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Rechtsprechung

Aktenzeichen: III - 4 Ws 193/10 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Aufhebung der (nachträglichen) Sicherungsverwahrung

Senat: 4

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Sicherungsverwahrung, Auhebung, Unterbringung, EGMR-Entscheidung

Normen: StGB 67a,

Beschluss:

In pp.
hat der 4. Strafsenat des OLG Hamm am 29.07.2010 beschlossen:
1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
2. Die durch Urteil des Landgerichts Münster vom 20. Oktober 1983 angeordnete Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung ist erledigt.
3. Der Untergebrachte ist in dieser Sache sofort auf freien Fuß zu setzen, wobei die Anordnung der Entlassung der Vollstreckungsbehörde obliegt.
4. Mit der Entlassung aus dem Vollzug tritt Führungsaufsicht ein.
5. Die Dauer der Führungsaufsicht beträgt fünf Jahre.
6. Der Verurteilte wird für die Dauer der Führungsaufsicht der Aufsicht und Leitung des für seinen jeweiligen Wohnort zuständigen hauptamtlichen Bewährungshelfers unterstellt.
7. Dem Verurteilten wird die Weisung erteilt, bis zum Nachweis eines festen Wohnsitzes, mindestens jedoch für die ersten dreißig Tage nach seiner Entlassung, sich täglich persönlich bei der für seinen jeweiligen Aufenthaltsort zuständigen Polizeidienststelle zu melden.
8. Die Belehrung über die Bedeutung der Führungsaufsicht und über die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Weisungen werden der Justizvollzugsanstalt X übertragen.
9. Die Erteilung der weiteren Weisungen wird der Strafvollstreckungskammer übertragen.
10. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Landeskasse.
Gründe:
I.
Das Landgericht Münster hat durch Urteil vom 20.10.1983 gegen den jetzt 52 jährigen Verurteilten wegen Vergewaltigung eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren verhängt. Zugleich hat es gegen den Betroffenen die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Diese wird seit dem 12.05.1988 und damit länger als zehn Jahre vollzogen. Der Untergebrachte hat im Hinblick auf die seit dem 10. Mai 2010 endgültige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17.12.2009 (Az.: 19359/04) beantragt, die Unterbringung für erledigt zu erklären. Diesen Antrag hat die Strafvollstreckungskammer mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Sie hat sich nicht in der Lage gesehen, die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in das innerstaatliche Recht umzusetzen und sich im Wesentlichen auf entsprechende Beschlüsse der Oberlandesgerichte Koblenz, Celle und Stuttgart gestützt. Hiergegen wendet sich der Untergebrachte mit seiner sofortigen Beschwerde. Die Generalstaatsanwaltschaft hat Verwerfung des Rechtsmittels beantragt.
II.
Die sofortige Beschwerde hatte Erfolg. Die Unterbringung war gemäß § 67 d Abs. 1 StGB a.F. für erledigt zu erklären, da der Betroffene sich länger als zehn Jahre in der Sicherungsverwahrung befindet. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 6. Juli 2010 (4 Ws 157/10 OLG Hamm) zur Frage, welches Recht Anwendung findet, folgende Ausführungen gemacht:
"Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung war gemäß § 67 d Abs. 1 StGB in der seit 1975 bis 1998 geltenden Fassung für erledigt zu erklären. Diese Norm findet trotz der durch das Gesetz vom 26.01.1998 zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten, in Kraft getreten am 31.01.1998, erfolgten Änderung der Gesetzeslage Anwendung. Dies ergibt sich aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17.12.2009 (Az.: 19359/04), nach der der im Jahre 1998 angeordnete rückwirkende Wegfall der 10-Jahres-Frist für die erste Sicherungsverwahrung menschenrechtswidrig ist. Diese Entscheidung ist seit dem 10. Mai 2010 endgültig. Danach verstößt die Vollstreckung über den 10-Jahres-Zeitpunkt, der bei dem Untergebrachten bereits seit fünf Jahren verstrichen ist, hinaus sowohl gegen Art. 5 EMRK als auch gegen Art. 7 EMRK. Denn zu dem Zeitpunkt, als der Untergebrachte zur Sicherungsverwahrung verurteilt wurde, galt noch die 10-Jahres-Frist. Durch den im Jahre 1998 angeordneten Wegfall wurde gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen, da nach der nachvollziehbaren Wertung des EGMR die Sicherungsverwahrung keine Maßregel, sondern eine "Strafe" im Sinne des Art. 7 EMRK darstellt (vgl. EGMR, Entscheidung vom 17.12.2009, beckRS 2010, 01692 Rn.122 ff). Ferner beruht die weitere Vollziehung nicht mehr auf dem ursprünglichen Urteil des Landgerichts
Duisburg, da dieses nur eine Sicherungsverwahrung für die Dauer von
10 Jahren angeordnet hatte, auch wenn dies sich nicht unmittelbar dem Tenor entnehmen lässt. Somit lässt sich die weitere Freiheitsentziehung nicht mehr auf eine Verurteilung "durch ein zuständiges Gericht" stützen, so dass sie nicht durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 a EMRK gerechtfertigt sein kann (EGMR a.a.O
Rn 87 und 96).
Zwar wirkt die Entscheidung des EGMR unmittelbar nur zwischen dem Beschwerdeführer und der Bundesrepublik Deutschland; sie hat keine "erga omnes"-Wirkung für alle Untergebrachten, die sich nach Ablauf der 10-Jahres-Frist noch in der Unterbringung befinden. Dennoch müssen die Bundesrepublik und ihre staatlichen Organe – somit auch die Vollstreckungsgerichte – als verpflichtet angesehen werden zu verhindern, dass es in gleichgelagerten Fällen zu einer entsprechenden Verletzung des EMRK kommt (vgl. Kinzig, NStZ 2010, 233, 238; LR-Gollwitzer, StPO, 25. Aufl., Verfahren MRK
RN 77 d). Der Gesetzgeber ist allerdings bislang nicht tätig geworden. Soweit es den Äußerungen der Bundesjustizministerin zu entnehmen ist, soll die Verantwortung auf die Gerichte abgeschoben werden.
Der Senat sieht daher keinen Anlass, eine Entscheidung des Gesetzgebers zur Umsetzung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte abzuwarten, da solche offensichtlich nicht vorgesehen sind. Er legt daher die Vorschrift des § 2 Abs. 6 StGB mit Blick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dahin aus, dass der Wegfall der 10-Jahres-Frist in § 67 d Abs. 1 a.F. keine Rückwirkung haben darf, so dass auf Straftaten, die vor dem 31.01.1998 begangen wurden, die alte Norm Anwendung finden muss (so auch BGH, Beschluss vom 12. Mai 2010, 4 StR 577/09 für den parallel gelagerten Fall der nachträglichen Sicherungsverwahrung; OLG Frankfurt, Beschluss vom 24. 06. 2010, 3 Ws 485/10; LG Koblenz, Beschluss vom 19. Mai 2010, 7 StVK 139/10; LG Marburg, Beschluss vom 17. Mai 2010, 7 StVK 220/10, LG Kassel, Beschluss vom 15.06.2010, 34 StVK 162/10; sowie Grabenwarter in seinem Rechtsgutachten für die Bundesregierung zu den Rechtsfolgen der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte S. 42 ff.).
Zwar handelt es sich bei der Sicherungsverwahrung nach innerdeutschem Recht um eine Maßregel der Besserung und Sicherung, für die nach § 2
Abs. 6 StGB grundsätzlich das Recht zum Zeitpunkt der Entscheidung gilt. Doch steht dies unter dem Vorbehalt: "wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist". Eine derartige andere Bestimmung stellt hier Art. 7 Abs. 1 S. 2 MRK in seiner Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof dar (so BGH 4 StR 577/09 Rn. 15 bei juris).
Bei der Menschenrechtskonvention handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag, der durch den Bundesgesetzgeber in das deutsche Recht transformiert worden ist. Innerhalb der deutschen Rechtsordnung steht die MRK im Range einfachen Bundesrechts. Deutsche Gerichte haben daher die Konvention wie anderes Bundesrecht im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegungen zu beachten und anzuwenden (vgl. BGH a.a.O. Rn. 16, BVerfGE 111, 307, 316; Gollwitzer a.a.O. Einführung Rdnr. 39, 43 jeweils m.w.N.). Dabei ist nicht nur die Menschenrechtskonvention selbst, sondern auch die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu berücksichtigen, weil sich in ihnen der aktuelle Entwicklungsstand der Konvention widerspiegelt. Somit können als "abweichende" gesetzliche Regelungen nicht allein ausdrückliche Regelungen des Gesetzgebers, die eine Ausnahme vom Grundsatz der Anwendbarkeit des zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Gesetzes anordnen, angesehen werden. Vielmehr sind auch anderweitige Regelungen im Gesetzesrang, insbesondere konventionsrechtliche Auslegungen durch den EGMR, erfasst.
Die gegen eine solche Gesetzesauslegung geäußerten Bedenken der Oberlandesgerichte Celle (Beschluss vom 25.05.2010, 2 Ws 169 u. 170/2010) und Stuttgart (Beschluss vom 1. Juni 2010, 1 Ws 57/10) vermögen nicht zu überzeugen. Sie verneinen die Möglichkeit einer solchen Auslegung, da sie gegen den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers bei der Änderung der Höchstfrist im Jahre 1998 verstoße. Dieser habe bewusst in § 1 a Abs. 3 EGStGB die uneingeschränkte und damit rückwirkende Änderung des § 67 d StGB angeordnet. Allerdings ist diese ausdrückliche Regelung – wie die Oberlandesgerichte in ihren Beschlüssen selbst sehen – mit dem Gesetz über die Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung 2004 wieder gestrichen worden, so dass eine Gesetzesauslegung, wie sie durch den Senat erfolgt, nicht dem derzeitigen Gesetzeswortlaut widerspricht. Zuzugeben ist allerdings, dass sie dem Willen des Gesetzgebers bei Erlass des Gesetzes nicht entspricht. Allerdings darf auf den damaligen Willen des Gesetzgebers nicht abgestellt werden. Denn dieser ging ersichtlich davon aus, dass ein Verstoß gegen Art. 7 EMRK durch seine getroffene Regelung nicht vorliege. Zwischenzeitlich ist ein solcher Verstoß jedoch bindend festgestellt. Damit haben sich die wesentlichen Grundlagen seit Erlass des Gesetzes geändert. Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber in Kenntnis dieses Umstandes gleichwohl unter bewusstem Verstoß gegen die Konvention eine solche Regelung hätte treffen wollen. Daher kann der damalige Wille des Gesetzgebers bei der heutigen Auslegung der Norm keine Rolle mehr spielen.
Der hier vorgenommenen Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB steht auch nicht die Bindungswirkung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Februar 2004 (BVerfGE 109, 133 ff.) zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des Wegfalls der Höchstdauer der erstmaligen Sicherungsverwahrung entgegen. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen, dass die Sicherungsverwahrung keine Strafe darstelle und eine nachträgliche Änderung ihrer Höchstdauer nicht gegen das absolute Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG verstoße (BVerfGE a.a.O., 167 ff.). Bei der Frage, ob entsprechend dem Gesetzesvorbehalt in § 2 Abs. 6 StGB eine Maßregel der Besserung und Sicherung von der Maßgeblichkeit des Rechts zum Zeitpunkt der Entscheidung auszunehmen ist, handelt es sich indes um eine solche einfachen Rechts. Im Rahmen des einfachen Rechts steht es dem Gesetzgeber frei, abweichend von dem Grundsatz des § 2 Abs. 6 StGB die Geltung des Tatzeitrechts anzuordnen (vgl. BGH a.a.O. Rn. 18).
Eine andere Auslegung unter dem Gesichtspunkt der Schutzpflicht des Staates hinsichtlich der Grundrechte potentieller Opfer vor Verletzungen durch gefährliche Straftäter ist nicht geboten. Der Staat hat insoweit einen weiten Ermessensspielraum. Dass die vor Änderung der Gesetzeslage im Jahre 1998 bestehende Begrenzung der ersten Sicherungsverwahrung gegen Vorgaben des Grundgesetzes verstoßen hat, ist bislang nie ernstlich vertreten worden (vgl. OLG Frankfurt Beschluss vom 24. 06. 2010 S. 6)."
An dieser Rechtsauffassung hält der Senat nach erneuter Überprüfung, wie bereits im Beschluss vom 22. 7. 2010 (4 Ws 180/10) fest. Er sieht sich vor allem deshalb auch in seiner Rechtsauffassung bestätigt, weil der Gesetzgeber deutlich zu erkennen gegeben hat, dass er nicht beabsichtigt, seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen zur Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs nachzukommen. Vielmehr hat er, statt die Rechtsfrage über die Beendigung der Sicherungsverwahrung nach zehn Jahren zu regeln, eine Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Weg gebracht, um eine einheitliche Regelung durch die Gerichte, nicht jedoch durch ihn selbst, zu ermöglichen. Es bleibt daher Aufgabe der Gerichte, eine menschenrechtskonforme Auslegung der Gesetze herbeizuführen.
Der Senat ist auch nicht verpflichtet, die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen. Zum einen befindet sich die Änderung des § 121 Abs. 2 Nr. 3 GVG noch im Gesetzgebungsverfahren. Eine Verkündung ist bislang nicht erfolgt. Selbst wenn das Gesetz in Kraft getreten wäre, bestünde eine Vorlagepflicht des Senats nicht. Zwar weicht der Senat mit seiner Entscheidung von Rechtsansichten der Oberlandesgerichte Celle, Stuttgart, Koblenz und Nürnberg ab. Jedoch wird die Rechtsauffassung des Senats gestützt von der Entscheidung des 4. Senats des Bundesgerichtshofs vom 12. Mai 2010 (4 StR 577/09). In einem solchen Fall besteht eine Vorlagepflicht des Senats nicht (vgl. KK-Hanich, 6. Aufl., 2008, § 121 GVG Rn. 26). Entgegen der Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft betrifft die Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch die hier zu entscheidende Rechtsfrage, auch wenn sie sich in der Sache mit der nachträglichen Sicherungsverwahrung und nicht mit der Frage der Vollstreckung der Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus befasst. Denn beiden Sachverhalten liegt die gleiche Rechtsfrage zugrunde, nämlich, ob § 2 Abs. 6 StGB mit Blick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17.12.2009 dahin auszulegen ist, dass die Entscheidung des Gerichtshofs eine "andere gesetzliche Regelung" im Sinne dieser Norm darstellt. Dies allein ist die zu entscheidende Rechtsfrage. Diese hat der Bundesgerichtshof entschieden. Entgegen der Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft bestehen derzeit auch keine divergierende Entscheidung eines anderen Senats des Bundesgerichtshofs. Vor allem kann die Generalstaatsanwaltschaft sich nicht auf die Entscheidung des 2. Strafsenats vom 12. Mai 2010 (2 StR 171/10) stützen. Der 2. Senat hat sich in dieser Entscheidung in keiner Weise mit der entsprechenden Rechtsfrage auseinander gesetzt. Er hat die Frage der Entscheidung der Umsetzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht angesprochen. Daraus, dass er dies nicht getan hat, kann nicht geschlossen werden, dass er sie nicht umsetzen wollte. Näher liegt vielmehr die Überlegung, dass dem Senat bei seiner Entscheidung am 12.05.2010 die erst am 11.05.2010 öffentlich gemachte Bestandskraft der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nicht bekannt war.
Auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln ( 2 Ws 431/10) gibt dem Senat keine Veranlassung von seiner Rechtsauffassung, die im Übrigen von den Oberlandesgerichten Frankfurt in zwischenzeitlich sieben Beschlüssen (zuletzt 3 Ws 638/10), dem Oberlandesgericht Karlsruhe (2 Ws 44/10 und 2 Ws 458/10) sowie dem Oberlandesgericht Schleswig (1 OJs 2/10 und 1 OJs 3/10) geteilt wird, abzuweichen. Letztlich sieht auch das Oberlandesgericht Köln in seiner Entscheidung, dass dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden darf, dass er sich bei Erlass des Gesetzes habe konventionswidrig verhalten wollen. Es will ihm jedoch die Möglichkeit einräumen, die Regel der Führungsaufsicht bis zu einer – auch nach Ansicht des OLG Köln dann zu erfolgenden Entlassung der Betroffenen - zu ändern. Dies ist jedoch kein taugliches Auslegungskriterium. Entweder stellen die Regeln der Menschenrechtskonvention eine andere gesetzliche Regelung im Sinne des § 2 VI StGB dar oder nicht. Zudem könne die etwaigen verschärften Weisungsmöglichkeiten auch nachträglich auf die jetzt Entlassenen angewandt werden. Ein Zuwarten auf die gesetzlichen Regelungen rechtfertigen keinen weiteren Vollzug, zumal der Gesetzgeber – wie Meldungen der Presse zu entnehmen ist – auch im angestrebten Gesetz entgegen seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht die Frage des weiteren Vollzuges über die Zehnjahresfrist hinaus –ebenso wie die Frage des Vollzuges der konventionswidrig angeordneten nachträglichen Sicherungsverwahrung- regeln will. Ein solches Verhalten kann ausschließlich dahin gedeutet werden, dass er davon ausgeht, dass die Gerichte diese Frage im Sinne der Menschenrechtskonvention lösen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 StPO analog, die Entscheidungen über die Führungsaufsicht folgen aus §§ 68 a ff. StGB.
Der Senat hat jedoch bereits selbst eine Weisung gem. 68b I Nr. 7 StGB erteilt, da sich der Verurteilte nach Auskunft der JVA weigert, eine Entlassanschrift mitzuteilen. Die Weisung ist daher erforderlich, um eine lückenlose Überwachung des möglicherweise noch gefährlichen Untergebrachten zu gewährleisten.




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