen, erschöpfen sich die Ausführungen der Staatsanwaltschaft Köln in ihrem Bescheid vom 06.01.2010 in der Darlegung allgemeiner, wenig aufschlussreicher Grundsätze.. Der Senat hat trotz dieser Mängel ausnahmsweise von einer
— erneuten — Zurückverweisung der Sache an die Staatsanwaltschaft abgesehen, weil ihm nach Beschwerdegrundsätzen eine eigenständige Prüfung des Tatbestandsmerkmals der „Erforderlichkeit" Im Sinne des § 489 StPO möglich ist und das vorliegende Aktenmaterial, wozu auch die beiden vom Betroffenen vor dem Verwaltungsgericht Köln erstrittenen Entscheidungen zählen, eine abschließende Entscheidung über das Löschungsgesuch zulässt.
Dabei ist der Senat nach Abwägung des Rechts des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung und dem Interesse der Allgemeinheit an einer funktionierenden Vorgangsverwaltung zu dem Ergebnis gelangt, dass eine über das bereits Veranlasste hinausgehende Löschung von personenbezogenen Daten des Betroffenen vor Ablauf der Aufbewahrungsfristen nicht in Betracht kommt. Zwar spricht die vom Verwaltungsgerichts Köln in seinen beiden Urteilen vom 12.07.2007 skizzierte positive Entwicklung des Betroffenen ebenso für eine frühzeitige Löschung wie der Umstand, dass die der Speicherung zugrunde liegenden Verurteilungen mittlerweile 10 bzw. 12 Jahre zurückliegen. Die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ist zudem „nur" mit einer Geldstrafe geahndet worden, wohingegen es das erkennende Gericht es bei den beiden Sexualdelikten bei einer Bewährungsstrafe belassen hat.
Bei gesamtschauender Betrachtung wiegen diese Gesichtspunkte jedoch nicht derart schwer, als dass die noch verbliebenen Daten über den Betroffenen schon jetzt gelöscht werden müssten. So lag dem vor dem Verwaltungsgericht geführten Verfahren die Fragestellung zugrunde, inwieweit es wahrscheinlich ist, dass der Betroffene zukünftig wieder in den Kreis potentiell Beteiligter an einer strafbaren Handlung, insbesondere gegen die sexuelle Selbstbestimmung, einbezogen werden könnte (vgl. VG Köln 20 K 5777/05 und 10 .K 5407/05). Die-Beantwortung dieser Frage mag bei einer Einzelfallprüfung hinsichtlich der Registerführung nach den §§ 483,484 StPO herausragende Bedeutung haben, soweit es die Führung des Verfahrensregisters anbetrifft, ist es nur ein Umstand von mehreren. Die vom Amtsgericht Köln in dem Verfahren 43 Js 176/00 verhängte Freiheitsstrafe von 1 Jahr ist zudem vor dem Hintergrund der alkoholbedingten Enthemmung des Betroffenen zum Zeitpunkt der Tat jedenfalls nicht dem untersten Strafrahmenbereich entnommen worden.
Sonstige besondere Umstände, die eine vorzeitige Löschung weiterer Daten aus dem Verfahrensregister rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Dabei hat der Senat auch bedacht, dass die Staatsanwaltschaft Köln die Datenspeicherung auf ein Minimum beschränkt hat und zuletzt noch sensible Daten wie die Wohnanschrift des Betroffenen und seine Staatsangehörigkeit aus dem Register herausgenommen hat.
Die jetzt noch vorhandenen und erforderlichen Datensätze sind gegen unbefugte Benutzung mehrfach gesichert und nur den mit der eigentlichen Vorgangsverwaltung beschäftigten Mitarbeitern zugänglich. Vor diesem Hintergrund ist auch eine Stigmatisieruhg des Betroffenen wegen der von ihm begangenen Sexualdelikte ausgeschlossen und es bestehen keine Bedenken gegen die weitere Speicherung seiner personenbezogenen Daten allein zum Zwecke der Vorgangsverwaltung bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfristen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 30 Abs. 2 EGGVG, 30 ,130 KostO.
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Raberg ist urlaubsbedingt an der Unterschriftsleistung
gehindert.



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