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Rechtsprechung

Aktenzeichen: III-2 RVs 10/10 OLG Hamm

Leitsatz: Da § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die materielle Rechtmäßigkeit eines Aufenthaltstitels schützt, ist der Schutzzweck der Norm bereits dann berührt, wenn das materielle Aufenthaltsrecht lediglich abstrakt gefährdet ist. Die Tatbestandsverwirklichung setzt nicht voraus, dass die Angaben tatsächlich dazu geführt haben, dass eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde.

Senat: 2

Gegenstand: Revision

Stichworte: Aufenthaltsrecht, falsche Angaben

Normen: AufenthG 95

Beschluss:

Strafsache gegen pp.
wegen Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 5. kleinen Strafkammer des Landgerichts Hagen vom 23. September 2009 hat der 2. Strafsenat des Oberlandes-gerichts Hamm am 09.03.2010 durch auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Angeklagten bzw. seines Verteidigers einstimmig beschlossen:

Die Revision wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Angeklagte (§ 473 Abs. 1 StPO).

Gründe:
I.
Das Amtsgericht Hagen hat den Angeklagten mit Urteil vom 22. September 2008 wegen unrichtiger Angaben entgegen § 49 AufenthG in zwei Fällen und wegen unrichtiger Angaben, um für sich einen Aufenthaltstitel zu beschaffen, in zwei weiteren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.

Auf die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Angeklagten hat die 5. kleine Strafkammer des Landgerichts Hagen mit Urteil vom 23. September 2009 das angefochtene Urteil – unter Verwerfung der Berufung im Übrigen – dahingehend abgeändert, dass die Gesamtfreiheitsstrafe auf ein Jahr und drei Monate herabgesetzt wurde.

Nach den Feststellungen des Landgerichts stellte der Angeklagte beim Ausländeramt der Stadt Hagen am 08. Dezember 2006 und am 23. Mai 2007 jeweils einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sowie am 04. Juni 2007 und am 03. Dezember 2007 jeweils einen Antrag auf Erteilung einer Duldung. Dabei gab er jeweils wahrheitswidrig an, er sei in Ruanda geboren, in den Anträgen vom 08. Dezember 2006, 23. Mai 2007 und 04. Juni 2007 gab er zudem wahrheitswidrig an, er habe die ruandische Staatsangehörigkeit. Tatsächlich stamme der Angeklagte nicht aus Ruanda und besitze auch nicht die dortige Staatsangehörigkeit.

Gegen dieses, seinem Verteidiger am 06. November 2009 zugestellte Urteil hat der Angeklagte mit am 28. September 2009 bei dem Landgericht Hagen eingegangen Schreiben seines Verteidigers vom selben Tag Revision eingelegt. Mit weiterem Schriftsatz seines Verteidigers vom 05. Dezember 2009, eingegangen am 06. Dezember 2009 bei dem Landgericht Hagen, hat er die Revision mit der näher ausgeführten Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet. Er trägt mit weiteren Ausführungen vor, dass die Verurteilung hinsichtlich der Anträge vom 08. Dezember 2006 und vom 23. Mai 2007, welche nach Ansicht des Landgerichtes einen Verstoß gegen § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG begründen, zu Unrecht erfolgt sei. Eine Täuschungshandlung gegenüber dem Zeugen xxx des Ausländeramtes sei von Anfang an ausgeschlossen gewesen, da dieser entsprechend seinen Bekundungen zu keinem Zeitpunkt bereit gewesen sei, dem Angeklagten, soweit dieser seine Staatsangehörigkeit mit „ruandisch“ angegeben hätte, eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Das sei dem Angeklagten auch bekannt gewesen. Der Angeklagte habe bei Abgabe der Anträge am 08. Dezember 2006 und 23. Mai 2007 nicht davon ausgehen können, der Zeuge xxx würde ihm aufgrund seiner Angaben eine Aufenthaltserlaubnis erteilen. Aufgrund der dem Angeklagten bekannten sicheren Überzeugung des Zeugen xxx sei es zu den jeweiligen Zeitpunkten der Antragstellung ausgeschlossen gewesen, dass der Angeklagte eine Täuschung auch nur für möglich gehalten habe. Mangels der Möglichkeit einer Täuschung gegenüber dem Zeugen xxx werde der Tatbestand des § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG in keinem Fall erfüllt. Auch die Verurteilung wegen Verstoßes gegen § 95 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG in zwei Fällen wegen einer falschen Angabe bezüglich der Staatsangehörigkeit in den Anträgen vom 04. Juni 2007 und 03. Dezember 2007 sei zu Unrecht erfolgt. Die Aussetzung der Abschiebung (Duldung) eines Ausländers bedürfe keines Antrages, ebensowenig deren Verlängerung. Somit habe auch keine Mitwirkungspflicht des Angeklagten aus § 49 Abs. 2 AufenthG bestanden. Wenn der Angeklagte aber zu Angaben im Zusammenhang mit der Aussetzung der Abschiebung nicht verpflichtet gewesen sei, sei auch eine Strafbarkeit i.S.d. § 95 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG nicht gegeben. Die Anträge vom 23. Mai 2007 und 04. Juni 2007 seien im übrigen als ein Antrag zu werten, da der Zeuge xxx den Angeklagten, nachdem dieser bereits am 23. Mai 2007 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt habe, aufgefordert habe, den selben Antrag nochmals zu stellen, obwohl hierfür kein Erfordernis bestanden habe. Des weiteren seien alle Ausländer, die Abschiebehindernisse selbst zu vertreten gehabt hätten, von der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Rahmen der „Altfallregelung“ ausgeschlossen gewesen. Gerade die Verhinderung einer Abschiebung aufgrund falscher Angaben habe der Zeuge xxx dem Angeklagten bereits in seinen Strafanzeigen aus 2001 und 2005 und auch in der Zeit danach unterstellt.

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat mit näheren Ausführungen beantragt, die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.
Das Rechtsmittel ist unbegründet. Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Revision des Angeklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Die auf die erhobene Sachrüge vorzunehmende Überprüfung des angefochtenen Urteils lässt Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht erkennen.


1. Ein Verfahrenshindernis des Strafklageverbrauchs durch die Vorverurteilungen des AG Hagen vom 3. Januar 2002 und des LG Hagen vom 05. April 2006, die „im Zusammenhang mit seinem Aufenthaltsstatus und seinen Angaben gegenüber den für die Klärung seiner tatsächlichen Identität und Staatsangehörigkeit zuständigen Stellen“ (UA S. 3) standen, ist nicht eingetreten.

Ein Strafklageverbrauch liegt dann vor, wenn das frühere Verfahren wegen der Tat, die Gegenstand des jetzigen Verfahrens ist, vollständig abgeschlossen ist. Die Sperrwirkung reicht so weit, wie die Sachentscheidung auf Grund der Anklage und des Eröffnungsbeschlusses geboten war (Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl. Einl. Rdnr. 171, 173). Zwar hat der Angeklagte nach den getroffenen Feststellungen offenbar die gleichen falschen Angaben gemacht wie früher. Die früheren Verurteilungen um-fassen aber schon rein zeitlich die hier in Rede stehenden Antragstellungen ab dem 08. Dezember 2006 nicht.

2. Die in sich widerspruchsfreien, nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßenden und vollständigen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 95 Abs. 1 Nr. 5 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG) bzw. gegen § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG, jeweils in zwei Fällen.

Die Kammer hat auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen zu Recht die Voraussetzungen des § 95 Abs. 2 Nr. 2 – hier Alt. 1 - AufenthG hinsichtlich der nträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 08. Dezember 2006 und vom 23. Mai 2007 bejaht.

Nach § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG in der ab dem 01. Januar 2005 geltenden Fassung vom 30. Juli 2004 macht sich strafbar, wer unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel zu beschaffen oder einen so beschafften Aufenthaltstitel wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

Die Kammer hat hierzu rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte am 08. Dezember 2006 und am 23. Mai 2007 jeweils einen – nach der ausdrücklichen handschriftlichen Bezeichnung – Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bei dem Ordnungsamt der Stadt Hagen einreichte. Dabei gab der Angeklagte als Geburtsland Ruanda bzw. seine Staatsangehörigkeit mit Ruandisch an, obwohl er tatsächlich nicht aus Ruanda stammt bzw. auch nicht die dortige Staatsangehörigkeit besitzt. Die hieraus von dem Landgericht gezogene Schlussfolgerung, der Angeklagte habe die unrichtigen Angaben gemacht, um sich einen Aufenthaltstitel zu beschaffen (UA S. 13), begegnet keinen Bedenken. Dem Angeklagten kam es ersichtlich darauf an, das Bundesgebiet nicht verlassen zu müssen. Er wusste auch, dass die Behörden nicht an der Aufrechterhaltung der bestehenden Situation, dass er aufgrund der bisherigen falschen Angaben zu seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht abgeschoben werden konnte, interessiert waren, sondern an der Erlangung richtiger Angaben, die nach Einschätzung der Behörden dazu führen würden, dass sein Aufenthalt würde beendet werden können (UA S. 15). Sein ausdrücklich formuliertes Antragsziel, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erlangen, konnte er mithin nur durch die getätigten falschen Angaben erreichen.

Entgegen der Auffassung der Revision ist der Tatbestand des § 95 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 AufenthG damit erfüllt. Bei § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, das rechtsmissbräuchliches Handeln bereits im Vorfeld der behördlichen Entscheidung pönalisiert (BGH, NStZ 2007, 289 (290), Gericke in Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, 2009, § 95 AufenthG Rdnr. 94; Senge in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand Juli 2009, § 95 AufenthG Rdnr. 56). Da § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die materielle Rechtmäßigkeit eines Aufenthaltstitels schützt, ist der Schutzzweck der Norm bereits dann berührt, wenn das materielle Aufenthaltsrecht lediglich abstrakt gefährdet ist (OLG Stuttgart, NStZ-RR 2009, 387 m.w.N.; Senge, a.a.O., § 95 AufenthG Rdnr. 56). Die Tatbestandsverwirklichung setzt nicht voraus, dass die Angaben tatsächlich dazu geführt haben, dass eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Es müssen auch nicht gerade die falschen Angaben geeignet sein, die Ausstellung der Urkunde zu bewirken. Erforderlich ist lediglich, dass es sich um ausländerrechtlich erhebliche Angaben handelt, die sich im Allgemeinen, d.h. abstrakt, zur Verschaffung eines Aufenthaltstitels eignen (BGH, NJW 2010, 248 m.w.N.; OLG Stuttgart, a.a.O.; Gericke, a.a.O., Senge, a.a.O.). Falsche Angaben auf Fragen der Ausländerbehörde gefährden jedenfalls abstrakt die richtige Anwendung des materiellen Ausländerrechts, weil unwahres Vorbringen im allgemeinen geeignet ist, Ausländern zu Unrecht einen Aufenthaltstitel zu verschaffen (OLG Stuttgart, a.a.O.). Für die Strafbarkeit genügt es, dass die unrichtigen oder unvollständigen Angaben unterbreitet werden (BGH, NJW 2010, 248), d.h. die Angaben vor einer Behörde in einem Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz gemacht werden oder, bei schriftlicher Antragstellung oder Versicherung, der Behörde zugegangen sind (Senge, a.a.O.). Auf einen Erfolg oder eine Kausalität der unrichtigen Angaben bei der Erteilung des Aufenthaltstitels kommt es mithin nicht an (BGH, NJW 2010, 248 m.w.N; OLG Stuttgart, a.a.O., Senge, a.a.O.) In subjektiver Hinsicht reicht bedingter Vorsatz aus (Senge, a.a.O., Gericke, a.a.O.).

Ob sich die Ausländerbehörde im konkreten Fall hat täuschen lassen oder sie überhaupt getäuscht werden konnte, ist daher unerheblich (vgl. auch OLG Stuttgart, NStZ-RR 2009, 431 zu einer verschwiegenen, der Behörde bereits bekannten Vorstrafe). Entscheidend ist allein, dass die unrichtigen Angaben aus Sicht des Angeklagten dem Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis dienen sollten (vgl. BGH, NJW 2010, 248). Der Annahme vorsätzlichen Handelns steht dabei nicht entgegen, dass der Täter damit rechnet, die falschen Angaben könnten nicht zur Erteilung des Aufenthaltstitels führen (Senge, a.a.O., Rdnr. 60).

b) Ebenfalls frei von Rechtsfehlern ist die Bewertung des Landgerichtes, der Angeklagte habe sich hinsichtlich der Anträge vom 04. Juni 2007 und vom 03. Dezember 2007 jeweils gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG wegen Verstoßes gegen die ihn nach § 49 Abs. 1 AufenthG (in der ab dem 01. Januar 2005 geltenden Fassung vom 30. Juli 2004) bzw. § 49 Abs. 2 AufenthG (in der ab dem 01. November 2007 geltenden Fassung vom 20. Juli 2007) treffenden Pflichten strafbar gemacht,

Nach § 95 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG macht sich strafbar, wer entgegen § 49 Abs. 1 AufenthG - im Falle der Fassung vom 30. Juli 2004 - bzw. § 49 Abs. 2 AufenthG - im Falle der Fassung vom 20. Juli 2007 – eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist.

Gemäß § 49 Abs. 1 AufenthG - im Falle der Fassung vom 30. Juli 2004 - bzw. § 49 Abs. 2 AufenthG - im Falle der Fassung vom 20. Juli 2007 – ist jeder Ausländer verpflichtet, gegenüber den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden auf Verlangen die erforderlichen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und Staatsangehörigkeit zu machen und die von der Vertretung des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder vermutlich besitzt, geforderten und mit dem deutschen Recht in Einklang stehenden Erklärungen im Rahmen der Beschaffung von Heimreisedokumenten abzugeben. Identitätsmerkmal ist u.a. der Geburtsort (Hofmann/Hoffmann, Ausländerrecht, § 49 Rdnr. 6).

Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte vor Ablauf der jeweiligen Fristen unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflichten und deren Strafbewehrung regelmäßig aufgefordert wurde, Angaben und Unterlagen beizubringen, damit die vollziehbare Ausreiseverpflichtung umgesetzt werden könne, und der Angeklagte dementsprechend die Anträge vom 04. Juni 2007 und vom 23. Dezember 2007, in denen – wahrheitswidrig – die Staatsangehörigkeit bzw. das Geburtsland mit Ruanda angegeben war, dem Ordnungsamt der Stadt Hagen zugeleitet habe, um auf diese Weise eine Duldung zu erlangen. Dieses Verhalten erfüllt den Tatbestand des § 95 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG. Entgegen der Annahme der Revision kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob der Angeklagte zur Beantragung einer Duldung oder Duldungsbescheinigung verpflichtet war. § 49 Abs. 2 Alt. 1 (bzw. § 49 Abs. 1 Alt. 1 a.F.) AufenthG legt als spezialgesetzliche Mitwirkungsvorschrift dem betroffenen Ausländer die Verpflichtung auf, gegenüber den zuständigen Stellen richtige Angaben u.a. über seine Identität und seine Staatsangehörigkeit zu machen. Diese Verpflichtung besteht „auf Verlangen“ der zuständigen Behörde. Derartige Angaben dürfen verlangt werden und sind zu tätigen, soweit sie erforderlich sind. Weitere Voraussetzungen für das behördliche Verlangen nennt das Gesetz nicht. Ob eine Angabe erforderlich ist, richtet sich nach dem Zweck ihrer Erhebung, also der konkreten Entscheidung oder Maßnahme, die von der Behörde zu treffen oder beabsichtigt ist. In Betracht kommen vor allem die Erteilung eines Aufenthaltstitels oder – wie hier – aufenthaltsbeendende Maßnahmen (Hofmann/Hoffmann, a.a.O.,
§ 49 AufenthG Rdnr. 6). Zur Aufenthaltsbeendigung bedurfte es nach den landgerichtlichen Feststellungen der ausreichenden Ermittlung der tatsächlichen Identität und Staatsangehörigkeit des Angeklagten. Allein dass der Angeklagte andere als die in der Vergangenheit getätigten Angaben zu machen nicht bereit war und ist, lässt seine Mitwirkungspflicht und - im Falle der Verletzung derselben - seine Strafbarkeit nicht entfallen. Die Einführung des § 95 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG erfolgte gerade deshalb, um der wachsenden Tendenz zur Verschleierung der Identität und Staatsangehörigkeit entgegenzuwirken, weil oftmals über Jahre hinweg vollziehbare Rückführungsentscheidungen nicht durchgesetzt werden können und in dieser Zeit Sozialhilfeleistungen in Anspruch genommen werden müssen (Begründung des Gesetzesentwurfes vom 07. Februar 2003; BT-Drucksache 15/420 – Zuwanderungsgesetz).

Eine Strafbarkeit hinsichtlich des Antrages vom 04. Juni 2007 scheidet auch nicht deshalb aus, weil dieser, wie die Revision meint, mit dem Antrag vom 23. Mai 2007 eine Einheit bildet. Der Angeklagte hat nämlich nicht lediglich in demselben Verfahren seine – falschen – Angaben wiederholt, sondern ausweislich der landgerichtlichen Feststellungen aufgrund eines neuen Tatentschlusses einen gesonderten Antrag vor dem Hintergrund der Bleiberechtsregelung der IMK vom 16./17. November 2006, mithin in einem anderen Verfahren mit einem andersartigen Verfahrensziel, gestellt.

3. Der Rechtsfolgenausspruch gibt zu einer revisionsrechtlichen Beanstandung keinen Anlass.


III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.



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