Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung

Aktenzeichen: III-3 RVs 4/13 OLG Hamm

Leitsatz: Ist die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenaussspruch unwirksam, bedarf es umfassender eigener Feststellungen des Berufungsgerichts, die geeignet sind, den Schuld- und den Strafausspruch zu tragen. Nicht ausreichend ist es, dass die Berufungskammer - wie vorliegend - zu den (wohl) als unzureichend erkannten Feststellungen des Amtsgerichts lediglich ergänzende Feststellungen trifft, die ihrerseits für sich genommen nicht geeignet sind, den Schuldspruch zu rechtfertigen, und im Übrigen auf die (unzureichenden) Feststellungen des Amtsgerichts verweist.

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Berufung, Beschränkung, Wirksamkeit, Feststellungen

Normen: StPO 318

Beschluss:

Strafsache
In pp.
hat der 3. Strafsenat des OLG Hamm am 29.01.2013 beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld zurückverwiesen.


Gründe

I.

Das Amtsgericht - Schöffengericht - Herford hat die Angeklagte durch Urteil vom 14. Februar 2012 wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.

Dabei hat das Amtsgericht folgende Feststellungen zur Sache getroffen:


"Die Angeklagte war die Freundin des gesondert verfolgten B, der mit größeren Mengen Kokain handelte.

Im September 2010 stellte der B den gesondert Verfolgten K seinem niederländischen Dealer als möglichen Kurierfahrer vor. Am 05.10.2010 fuhren B und die Angeklagte in die Niederlande, um auch die Angeklagte dem Dealer vorzustellen. Am 06.10.2010 bot B der Angeklagten 300,- € für eine Drogenkurierfahrt an. Die Angeklagte und K fuhren noch am selben Tag nach Enschede zu dem ihnen bekannten Dealer, der dem K zwei Päckchen mit 1.017 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffanteil in Höhe von 772,95 Gramm Kokainhydrochlorid sowie 101 Gramm Streckmittel überreichte. Die Angeklagte und K versuchten zunächst die Drogen im Luftfilter zu verstecken. Dies scheiterte jedoch. Sie legten die Drogen daraufhin unter den Beifahrersitz. B wollte die Drogen weiterverkaufen. Die Drogen konnten aufgefunden und sichergestellt werden."

In der Berufungshauptverhandlung am 25. September 2012 hat die Angeklagte

- nach ergänzender Einlassung zur Sache - die Berufung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auf das Strafmaß beschränkt.

Die Berufungskammer hat mit dem angefochtenen Urteil die Berufung der Angeklagten verworfen. Dabei ist sie ausweislich der Urteilsausführungen von der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung auf das Strafmaß ausgegangen und hat auf die den Schuldspruch tragenden Feststellungen, wie sie im Urteil des Schöffengerichts Herford - wie vorstehend ausgeführt - niedergelegt sind, verwiesen.

Die Kammer hat weiter ausgeführt, dass sie vor der Beschränkung der Berufung auf das Strafmaß ergänzend noch folgende Feststellungen getroffen habe:


"Als der anderweitig verfolgte B die Angeklagte am 06.10.2010 auf die Kurierfahrt in die Niederlande ansprach, war sie dazu zunächst nicht bereit. Sie ließ sich jedoch von ihm überreden. Ihr war bekannt, dass eine größere Menge Kokain aus den Niederlanden in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt werden sollte.

Mit ihrem Wagen fuhren sie und der anderweitig verfolgte K nach Enschede. Sie steuerte das Fahrzeug. Es hat nicht sicher festgestellt werden können, ob der anderweitig verfolgte K die Bezahlung bei Erhalt des Kokains vorgenommen oder der B dies vorher oder etwas später selbst vorgenommen hat.

Der Kammer ist aus anderen Verfahren bekannt, dass sich zur Tatzeit der Kaufpreis für ein Gramm Kokain in den Niederlanden auf etwa 40,00 € pro Gramm belief. Je nach Qualität, Abnahmemenge und Art der Geschäftsbeziehung wurde das Kokain in der Bundesrepublik Deutschland für ca. 80,00 €' gelegentlich auch etwas günstiger, weiter veräußert. Die Angeklagte wusste, dass B das Kokain mit Gewinn verkaufen wollte und sie ihn durch die Beschaffung des Kokains dabei unterstützte.

Die Angeklagte steuerte ihren Wagen auch auf der Rückfahrt von den Niederlanden in die Bundesrepublik Deutschland. Kurz nach dem sie die Grenze passiert hatten, wurden sie auf der B 54 von Polizeibeamten in einem Zivilfahrzeug kontrolliert.

Die Angeklagte war ca. 2 Jahre lang mit dem anderweitig verfolgten B befreundet gewesen. Davon waren sie ca. 1 Jahr lang eng liiert. Nach der Trennung sah sich die Angeklagte längerem Verfolgungsterror des

B ausgesetzt ...".

Wegen der weiteren Ausführungen des Urteils zur rechtlichen Beurteilung und zur Strafzumessung wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Angeklagte durch ihren Verteidiger mit ihrer rechtzeitig eingelegten und form- und fristgerecht mit der - nicht näher ausgeführten - Sachrüge.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.

II.

Die in zulässiger Weise eingelegte Revision der Angeklagten hat - zumindest vorläufig - Erfolg.

Die auf die Sachrüge hin gebotene sachlich-rechtliche Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung führt zu seiner Aufhebung. Die Strafkammer ist zu Unrecht von einer wirksamen Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ausgegangen.

1.

Die gemäß § 318 StPO grundsätzlich zulässige Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch ist unwirksam, wenn die Feststellungen des Urteils zur Tat, sei es auch nur zur inneren Tatseite, so knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, dass sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12.07.2012, III-3 RVs 49/12, vom 11. September 2012, III-3 RVs 65/12 und vom 12. November 2012, III-3 RVs 79/12; BGH NJW 1985, 1089; NStZ 1994, 130; BayObLG NStZ-RR 03, 310; Hamm NStZ-RR 01, 300; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 318 Rdnr. 16 m.w.N.). So verhält es sich hier:

2.

Die von der Angeklagten erklärte Beschränkung der Berufung auf die Straffrage geht ins Leere. Die Feststellungen des Amtsgerichts enthalten keine in sich geschlossenen und vollständigen Ausführungen zum Tatgeschehen einschließlich des Vorstellungsbildes der Angeklagten.

Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen die Verurteilung der Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bereits deshalb nicht, weil ihnen nicht zu entnehmen ist, dass die bezeichneten Drogen von der Angeklagten überhaupt aus den Niederlanden nach Deutschland eingeführt worden sind. Darüberhinaus enthalten sie insbesondere auch in Ansehung der Erfordernisse zu der subjektiven Einstellung der Angeklagten keine Tatsachen, die den Schluss darauf rechtfertigen, dass die Angeklagte mit ihrer Tat das Handeltreiben des gesondert Verfolgten B unterstützen wollte.

3.

Soweit die Berufungskammer eigene Feststellungen getroffen hat, sind diese für sich genommen nicht geeignet, eine tragfähige Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung zu bilden bilden.

Sofern die Berufungsbeschränkung auf die Feststellungen des Amtsgerichts unwirksam ist, hat das Berufungsgericht sämtliche Feststellungen zur Sache selbst zu treffen, auf die es den Schuldspruch und den Strafausspruch stützt (vgl. Senatsbeschluss vom 11. September 2012, III-3 RVs 65/12 OLG Hamm). Denn es hat - soweit nicht durch eine wirksame Berufungsbeschränkung Rechtskraft eingetreten ist - auf der Grundlage des Eröffnungsbeschlusses über alle Tat- und Rechtsfragen nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung neu zu entscheiden (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., vor § 312 Rdnr. 1 m.w.N.). Insoweit bedarf es umfassender eigener Feststellungen, die geeignet sind, den Schuld- und den Strafausspruch zu tragen. Nicht ausreichend ist es, dass die Berufungskammer - wie vorliegend - zu den (wohl) als unzureichend erkannten Feststellungen des Amtsgerichts lediglich ergänzende Feststellungen trifft, die ihrerseits für sich genommen nicht geeignet sind, den Schuldspruch zu rechtfertigen, und im Übrigen auf die (unzureichenden) Feststellungen des Amtsgerichts verweist.

Die eigenen Feststellungen des Berufungsgerichts sind hier nicht geeignet, den Schuldspruch zu tragen, weil sich ihnen bereits die genaue Menge des eingeführten Kokains nicht entnehmen lässt, insbesondere nicht die genaue Menge des Wirkstoffanteils. Diese Umstände sind aber für die Anwendung des richtigen Strafgesetzes und damit für denSchuldspruch von ausschlaggebender Bedeutung, hängt hiervon doch die Frage des Strafbarkeit gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 oder gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG bezüglich der Einfuhr von geringer oder nicht geringer Menge Betäubungsmitteln ab mit dem deutlich unterschiedlichen Strafrahmen. Entsprechendes gilt für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 oder gemäß § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, zu dem die Angeklagte tateinheitlich Beihilfe geleistet haben soll.

Von wesentlicher Bedeutung ist die Menge, insbesondere der Wirkstoffgehalt des Kokains weitergehend im Rahmen des Rechtsfolgenausspruchs für die Frage des Vorliegens eines minder schweren Falles gemäß §§ 30 Abs. 2, 29 a Abs. 2 BtMG, den das Landgericht gerade wegen der Gesamtmenge des Wirkstoffes, den es selbst nicht festgestellt hat, als nicht gegeben angesehen hat.

4.

Da die Feststellungen der Strafkammer insgesamt keine tragfähige Grundlage für die Verurteilung der Angeklagten bilden, war das Berufungsurteil nach §§ 349 Abs. 4, 354 Abs. 2 S. 1 StPO aufzuheben und die Sache an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld, die auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben wird, zurückzuverweisen.



zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".