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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 5 RVs 54/13 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Wirksamkeit der Einwilligung des Betroffenen in eine Durchsuchungsmaßnahme.

Senat: 5

Gegenstand: Revision

Stichworte: Durchsuchung, Einwilligung, Freiwilligkeit, Strafzumessung

Normen: StPO 105

Beschluss:

Strafsache
gegen pp.
wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 1. kleinen Strafkammer des Landgerichts Arnsberg vom 11. März 2013 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 16.07.2013 durch auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Angeklagten bzw. seines Verteidigers gemäß § 349 Abs. 2 u. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Arnsberg zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird als offensichtlich unbegründet verworfen.


G r ü n d e :

I.

Das Amtsgericht Soest hat den Angeklagten mit Urteil vom 25. Oktober 2012 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Frei-heitsstrafe von einem Jahr und einem Monat verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Mit Beschluss vom selben Tage hat das Amts-gericht dem Angeklagten u.a. die Auflage erteilt, 150 Stunden unentgeltliche soziale Dienste nach Weisung seines Bewährungshelfers abzuleisten.

Die gegen das Urteil des Amtsgerichts Soest gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Arnsberg mit Urteil vom 11. März 2013 verworfen. Zur Sache hat die Berufungskammer folgende Feststellungen getroffen:

„Im Spätherbst 2011 führte die Polizei etliche Durchsuchungen bei Tatver-dächtigen aus der Rauschgiftszene durch. Grundlage der Durchsuchungen waren entsprechende Beschlüsse; so hier im konkreten Fall der Durchsu-chungsbeschluss des AG Arnsberg vom 29.09.2011 - 5 Gs-282 Js 262/11-1439/11 -. Mit diesem Beschluss wurde gem. §§ 102, 105 StPO die Durchsu-chung der Person, der Wohnung und der sonstigen Räume einschließlich der dazugehörigen Sachen und Behältnisse Nebengelasse, Kraftfahrzeuge und Garagen des Beschuldigten Y angeordnet, weil nach den bisherigen Ermittlungen zu vermuten ist, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln, die für die Ermittlung von Bedeutung sind, führen wird. Dieser Beschluss richtete sich gegen den Zeugen Wadim Funk, den Bruder des An-geklagten, der in dem Haus A-Straße in B. das Erdgeschoss bewohnt.

Die Durchsuchung hatte insbesondere den Zweck, folgende Beweismittel auf-zufinden: Betäubungsmittel, Utensilien zum Verpacken und Abwiegen sowie zum Konsum von Betäubungsmitteln (z. B. Klemmverschlusstütchen, Fein-waage, Portionierer), Aufzeichnungen über Ein- und Verkäufe von Betäu-bungsmitteln, Mobiltelefone für Betäubungsmittelgeschäfte. Zur Begründung des Durchsuchungsbeschlusses war ausgeführt, dass dem Y zur Last gelegt wurde, den gesondert verfolgten X bei dem Handeltreiben von Betäubungsmitteln dadurch zu unterstützen, dass er ihm Lagerungs-möglichkeiten für die Betäubungsmittel zur Verfügung stellt. Dieser Verdacht ergebe sich aus der umfangreichen Aussage des Zeugen Z.

Am 30.11.2011 begaben sich die Zeugen A, B und C sowie weitere unterstützende Beamte zur Wohnanschrift des Zeugen Y in B. Beim Eintreffen an dem Wohnhaus stellten die Beamten fest, dass zwei Klingeln an dem Wohnhaus angebracht waren. Ihnen war zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, dass im Kellergeschoss der Angeklagte, der Bruder des Y, wohnte. Zum Zwecke der Absicherung des Einsatzes und zur Verhinderung etwaiger Fluchtversuche ging sodann der Zeuge A einmal um das Gebäude herum. Das Gebäude ist ein Wohnhaus mit 1 1/2 - geschossiger Bauweise. Im Erdgeschoss lebt der Y, im Obergeschoss die Eltern des Y. Im Kellergeschoss, befinden sich der Waschkeller und Werkstätten — für alle Hausbewohner — sowie die Wohnräume des Angeklagten. Vom Garten aus kann man in das Kellergeschoss ebenerdig hereingehen und durch die Fenster in die Wohnung schauen. Dem Zeugen A fiel beim Hineinschauen in ein Fenster des Kellergeschosses eine kleine Menge Betäubungsmittel in einer offenen Plastikdose auf, die auf der Fensterbank standen. Von außen sah das gelagerte Material nach Marihuana aus.

Auf Schellen seitens des Zeugen B öffnete niemand. Daraufhin kontaktierten die eingesetzten Beamten über die Einsatzstelle den Zeugen Y, der in dem damaligen Durchsuchungsbeschluss als Beschuldigter geführt war. Dieser traf kurze Zeit darauf ein. Der Zeuge Y schloss die Hauseingangstür auf der Straßenseite des Hauses auf und betrat gemeinsam mit den Beamten das Haus. Der Zeuge Y erklärte den Beamten, dass im Obergeschoss die Eltern wohnten und im Untergeschoss der Bruder. Von der Existenz des Bruders im Untergeschoss des Hauses wussten die Beamten bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts. Gemeinsam betraten der Zeuge Y und die eingesetzten Beamten den Flur des Hauses und sodann die im Erdgeschoss befindliche Wohnung des Zeugen Y. Von der Inaugenscheinnahme und Durchsuchung der im Obergeschoss liegenden Wohnung der Eltern des Angeklagten/Zeugen Y sahen die Beamten ohne weitere Nachfrage ab.

Der Zeuge C belehrte den Zeugen Y als Beschuldigten; dem Zeugen Y wurde der Durchsuchungsbeschluss ausgehändigt. Als die Beamten in der Wohnung des Y sich umschauten, stellten sie fest, dass diese sich im Zustand von Renovierungsarbeiten befand. Die Räumlichkeit glich einer Baustelle. Möbel waren so gut wie nicht vorhanden, lediglich die Küchenzeile war da. Für die Beamten entstand der Eindruck, dass in der Erdgeschosswohnung aktuell keiner lebt, sondern dass wegen der Renovierungsarbeiten der Zeuge Y entweder woanders im Haus oder gar außerhalb des Hauses lebt. Bei kurzer Umschau in der Erdgeschosswohnung wurden keinerlei Drogen gefunden.

Im Zuge der Durchsuchung begaben sich die Zeugen A und B gemeinsam mit dem Zeugen Y in den Kellerbereich, der durch ein offenes Treppenhaus zu erreichen ist. Ziel des Durchsuchens der Kellerräume war für die handelnden Beamten weiterhin die Durchsetzung des Durchsuchungsbeschlusses, denn es sollte nach Betäubungsmitteln geschaut werden. Dabei hatten die Beamten vor Augen, dass namentlich das Betäubungsmittel auf der Fensterbank, das der Zeuge A von außen bereits gesehen hatte, aufgefunden werden sollte. Im Kellerraum stellten die Beamten zunächst fest, dass ein Waschkeller vorhanden war, der von allen Hausbewohnern genutzt werde. Dies erklärte der Zeuge Y. Die Beamten schauten nur oberfächlich im Waschkeller herum. Anschließend begaben sich die Beamten in eine Werkstatt, die der Zeuge Y als Werkstatt seines Vaters bezeichnete. Daran anschließend befand sich das Atelier des Angeklagten. Der Zeuge Y sagte dem Zeugen B vor Betreten dieses Raumes, dass er nunmehr in den Wohnbereich seines Bruder, des Angeklagten, gelangen würde, den die Polizei nicht betreten dürfe. Der Zeuge B hielt diese Behauptung des Zeugen Y für eine Schutzbehauptung, durch die verhindert werden sollte, dass der Zeuge B die Räume des Y betrete. Ähnliche Erklärungen hatte er bereits bei Durchsuchungen von Räumlichkeiten von anderen Beschuldigten wiederholt gehört. Der Zeuge B hielt dies insbesondere deshalb für eine Schutzbehauptung, weil die eigene Wohnung des Y oben so gut wie leer war, so dass es also Räume geben musste, in denen der Zeuge Y lebte. Die Tür zum Atelier war geschlossen, jedoch nicht verschlossen. Der Zeuge B öffnete die Tür und stellte sofort fest, dass dieser Bereich einen typischen Marihuanageruch ausstrahlte, der auf Lagerung und Konsum von Marihuana hindeutete. Gemeinsam mit dem Zeugen Y betrat der Zeuge B das Atelier und den dahinterliegenden Wohn-/Schlafraum. Der Zeuge B schaute sich um und stellte fest, dass hier in diesem Bereich nicht Möbel gelagert waren, sondern dass eine komplett eingerichtete Wohnung vorhanden war. In diesem Moment wurde dem Zeugen B klar, dass es sich nicht nur um eine Schutzbehauptung des Zeugen Y gehandelt hatte, sondern dass tatsächlich eine andere Person hier im Keller eine Wohnung hatte. Der Zeuge B wusste, dass nunmehr ein weiterer Durchsuchungsbeschluss eingeholt werden musste. Ihm war klar, dass in diesen Räumen die Durchsuchung durchgeführt werden musste, da ein intensiver Marihuanageruch auf Vorhandensein von Betäubungsmitteln hindeutete. Der Zeuge B hatte, während er diese Überlegungen durchführte, nichts in diesen Räumlichkeiten angefasst oder gar durchsucht, ebenso wenig die anderen Beamten.

Der Zeuge B kam zu dem Ergebnis, dass er die Staatsanwaltschaft anrufen wolle, damit ein Durchsuchungsbeschluss herbeigeführt werden würde. In diesem Moment traf der Angeklagte in den Kellerräumen ein. Er war zu Hause angekommen, als der Zeuge C und die anderen Beamten gerade am Ende der Durchsuchung der Wohnung im Erdgeschoss waren. Der Angeklagte wurde durch den Zeugen C die Kellertreppe herunter begleitet und ging zunächst durch das Atelier in seine eigenen Wohnräume. Er stellte sich gegenüber dem Zeugen B als Wohnungsinhaber mit seinem Namen vor. Der Zeuge B belehrte daraufhin vorsorglich den Angeklagten als Beschuldigten. Sodann fragte er ihn, ob er damit einverstanden sei, wenn die Polizeibeamten seine Wohnung im Kellergeschoss durchsuchen würden. Der Angeklagte erwiderte daraufhin, er habe kein Problem damit, dass sich die Polizeibeamten umsähen. Er sei mit einer Durchsuchung einverstanden, denn er habe keine Drogen in seiner Wohnung. Aufgrund der Einverständniserklärung seitens des Angeklagten verzichtete der Zeuge B auf das angedachte Telefonat, mit dem er einen weiteren Durchsuchungsbeschluss hatte erwirken wollen. Im Zuge der folgenden Durchsuchung der Räumlichkeiten des Angeklagten fanden die Beamten nicht nur die Plastikdose mit geringen Mengen Marihuana auf der Fensterbank, sondern weitere Gegenstände, die im Zusammenhang mit Betäubungsmittelkonsum stehen sowie folgende Betäubungsmittel:

1 Dose mit rotem Deckel mit 45,3 Gramm Marihuana

1 Dose mit rotem Deckel mit 46 Gramm Marihuana

1 Feinwaage

1 Glas mit 1,4 Gramm Marihuana

1 Dose mit 6 Gramm Marihuana

1 Filmdose mit 4 Gramm Marihuana

1,2 Gramm Haschisch

1 schwarze Blechdose mit 1,3 Gramm Marihuana

1 klare Plastikdose mit einer nicht messbaren Kleinstmenge Marihuana

1 blaue Blechdose mit 7,5 Gramm Haschisch

1 Medaillon mit 2,4 Gramm Haschisch

2 eckige Plastikdosen mit 0,2 Gramm Marihuana


Bei der Durchsuchung half der Angeklagte aktiv mit; er zeigte sogar eine große Dose mit Betäubungsmitteln von sich aus den Beamten zur Vereinfa-chung der Durchsuchung.

Nach Abschluss der Durchsuchung begab sich der Zeuge B wieder in die Baustelle im Erdgeschoss und füllte im dortigen Bereich das Durchsuchungs-/ Sicherstellungsprotokoll aus. Dies geschah in der Küchenzeile in der Wohnung des Erdgeschosses; anwesend waren dabei der Angeklagte und sein Bruder, der Zeuge Y. Der Zeuge B kreuzte in der Zeile „Der Dursuchung wurde zugestimmt“ das Kästchen „Ja“ an. Er legte anschließend das Durchsuchungs-/Sicherstellungsprotokoll einschließlich Asservatenverzeichnis dem Angeklagten und dem Zeugen Y vor. Der Zeuge B hatte den beiden zuvor jedes einzelne sichergestellte Objekt erklärt und auf den Zweck des Protokolls hingewiesen. Der Zeuge B beantwortete noch einige Fragen der beiden Brüder, woraufhin beide das Protokoll unterschrieben. Aufgrund der Fragen der beiden Brüder hatte der Zeuge B den Eindruck, dass beide den Sinn des Protokolls erfasst hatten.

Das sichergestellte Betäubungsmittel wurde durch das chemische Untersu-chungsamt der Stadt H. untersucht. Das Gutachten vom 06.02.2012 enthält folgende Feststellungen:



Neben der in den Kellerräumen des Wohnhauses A-Straße in B – der Wohnung des Angeklagten – gefundenen Betäubungsmittel führte der Angeklagte 0,2 Gramm Marihuana in einer Tasche seines Pullovers mit sich. Der Angeklagte hatte zu keinem Zeitpunkt eine betäubungsmittelrechtliche Erlaubnis.“

Den Bewährungsbeschluss des Amtsgerichts hat das Landgericht mit Beschluss vom 11. März 2013 mit der Maßgabe bestätigt, dass der Angeklagte zusätzlich 300,- € an die Institution „xxxxl“ in monatlichen Raten à 25,- € zu zahlen hat, beginnend mit dem auf die Rechtskraft des Urteils folgenden Monat.

Der Angeklagte hat gegen das Berufungsurteil der Strafkammer Revision eingelegt und diese mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet. Insbeson-dere beanstandet er die Verletzung von Art. 13 GG und führt hierzu – unter näherer Darlegung – aus, die anlässlich der Durchsuchung in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Beweismittel (Betäubungsmittel) seien nicht verwertbar. Die Durch-suchung sei bereits im Gange gewesen, als der Angeklagte in seiner Wohnung er-schienen sei. Die hiernach ausgesprochene Einwilligung in eine weitere Durchsu-chung sei schon deshalb unwirksam, weil er nicht in gebotenem Umfang (qualifiziert) belehrt worden sei.
Des Weiteren rügt der Angeklagte eine Verletzung von § 261 StPO unter dem Ge-sichtspunkt, dass das landgerichtliche Urteil – aus Sicht des Angeklagten – keine Feststellungen dahingehend treffe, dass der Angeklagte willentlich in den Besitz der in seiner Wohnung aufgefundenen Betäubungsmittel gelangt sei.
Schließlich beanstandet der Angeklagte die vom Landgericht verhängte Auflage, 300,- € an die Institution „xxx“ zu zahlen. Er meint, die Auflage verstoße gegen das entsprechend §§ 331, 358 Abs. 2 StPO anwendbare Verbot der Schlechterstellung.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, wie beschlossen.

II.

Die Revision des Angeklagten ist zulässig und hat in der Sache den aus der Ent-scheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), im Übrigen ist die Revision offensichtlich unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.

1.
Hinsichtlich des Schuldspruchs war die Revision entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.

Das Landgericht hat den Angeklagten rechtsfehlerfrei wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Insoweit führen weder die erhobene Verfahrensrüge noch die Rüge der Verletzung materiellen Rechts zum Erfolg.

a)
Soweit mit der Verfahrensrüge geltend gemacht wird, fehlerhaft erlangte Beweismit-tel (hier: die sichergestellten Betäubungsmittel) seien unter Verstoß gegen ein Be-weisverwertungsverbot zu Unrecht der Verurteilung zugrunde gelegt worden, sind zum einen die strengen Formerfordernisse des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO nicht beach-tet worden. Denn der Revisionsrechtfertigung kann nicht entnommen werden, dass gegen die Verwertung der Beweismittel rechtzeitig Widerspruch eingelegt (§ 257 StPO) und dieser durch Gerichtsbeschluss (§ 238 Abs. 2 StPO) beschieden worden ist.

Zum anderen ist die Verfahrensrüge – wie auch die auf Nichtbeachtung eines Be-weisverwertungsverbots gestützte Sachrüge (vgl. hierzu BGH, NJW 1973, 523, 524) – unbegründet.

aa)
Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts kann bereits eine Verletzung der §§ 102, 105 StPO und damit ein Verstoß gegen ein Beweiserhe-bungsverbot verneint werden.

Das Landgericht hat festgestellt, dass bis zum Eintreffen des Angeklagten in dessen Wohnräumen (noch) keine Durchsuchung stattgefunden hat und dass die spätere Durchsuchung von einer wirksamen Einwilligung des Angeklagten gedeckt gewesen ist. Beides ist nicht zu beanstanden.

(1)
Nach den landgerichtlichen Feststellungen hatten die Polizeibeamten bis zum Ein-treffen des Angeklagten zwar dessen Atelier und den dahinter liegenden Wohn-/ Schlafraum betreten, jedoch noch keine konkrete Durchsuchungsmaßnahme vor-genommen, indem beispielsweise Gegenstände in Augenschein genommen und angefasst worden wären. Vielmehr hat das Landgericht auf der Grundlage nament-lich der Bekundungen des Zeugen B festgestellt, dass diesem erst mit Betreten der vorgenannten Räumlichkeiten die Notwendigkeit eines weitergehenden Durchsu-chungsbeschlusses bewusst geworden ist, woraufhin der Zeuge B sofort die Staatsanwaltschaft anrufen wollte. In diesem Moment erschien bereits der Angeklagte. Damit stellte sich die Situation in dem kurzen Zeitraum vom Betreten der Räumlichkeiten bis zum Eintreffen des Angeklagten noch als bloße „Nachschau“ dar, die von der eigentlichen Raumdurchsuchung zu unterscheiden ist (vgl. hierzu etwa Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 102 Rdnr. 8).

(2)
Entgegen der in der Revisionsbegründung vertretenen Ansicht war die nach dem Eintreffen des Angeklagten veranlasste Durchsuchung von einer – freiwilligen und wirksam erteilten – Einwilligung des Angeklagten gedeckt.

Das Landgericht hat auf der Grundlage des in die Hauptverhandlung eingeführten Durchsuchungs-/Sicherstellungsprotokolls vom 30. November 2011 rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte der Durchsuchung ausdrücklich zugestimmt hat. Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte die Erklärung unter „Druck“ abgegeben hätte, liegen nicht vor. Er mag bei seiner Rückkehr davon überrascht gewesen sein, dass sich Polizeibeamte in seiner Wohnung befunden haben, jedoch hat das Landgericht auf der Grundlage der Bekundungen der als Zeugen vernommenen Polizeibeamten zweifelsfrei feststellen können, dass der Angeklagte die Belehrung als Beschuldigter uneingeschränkt verstanden hat. Dafür, dass auf ihn tatsächlich Druck in dem Sinne ausgeübt worden wäre, dass er durch Täuschung oder gar Drohung zu der Einwilligung bzw. Unterschrift gedrängt worden wäre, ist nichts ersichtlich.

Einer qualifizierten Belehrung dahingehend, dass ausdrücklich auf die Freiwilligkeit der Einwilligung in die Durchsuchung hingewiesen wird, bedurfte es nicht. Eine derartige qualifizierte Belehrung erweist sich nach gefestigter Rechtsprechung - der sich der Senat anschließt - nur dann als notwendig, wenn eine zwangsweise Durch-setzung der Durchsuchung nicht in Betracht kommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Oktober 2003 - 2 BvR 1500/03 -; OLG Hamburg, StV 2008, 12; LG Saarbrücken, Beschluss vom 28. April 2003 - 8 Qs 70/03 -; LG Hamburg, StV 2011, 528; Meyer-Goßner, a.a.O., § 105 Rdnr. 1). Letzteres war im vorliegenden Fall auszuschließen, weil vor dem Hintergrund der bereits von außen (durch das zum Garten gelegene Fenster) entdeckten offenen Plastikdose mit Marihuana ein Durchsuchungsbeschluss ohne weiteres hätte erlangt werden können. Daran, dass ein solcher Durch-suchungsbeschluss ergangen wäre, bestehen weder in tatsächlicher noch in rechtli-cher Hinsicht Zweifel.

bb)
Jedenfalls folgt aus einem etwaigen – von der Revisionsrechtfertigung angenomme-nen – Verstoß gegen §§ 102, 105 StPO kein Beweisverwertungsverbot.

Die Strafgerichte gehen in gefestigter, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Rechtsprechung davon aus, dass dem Strafverfahrensrecht ein allgemein geltender Grundsatz, demzufolge jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften ein straf-prozessuales Verwertungsverbot nach sich zieht, fremd ist, und dass die Frage jeweils nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden ist (vgl. BVerfG, NJW 2008, 3053; BGHSt 38, 214, 219 f.). Auch wenn die Strafprozessordnung nicht auf Wahrheitserforschung „um jeden Preis“ gerichtet ist, schränkt die Annahme eines Verwertungsverbotes eines der wesentlichen Prinzi-pien des Strafverfahrensrechts ein, nämlich den Grundsatz, dass das Gericht die Wahrheit zu erforschen hat und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat, die von Bedeutung sind. Das Rechtsstaatsprinzip gestattet und verlangt die Berücksichtigung der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege, ohne die der Gerechtigkeit nicht zum Durch-bruch verholfen werden kann (vgl. BVerfGE 33, 367, 383; 46, 214, 222). Der Rechts-staat kann sich nur verwirklichen, wenn ausreichende Vorkehrungen dafür getroffen sind, dass Straftäter im Rahmen der geltenden Gesetze verfolgt, abgeurteilt und einer gerechten Bestrafung zugeführt werden. Daran gemessen bedeutet ein Beweisverwertungsverbot eine Ausnahme, die nur nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist. Die strafgerichtliche Rechtsprechung geht daher davon aus, dass insbesondere das Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Fehlers ein Verwertungsverbot nach sich ziehen kann (vgl. BGH, NStZ 2004, 449, 450).

Die Unzulässigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Beweiserhebung führt auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht ohne weiteres zu einem Beweis-verwertungsverbot. Dies gilt auch für Fälle einer fehlerhaften Durchsuchung. Ein Beweisverwertungsverbot ist von Verfassungs wegen aber zumindest bei schwer-wiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen, bei denen die grund-rechtlichen Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden sind, geboten (vgl. BVerfG, NStZ 2011, 103, 105).

Im vorliegenden Fall kann ausgehend von den landgerichtlichen Feststellungen gerade nicht davon ausgegangen werden, die Polizeibeamten hätten Verfahrensrecht in schwerwiegender Weise, bewusst oder willkürlich missachtet bzw. verletzt.
Der von der Revisionsbegründung vorgetragene Verfahrensverstoß war jedenfalls nicht schwerwiegend. Ausgehend von den Urteilsfeststellungen hätten dem Erlass einer Durchsuchungsanordnung keine rechtlichen Hindernisse entgegengestanden, da aufgrund der Beobachtungen des Zeugen A, dem beim Hineinschauen in ein zum Garten gelegenes Fenster bereits eine kleine Menge Marihuana in einer offenen Plastikdose aufgefallen war, der Angeklagte unzweifelhaft eines Verstoßes gegen Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes verdächtig gewesen ist. Die tatsächlich sichergestellten Beweismittel wären daher letztlich auch der Verwertung als solche zugänglich gewesen.
Darüber hinaus ist der gesetzlich angeordnete Richtervorbehalt weder bewusst verletzt noch etwa willkürlich umgangen worden. Die Polizeibeamten gingen ausweislich der Urteilsfeststellungen bei dem Betreten der Wohnung davon aus, es handele sich um weitere Wohnräume des Zeugen Y, so dass sie sich aus ihrer Sicht in den Grenzen des ursprünglich ergangenen Durchsuchungsbeschlusses bewegt haben. Dieser Annahme stand nicht etwa entgegen, dass der Zeuge Y zuvor darauf hingewiesen hatte, es handele sich bei den in Rede stehenden Räumen um die des Angeklagten. Wie die Kammer festgestellt hat, hatten die Polizeibeamten berechtigte Zweifel an dem Wahrheitsgehalt des Hinweises des Zeugen Y. Für eine effektive Strafverfolgung muss es den durchsuchenden Polizeibeamten möglich sein, die Räumlichkeiten zumindest zum Zwecke der Überprüfung der aufgestellten Behauptung zu betreten und als solche in Augenschein zu nehmen. Da die Beamten zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen sind, ihr Handeln sei noch durch den ursprünglich erteilten Durchsuchungsbeschluss gedeckt, kann von einer willkürlichen Umgehung des Richtervorbehaltes nicht die Rede sein.

b)
Die auf die Sachrüge vorzunehmende Überprüfung des angefochtenen Urteils lässt im Schuldspruch Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht erkennen.

Die Feststellungen tragen die Verurteilung wegen unerlaubten Besitzes von Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG. Der Angeklagte befand sich im Besitz einer nicht nur geringen Menge von Betäubungsmitteln, für die er keine Erlaubnis besaß. Ausweislich der Feststellungen wurden im Wohnbereich des Angeklagten 13,91 g des Wirkstoffs THC gefunden. Damit wurde die nicht geringe Menge i.S.d. § 29 a BtMG, nämlich 7,5 g (vgl. Körner, BtMG, 7. Aufl., § 29 a Rdnr. 64), um das 1,8-fache überschritten.

Die vorgefundenen Betäubungsmittel befanden sich auch im Besitz des Angeklagten. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang beanstandet, das Landgericht sei ohne nähere Begründung von einer Täterschaft des Angeklagten ausgegangen und habe sich mit einer anderen nahe liegenden Möglichkeit des Geschehensablaufs nicht auseinandergesetzt, handelt es sich um einen im Ergebnis erfolglosen Angriff gegen die Beweiswürdigung.

Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters, weshalb sich die revisionsgericht-liche Prüfung auf das Vorliegen von Rechtsfehlern zu beschränken hat. Das Revi-sionsgericht darf die Beweiswürdigung nicht durch eine eigene ersetzen, sondern nur auf rechtliche Fehler hin überprüfen, und zwar darauf, ob die Beweiswürdigung rechtlich einwandfrei, d.h. frei von Lücken, Widersprüchen, Unklarheiten oder Ver-stößen gegen Denk- und Erfahrungssätze ist (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 337 Rdnr. 26 f.). Lücken weist die tatrichterliche Beweiswürdigung insbesondere dann auf, wenn nicht alle aus dem Urteil ersichtlichen Umstände gewürdigt werden, die Schlüsse zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zulassen. Daher ist es fehlerhaft, wenn das Tatgericht, obwohl der Sachverhalt dazu drängt, eine nahe lie-gende Möglichkeit des Tathergangs außer Betracht lässt (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 337 Rdnr. 29). Innerhalb der Sachrüge kann jedoch nur ein offensichtliches Übersehen nahe liegender, bedeutungsvoller Möglichkeiten anerkannt werden, denn das Gericht muss nicht jeden abweichenden Handlungsstrang, der möglich erscheint, in den Urteilsgründen würdigen.

Im vorliegenden Fall ergeben die Feststellungen keinen offensichtlichen Anlass zu der Annahme, der Zeuge Y oder gar ein unbekannter Dritter habe die Betäubungsmittel gegen den Willen des Angeklagten in dessen Wohnung deponiert. Nach den Urteilsgründen hat der Angeklagte nicht nur bei der Durchsuchung seiner Wohnung aktiv mitgeholfen, sondern den Polizeibeamten von sich aus eine große Dose mit Betäubungsmitteln gezeigt. Dieser Umstand lässt gerade darauf schließen, dass er durchaus Kenntnis von dem in seiner Wohnung befindlichen Betäubungs-mittel hatte. Die Beweiswürdigung ist demnach nicht lückenhaft.

c)
Allerdings hält der Rechtsfolgenausspruch einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand.

Hierzu hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 13. Juni 2013 Folgendes ausgeführt:

„Das Tatgericht hat sich bei der Strafrahmenwahl nicht mit der Möglichkeit der Annahme eines minder schweren Falles nach § 29a Abs. 2 BtMG auseinan-dergesetzt, obwohl dies geboten war. Eine eingehende Begründung für das Nichtvorliegen eines minder schweren Falles wäre nur dann entbehrlich, wenn das Urteil von einem Sachverhalt ausgeht, in dem die Annahme eines minder schweren Falles fernliegt (zu vgl. Körner, a.a.O., Rdnr. 117 zu § 29a; Münchner Kommentar, StGB, 1. Aufl., Rdnr. 104 zu § 29a BtMG). Dies ist vorliegend aber gerade nicht der Fall. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zu vgl. BGHSt 8, 186; BGHSt 26, 97) ist ein minder schwerer Fall dann anzunehmen, wenn das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente von der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, welches die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheinen lässt. In dem vorliegenden Falle lässt bereits der Umstand, dass es sich bei den vorgefun-denen Betäubungsmitteln lediglich um sog. „weiche“ Drogen handelt und der Angeklagte diese offensichtlich nur zum Eigenbedarf besaß, einen minder schweren Fall nahelegen. Zudem hat sich der Angeklagte bei dem Aufeinan-dertreffen mit den Polizeibeamten sehr kooperativ gezeigt und so maßgeblich zur raschen Auffindung der Betäubungsmittel beigetragen. Die Annahme eines minder schweren Falles ist auch nicht alleine deshalb fernliegend, weil die „nicht geringe Menge“ um das 1,8-fache überschritten wurde. Zwar liegt die vorgefundene Menge nicht mehr im unmittelbaren Grenzbereich zur „geringen Menge“. Es gibt aber keinen Rechtssatz dahingehend, dass trotz Vorliegens zahlreicher Milderungsgründe ein minder schwerer Fall bereits deshalb ausscheidet, weil der Wert der „nicht geringen Menge“ überschritten worden ist (zu vgl. Körner, a.a.O., Rdnr. 122 zu § 29a m.w.N.).“

Diesen Ausführungen vermag der Senat nicht entgegenzutreten. Aufgrund der vorbeschriebenen Erwägungen hätte sich das Landgericht – wie bereits zuvor das Amtsgericht Soest – mit der Frage nach einem minder schweren Fall i.S.d. § 29 a Abs. 2 BtMG, der Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vorsieht, befassen müssen. Gerade weil das Landgericht ausdrücklich nur eine geringe Erhöhung der Mindeststrafe für tat- und schuldangemessen erachtet hat, kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass die Strafe unter Berücksichtigung des § 29 a Abs. 2 BtMG für den Angeklagten günstiger ausgefallen wäre.

III.

Aufgrund des aufgezeigten Mangels war das angefochtene Urteil im Ausspruch über die verhängte Freiheitsstrafe mit den zugrunde liegenden Feststellungen nach § 349 Abs. 4 StPO aufzuheben und die Sache an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Arnsberg gem. § 354 Abs. 2 StPO zurückzuverweisen.

Die Aufhebung des Urteils im Rechtsfolgenausspruch macht den beanstandeten Bewährungsbeschluss des Landgerichts automatisch gegenstandslos (vgl. Engelhardt, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., § 268 a Rdnr. 16; Stuckenberg, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 268 a Rdnr. 21). Der Senat weist daher nur zur Klarstellung für das weitere Verfahren darauf hin, dass grundsätzlich nicht die Revision, sondern die (einfache) Beschwerde nach §§ 304, 305 a Abs. 1 S. 1 StPO statthafter Rechtsbehelf gegen den nach § 268 a StPO ergangenen Bewährungsbeschluss ist. Nach der wohl überwiegenden Ansicht – auch der des Senats – scheidet sowohl eine unmittelbare als auch eine entsprechende Anwendung des Verschlechterungsverbots auf § 268 a StPO aus (vgl. KG, NStZ-RR 2006, 137 m.w.Nachw.).


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