Aktenzeichen: III - 5 RBs 169/11 OLG Hamm |
Leitsatz: In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass ein Verwerfungsurteil gemäß § 74 Abs. 2 OWiG trotz späterer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu einer Verjährungshemmung gemäß § 32 Abs. 2 OWiG führt, so dass bis zum rechts-kräftigen Abschluss des Verfahrens Verjährung nicht eintreten kann. |
Senat: 5 |
Gegenstand: Rechtsbeschwerde |
Stichworte: Verwerfungsurteil, Wiedereinsetzung, Verjährung |
Normen: OWiG 80; OWiG 74; OWiG 33 |
Beschluss: Bußgeldsache gegen pp. wegen Verkehrsordnungswidrigkeit. Auf den Antrag des Betroffenen vom 15. April 2011 auf Zulassung der Rechtsbe-schwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts x vom 01. April 2011 hat der 5. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 11. November 2011 durch nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen: Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen. Gründe: I. Gegen den Betroffenen ist durch Bußgeldbescheid des Landrats des Kreises x vom 03. August 2009 eine Geldbuße in Höhe von 120,00 EURO verhängt worden. Ihm ist zur Last gelegt worden, am 13. März 2009 als Führer des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen xx in Haltern auf der BAB 43 die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h nach Abzug der Toleranz um 40 km/h überschritten zu haben. Gegen den Bußgeldbescheid hat der Betroffene fristgerecht Einspruch eingelegt, den das Amtsgericht x erstmals mit Urteil vom 05. November 2010 gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen hatte. Nachdem dem Betroffenen mit Beschluss des Amtsgerichts Marl vom 01. Dezember 2010 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt worden war, wurde der Einspruch mit Urteil vom 07. Januar 2011 erneut gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen. Auch gegen dieses Urteil gewährte das Amtsgericht dem Betroffenen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Nachdem er in der Hauptverhandlung am 01. April 2011 trotz ordnungsgemäßer La-dung zum dritten Mal nicht erschienen war, verwarf das Amtsgericht seinen Ein-spruch wiederum gemäß § 74 Abs. 2 OWiG. Gegen dieses Verwerfungsurteil wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbe-schwerde, deren Zulassung er beantragt. Er rügt mit näheren Ausführungen die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere sei Verjährung eingetreten. II. Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zulässig, da er frist- und form-gerecht angebracht worden ist. Er kann in der Sache jedoch entsprechend dem An-trag der Generalstaatsanwaltschaft keinen Erfolg haben. Da der Betroffene zu einer Geldbuße von als 100,00 Euro, jedoch von nicht mehr als 250,00 Euro verurteilt worden ist, ist die Rechtsbeschwerde gem. § 80 Abs. 1 OWiG zuzulassen, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen oder das Urteil wegen der Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht erhoben worden. Zur Fortbildung des Rechts ist die Rechtsbeschwerde gemäß § 80 Abs. 1 OWiG nur zuzulassen, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen auch des Verfahrensrechts unter rechtschöpferischer Aus-füllung von Gesetzeslücken aufzustellen und zu festigen oder Gesetzeslücken recht-schöpferisch zu schließen. Es muss deshalb eine entscheidungserhebliche noch klärungsbedürftige und abstraktionsfähige Rechtsfrage vorliegen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Soweit der Betroffene rügt, im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Urteils sei bereits die absolute Verjährung gemäß § 33 Abs. 3 S. 2, 31 Abs. 3 S. 1 OWiG einge-treten, kann dies die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht begründen. Gemäß § 80 Abs. 5 OWiG sind Verfahrenshindernisse wie die Verfolgungsverjährung im Zu-lassungsverfahren nämlich unbeachtlich, wenn sie vor Erlass des Urteils im ersten Rechtszug bereits vorgelegen haben, der Rechtsfehler des Urteils also darin liegt, dass sie nicht bereits dort beachtet worden sind. Eine Prüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht erfolgt ausnahmsweise nur dann, wenn es wegen dieser Frage geboten ist, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, um hierzu ein klärendes Wort zu sprechen (vgl. Göhler, OWiG, 15. Aufl., § 80 Rdnr. 24). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist aber geklärt, dass ein Verwerfungsur-teil gemäß § 74 Abs. 2 OWiG trotz späterer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu einer Verjährungshemmung gemäß § 32 Abs. 2 OWiG führt, so dass bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens Verjährung nicht eintreten kann (vgl. Be-schluss des hiesigen 3. Senats für Bußgeldsachen vom 15. Juli 2008 in 3 SsOWi 180/08; OLG Düsseldorf VRS 58, 42; OLG Köln VRS 54, 360; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 09.07.2002 1 Ss 74/02 juris). Am 05. November 2010 verwarf das Amtsgericht x den Einspruch des Betroffenen das erste Mal. Durch dieses Verwerfungsurteil wurde der Ablauf der Verjährung nach § 32 Abs. 2 OWiG gehemmt ist. Unerheblich ist insoweit, dass das Amtsgericht dem Betroffenen gegen die Versäumung der Hauptverhandlung später Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt hat. Denn hierdurch ist die Ablaufhemmung nicht nachträglich wieder entfallen (vgl. Beschluss des hiesigen 3. Senats für Bußgeldsa-chen, a.a.O.). Hierfür spricht, dass der Wortlaut des § 32 Abs. 2 OWiG (wie auch der gleichlautende § 78b Abs. 3 StGB) keine Einschränkung der Ablaufhemmung je nach Schicksal der erstinstanzlichen Entscheidung enthält. Vielmehr soll nach dem Wortlaut der Ablauf der Verjährung ganz allgemein bis zum rechtskräftigen Ab-schluss des Verfahrens und nicht etwa bloß bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel oder einen Rechtsbehelf gegen das erstinstanzliche Urteil - gehemmt sein. Daraus ergibt sich, dass die Wirkungen der Ablaufhemmung nach § 32 Abs. 2 OWiG Vorrang haben, vor etwaigen Wirkungen von Entscheidungen über Rechtsmit-tel oder Rechtsbehelfen, wie z.B. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Des-wegen ist anerkannt, dass z.B. eine Urteilsaufhebung und Zurückverweisung der Sache durch das Rechtsmittelgericht die Hemmungswirkung nicht entfallen lässt (obwohl auch hierdurch ja das erstinstanzliche Urteil beseitigt wird; vgl. OLG Köln VRS 54, 360; Göhler a.a.O. § 32 Rdn. 9; Sternberg-Lieben/Bosch in: Schön-ke/Schröder, StGB, 28. Aufl. § 78b Rdn. 12). Das Rechtsmittel war daher mit der sich aus § 473 Abs. 1 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG ergebenden Kostenfolge zu verwerfen. |
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