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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 5 RVs 98/13 OLG Hamm

Leitsatz: Ein den Angeklagten freisprechendes Berufungsurteil kann sich demnach nicht darauf beschränken, die amtsgerichtlichen Feststellungen, die noch zu einer Verurteilung geführt haben, wörtlich wiederzugeben und die Beweiswürdigung allein darauf auszurichten, dass diese Feststellungen in der Berufungsinstanz nicht (erneut) getroffen werden konnten.

Senat: 5

Gegenstand: Revision

Stichworte: Freispruch, Urteilsgründe, Anforderungen

Normen: StPO 267

Beschluss:

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III-5 RVs 98/13 OLG Hamm Verkündet am 12. November 2013



Strafsache

g e g e n

w e g e n gefährlicher Körperverletzung.


Auf die Revision des Nebenklägers gegen das Urteil der XIII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 17. April 2013 hat der 5. Strafsenat des Oberlandes-gerichts Hamm aufgrund der Revisionshauptverhandlung vom 12. November 2013, an der teilgenommen haben:

für R e c h t erkannt:


Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen auf-gehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger insoweit entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.


G r ü n d e :

I.

Mit der zugelassenen Anklage der Staatsanwaltschaft Essen war der Angeklagten vorgeworfen worden, am 18. Dezember 2011 in Bottrop eine andere Person – den Nebenkläger – mittels eines gefährlichen Werkzeugs körperlich misshandelt und an der Gesundheit geschädigt zu haben. Sie soll in der Discothek “A”, nachdem es dort zunächst zu verbalen Auseinandersetzungen zwischen ihr und dem Nebenkläger gekommen war, ein Glas genommen und es dem Nebenkläger ohne rechtfertigenden Grund in das Gesicht geschlagen haben. Dadurch soll der Nebenkläger eine ca. 6 cm lange Wunde zwischen Nase und Kinn erlitten und nachfolgend im Kinnbereich eine Narbe zurückbehalten haben.

Das Amtsgericht Bottrop verurteilte die Angeklagte am 6. November 2011 wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15,- €. Gegen das Urteil des Amtsgerichts Bottrop legten sowohl die Angeklagte als auch der Nebenkläger Berufung ein.

Auf die Berufung der Angeklagten hat das Landgericht Essen das Urteil des Amts-gerichts Bottrop aufgehoben und die Angeklagte freigesprochen. Die Berufung des Nebenklägers hat das Landgericht verworfen.

Gegen das freisprechende Urteil wendet sich der Nebenkläger mit dem Rechtsmittel der Revision, die er in allgemeiner Form mit der Verletzung sachlichen Rechts be-gründet.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil mit den zu-grunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Straf-kammer des Landgerichts Essen zurückzuverweisen. Zur Begründung dieses Antrags führt die Generalstaatsanwaltschaft aus, das angefochtene Urteil enthalte keine eigenen Feststellungen zum Tatgeschehen, weshalb dem Revisionsgericht eine materiell-rechtliche Nachprüfung des Urteils nicht möglich sei.

II.

Die statthafte und zulässige (§§ 395, 400 Abs. 1 StPO) Revision des Nebenklägers ist begründet.

Die angefochtene Entscheidung unterliegt schon deswegen der Aufhebung, weil sie nicht den Anforderungen an ein freisprechendes Urteil genügt.

Wird der Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, so müssen nach Mitteilung des Anklagevorwurfs zunächst diejenigen Tatsachen festgestellt werden, die der Tatrichter für erwiesen hält (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 - 1 StR 405/12 -, Urteil vom 4. Juli 1991 - 4 StR 233/91 -, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 7). Erst auf dieser Grundlage ist sodann in der Beweiswürdigung darzulegen, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen zusätzlichen Feststellungen nicht getroffen werden können. Diese Anforderungen sind kein Selbstzweck, sondern sollen dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglichen, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind, insbesondere ob der den Entscheidungsgegenstand bildende Sachverhalt erschöpfend gewürdigt worden ist (vgl. BGH, NStZ-RR 2011, 275, 276).

Ein den Angeklagten freisprechendes Berufungsurteil kann sich demnach nicht darauf beschränken, die amtsgerichtlichen Feststellungen, die noch zu einer Verurteilung geführt haben, wörtlich wiederzugeben und die Beweiswürdigung allein darauf auszurichten, dass diese Feststellungen in der Berufungsinstanz nicht (erneut) getroffen werden konnten.

So liegt der Fall hier. Denn das Berufungsurteil des Landgerichts beschränkt sich auf die wörtliche Wiedergabe der amtsgerichtlichen Feststellungen und eine eigene - wenn auch sehr ausführliche - Beweiswürdigung, mit der das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Tatbegehung nicht mit der für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit nachgewiesen werden konnte. Es wird demgegenüber nicht zusammenhängend mitgeteilt, welche Feststellungen zum Tatgeschehen das Landgericht selbst treffen konnte. Im Rahmen der Beweiswürdigung wird zwar im Einzelnen ausgeführt, dass der Angeklagten ein Schlag mit dem Glas in das Gesicht des Nebenklägers bzw. ein Wurf des Glases nicht nachgewiesen werden könne, jedoch fehlen jedwede Feststellungen zum Verlauf der zunächst nur verbalen und dann später körperlichen Auseinandersetzungen sowie zu dem stattgefundenen Tumult, innerhalb dessen Verlauf der Nebenkläger tatsächlich verletzt worden ist. Insbesondere weil die Angeklagte anfänglich eingestanden hat, den Nebenkläger “offensichtlich mit dem Longdrink-Glas, welches sie zuvor in der Hand gehalten und an das sie nicht mehr gedacht hatte, im Gesicht getroffen zu haben” (vgl. S. 4 des Urteils des Amtsgerichts Bottrop vom 06. November 2012), hätte das Landgericht eigene Feststellungen zum Beginn und zum Verlauf des handgreiflichen Tumults treffen müssen. Gleiches gilt für die Frage, was aus dem von der Angeklagten jedenfalls zu Beginn der Auseinandersetzungen in der Hand gehaltenen Glas geworden ist. Ohne dies ist dem Senat eine Nachprüfung, ob die Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze oder die gesicherte Lebenserfahrung verstößt, nicht möglich.

III.

Da keine eigenen Feststellungen des Landgerichts vorliegen, war der Freispruch aufzuheben. Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.






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