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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 Vollz (Ws) 710/12 OLG Hamm

Leitsatz: Gegen das Unterlassen der Umsetzung einer Gerichtsentscheidung auf dem Gebiet des Strafvollzugsrechts ist der Vornahmeantrag gem. § 113 StVollzG zulässig (Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung).

Senat: 1

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Vornahmeantrag, Zulässigkeit, Unterlassen, Umsetzung, Maßnahme

Normen: StVollzG 116; StVollzG § 113

Beschluss:

Strafvollzugssache
In pp.
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 5. 3. 2013 beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Der Betroffene verbüßt z.Zt. in der JVA B eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes in Tateinheit mit schwerem Raub aufgrund Urteils des Landgerichts Krefeld vom 03.03.1997 (21 StG 21 Ks 9 Js 100/95 - 46/96). 15 Jahre der Freiheitsstrafe waren am 26.11.2009 vollstreckt. Im Anschluss verbüßte der Betroffene bis zum 16.02.2010 eine Rest-Freiheitsstrafe von 82 Tagen von ursprünglich 8 Monaten aus einer Verurteilung durch das Amtsgericht Duisburg vom 21.12.1993.

Im vorliegenden Verfahren begehrt er im Wege des Verpflichtungsantrages die Durchsetzung zweier zu seinen Gunsten ergangenen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen vom 10.06.2010 (33i StVK 85/10 und 93/10) und vom 14.02.2012 (33i StVK 627/11), mit welchen die Anstaltsleitung verpflichtet wurde, über einen bereits 2008 gestellten Antrag auf Verlegung in den offenen Vollzug und auf Gewährung von Begleitgängen unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu befinden. Im Einzelnen stellt sich der Verfahrensablauf wie folgt dar:

1. Verfahren 33i StVK 85/10 und 93/10:
Am 06.11.2008 beantragte der Betroffene, ihm einen Begleitgang und die Verlegung in den offenen Vollzug zu genehmigen. Zuvor war im Verfahren gem. § 454 StPO durch die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen ein Gutachten zur Gefährlichkeitsprognose gem. § 454 Abs. 2 StPO des Sachverständigen Dipl. Psych. E eingeholt worden. Dieser kam in seinem Gutachten vom 24.07.2008 u.a. zu dem Ergebnis, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass die bei der Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht. Weiter war dort nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer im Beschluss vom 10.06.2010 u.a. ausgeführt:

„Aus Sicht des Unterzeichners ist es vielmehr notwendig, den begonnenen psychotherapeutischen Prozess fortzusetzen. Das kann durch einen Anstaltspsychologen oder durch externe Psychotherapie ermöglicht werden und ist somit auch im Rahmen des offenen Vollzuges denkbar. Thema sollte sein das weiterhin stark vorhandene und aufgrund der frühen kindlichen Traumatisierung pathologische Streben nach Anerkennung und Aufmerksamkeit. Es sollte versucht werden, ihm zu ermöglichen, realistische, letztlich bescheidenere Zielsetzungen für die Zukunft zu finden und sein Beziehungsverhalten zu Frauen weiter zu reflektieren.

Aus Sicht des Unterzeichners scheinen die Voraussetzungen für weitere Lockerungen und eine Verlegung in den offenen Vollzug allerdings durchaus aufgrund der Verlässlichkeit während der jetzigen Inhaftierung gegeben. Es geben sich keine Hinweise auf eine Mißbrauchs- oder Fluchtgefahr. Allerdings sollte vor der Verlegung in den offenen Vollzug mit dem Gefangenen eine Bearbeitung seiner beruflichen Zukunftsvorstellungen erfolgt sein.“

Nachdem auch der Anstaltspsychologe eine Verlegung in den offenen Vollzug und Begleitgänge befürwortet hatte und die weiteren in der Sache abgegebenen Stellungnahmen der beteiligten Vollzugsbediensteten positiv waren, wurde in der Vollzugskonferenz vom 09.06.2009 der Antrag auf Begleitausgang und auf Verlegung in den offenen Vollzug vorbehaltlich der Zustimmung der Aufsichtsbehörde befürwortet. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen lehnte es indes mit Erlass vom 17.11.2009 ab der Gewährung von Begleitgängen und der Verlegung in den offenen Vollzug zuzustimmen. Die Anstaltsleitung lehnte darauf hin ihrerseits mit Bescheid vom 07.01.2010 die Genehmigung von Begleitgängen und die Verlegung in den offenen Vollzug ab. Zur Begründung war u.a. aufgeführt:

„Sie haben zwar in den letzten Jahren eine durchaus positive Entwicklung durchlaufen, gleichwohl ist immer noch eine starke Tendenz zu Leistungsorientierung, Konkurrenz und Dominanzgebaren als Extremisierung eines Autonomiebedürfnisses feststellbar. Im Gutachten von Herrn E vom 24.07.2008 geht dieser davon aus, dass die in Ihren Taten zutage getretene Gefährlichkeit fortbestehe. Daher besteht eine nicht unerhebliche Missbrauchsgefahr, welche letztlich der Gewährung vollzuglicher Lockerungen entgegensteht.

Vor dem Einstieg in vollzugliche Lockerungen müssen die von Herrn E in seinem Gutachten genannten problematischen Bereiche therapeutisch aufgearbeitet und eine Veränderung erkennbar sein. Dies ist bislang nicht in ausreichendem Maß der Fall.“

Auf den hiergegen gerichteten Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung hob die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen mit Beschluss vom 10.06.2010 den Bescheid vom 07.01.2010 auf und verpflichtete die Anstaltsleitung, den Betroffenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Zur Begründung führte die Kammer insbesondere aus, dass die Aufsichtsbehörde und ihr folgend die Anstaltsleitung nicht von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen seien und die Voraussetzungen für die Gewährung vollzuglicher Lockerungen und für die Verlegung in den offenen Vollzug verkannt hätten. Insbesondere habe die Anstaltsleitung fehlerhaft die Ausführungen des Sachverständigen E zur Rückfallgefahr auch zur Beurteilung der Missbrauchs- und Fluchtgefahr i.S.d. §§ 10, 11 StVollzG herangezogen und sich nicht mit den die Verlegung und die Lockerungen gerade befürwortenden Ausführungen des Sachverständigen auseinander gesetzt. Dabei seien auch zwei entscheidende Passagen des Gutachtens E vom 24.07.2008 durch die Anstaltsleitung verfälscht wiedergegeben worden, indem unrichtigerweise davon ausgegangen worden sei, dass der Sachverständige die Gefährlichkeitsprognose im Rahmen der Begutachtung nach § 57 a StGB positiv beantwortet hätte und zudem der Sachverständige den Abschluss - einer auch von ihm empfohlenen Bearbeitung der beruflichen Zukunftsvorstellungen des Verurteilten - nicht zur Bedingung für eine Verlegung des Antragstellers in den offenen Vollzug gemacht, sondern lediglich empfohlen habe.

Der Beschluss ist rechtskräftig.

2. Verfahren 33i StVK 627/11
Im Nachgang der o.g. Entscheidung holte die Anstaltsleitung erneut Stellungnahmen der beteiligten Fachdienste ein, welche - wie im Ausgangsverfahren - sowohl die Verlegung in den offenen Vollzug als auch die Gewährung von Lockerungen i.S.v. Begleitgängen befürworteten. Zudem wies der Antstaltspsychologe darauf hin, dass der Betroffene mit Hilfe einer externen Therapeutin erkannt habe, dass er seine ursprünglichen beruflichen Pläne nicht werde umsetzen können und sich für ihn stattdessen durch Kontakte zu Bekannten drei näher bezeichnete andere Perspektiven eröffnet hätten.

Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen als Aufsichtsbehörde lehnte gleichwohl erneut die Zustimmung zur Verlegung in den offenen Vollzug und zu den begehrten Lockerungen ab. Mit Bescheid vom 29.07.2011 - also mehr als ein Jahr nach der die Anstaltsleitung zur Neubescheidung verpflichtenden Entscheidung der Strafvollstreckungskammer - lehnte die Anstaltsleitung sowohl die Verlegung in den offenen Vollzug als auch die Gewährung von Begleitgängen erneut ab. Zur Begründung führte sie aus:

"Der Abschlussbericht der externen Therapie kommt zu dem Schluss, dass Sie zwar in der Lage sind, Dinge für sich aufzunehmen und diese auch anzuwenden, jedoch sind Sie nicht in der Lage, diese zu verinnerlichen. Es besteht eine behandlungsbedürftige Problematik im Bereich des Identitäts- und Selbstkonfliktes, wobei in der Gesamtstruktur eine Spaltung wirkt. Dies setzt nach der Einschätzung der Therapeutin aber voraus, dass bei dem Patienten ein Leidensdruck besteht. Dieser ist bei Ihnen jedoch bislang nicht erkennbar. Angebotene weiterführende Behandlungsmaßnahmen wie die Arbeit auf einer Behandlungswohngruppe oder die Fortführung der externen Therapie in der von Frau L2 empfohlenen Form haben Sie bislang nicht in Anspruch genommen, weil Sie der Ansicht sind, dass die Teilnahme an solchen Maßnahmen mit einer Aufgabe für Sie persönlich wichtiger Prinzipien einhergehe und hierdurch die Sinnhaftigkeit einer solchen Maßnahme für Sie in Frage gestellt ist. Hierdurch bedingt liegt damit eine wichtige Anforderung für die Gewährung eigenständiger vollzuglicher Lockerungen nicht vor.

Aus hiesiger Sicht ist die weitere Aufarbeitung der oben geschilderten Problematik erforderlich, bevor erneut über die Feststellung der Eignung für eigenständige vollzugliche Lockerungen befunden werden kann."

Auch gegen diese Entscheidung hat der Betroffene erfolgreich auf gerichtliche Entscheidung angetragen. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen hob mit Beschluss vom 14.02.2012 den Bescheid vom 29.07.2011 auf und verpflichtete die Anstaltsleitung erneut zur Neubescheidung des Betroffenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Zur Begründung führte die Strafvollstreckungskammer im Wesentlichen aus, die Anstaltsleitung habe - wie bereits im vorangegangenen Verfahren - verkannt, dass eine Missbrauchs- und Fluchtgefahr bei dem Betroffenen nach dem Gutachten E nicht vorliege, und sich auch nicht mit den Stellungnahmen der Fachdienste hinreichend auseinander gesetzt. Die Notwendigkeit der Fortsetzung der therapeutischen Bemühungen stellten, wie auch im Ausgangsverfahren, keine Umstände dar, die den begehrten Lockerungen und der Verlegung entgegen stehen könnten. Insbesondere habe die Anstaltsleitung keine Tatsachen vorgetragen, die die Annahme rechtfertigen könnten, der therapeutische Prozess könne nur im geschlossenen Vollzug durchgeführt werden. Dies werde im Gegenteil durch keine der fachlichen Stellungnahmen gefordert. Darüber hinaus sei schließlich nicht erkennbar, dass die Anstaltsleitung die verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Wahrung des Resozialisierungsgebotes bei langandauernden Freiheitsstrafen überhaupt in ihre Betrachtung einbezogen habe.

Hinsichtlich der Begleitgänge seien keinerlei neue Tatsachen, welche die ablehnende Entscheidung rechtfertigen könnten, durch die Anstaltsleitung dargetan.

Mit Blick auf die Bedeutung der rechtswidrigen Versagung von Vollzugslockerungen im Aussetzungsverfahren nach den §§ 57, 57a StGB mahnte die Kammer eine zeitnahe Neubescheidung des Betroffenen an.

Diese ist nach Aktenlage bis heute nicht erfolgt.

3. Verfahren 33i StVK 498/12
Aufgrund der Untätigkeit der Anstaltsleitung hat der Betroffene unter dem 01.07.2012 im vorliegenden Verfahren bei dem Landgericht Aachen auf die Verpflichtung der Anstaltsleitung zur Vornahme der Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Landgerichts Aachen in den Beschlüssen vom 10.06.2010 und 14.02.2012 angetragen. Zur Begründung hat er auf die Untätigkeit der Anstaltsleitung trotz der vorliegenden sie zur Bescheidung verpflichtenden gerichtlichen Entscheidungen verwiesen. Das Verhalten der Anstaltsleitung stelle eine Missachtung der gerichtlichen Entscheidung dar und stehe einer Rechtsverweigerung gleich.

Die Anstaltsleitung hat u.a. auf eine geänderte Erlasslage verwiesen, nach der es nunmehr erforderlich sei, ein externes Gutachten sowie neue Stellungnahmen der Fachdienste einzuholen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat sie auf die ständige Rechtsprechung des Senats (u.a. Beschluss vom 27.08.2009, III-1 Vollz (Ws) 323/09, NStZ-RR 2010, 191) verwiesen, nach der eine Vollstreckungsmöglichkeit hinsichtlich gerichtlicher Entscheidungen im Verfahren nach dem StVollzG nicht besteht, woraus auch die Unzulässigkeit eines auf Durchsetzung einer gerichtlichen Entscheidung gerichteten Vornahmeantrages folge.

Gegen diesen, der Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen am 12.11.2012 zugestellten Beschluss richtet sich die am 11.12.2012 beim Landgericht Köln eingegangene Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hält die Rechtsbeschwerde für unzulässig.

II.
1. Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und zur Fortbildung des Rechts zu (§ 116 Abs. 1 StVollzG).

In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist umstritten, ob gegen das Unterlassen der Umsetzung einer Gerichtsentscheidung der Vornahmeantrag gem. § 113 StVollzG statthaft ist (vgl. Nachweise bei BVerfG B. v. 03.11.2010, 2 BvR 1377/07, BeckRS 56336). Der Senat ist in ständiger Rechtsprechung von der Unzulässigkeit des Vornahmeantrages ausgegangen und hat die Betroffenen auf die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde oder ihr Petitionsrecht verwiesen. Die übrige veröffentlichte obergerichtliche Rechtsprechung hält den Vornahmeantrag hingegen für zulässig (vgl. Nachweise bei BVerfG a.a.O.). Einer Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof gem. § 121 Abs. 2 GVG bedarf es gleichwohl nicht. Denn der Senat gibt seine bisherige Rechtsprechung zur Zulässigkeit des Vornahmeantrages gem. § 113 StVollzG gegen das Unterlassen der Umsetzung einer Gerichtsentscheidung auf (s.u. 3.1.2.). Er setzt sich hiermit -soweit ersichtlich- auch nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 17.11.2003, 1 Ws 297/03, ZfStrVO 2004, 315. Diese nur im Leitsatz veröffentlichte Entscheidung betrifft ausweislich der Leitsätze ausschließlich die Frage der Zulässigkeit von Zwangsmitteln gegen die Vollzugsbehörden.

2. Die form- und fristgemäß eingelegte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig.

Da sich der Verfahrensmangel offenkundig durch die Verwerfung des Antrages als unzulässig ergibt, war eine weitergehende Begründung der Verfahrensrüge nicht erforderlich. Der Senat weist allerdings darauf hin, dass anderenfalls die Begründungsschrift den Anforderungen an die ordnungsgemäße Begründung von Verfahrensrügen nicht entsprochen hätte. Gem. § 118 Abs. 2 S. 2 StVollzG müssen zur Begründung der Verfahrensrüge die den Mangel enthaltenen Tatsachen angegeben werden. Der Senat muss allein aufgrund der Begründungsschrift prüfen können, ob ein Verfahrensfehler vorliegt (vgl. Arloth § 118 StVollzG Rdnr 4 m.w.N.). Eine Bezugnahme auf die Verfahrensakten ist insoweit ebenso wenig ausreichend wie die Einfügung von zusammenhanglosen Ablichtungen aus der Akte in die Begründungsschrift (vgl. Meyer-Goßner 55. Aufl. § 344 StPO Rdnr 21). Insbesondere ist den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge nicht Genüge getan, wenn, wie hier, nahezu der vollständige Akteninhalt in Kopie in die Rechtsbeschwerdebegründung eingefügt wird, ohne kenntlich zu machen, welche Verfahrenstatsachen zur Begründung der Verfahrensrüge herangezogen werden sollen (vgl. BVerfG B. v. 20.06.2007, 2 BvR 1042/07, JURIS Rdnr 7 zur Substantiierung der Verfassungsbeschwerde). Eine solche Vorgehensweise unterscheidet sich in keiner Weise von der pauschalen Bezugnahme auf die Verfahrensakte und führt ausschließlich zur Unlesbarkeit einer derart aufgeblähten Beschwerdeschrift (so auch BVerfG a.a.O.).

3. Die Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

3.1. Einigkeit besteht in der obergerichtlichen Rechtsprechung, dass gerichtliche Zwangsmittel im Verfahren nach dem StVollzG analog §§ 170, 172 VwGO, 888 ZPO nicht zulässig sind, weil das StVollzG die Vollstreckbarkeit gerichtlicher Entscheidungen als bewusste Entscheidung des Gesetzgebers nicht geregelt hat, es damit an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt und Entscheidungen auf dem Gebiet des Strafvollzugsrechts damit nicht vollstreckbar sind (Senat Beschluss vom 27.08.2009 a.a.O.; OLG Frankfurt a.M. B. v. 22.10.2004, 3 Ws 928/04, NStZ-RR 2005, 96; OLG Frankfurt a.M. NStZ 1983, 335f.; OLG Karlsruhe B. v. 17.11.2003, 1 Ws 297/03; KG B. v. 22.08.2011, 2 Ws 258 und 260/11, StraFo 2012, 34ff, JURIS Rdnr 55; BVerfG B. v. 03.11.2010, 2 BvR 1377/07, BeckRS 2010, 56336 m.w.N.).

Ob diese Rechtsauffassung - auch unter Berücksichtigung der teilweise festzustellenden offenkundigen Missachtung gerichtlicher Entscheidungen durch die Vollzugsbehörden - aufrecht erhalten bleiben kann oder ob es im Wege verfassungskonformer Auslegung des StVollzG mit Blick auf das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz in Art. 19 Abs. 4 GG geboten ist, die Möglichkeit der Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen nach dem StVollzG entsprechend §§ 170, 172 VwGO zu eröffnen (so Kamann Anmerkung zu LG Gießen, 2 StVK Vollz 1591/05, StV 2006, 260, 262; Feest/Lesting StVollzG 6. Aufl. § 115 Rdnr 82 vgl. auch Dreier GG 2. Aufl. Art. 19 Rdnr 139; Jarass/Pieroth GG 12. Aufl. Art. 19 Rdnr 50), bedarf vorliegend keiner Entscheidung, da das Begehr des Betroffenen auf einen Vornahmeantrag gem. § 113 Abs. 1 StVollzG gerichtet ist.

3.2.
Der Vornahmeantrag des Betroffenen ist gem. § 113 Abs. 1 StVollzG zulässig. Der Senat gibt seine bisherige entgegenstehende Rechtsprechung auf und schließt sich der übrigen obergerichtlichen Rechtsprechung zur Zulässigkeit des Vornahmeantrages zur Durchsetzung gerichtlicher Entscheidungen im Verfahren nach dem StVollzG an.

Das Gebot effektiven Rechtsschutzes garantiert eine tatsächliche wirksame Kontrolle durch die Gerichte, eine verbindliche gerichtliche Entscheidung und deren Durchsetzung (Jarass/Pieroth Art. 19 GG Rdnr 50 m.w.N.; Dreier 2. Aufl. Art. 19 GG Rdnr 138f. m.w.N.). Der vorliegende Verfahrensablauf belegt, dass der Verweis des Betroffenen auf die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde fruchtlos und nicht geeignet ist, die Durchsetzung der gerichtlichen Entscheidungen zu garantieren, da es u.a. die Aufsichtsbehörde war, die bislang eine Bescheidung verhindert und damit die Umsetzung der gerichtlichen Entscheidungen im Gegenteil konterkariert hat.

Auch wenn es an Vollstreckungsmöglichkeiten gerichtlicher Entscheidungen auf dem Gebiet des Strafvollzugsrechts nach bislang einhelliger Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung fehlt (s.o.), gebietet das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz jedenfalls die Eröffnung der Möglichkeit, das Untätigsein der Vollzugsbehörde auf eine sie zum Handeln verpflichtende gerichtliche Entscheidung wiederum durch die Gerichte überprüfen zu lassen. Das Rechtsschutzbedürfnis des Betroffenen für eine solche Überprüfung der Rechtsmäßigkeit des Handelns der Vollzugsbehörde folgt jedenfalls aus der Bedeutung der rechtswidrigen Versagung von Vollzugslockerungen für das Aussetzungsverfahren nach § 57a StGB (vgl. BVerfG B. v. 05.08.2010, 2 BvR 729/08, StV 2011, 488, JURIS Rdnr 28). Für die Entscheidung über die Aussetzung des Strafrests zur Bewährung kommt es unter anderem darauf an, ob eine fehlende Erprobung des Gefangenen in Lockerungen auf rechtmäßiger oder auf rechtswidriger Versagung von Lockerungen beruht (vgl. BVerfG a.a.O. m.w.N.; BVerfG B. v. 30.04.2009, 2 BvR 2009/08, NJW 2009, 1941, JURIS Rdnr 34). In diesem Zusammenhang entfaltet die ungerechtfertigte Verneinung der Lockerungseignung in einer Vollzugsplanfortschreibung eine fortdauernde beeinträchtigende Wirkung, wenn sie von den Fachgerichten als rechtmäßig bestätigt wird (vgl. BVerfG a.a.O. m.w.N.). Nichts anderes kann gelten, wenn, wie hier, die Rechtswidrigkeit der Versagung von Vollzugslockerungen festgestellt und die Vollzugsbehörde zur Neubescheidung verpflichtet wird, diese aber unterlässt. Die Untätigkeit der Vollzugsbehörde schreibt das künftige Prognosedefizit im Aussetzungsverfahren fort, so dass ein Interesse des Betroffenen besteht, die Rechtmäßigkeit auch der Untätigkeit der Behörde gerichtlich überprüfen zu lassen. Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen.

3.3.
Für das weitere Verfahren merkt der Senat an:
Der der Vollzugsbehörde eingeräumte Beurteilungsspielraum und ihr Ermessen sind eingeschränkt, wenn zuvor eine gerichtliche Entscheidung ergangen ist (KG B. v. 22.08.2011, StV 2012, 159, JURIS Rdnr 55). In dem neuen Bescheid muss sie das gerichtliche Judikat nach dessen Wortlaut und Sinn beachten, weil es ihr gegenüber eine Bindungswirkung entfaltet (KG a.a.O.). Deren Beachtung erfordert es, dass sich die gerichtlichen Überlegungen in der neuen Entscheidung wiederfinden und dass die Vollzugsbehörde nicht den Eindruck erweckt, gegen die Bindungswirkung zu opponieren (KG a.a.O. m.w.N.). Gegen diese Grundsätze hat die Vollzugsbehörde schon mit Blick auf den Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 10.06.2010 verstoßen, indem sie sich in dem Bescheid vom 26.07.2011 in keiner Weise mit den Gründen der Entscheidung und den dort ausgeführten Kriterien für die Lockerungsbeurteilung auseinandergesetzt hat, was die Kammer mit Beschluss vom 14.02.2012 zutreffend erkannt hat. Soweit die Vollzugsbehörde zur Rechtfertigung ihrer Untätigkeit auf die Entscheidung vom 14.02.2012 u.a. auf eine geänderte Erlasslage hingewiesen hat, weshalb es weiterer Ermittlungen bedürfe, fehlt es erneut an jeglicher Begründung, welche relevanten Erkenntnisse im Sinne der sie zur Neubescheidung verpflichtenden Entscheidung die Vollzugsbehörde in Umsetzung des ministeriellen Erlasses erlangen will. Vielmehr handelt es sich nach Aktenlage schlicht um einen Rückzug auf Formalitäten. Dies ist mit Blick auf den durch den Beschluss vom 14.02.2012 eingeschränkten Beurteilungsspielraum der Vollzugsbehörde jedoch nicht nur unzulässig. Es stellt in Zusammenschau mit der ersten offenkundigen Missachtung der gerichtlichen Entscheidung vom 10.06.2011 durch den aufgehobenen Bescheid vom 29.07.2011 vielmehr erneut eine offenkundige Missachtung auch der gerichtlichen Entscheidung vom 14.02.2012 dar.

Ob die Vollzugsbehörde mit Blick auf das mit der Rechtsbeschwerde vorgelegte Gutachten des Sachverständigen T vom 28.08.2012, in dem dieser sowohl die Gefährlichkeit des Betroffenen verneint als auch dessen Lockerungseignung (erneut) bejaht, überhaupt noch Sachgründe anführen kann, die die bisherige Nichtbescheidung rechtfertigen, erscheint zweifelhaft. Spruchreife besteht jedoch schon deshalb nicht, weil das Gutachten vom 28.08.2012 noch nicht in das Verfahren eingeführt ist.

Der Senat schließt es nicht aus, dass die weiteren Ermittlungen der Strafvollstreckungskammer ergeben, dass das Ermessen der Vollzugsbehörde inzwischen auf Null reduziert ist. Hat in einem solchen Fall die Behörde eine gerichtliche Entscheidung, die sie zur Neubescheidung unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben des Gerichts verpflichtet wurde, nicht oder unter willkürlicher Missachtung der Bindungswirkung umgesetzt, so darf das Gericht statt ihrer entscheiden (KG a.a.O. JURIS Rdnr 70 m.w.N.). Anderenfalls liefe der Rechtsschutz der Betroffenen leer. Auch hierüber wird die Strafvollstreckungskammer daher zu befinden haben.



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