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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 RVs 66/13 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Einem Verbindungsbeschluss kann im Einzelfall die Wirkung eines Eröffnungsbeschlusses zukommen, wenn das verbindende Gericht die Eröffnungsvoraussetzungen im Rahmen der Verbindung erkennbar geprüft hat, dem Verbindungsbeschluss mithin eine schlüssige und eindeutige Willenserklärung des Gerichts, die Anklage unter den Voraussetzungen des § 203 StPO zuzulassen, unter gleichzeitiger Würdigung des hinreichenden Tatverdachts zu entnehmen ist.
2. Hat das Gericht in dem Verbindungsbeschluss lediglich die Aktenzeichen der verbundenen Verfahren genannt und nicht einmal die zugrunde liegenden Anklagen näher bezeichnet, die zur Hauptverhandlung zugelassen werden mussten, so fehlen genügende Anhaltspunkte für eine (gleichzeitige) Prüfung des hinreichenden Tatverdachtes.

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Eröffnungsbeschluss, Verbindung

Normen: StPO 203

Beschluss:

Strafsache
In pp..
hat der 3. Strafsenat des OLG Hamm am 24.09.2013 beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird, soweit die Angeklagte wegen der Taten vom 29.01.2012 und vom 30.01.2012 - Tatvorwürfe aus der Anklageschrift der StA Bielefeld vom 20.07.2012 - 502 Js 1091/12 - verurteilt worden ist, sowie im Ausspruch über die gegen die Angeklagte verhängte Gesamtfreiheitsstrafe mit den Feststellungen aufgehoben.
Das Verfahren wird hinsichtlich der Tatvorwürfe aus der Anklageschrift der StA Bielefeld vom 20.07.2012 - 502 Js 1091/12 - eingestellt.
Im Übrigen wird die Revision der Angeklagten mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Bildung einer Gesamtstrafe aus den für die Taten vom 14.02.2012 und vom 16.02.2012 verhängten Einzelstrafen nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
Die Kosten des Verfahrens und die der Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last, soweit das Verfahren eingestellt worden ist.
Im übrigen trägt die Angeklagte die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe
I.
Das Landgericht Bielefeld hat die Angeklagte mit dem hier angefochtenen Berufungsurteil vom 29.05.2013 auf die Berufung der Staatsanwaltschaft des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in sechs Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr, schuldig gesprochen und sie zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Gegen das in ihrer Anwesenheit verkündete Berufungsurteil hat die Angeklagte mit am 04.06.2013 bei dem Landgericht in Bielefeld eingegangenem Schriftsatz ihres Verteidigers Revision eingelegt und das Rechtsmittel nach Urteilszustellung an den Verteidiger am 21.06.2013 mit am 08.07.2013 bei dem Landgericht in Bielefeld eingegangenem weiteren Schreiben mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet.
II.
Die zulässige Revision der Angeklagten hat auch in der Sache teilweise Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2, 4 StPO).
1.
Das Verfahren war hinsichtlich der Tatvorwürfe vom 29.01.2012 und vom 30.01.2012 (StA Bielefeld 502 Js 1091/12) gemäß § 354 Abs. 1 StPO einzustellen, weil es insoweit an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss fehlt und deshalb ein in der Revisionsinstanz nicht behebbares Verfahrenshindernis vorliegt.
Ein schriftlicher Eröffnungsbeschluss hinsichtlich der der Verurteilung in den genannten Fällen zugrunde liegenden Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Bielefeld in dem Verfahren 502 Js 1091/12 findet sich nicht in den Akten. Eine wirksame Eröffnungsentscheidung (§ 203 StPO) kann auch nicht in dem von dem Amtsgericht Bad Oeynhausen in der Hauptverhandlung vom 07.08.2012 gefassten Verbindungsbeschluss konkludent gesehen werden.
Der Verbindungsbeschluss lautet wie folgt:
"Die Verfahren 5 Ds 502 Js 811/12 - 161/12 AG Bad Oeynhausen, 5 Ds 502 Js 866/12 - 171/12 AG Bad Oeynhausen, 5 Ds 502 Js 1091/12 - 279/12 AG Bad Oeynhausen werden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Führend ist das Verfahren 5 Ds 502 Js 811/12 - 161/12 AG Bad Oeynhausen."
Dieser Beschluss enthält bereits seinem eindeutigen Wortlaut nach keinen über die bloße Verbindung der genannten Verfahren hinausgehenden Entscheidungsinhalt. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass das Amtsgericht insoweit die in § 203 StPO vorgeschriebene Prüfung des hinreichenden Tatverdachts vorgenommen hätte (vgl. BGH, NStE Nr. 4 zu § 203 StPO - Beschluss vom 30.05.1988, 1 StR 223/88, [...]).
Einem Verbindungsbeschluss kann zwar im Einzelfall die Wirkung eines Eröffnungsbeschlusses zukommen, wenn das verbindende Gericht die Eröffnungsvoraussetzungen im Rahmen der Verbindung erkennbar geprüft hat, dem Verbindungsbeschluss mithin eine schlüssige und eindeutige Willenserklärung des Gerichts, die Anklage unter den Voraussetzungen des § 203 StPO zuzulassen, unter gleichzeitiger Würdigung des hinreichenden Tatverdachts entnommen werden kann (OLG Köln, NStZ-RR 2004, 48 [OLG Köln 26.09.2003 - Ss 388/03]; vgl. auch BGH, NStZ-RR 2011, 150 für den Übernahmebeschluss der (Jugend-)Kammer, die Termins- und Ladungsverfügung sowie die Besetzungsentscheidung nach § 76 Abs. 2 GVG). Hier hat das Amtsgericht Bad Oeynhausen in dem Verbindungsbeschluss lediglich die Aktenzeichen der verbundenen Verfahren genannt und noch nicht einmal die zugrunde liegenden Anklagen näher bezeichnet, die zur Hauptverhandlung zugelassen werden musste. Damit fehlen aber jegliche Anhaltspunkte dafür, dass der Amtsrichter auch hinsichtlich der Anklageschrift in dem Verfahren 502 Js 1091/12 StA Bielefeld den hinreichenden
Tatverdacht geprüft und i.S.v. § 203 StPO bejaht hätte (vgl. OLG Köln,
NStZ-RR 2004, 58; OLG Düsseldorf, NStZ-RR 2011, 105 [OLG Düsseldorf 20.09.2010 - III-3 RVs 117/10]).
2.
Die Aufhebung der Verurteilung hinsichtlich der Taten vom 29.01.2012 und vom 30.01.2012 zieht ohne weiteres die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Von der Aufhebung nicht betroffen sind der Schuldspruch und die Einzelstrafen betreffend die Taten vom 14.02.2012 und vom 16.02.2012. Insoweit hat die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf die allein erhobene Sachrüge hin keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Weil lediglich aus den beiden verbleibenden Einzelfreiheitsstrafen eine neue Gesamtfreiheitsstrafe nach Teileinstellung des Verfahrens zu bilden ist, hat der Senat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1 b StPO Gebrauch gemacht und das angefochtene Urteil mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist. Da die Revision insoweit keinen Erfolg hat, konnten die Kosten des Revisionsverfahrens hinsichtlich der nach der erfolgten Teileinstellung noch verbleibenden Tatvorwürfe gemäß § 473 Abs. 1 StPO der Angeklagten auferlegt werden (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 354 Rdnr. 31 m.w.N.). Hinsichtlich der Verfahrenseinstellung folgt die Kostenentscheidung aus § 467 Abs. 1 StPO.




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