Aktenzeichen: 3 RBs 336/12 OLG Hamm |
Leitsatz: Zu den Anforderungen an die Verurteilung des Fahrzeughalters wegen eines täterschaftlichen Verstoßes gegen das Sonntagsfahrverbot. |
Senat: 3 |
Gegenstand: Rechtsbeschwerde |
Stichworte: Sonntagsfahrverbot, Halter, Verantwortlichkeit |
Normen: StVO 30 |
Beschluss: Bußgeldsache In pp. hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm am 29.05.2013 beschlossen: Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Herford zurückverwiesen. Gründe I. Das Amtsgericht Herford verurteilte den Betroffenen am 9. August 2012 wegen fahrlässigen Zulassens eines Verstoßes gegen das Sonntagsfahrverbot (Ordnungswidrigkeit nach §§ 49 Abs. 1 Nr. 25, 30 Abs. 3 Satz 1 StVO) zu einer Geldbuße von 760 . Nach den Feststellungen des Amtsgerichts ist der Betroffene der Geschäftsführer der Komplementärin der "T GmbH & Co. KG", welche wiederum Halterin der Sattelzugmaschine der Marke "E/T" mit dem amtlichen Kennzeichen ##-#S ##7 ist. Unter dem 8. Juli 2011 erteilte der Landrat des Kreises Schleswig-Flensburg der T GmbH & Co. KG eine Einzelausnahmegenehmigung, die die Halterin von dem Sonntagsfahrverbot nach § 30 Abs. 3 Satz 1 StVO entband und in der es u.a. hieß: "Die Ausnahmegenehmigung gilt nur für Transporte, die unvermeidlich in dem Verbotszeitraum durchgeführt werden müssen. Die Dringlichkeit ist durch Lade- bzw. Frachtpapiere gegenüber Kontrollpersonen nachzuweisen." Am Sonntag, dem 10. Juli 2011, nahm ein Mitarbeiter der T GmbH & Co. KG die vorbezeichnete Sattelzugmaschine nebst einem Anhänger, auf dem sich aufgrund eines von der T GmbH & Co. KG übernommenen Frachtauftrages Gestelle und Leergut zum Transport nach Frankreich befanden, in Betrieb und befuhr damit gegen 12.30 Uhr die Bundesautobahn 2 im Gebiet der Stadt Herford. Dort wurde das Fahrzeug von Polizeibeamten angehalten und kontrolliert. Das Amtsgericht führte weiter aus, der Fahrer habe das Fahrzeug "im Rahmen der ihm übertragenen Aufgaben" geführt. Er sei "von dem nach dem Willen der Geschäftsführung der Halterin dafür vorgesehenen Personal mit der Durchführung des Frachtauftrages beauftragt" worden. Die vorliegende Einzelausnahmegenehmigung decke den Verstoß gegen das Sonntagsfahrverbot nicht, weil nicht ersichtlich sei, dass der Transport von Gestellen und von Leergut unvermeidlich an dem genannten Sonntag habe durchgeführt werden müssen. Der Betroffene hätte nach Auffassung des Amtsgerichts bei sorgfältiger Erfüllung seiner Halterpflichten verhindern können, dass der Mitarbeiter der Spedition sich mit der Sattelzugmaschine nebst Anhänger zur Ausführung des von der Spedition angenommenen Frachtauftrages an einem Sonntag auf eine öffentliche Straße begebe. Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts. II. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge (vorläufig) Erfolg. 1. Zunächst geben allerdings die Ausführungen des Verteidigers zur Frage der örtlichen Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde - hier des Landrates des Kreises Herford - für den Erlass des Bußgeldbescheides und der örtlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts Herford sowie zur Frage des Eintrittes der Verfolgungsverjährung Anlass zu folgenden Anmerkungen: a) Der Landrat des Kreises Herford war für den Erlass des Bußgeldbescheides jedenfalls nach § 37 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG örtlich zuständig, weil die Ordnungswidrigkeit in seinem Bezirk entdeckt worden ist. Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Herford ergibt sich aus § 68 Abs. 1 Satz 1 OWiG. b) Verfolgungsverjährung ist nicht eingetreten. Die Verfolgungsverjährung wurde erstmals durch die Anordnung der Anhörung des Betroffenen am 16. August 2011 nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG unterbrochen. Weitere Unterbrechungen erfolgten durch den Erlass des Bußgeldbescheides am 28. September 2011 (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG) - hierdurch wurde zugleich nach § 26 Abs. 3 StVG die Verjährungsfrist von drei auf sechs Monate verlängert -, den Eingang der Akten beim Amtsgericht am 29. Dezember 2011 (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 OWiG) sowie durch die Terminierungsverfügungen des Amtsgerichts vom 31. Januar 2012 und vom 7. Mai 2012 (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 OWiG). Mit der Verkündung des angefochtenen Urteils ist es nach § 32 Abs. 2 OWiG zu einer Ablaufhemmung der Verfolgungsverjährung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gekommen. 2. Der Schuldspruch hält indes sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Amtsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass auch der Fahrzeughalter Täter einer Ordnungswidrigkeit nach §§ 49 Abs. 1 Nr. 25, 30 Abs. 3 Satz 1 StVO sein kann (vgl. BayObLG, VRS 70, 471). Dies bedeutet aber nicht, dass der Fahrzeughalter stets persönlich für einen Verstoß gegen das Sonntagsfahrverbot verantwortlich ist. Vielmehr gelten auch insoweit die von der Rechtsprechung in Bezug auf den Halter entwickelten Grundsätze (BayObLG, a.a.O.). Danach kann der Inhaber eines Betriebes seine Halterpflichten einer anderen Person nicht nur dergestalt übertragen, dass diese sie in eigener Verantwortung zu erfüllen hat; er kann sich auch bei der Erfüllung seiner Pflichten anderer als Hilfspersonen bedienen (BayObLG, a.a.O.). Entsprechend der Größe seines Betriebes hat er die organisatorischen Maßnahmen zu treffen, die ein Höchstmaß an Sicherheit gegen einen vorschriftswidrigen Einsatz seiner Fahrzeuge gewährleisten (BayObLG, a.a.O. m.w.N.). Damit bleibt er zwar Normadressat; seine Verantwortlichkeit wird aber inhaltlich dahin abgeändert, dass er nur für die Auswahl geeigneter Hilfspersonen und für deren Überwachung einzustehen hat (BayObLG, a.a.O.). Art und Umfang der Überwachungspflicht hängen von den Umständen des Einzelfalles ab, insbesondere von der Größe und der Organisation des Betriebes sowie der Zuverlässigkeit und der Fachkunde der beauftragten Aufsichts- und Hilfspersonen sowie der Fahrzeugführer (BayObLG, a.a.O.). Ob dem Betroffenen, gemessen an diesen Grundsätzen, ein fahrlässiges Zulassen des Verstoßes gegen das Sonntagsfahrverbot zur Last gelegt werden kann, lässt sich den Feststellungen des Amtsgerichts nicht entnehmen. Die Gründe des angefochtenen Urteils beschränken sich insoweit nur auf pauschale Ausführungen ohne konkreten Tatsachenbezug; insbesondere fehlen Feststellungen zur Organisation und zu den Entscheidungsprozessen in dem von dem Betroffenen geleiteten Betrieb. 3. Wegen dieses Mangels ist das angefochtene Urteil nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 353 StPO mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache nach § 79 Abs. 6 OWiG zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Herford zurückzuverweisen. |
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