Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung

Aktenzeichen: III-1 Ws 661/12 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Eine Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer zwei Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe bereits nach Verbüßung der Hälfte kommt nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB nur in Betracht, wenn die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit des Verurteilten und seiner Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, dass besondere Umstände vorliegen. Hier müssen für den Verurteilten sprechende Umstände vorliegen, die im Vergleich mit gewöhnlichen, durchschnittlichen, allgemeinen oder einfachen Milderungsgründen ein besonderes Gewicht aufweisen und eine Strafrestaussetzung trotz des Unrechts- und Schuldgehalts der Tat als nicht unangebracht und den vom Strafrecht geschützten Interessen nicht zuwiderlaufend erscheinen lassen. Die Umstände müssen die Tat, ihre Auswirkungen bzw. die Entwicklung der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt vergleichbarer Fallgestaltungen so deutlich abheben und in einem so milden Licht erscheinen lassen, dass eine Strafaussetzung ohne Gefährdung der allgemeinen Interessen verantwortet werden kann.
2. Bei einer Verurteilung wegen Steuerstraftaten kann das Vorliegen besonderer Umstände durch die Höhe des Steuerschaden und aufgrund von Vorstrafen des Verurteilten gehindert sein - selbst wenn ansonsten zahlreiche ihm günstige Umstände vorliegen.

Senat: 1

Gegenstand: Revision Rechtsbeschwerde Beschwerde Haftprüfung durch das OLG Pauschgebühr Justizverwaltungssache Antrag auf gerichtliche Entscheidung

Stichworte: Bewährungsaussetzung, Halbstrafe, besondere Umstände

Normen: StGB 57

Beschluss:

Strafsache
In pp.
hat der 1. Strafsenat des OLG Hamm am 18.12.2012 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten (§ 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet verworfen.

Gründe

I.
Der Verurteilte verbüßt zur Zeit eine Freiheitsstrafe von drei Jahren, die das Landgericht Landshut mit Urteil vom 01.03.2011 gegen ihn wegen Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßiger Steuerhehlerei verhängt hat. Der Verurteilung lag zu Grunde, dass der Verurteilte, der eine Spedition betrieb, zunächst ohne sein Wissen durch die Mitverurteilten in den Zigarettenschmuggel verwickelt wurde. Nachdem er von dem Tun seiner Mitverurteilten Kenntnis erlangt hatte, erklärte er sich mit weiteren Transportfahrten mit seinen LKW einverstanden. Unter seiner Mitwirkung kam es zu einer Schmuggelfahrt mit insgesamt über 8.100.000 Zigaretten. Der Steuerschaden betrug mehr als 1,2 Mio. Euro. Der Verurteilte sollte hierfür 5.000 Euro erhalten. In dieser Sache erlitt der Verurteilte Untersuchungshaft in der Zeit vom 10.11.2009 bis zum 21.12.2009.

Die Hälfte der erkannten Freiheitsstrafe hatte der Verurteilte am 11.10.2012 verbüßt.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer die vom Verurteilten beantragte bedingte Entlassung schon nach Verbüßung der Hälfte der verhängten Freiheitsstrafe abgelehnt, weil besondere Umstände i.S.v. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB nicht vorlägen.

Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit der sofortigen Beschwerde. Die Entlassungssituation sei gesichert, es seien berufliche Perspektiven vorhanden und die familiäre Situation sei stabil. Der Verurteilte sei von der Strafe sichtlich beeindruckt. Zum Tatzeitpunkt habe er sich in einer Notlage befunden. Sein Unternehmen sei durch die Mittäter existenzbedrohend missbraucht worden. Die Aussetzungsform des § 57 Abs. 2 StGB sei nicht auf besondere Ausnahmen beschränkt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Voraussetzung für eine bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der verhängten Freiheitsstrafe ist - neben der Zustimmung des Verurteilten, die hier vorliegt - eine günstige Legalprognose (§ 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB) und das Vorliegen besonderer Umstände i.S.v. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB.

Es spricht möglicherweise etwas dafür, dass - wie auch die Strafvollstreckungskammer meint - dem Verurteilten eine günstige Legalprognose gestellt werden kann. Das Vollzugsverhalten ist einwandfrei. Eine Reihe von Lockerungen hat der Verurteilte bereits beanstandungsfrei absolviert, Er verfügt über eine Arbeitsstelle, die er - nach gegenwärtigem Stand - auch nach seiner Entlassung wird beibehalten können. Ein stabiler sozialer und familiärer Empfangsraum ist vorhanden. Ausweislich der Stellungnahme des Leiters der JVA D hat bei ihm als Erstverbüßer ein Umorientierungsprozess eingesetzt. Er akzeptiert die Strafe und es gibt eine Schuldzuweisungen an Dritte. Ob im Hinblick auf diese günstigen Umstände die Tatsache, dass der Verurteilte Schulden in Millionenhöhe hat und er schon einmal in schwieriger wirtschaftlicher Lage auf kriminelle Bahnen geriet und er zuvor bereits mehrfach vorbestraft war, eine günstige Legalprognose hindert, kann der Senat dahinstehen lassen.

Es liegen jedenfalls keine besonderen Umstände i.S.v. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB vor. Eine Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer zwei Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe bereits nach Verbüßung der Hälfte kommt nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB nur in Betracht, wenn die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit des Verurteilten und seiner Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, dass besondere Umstände vorliegen. Hier müssen für den Verurteilten sprechende Umstände vorliegen, die im Vergleich mit gewöhnlichen, durchschnittlichen, allgemeinen oder einfachen Milderungsgründen ein besonderes Gewicht aufweisen und eine Strafrestaussetzung trotz des Unrechts- und Schuldgehalts der Tat als nicht unangebracht und den vom Strafrecht geschützten Interessen nicht zuwiderlaufend erscheinen lassen. Die Umstände müssen die Tat, ihre Auswirkungen bzw. die Entwicklung der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt vergleichbarer Fallgestaltungen so deutlich abheben und in einem so milden Licht erscheinen lassen, dass eine Strafaussetzung ohne Gefährdung der allgemeinen Interessen verantwortet werden kann (OLG Hamm, Beschl. v. 12.07.2012 - 3 Ws 143/12; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.09.2005 - 1 Ws 167/12; OLG Köln, Beschl. v. 27.03.2012; vgl. auch BGH NStZ 1987, 21).

In der Tat des Verurteilten finden sich zwar zahlreiche Umstände, die ein besonderes milderndes Gewicht aufweisen. So ist er (den Feststellungen des erkennenden Gerichts zufolge) nicht der Initiator der Taten gewesen, sondern im Rahmen einer laufenden Geschäftsbeziehung in diese mit hineingezogen worden. Sein (intendierter) finanzieller Vorteil aus der Tat war nur vergleichsweise gering. Andererseits war es aber auch nicht so, dass er unter Druck gehandelt hat. Der Verurteilte war auch sofort geständig und hat über Angaben zu seiner eigenen Tatbeteiligung hinaus auch Angaben zu seinen Mittätern gemacht. Andererseits ist zu sehen, dass der Verurteilte mit der Tat einen sehr hohen Steuerschaden angerichtet hat (auch wenn man berücksichtigt, dass die geschmuggelten Zigaretten letztlich nicht in den Handel gelangt sind).

Auch in der Person des Verurteilten finden sich deutliche mildernde Umstände. Es kann hier auf das bereits oben geschilderte Vollzugsverhalten, sein Beeindrucktsein von der erstmaligen Strafverbüßung und seine im Wesentlichen günstige Entlassungsperspektive Bezug genommen werden. Andererseits ist hier aber zu berücksichtigen, dass der Verurteilte bereits vor der hier in Frage stehenden Verurteilung mehrfach vorbestraft war und zwar u.a. auch wegen Diebstahls (also einem letztlich auch auf Vermögenszuwachs ausgerichteten Delikt) und wegen Urkundenfälschung. Deswegen waren gegen ihn Geldstrafen verhängt worden. In den rund 19 Jahren seit seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bis zur Begehung der vorliegenden Tat ist er (unter Einbeziehung der hier in Frage stehenden Tat) insgesamt fünfmal straffällig geworden - eine zwar nicht sehr hohe, aber doch hohe Rückfalldichte.

Sowohl in der Tat als auch in der Person des Verurteilten als auch in seinen Taten finden sich mithin zwar zahlreiche günstige Umstände, aber auch solche, die eher gegen ihn sprechen. Diese nachteiligen Umstände haben auch durchaus Gewicht. In der Gesamtwürdigung aller dieser Umstände kann daher nicht von besonderen Umständen i.S.v. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB die Rede sein.


zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".