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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 (s) Sbd. IX - 7/06 OLG Hamm

Leitsatz: Zum besonderen Umfang und zur Gewährung einer Pauschgebühr in einem Schwurgerichtsverfahren.

Senat: 2

Gegenstand: Pauschgebühr

Stichworte: Pauschgebühr; besondere Schwierigkeit; Schwurgerichtsverfahren;

Normen: RVG 51

Beschluss:

Strafsache
gegen C.M.
wegen Mordes u.a., (hier: Pauschgebühr für den bestellten Verteidiger gem. § 51 RVG).

Auf den Antrag des Rechtsanwalts K. in D. vom 20. Mai 2005 auf Bewilligung einer Pauschgebühr für die Pflichtverteidigung des früheren Angeklagten M. hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 28. März 2006 durch den Richter am Oberlandesgericht (als Einzelrichter gemäß §§ 51 Abs. 2 S. 4, 42 Abs. 3 S. 1 RVG) nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsab¬teilung des Ober¬landesgerichts beschlossen:

Der Antrag wird abgelehnt.
Gründe:
Der Antragsteller begehrt mit näherer Begründung, auf die Bezug genommen wird, für seine Tätigkeit im vorliegenden Verfahren - offenbar nur bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens - eine "Pauschvergütung" (nach RVG jetzt Pauschge¬bühr), die er mit 14.910,35 € beziffert hat.
Er hat seinen Antrag noch am Tage der Verkündung des Urteils des Schwurgerichts in Arnsberg gestellt und seiner Berechnung jeweils die Höchstgebühren eines Wahl¬verteidigers zuzüglich sämtlicher Auslagen und Mehrwertsteuer zugrunde gelegt. Übersehen hat er dabei allerdings, dass einem Wahlverteidiger die Erhöhungsgebüh¬ren nach Nummern 4122 und 4123 VV RVG für überlange Hauptverhandlungstage nicht zustehen, sondern diese Gebühren nur für den bestellten Pflichtverteidiger Be¬deutung haben.

Zu diesem Antrag hat der Vertreter der Staatskasse unter dem 13. Januar 2006 dem Grunde nach befürwortend Stellung genommen, da er mit dem Schwurgerichtsvorsit¬zenden das Verfahren für besonders schwierig und - zumindest in Teilen - auch für besonders umfangreich erachtet.
Auf diese Stellungnahme, die dem Antragsteller bekannt ist, wird hinsichtlich des dargestellten Tätigkeitsumfangs Bezug genommen.
Auch die dem Antragsteller für seine gesamte Tätigkeit im vorbereitenden Verfahren und im Hauptverfahren zustehenden gesetzlichen Gebühren sind in dieser Stellung-
nahme mit insgesamt 5.554,- € zutreffend berechnet.

Soweit der Antragsteller in seiner Erwiderung vom 15. Februar 2006 diese Berech¬nung nicht nachzuvollziehen vermag, übersieht er, dass es sich insoweit um die reinen Gebühren, an deren Stelle eine Pauschgebühr gemäß § 51 Abs. 1 RVG bewilligt werden könnte, ohne Auslagen und Mehrwertsteuer handelt.

Soweit der Vertreter der Staatskasse in seiner Stellungnahme davon ausgeht, der Antragsteller habe nicht für alle ihm zustehenden gesetzlichen Gebühren eine Pauschgebühr beantragt, da er davon die Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren nach Nr. 4105 VV RVG ausgenommen habe, vermag der Senat dem nicht zu folgen, da sich aus der vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 17. März 2006 über¬sandten Kopie der Pflichtverteidiger-Liquidation ergibt, dass auch dort diese Position nicht auf¬geführt und somit bislang offensichtlich übersehen bzw. vergessen worden ist.
Andererseits fällt an der Pflichtverteidiger-Liquidation auf, dass der Antragsteller für jeden der insgesamt neun Hauptverhandlungstage zu Unrecht einen Zeitzuschlag nach Nummern 4122 oder 4123 VV RVG berechnet hat, auch wenn die Hauptver-handlungstage nicht länger als fünf bzw. acht Stunden gedauert haben. An fünf Hauptverhandlungstagen war die zu berücksichtigende Verhandlungsdauer kürzer als fünf Stunden.

Es mag zwar sein, dass das Verfahren auch innerhalb der zum Vergleich heranzu¬ziehenden Schwurgerichtsverfahren schon besonders schwierig und - zumindest in Teilen - auch besonders um¬fangreich gewesen ist. Zumindest widerspricht der Senat insoweit nicht der diesbezüglichen Einschätzung des Vertreters der Staatskasse.

Gleichwohl ist dem Antragsteller eine Pauschgebühr sowohl für einzelne Verfahrens¬abschnitte als auch insgesamt zu versagen, weil es nicht unzumutbar ist, ihn auf die gesetzlichen Gebühren zu verweisen.
Dieses in das RVG in § 51 Abs. 1 S. 1 gegen¬über § 99 Abs. 1 BRAGO neu auf-genommene Kriterium muss nämlich ebenfalls er¬füllt sein, um die Voraussetzungen der Bewilligung einer Pauschgebühr schon dem Grunde nach bejahen zu können (vgl. hierzu zutreffend auch OLG Frankfurt, Be¬schluss vom 14. Dezember 2005 in 2 ARs 154/05).

Dabei war vorliegend auch von besonderer Bedeutung, dass der Gesetzgeber dem in der Regel höheren Schwierigkeitsgrad von Strafsachen, die vor einer Schwur-gerichtskammer verhandelt werden, durch erheblich höhere gesetzliche Gebühren gegenüber Verfahren, die vor einer allgemeinen Strafkammer verhandelt werden, nach wie vor Rechnung getragen hat (vgl. den ebenfalls den Antragsteller betreffen-den Senatsbeschluss vom 13. Januar 2006 in 2 (s) Sbd. VIII – 239/05, in welchem bereits sowohl die besondere Schwierigkeit als auch der besondere Umfang verneint worden war).
So beträgt die Verfahrensgebühr für einen gerichtlich bestellten Rechtsanwalt, der einen inhaftierten Mandanten verteidigt, in Schwurgerichtsverfahren nach Nr. 4119 VV RVG 322,- € gegenüber 151,- € in allgemeinen Strafkammerverfahren nach Nr. 4113 VV RVG und die Terminsgebühr je Hauptverhandlungstag in Schwurgerichts-verfahren nach Nr. 4121 VV RVG 434,- € gegenüber 263,- € in allgemeinen Strafkammerverfahren nach Nr. 4115 VV RVG.
Auch die Zusatzgebühren nach Nummern 4122 und 4123 VV RVG für die lange Dauer eines Hauptverhandlungstages sind mit 178,- € bzw. 356,- € deutlich höher als die ent¬sprechenden Zusatzgebühren nach Nummern 4116 und 4117 VV RVG mit 108,- € bzw. 216,- € (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 23. August 2005 in 2 (s) Sbd. VIII - 168/05 = NJW 2006, 74).

Vor diesem Hintergrund ist die Grenze zur Unzumutbarkeit noch nicht erreicht oder gar überschritten, obwohl das Verfahren bzw. ein einzelner Verfahrensabschnitt als sowohl „besonders schwierig“ als auch „besonders umfangreich“ anzusehen ist.
Der Senat hatte zwar in einer früheren Entscheidung noch angenommen, dass bei Vorliegen beider Kriterien die Voraussetzungen der Unzumutbarkeit im Sinne des
§ 51 Abs. 1 S. 1 RVG immer zu bejahen seien (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Februar 2005 in 2 (s) Sbd, VIII – 11/05 = StraFo 2005, 173 = AGS 2005, 112), jedoch betraf jene Entscheidung ein Verfahren vor einer allgemeinen Strafkammer und kann in dieser Allgemeinheit zumindest auf Fälle der vorliegenden Art, denen Verfahren vor einem Schwurgericht oder auch einer Wirtschaftsstrafkammer mit erheblich höheren gesetzlichen Gebühren zugrunde liegen, nicht übertagen werden.

Im Übrigen hat der Senat seine oben dargelegte strikte Auffassung auch in einer allgemeinen Strafsache, die in erster Instanz vor dem Schöffengericht und in zweiter Instanz vor der kleinen Strafkammer anhängig war, inzwischen in einem obiter dictum dahin relativiert, dass in Fällen des Vorliegens beider Kriterien in der Regel die Voraussetzungen der Unzumutbarkeit anzunehmen seien (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Januar 2006 in 2 (s) Sbd. VIII – 233/05).

Demgemäß war der Antrag, der im Übrigen auch der Höhe nach deutlich übersetzt gewesen wäre, worauf der Vertreter der Staatskasse ebenfalls zutreffend hingewie¬sen hat, insgesamt abzulehnen.

Dem Antragsteller steht es jedoch frei, bei Korrektur seiner Pflichtverteidiger-Liqui¬dation bezüglich der oben genannten und zum Teil zu Unrecht geforderten Längen-zuschläge auch die bislang noch nicht geltend gemachte Gebühr nach Nr. 4105 VV RVG und die ihm für das Revisionsverfahren zustehende gesetzliche Ge¬bühr, zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer, festsetzen zu lassen.



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