Aktenzeichen: 2 Ws 196/10 OLG Hamm |
Leitsatz: Für eine Entscheidung nach § 460 StPO ist dann kein Raum mehr, wenn das erken-nende Gericht die Bildung der Gesamtstrafe ausdrücklich geprüft und aus welchen Gründen auch immer verneint hat. |
Senat: 2 |
Gegenstand: Beschwerde |
Stichworte: Gesamtstrafenbildung, nachträgliche, Ausschluss |
Normen: StPO 460 |
Beschluss: Strafsache gegen pp. wegen schweren Raubes pp, (hier: sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen das Absehen von der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe). Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 24. Juni 2010 gegen den Beschluss der 6. großen Strafkammer des Landgerichts Bochum vom 02. Juni 2010 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 10.10.2010 durch nach An-hörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen: Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen. Gründe: I. Der Verurteilte wurde am 03. Februar 2009 durch Strafbefehl des Amtsgerichts Gel-senkirchen (16 a Cs 23 Js 629/08 6/09) wegen eines Vergehens nach dem Waf-fengesetz zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30 EUR verurteilt. Gegen-stand dieser Verurteilung war das unerlaubte Führen einer Gaspistole am 29. Oktober 2008 im Zusammenhang mit einer geplanten Raubtat, bezüglich derer das nachgenannte Verfahren vor dem Landgericht Bochum 6 KLs 2 Js 631/08 21/09 eingestellt worden ist. Auf die vom Amtsgericht verhängte Geldstrafe wurden 10 EUR gezahlt. Am 05. August 2009 wurde er durch das Landgericht Bochum (6 KLs 2 Js 631/08 21/09) wegen schweren Raubes, wegen Raubes und wegen Beihilfe zum schweren Raub zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Die zu-grunde liegenden Taten wurden während des Zeitraums vom 22. Oktober 2008 bis zum 10. Dezember 2008 begangen. Unter Bezugnahme auf die Verurteilung durch das Amtsgericht Gelsenkirchen vom 03. Februar 2009 nahm das Landgericht Bochum zugunsten des Angeklagten im Rahmen der Gesamtstrafenbildung einen Härteausgleich vor, da wegen der teilwei-sen Zahlung auf die Geldstrafe diese nicht in die zu bildende Gesamtstrafe habe ein-bezogen werden können. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bochum hat das Landgericht Bochum durch Be-schluss vom 02. Juni 2010 in der berichtigten Fassung ebenfalls vom 02. Juni 2010 von der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe nach § 460 StPO aus den vorbe-zeichneten Verurteilungen zur besseren Einwirkung auf den Verurteilten nach §§ 55 Abs. 1 S. 1, 53 Abs. 2 S. 2, 1. Hs StGB abgesehen. Gegen diesen am 21. Juni 2010 zugestellten Beschluss wendet sich der Verurteilte durch Verteidigerschriftsatz vom 24. Juni 2010 bei dem Landgericht Bochum per Telefax eingegangen am selben Tag mit der sofortigen Beschwerde. Zur Begrün-dung gibt er an, es sei nicht ersichtlich und auch nicht dargetan, weshalb es im Inte-resse einer besseren Einwirkung auf den Verurteilten sachgerecht erscheine, von der Bildung einer Gesamtstrafe abzusehen. II. Die gemäß §§ 462 Abs. 1 und 3, 460 StPO statthafte, innerhalb der Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO eingelegte zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache unbe-gründet. Das Landgericht Bochum hat jedenfalls im Ergebnis zu Recht davon abgesehen, die Strafe aus seinem Urteil vom 05. August 2009 und die Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 03. Februar 2009 auf eine Gesamtfreiheitsstrafe zurückzuführen, denn eine solche durfte im vorliegenden Fall nach § 460 StPO gar nicht erst gebildet werden. Für eine Entscheidung nach § 460 StPO ist nämlich dann kein Raum mehr, wenn das erkennende Gericht die Bildung der Gesamtstrafe ausdrücklich geprüft und aus welchen Gründen auch immer verneint hat (OLG Karlsruhe, NStZ 1987, 186 (187); OLG Stuttgart, NStZ 1989, 47; vgl. auch BGHSt 35, 208 ff., zit. nach juris, Rn 19; Fischer, StGB, 57. Aul. 2010, § 55, Rn 36; KK/Appl, StPO, 6. Aufl. 2008, § 460, Rn 5 mwN). Eine solche ausdrückliche Prüfung ist hier erfolgt, wie sich aus dem Hinweis im Urteil des Landgerichts Bochum vom 05. August 2009 ergibt, es sei ein Härteausgleich vorzunehmen, da die Verurteilung vom 03. Februar 2009 wegen der teilweisen Zah-lung auf die Geldstrafe nicht in die hier zu bildende Gesamtstrafe einbezogen werden konnte. Eine andere Wertung ist auch nicht vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass die Ge-samtstrafenbildung in dem Urteil des Landgerichts Bochum vom 05. August 2009 mit rechtsfehlerhafter Begründung Teilerledigung durch Vollstreckung, hier in Form von Teilzahlungen auf eine Geldstrafe, hindert die Einbeziehung der gesamten frühe-ren Strafe in die nachträgliche Gesamtstrafe nicht (vgl. auch Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl. 2006, § 55, Rn 27) unterblieben ist. § 460 StPO dient nicht dazu, Rechtsfehler bei der Anwendung des § 55 StGB, die dem früher mit der Frage der nachträglichen Gesamtstrafenbildung befassten Richter unterlaufen sind, zu korrigie-ren. Sehen die Verfahrensbeteiligten davon ab, diesen Fehler im Rahmen der Beru-fung oder Revision geltend zu machen, so können sie später nach Rechtskraft der fehlerhaften Entscheidung die materiell-rechtlich fehlerhafte Anwendung der Rege-lung des § 55 StGB im Nachverfahren über § 460 StPO nicht mehr berichtigen las-sen. Denn soweit der früher mit der Sache befasste Richter die Frage einer Gesamt-strafenbildung sachlich geprüft und diese in fehlerhafter Rechtsanwendung vorge-nommen oder unterlassen hat, sind die Vorschriften über die Zuerkennung einer Ge-samtstrafe gerade nicht wie § 460 StPO dies voraussetzt außer Betracht geblie-ben (OLG Karlsruhe, NStZ 1987, 186 (187)). Im Ergebnis durfte damit eine Gesamtstrafenbildung nach § 460 StPO nicht erfolgen, so dass der sofortigen Beschwerde, die eben eine solche zum Ziel hat, der Erfolg zu versagen ist. III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO. |
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