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Rechtsprechung

Aktenzeichen: III-5 Ws 333/12 OLG Hamm

Leitsatz: Terminsverfügungen des Vorsitzenden des erkennenden Gerichts, die der Urteilsfällung vorausgehen, sind nicht mit der Beschwerde anfechtbar.

Senat: 5

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Terminsbestimmung, Beschwerd

Normen: StPO 213

Beschluss:

In pp.
hat der 5 Strafsenat des OLG Hamm am 06.11.2012 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführerin als unzulässig verworfen.

Gründe:
I.
Mit Beschluss vom 2. Oktober 2012 hat das Landgericht die Anklage der Staatsanwaltschaft Essen vom 1. Oktober 2012 zur Hauptverhandlung zugelassen und das Verfahren gegen den Angeklagten vor der XVI. großen Strafkammer eröffnet. Die Nebenklage der Frau T hat es ebenfalls zugelassen und dieser Rechtsanwalt Q in X als Beistand beigeordnet.Zugleich hat der Vorsitzende der XVI. großen Strafkammer mit - undatierter – Verfügung Termin zur Hauptverhandlung auf den 13. November 2012 sowie Termin zur Fortsetzung der Hauptverhandlung auf den 27. November 2012 bestimmt. Gegen diese Bestimmung des Hauptverhandlungstermins wendet sich die Nebenklägerin mit ihrer Beschwerde, die sie unter näheren Ausführungen auf die terminliche Verhinderung des ihr beigeordneten Rechtsanwalts stützt.Der Vorsitzende der Strafkammer hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
II.
Die Beschwerde ist bereits unzulässig.
Bei der Terminsbestimmung (§ 213 StPO) und der Entscheidung, ob ein anberaumter Hauptverhandlungstermin aufgehoben bzw. ver­legt wird, handelt es sich um der Urteilsfällung vorausgehende Entscheidungen, die gemäß § 305 S. 1 StPO der Anfechtung grundsätzlich entzogen sind. Hierdurch sollen Verfah­rensverzögerungen ver­hindert werden, die eintreten würden, wenn Entscheidungen des erkennenden Gerichts so­wohl auf eine Beschwerde als auch auf ein gegen das er­gangene Urteil gerichtetes Rechtsmittel überprüft werden müssten (zu vgl. OLG Hamm, Beschlüsse vom 8. Dezember 2009 in 5 Ws 344 – 346/09; vom 19. März 2009 in 1 Ws 210/09; vom 8. September 2005 in 2 Ws 218/05, SVR 2006, 388; vom 22. September 1988 in 4 Ws 436/88, NStZ 1989, 133 = StV 1990, 56; OLG München, NStZ 1994, 451; OLG Frankfurt, StV 1997, 403; OLG Hamburg, StV 1995, 11; OLG Celle, NStZ 1984, 282; OLG Karlsruhe, StV 1982, 560; OLG Nürnberg, StV 2005, 491; OLG Rostock, Beschluss vom 2. Juni 2004 in 1 Ws 230/04; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 213 Rdnr. 8).

Soweit in der obergerichtlichen Rechtsprechung teil­weise eine an sich im Hinblick auf § 305 S. 1 StPO un­statthafte Beschwerde gegen die Terminsbestimmung bzw. Verle­gungsentscheidung des Vorsitzenden des erkennenden Gerichts ausnahmsweise dann für zulässig er­achtet wird, wenn diese Terminsentscheidung an einem gewich­tigen Rechtsfehler bzw. evidenten Ermes­sensfehler leidet (so OLG Stuttgart, Die Justiz 2006, 8; OLG Nürnberg, StV 2005, 491; OLG Dresden, NJW 2004, 3196; OLG München, StV 2007, 518; KG, NStZ-RR 2009, 317; OLG Frankfurt, StV 2001, 157; OLG Hamburg, StV 1995, 11), ist jedoch bezüglich der zugrunde liegenden Terminsbestimmung des Vorsitzenden der Strafkammer kein solcher Ermessens- oder sonstiger Rechtsfehler festzustellen.

Entscheidungen über die Terminierung einer Strafsache (und über entsprechende Verle­gungsanträge der Prozessbeteiligten) hat der hierfür allein zuständige Vorsitzende nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der eigenen Terminsplanung, der Gesamtbelastung des Spruchkörpers, des Gebots der Verfah­rensbeschleunigung, welchem in Haftsachen besonderes Gewicht zukommt, und der berechtigten Interessen aller Prozessbeteiligten zu treffen (vgl. BGH, NStZ-RR 2007, 81; NStZ 2007, 163 = StV 2006, 680; NStZ-RR 2006, 271; OLG Hamm, StV 2004, 642; NStZ-RR 2001, 607; OLG Dresden, NJW 2004, 3196; OLG Frankfurt, StV 2001, 157; OLG Braunschweig, StV 2004, 366). Zu den dabei zu berücksichtigenden berechtigten Interessen eines Angeklagten gehört zwar sein auch vom Gebot des fairen Verfahrens umfasstes Recht auf wirksame Verteidigung durch einen Verteidi­ger seiner Wahl (Art. 6 Abs. 1 u. 3 lit. c MRK), was entsprechend auch für einen Nebenkläger zu beachten ist. Deshalb muss der Vorsitzende des Gerichts bei der Bestimmung des Hauptverhandlungstermins und Bescheidung von Verlegungsanträgen versuchen, diesem Recht des Angeklagten bzw. des Nebenklägers, sich in einem Strafverfahren von einem Rechtsanwalt des Vertrauens verteidigen bzw. vertreten zu lassen, so weit wie möglich Geltung zu verschaffen (vgl. BGH, NStZ-RR 2007, 81; NStZ 1999, 527; StV 1992, 53). Dabei kann allerdings nicht jede Verhinderung des gewählten Verteidigers bzw. Rechtsanwalts zur Folge haben, dass eine unter Berücksichtigung der Terminslage des Gerichts geplante oder bereits anberaumte Hauptverhandlung nicht durchgeführt werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2006 in 1 StR 409/05, NStZ 1999, 527). Im Spannungsverhältnis zu dem Recht auf Verteidigung bzw. Vertretung durch einen gewählten Verteidiger bzw. Rechtsanwalt des Vertrauens steht nämlich das ebenfalls verfassungsrechtlich geschützte Recht eines Angeklagten auf eine Aburteilung in an­gemessener Frist, wobei diesem Beschleunigungsgrundsatz bei einem in Untersu­chungshaft befindlichen Angeklagten – wie dies vorliegend der Fall ist - im Hinblick auf Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG besonde­res Gewicht zukommt (vgl. BVerfG, StV 2008, 198; 2006, 645; 2006, 451; BGH NStZ-RR 2007, 81; NStZ 2007, 163). Insbesondere wenn Freiheitsrechte in Untersu­chungshaft befindlicher Angeklagten tangiert sind, kann es unter dem Gesichtspunkt des Beschleunigungsgrundsatzes geboten sein, diesem Beschleunigungsgebot bei der im Rahmen der Terminsentscheidung vorzunehmenden Abwägung, insbesondere mit dem Recht auf Beistand des gewählten Rechtsanwalts, Vorrang ein­zuräumen (vgl. BGH, NStZ 2007, 163; OLG Hamm, Senatsbeschluss vom 23. Juli 2009 in 5 Ws 193/09; KG, NStZ-RR 2009, 317). Je länger die Untersuchungshaft bis zur Hauptverhandlung andauert, desto mehr ist der Vorsitzende gehalten, auf eine straffe Terminierung hinzuwirken (vgl. BVerfG NJW 2006, 672; 676; StV 2006, 451; BGH NStZ 2007, 163).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann die ange­fochtene Entscheidung des Vorsitzenden, Termin zur Hauptverhandlung auf den 13. November 2012 sowie Termin zur Fortsetzung der Hauptverhandlung auf den 27. November 2012 zu bestimmen, in keiner Weise, insbesondere auch nicht unter Ermessensgesichtspunkten, beanstandet werden. Die Terminsbestimmung ist ausweislich der Verfügung des Vorsitzenden gerade auch im Hinblick auf das Beschleunigungsgebot in Haftsachen erfolgt. Unter Ziffer 1. der Verfügung hat der Vorsitzende vermerkt, dass eine Absprache des Hauptverhandlungstermins nicht erfolgte, da für den sich in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten die Frist des § 121 StPO von sechs Monaten bereits am 20. November 2012 ablief und angesichts der Auslastung der Kammer bis dahin als einzig freier Termin für den Beginn der Hauptverhandlung der 13. November 2012 in Betracht kam.
Danach war die vom Vorsitzenden erfolgte Terminsbestimmung ohne vorherige Abstimmung mit dem Verteidiger sowie dem Vertreter der Nebenklägerin vorliegend sachgerecht und geboten. Der Anspruch des inhaftierten Angeklagten auf beschleunigte Aburteilung war hier höher zu bewerten als der Anspruch der Nebenklägerin auf Vertretung durch den von ihr gewählten und ihr auch beigeordneten Rechtsanwalt.

Das Rechtsmittel war daher mit der sich aus § 473 Abs. 1 StPO ergebenden Kostenfolge als unzulässig zu verwerfen.


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